Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600056/2/WEI/Ps

Linz, 26.03.2007

 

B E S C H L U S S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass des Antrags der A A, R, P, vertreten durch W & Partner, Recht§anwälte GmbH in L, S, vom 5. Februar 2007 wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Bezug auf den unerledigten Einspruch gegen eine Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den Beschluss gefasst:

 

 

Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 B-VG iVm §§ 67a Abs 1, 67c Abs 3, 73 Abs 2 AVG 1991 iVm § 52b VStG.

 

 

B e g r ü n d u n g :

 

1. Mit der am 9. Februar 2007 an den Landeshauptmann von Oberösterreich gerichteten und beim Amt der Oö. Landesregierung eingelangten Eingabe vom 5. Februar 2007 hat die rechtsfreundlich vertretene Antragstellerin den wie folgt begründeten Devolutionsantrag eingebracht und Anträge gestellt:

 

"1.) Gegen die Beschwerdeführerin und Antragstellerin wurde mit Strafverfügung vom 16.05.2006 eine Verwaltungsstrafe von gesamt € 630,00 verhängt. Es wurde ihr vorgeworfen, dass sie am 16.05.2006 und am 26.04.2006 der Prostitution (Massagen, die der sexuellen Befriedigung der Kunden dienen, zum Beispiel Massage mit der Hand im Intimbereich bis zum Orgasmus) nachging, sie also gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper geduldet bzw. solche an anderen vorgenommen hat, ohne sich

A.) vor Beginn dieser Tätigkeit sowie periodisch wiederkehrend, mindestens jedoch im Abstand von 3 Monaten einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion unterzogen zu haben;

 

B.) vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Frei sein von Geschlechtskrankheiten unterzogen zu haben.

 

Die Strafverfügung bezieht sich auf § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Ziffer 2 Aids-Gesetz sowie § 1 und 7 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen in Verbindung mit § 12 Abs. 2 Geschlechtskrankheiten-gesetz.

 

2.) Die Antragstellerin hat am 31.05.2006 den Einspruch bei der Behörde eingebracht. Das entsprechende Schriftstück ist spätestens am 03.06.2006 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingelangt.

 

3.) Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen. Diese Frist ist abgelaufen und wurde der Antragstellerin bis heute kein Bescheid in dieser Angelegenheit verkündet oder zugestellt.

 

Die Verzögerung ist ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen.

 

Gemäß § 73 Abs 2 AVG wird daher der

 

ANTRAG

 

auf Übergang der Zuständigkeit der Entscheidung an den Landeshauptmann von Oberösterreich als sachlich zuständige Oberbehörde gestellt.

 

 

4.) Weiters bringt die Antragstellerin unter ausdrücklichem Verweis auf die Entscheidung des UVS Wien zu 06/42/5830/2006 vor, dass durch die von der Antragstellerin durchgeführte Massage mit Gewissheit die Übertragung einer Geschlechtskrankheit ausgeschlossen werden kann. Da von solch einer Handlung offenkundig keine Gefahr ausgeht, kann dem Gesetzgeber auch nicht zugesonnen werden, dass er auch für Personen, welche nur eine Handmassage vornehmen, eine regelmäßige Geschlechtskrankheitenuntersuchung vorschreiben wollte.

 

Derartige Handlungen sind daher im Sinne einer theleologischen Reduktion nicht als sexuelle Handlungen im Sinne des § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, anzusehen (Vgl. UVS Wien Bescheid 2006/07/28; 6 Z 06/42/5830/2006).

