Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230967/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 30.03.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des M D, vertreten durch die RAe Dr. H und Dr. S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­manns von Ried vom 21. Dezember 2006, Zl. Sich96-496-2005-Ha, wegen zwei Übertretungen des Sicherheitspolizei­gesetzes, zu Recht erkannt:

 

 

I.               Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als Spruchpunkt 1. aufge­hoben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit eingestellt sowie hinsichtlich Spruchpunkt 2. die Geldstrafe auf 50 Euro herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.             Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 5 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungs­senat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z.1 VStG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried vom 21. Dezember 2006, Zl. Sich96-496-2005-Ha, wurden über den Berufungswerber zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 48 Stunden) verhängt, weil er sich am 9. September 2006 gegen 4.30 Uhr einerseits gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrgenommen haben, trotz vorausgegan­gener Abmahnung aggressiv verhalten und so deren Amtshandlung erheblich behindert habe, indem er als Rädelsführer einer Gruppe von Ausländern mit einer Gruppe von Volksfestbesuchern zu streiten begonnen habe und in weiterer Folge gegen die einschreitenden Polizeibeamten tätlich vorgegangen sei, und er andererseits durch besonders rücksichtloses Verhalten die öffentliche Ord­nung ungerechtfertigt gestört habe, indem er die einschreitenden Polizeibeamten beschimpft habe. Dadurch habe er zum einen eine Übertretung des § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 151/2004 (im Folgenden: SPG), und zum anderen eine Übertretung des § 81 Abs. 1 SPG begangen, weshalb er nach diesen Bestimmun­gen zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der ihm zur Last gelegte Tatbestand auf Grund eigener Wahrnehmungen der einschreitenden Polizeibeamten sowie der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen an­zusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei dem Rechtsmittelwerber wegen zahlreicher andersartiger Verwaltungsvorstrafen eine absolute Unbescholtenheit nicht zuzu­billigen gewesen; im Übrigen seien keine sonstigen Milderungs- oder Erschwerungs­gründe hervorgekommen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen. 

 

1.2. Gegen dieses ihm am 29. Dezember 2006 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 9. Jänner 2007 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde persönlich abgegebene Berufung.

 

Darin bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass eine Bestrafung nach § 82 Abs. 2 SPG eine weitere Bestrafung wegen derselben Tat nach § 81 Abs. 1 SPG ausschließe. Die Erstbehörde habe daher auf Grund des von ihr festge­stellten Sachverhaltes zu Unrecht eine Subsumtion unter beide Tatbilder vorgenommen; vielmehr gehe der im Spruchpunkt 2 ermittelte Sachverhalt bereits im Tatbestand des § 82 Abs. 1 SPG auf. Hinsichtlich der Feststellungen im Spruchpunkt 1 sei hingegen anzumerken, dass der Tatbestand nach § 82 Abs. 1 SPG nur dann erfüllt sei, wenn zum aggressiven Verhalten kumulativ noch die Behin­de­rung einer Amtshandlung vorliegt, weshalb der alleinige Vorwurf, mit Volksfestbesuchern zu stänkern begonnen zu haben, noch keine Tatbestandverwirklichung darstellen könne. Außerdem sei dieser Teilaspekt des Vorfalls zeitlich bereits vor der Amtshandlung der einschreitenden Polizeibeamten gelegen, sodass dadurch die Amts­hand­lung noch nicht behindert worden sein konnte.

 

Strafrechtlich relevant sei sohin lediglich der Umstand, dass er in weiterer Folge gegen die einschreitenden Polizeibeamten tätlich vorgegangen sei, wobei jedoch diese Feststellung aktenwidrig bzw. die dementsprechende Beweiswürdigung unzutreffend sei. Vielmehr sei sein Freund auf die Polizei­­beamten losgegangen, der Beschwerdeführer selbst habe diese hingegen nur verbal beschimpft.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wird zunächst auf § 21 VStG verwiesen. Davon abgesehen sei die verhängte Geldstrafe jeweils zu hoch bemessen, da er über kein ausreichendes Einkommen verfüge und er deshalb auch bereits einen Antrag auf Durchführung eines Schuldenregulierungsverfahrens (Privatkonkurs) gestellt habe.

 

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Strafer­kennt­nisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe oder die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Ver­waltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu Zl. Sich96-496-2005-Ha; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und auch die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1.1. Gemäß § 82 Abs. 1 SPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung  und ist mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der sich trotz vorausge­gangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

Nach § 81 Abs. 1 SPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 218 Euro zu bestrafen, der durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten  die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

Gemäß § 82 Abs. 2 SPG schließt eine Bestrafung nach § 82 Abs. 1 SPG eine Bestrafung wegen derselben Tat nach § 81 aus.

 

3.1.2. Nach § 82 Abs. 2 SPG stellt die Bestimmung des § 82 Abs. 1 SPG („Aggressives Verhalten durch Behinderung einer Amtshandlung“) offensichtlich eine lex specialis zum Straftatbestand der "(Allgemeinen) Störung der öffentlichen Ordnung" (§ 81 Abs. 1 SPG) dar.

