Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222119/2/Bm/Sta

Linz, 04.04.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn H P, vertreten durch H-L-Partner Rechtsanwälte GmbH, L, F, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. Oktober 2006, Zl. GZ.0065322/2004, wegen Übertretung der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002, zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis  aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.                  Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23.10.2006, GZ. 0065322/2004, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 150 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß
§§ 368 und 113 Abs.7 Gewerbeordnung 1994, § 1 Abs.2 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002, verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Der Beschuldigte, H P, geboren am , wohnhaft:  L, R, hat als Gewerbeinhaber und Betreiber des Lokales "N" im Standort  L, H, welches in der Betriebsart eines Cafes betrieben wird und somit als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Anlässlich einer Kontrolle durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz,
PI Landhaus am 23.10.2004 um 4.30 Uhr wurde festgestellt, dass das oa Lokal noch voll betrieben wurde, obwohl nach § 1 Abs.2 Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002 Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart "Cafe" um spätestens 4.00 Uhr geschlossen sein müssen.

Die Musikanlage war in Vollbetrieb und 3 Gäste verließen durch einen Nebeneingang das Lokal".

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung erhoben und dies im Wesentlichen damit begründet, der Magistrat der Landeshauptstadt Linz stelle im angefochtenen Straferkenntnis fest, dass das Lokal des Berufungswerbers am 23.10.2004 um 4.30 Uhr noch betrieben worden sei. Diese Feststellung treffe der Magistrat Linz auf Grund folgender Annahmen: Die Musikanlage des Lokals wäre in "Vollbetrieb" gewesen, drei Gäste hätten das Lokal durch einen Nebeneingang verlassen. Nach dem Zusperren des Lokals wären allerdings Reinigungsarbeiten durchgeführt worden, die Schankanlage (für den nächsten Tag) wieder aufgefüllt sowie die Tageslosung abgerechnet worden. Diese Tätigkeiten würden etwa einen Zeitraum von 1 bis 1,5 Stunden benötigen. Auch in dieser Zeit bleibe die Musikanlage noch eingeschaltet. Ob die Musikanlage in diesem Zeitraum noch in Vollbetrieb betrieben werde, ist irrelevant, weil darauf in keiner Weise abgeleitet werden könne, ob das Lokal zu diesem Zeitpunkt noch betrieben worden sei. Die Nacharbeiten seien auch beim Betrieb der Musikanlage in voller Lautstärke zulässig, soweit nicht eine Lärmbelästigung bestehe. Es könne festgehalten werden, dass aus der angeblich unterstellten Tatsache, die Musikanlage wäre in Vollbetrieb gelaufen, in keiner Weise abgeleitet werden könne, dass das Lokal noch betrieben worden sei. Der Berufungswerber habe geschildert, dass er einen Gast, der in den Toilettanlagen des Lokals eingeschlafen sei, des Lokals verwiesen habe. Andere Gäste seien nicht aus dem Lokal gekommen und auch nicht aus einem Nebeneingang. Dazu sei darauf hinzuweisen, dass es einen solchen Nebeneingang gar nicht gebe. Es gebe einen in den Hof des Hauses H mündenden Notausgang. Allerdings würden in diesem Hof auch die Notausgänge zweier anderer Lokale münden. Es sei daher durchaus möglich, dass die angeblich angetroffenen Gäste aus einem der Notausgänge  eines anderen Lokals gekommen seien. Der Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 27.10.2004 sei nicht zu entnehmen, dass die angeblich angetroffenen Gäste befragt worden seien, aus welchem Notausgang sie kämen. Zu Lasten des Berufungswerbers zu unterstellen, diese müssten jedenfalls aus dem Notausgang des Lokals des Berufungswerbers gekommen sein, sei unzulässig. Überdies sei die Geldstrafe nicht gemäß den gesetzlichen Bestimmungen bemessen worden.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.  Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366 und 367 GewO 1994 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

 

Gemäß § 113 Abs.1 GewO hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt zu dem die gastgewerblichen Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Touristen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen.

 

Gemäß § 113 Abs.7 leg.cit. haben die Gastgewerbetreibenden die Betriebsräume und die allfälligen und sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten, während dieser Zeit dürfen sie Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gastgewerbetreibenden haben die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

 

Gemäß § 1 Abs.1 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002, LGBl. Nr. 150/2001 idF LGBl. Nr. 83/2006, müssen Gastgewerbebetriebe, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, spätestens um 2.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 6.00 Uhr geöffnet werden.

 

Nach § 1 Abs.2 Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002 müssen Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Cafe, Cafe-Restaurant, Cafehaus, Pup und Tanzcafe spätestens um 4.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 6.00 Uhr geöffnet werden. Nach Abs.3 dieser Bestimmung müssen Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Bar, Diskothek und Nachtclub spätestens um 4.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 18.00 Uhr geöffnet werden.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.    die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.    die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG).

 

Diesen Anforderungen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als darin keines der in der Verhaltensvorschrift des § 113 Abs.7 genannten Tatbilder bezeichnet wird. So wurde dem Beschuldigten weder vorgeworfen, die Betriebsräumlichkeiten außerhalb der festgelegten Sperrzeiten nicht geschlossen gehalten zu haben, noch Gästen den Zutritt bzw. das Verweilen gestattet zu haben. Die Feststellung, dass das Lokal voll betrieben wurde, stellt kein für die Tatbildmäßigkeit erforderliches Sachverhaltselement dar. Die (beweismäßig nicht abgesicherte) Feststellung, dass die Musikanlage in Vollbetrieb war und drei Gäste durch einen Nebeneingang das Lokal verließen, lässt auch nicht den zwingenden Schluss zu, dass Gästen das Verweilen im Lokal bzw. der Zutritt zu diesem über die gesetzlich festgelegte Sperrzeit von 4.00 Uhr gestattet worden ist. Es fehlt somit ein Ansatzpunkt dafür, dass Gästen das Verweilen gestattet worden ist bzw. das gegenständliche Lokal nach 4.00 Uhr noch offen und somit Gästen der Zutritt zu den Betriebsräumlichkeiten möglich war.

 

Wegen bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist konnte eine entsprechende Ergänzung auch nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

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