 

In der oben zitierten Entscheidung hat sich der UVS Wien mit dem Thema der Vornahme eines Oralverkehrs mit einem Schutzgummi auseinander gesetzt und festgestellt, dass bei dieser Handlung die Gefahr einer Übertragung der Geschlechtskrankheit ausgeschlossen werden kann. Wenn aber selbst bei Vornahme eines Oralverkehrs mit einem Schutzgummi keine sexuelle Handlung vorliegt, die einer Überwachung bedarf, dann gilt dies im Umkehrschluss natürlich auch für eine Handmassage; die Gefahr, dass ein Schutzgummi reißt oder ein Loch hat ist jedenfalls vorhanden. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Gefahr bei beiden Handlungen gleich minimal, wenn nicht bei der Massage noch geringer, vorhanden ist, somit beide Handlungen nicht als sexuelle Handlungen im Sinn des § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz für die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, anzusehen sind.

 

L, am 05.02.2007                                                                 A A"

 

2. Die Abteilung Sanitäts- und Veterinärrecht des Amtes der Oö. Landesregierung hat mit Schreiben vom 19. Februar 2007, ho. eingelangt am 21. Februar 2007, den Devolutionsantrag zuständigkeitshalber an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich weitergeleitet.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist im Hinblick auf Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 51 Abs 1 VStG grundsätzlich zuständig, über Berufungen von Parteien in Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden. Da gegen den erstinstanzlichen Bescheid im Verwaltungsstrafverfahren Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, geht gemäß § 73 Abs 2 AVG auf Devolutionsantrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf diesen über. Die Weiterleitung an den Oö. Verwaltungssenat erfolgte demnach zu Recht.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den Devolutionsantrag festgestellt, dass schon aus dem Vorbringen der Antragstellerin bei richtiger rechtlicher Beurteilung ersichtlich ist, dass der gegenständliche Devolutionsantrag zurückzuweisen ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 B-VG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt,

 

1. in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes,

2. über Beschwerden von Personen, die behaupten durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes (vgl auch § 67a Abs 1 Z 2 AVG),

3. in sonstigen Angelegenheiten, die ihnen durch die die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetze zugewiesen werden (vgl auch § 67a Abs 1 Z  1 AVG),

4. über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten der Z 1, soweit es sich um Privatanklagesachen oder um das landesgesetzliche Abgabenstrafrecht handelt, und der Z 3.

 

Nach § 73 Abs 2 AVG 1991 geht im Fall der Säumnis iSd § 73 Abs 1 leg.cit. auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht den Parteien im Verwaltungsstrafverfahren das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

 

Gemäß § 52b VStG ist § 73 AVG nur im Privatanklagesachen und im landesgesetzlichen Abgabenstrafrecht anzuwenden. Örtlich zuständig ist der unabhängige Verwaltungssenat des Landes, in dem die Unterbehörde ihren Sitz hat.

 

4.2. Auf Grund der dargelegten gesetzlichen Grundlagen steht fest, dass im Verwaltungsstrafverfahren grundsätzlich kein Säumnisschutz nach § 73 AVG besteht, dieser vielmehr gemäß § 52b VStG auf die dort genannten und gegenständlich nicht zutreffenden Ausnahmefälle beschränkt ist.

 

Eine Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenats wegen Säumnis der Strafbehörde ist demnach in der Regel nicht zulässig. Dazu kommt noch, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kein subjektives Recht auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens durch die erstinstanzliche Behörde besteht (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] E 6 zu § 45 Abs 1 VStG). Wie im Übrigen aus § 45 Abs 2 VStG hervorgeht, bedarf es im Einparteienverfahren zur Einstellung des Strafverfahrens auch keines Bescheides, sondern es genügt dafür ein Aktenvermerk mit Begründung und eine formlose Mitteilung an den Beschuldigten.

 

Die Antragstellerin hat demnach weder ein subjektives Recht auf Tätigwerden der Strafbehörde, noch auf eine bescheidförmige Erledigung ihres Einspruches gegen die Strafverfügung durch Einstellungsbescheid. Mangels eines subjektiven Anspruches war der gegenständliche Devolutionsantrag daher schlechthin unzulässig und zurückzuweisen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 06.09.2007, Zl.: 2007/09/0092-3

 

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