 

Dies bedeutet nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates, dass eine Strafbarkeit gemäß § 82 Abs. 1 SPG nur dann eintreten kann, wenn eine über den Tatbestand des § 81 Abs.1 SPG hinausgehende, qualifizierende  Ordnungsstörung in dem Sinne vorliegt, dass sich diese – wie schon aus dem verbum legalium "aggressiv" hervorgeht – intentional gegen die Persönlichkeitssphäre des einschreitenden Sicherheitsorganes richtet (vgl. VwSen-230731 v. 6. Oktober 1999).

 

3.1.3. Bei verständiger Würdigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Beschwerdeführer insgesamt zur Last gelegt, „sich gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert zu haben, indem er gegen die einschreitenden Beamten tätlich vorgegangen und diese lautstark beschimpft hat“.

 

Eine gesonderte Bestrafung des subjektiven Aspekts (Beschimpfung der Beamten) ist aber – wie gezeigt – gemäß § 82 Abs. 2 SPG dann ausgeschlossen, wenn bereits eine Bestrafung des objektiven Aspekts (Störung der öffentlichen Ordnung) erfolgt ist. In diesem Fall würde sich die Anlastung gemäß Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses aus rechtssystematischen Gründen als von vornherein unzulässig erweisen.

 

3.2.1. In Spruchpunkt 1 wird dem Rechts­mittelwerber vorgeworfen, sich "trotz vorausgegangener Abmahnung aggressiv verhalten" zu haben, indem er "als Rädelsführer einer Gruppe von Ausländern mit einer anderen Gruppe von Volksfestbesuchern zu stänkern begonnen hat und in weiter Folge gegen die einschreitenden Polizeibeamten tätlich vorgegangen ist".

 

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass diese Tatkonkretisierung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – und abgesehen davon, dass es auf diesen Aspekt in diesem Zusammenhang auch gar nicht ankommt – keineswegs so zu verstehen, dass er die Provozierung der gegen beteiligten Besuchergruppe zum Zeitpunkt des Einschreitens der Sicherheitsorgane bereits eingestellt gehabt hätte. Entscheidend ist vielmehr, dass er – wie dies im Spruch auch zweifelsfrei zum Ausdruck kommt – sich objektiv aggressiv verhalten und die Amtshandlung dadurch behindert hat, dass er gegen die Beamten tätlich vorgegangen ist.

 

Dem Rechtsmittelwerber ist aber zuzugestehen, dass sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt kein Hinweis dafür ergibt, dass (auch) er gegen die einschreitenden Beamten tätlich vorgegangen ist; vielmehr trifft dieser Vorwurf nur für seinen Bekannten R A zu (vgl. die Anzeige des BPKdo Ried vom 7. Oktober 2005, Zl. 3035/05, sowie die Niederschriften der BH Ried über die als Zeugen einvernommenen Sicherheitsorgane vom 14. November 2005 und vom 26. Jänner 2006, alle Zl. Sich96-496-2005-Ha).

 

Der gegenständlichen Berufung war daher zunächst nach § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Spruchpunkt 1 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen war, weil dem Beschwerdeführer eine Tat angelastet wurde, die dieser so nicht begangen hat.

 

3.2.2. Da somit im Ergebnis keine Bestrafung nach § 82 Abs. 1 SPG vorliegt und demgemäß die Subsidiaritätsklausel des § 82 Abs. 2 SPG nicht zum Tragen kommt, erweist sich eine Tatanlastung nach § 81 Abs. 1 SPG (Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses) im gegenständlichen Fall nicht mehr als a priori unzulässig. Es bleibt daher zu prüfen, ob dieser Tatvorwurf zu Recht besteht.

 

Insoweit bestreitet der Rechtsmittelwerber die Tatbestands­mäßigkeit seines Handelns im Grunde nicht (wobei die Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1987, Zl. 85/10/0167, schon deshalb verfehlt ist, weil dort die Äußerungen allseits unbestritten nicht einmal den für ein Schimpfen typischen „erregt-vorwurfsvollen Charakter“ aufwiesen). Er macht vielmehr lediglich geltend, dass in diesem Zusammenhang auch mit einer bloßen Ermahnung im Sinne des § 21 VStG das Auslangen hätte gefunden werden können.

 

In diesem Zusammenhang ist jedoch weder ersichtlich, weshalb ein bloß geringfügiges Verschulden vorgelegen sein sollte, noch, weshalb die Folgen der Tat unbedeutend geblieben sein sollten, wenn es als unmittelbarer Konsequenz daraus zur Verfolgung und Festnahme von zwei Personen gekommen ist.

 

Davon ausgehend sowie unter Berücksichtung des Umstandes, dass über den Rechtsmittelwerber bislang zumindest keine einschlägige Vorstrafe verhängt worden ist und er einen Privatkonkurs anstrebt, findet es der Oö. Verwaltungssenat als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die Geldstrafe auf 50 Euro herabzusetzen.

 

Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung auch hinsichtlich Spruchpunkt 2  gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und das ange­fochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Strafver­fahren vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 5 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vor­zuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum