Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161860/7/Sch/Hu

Linz, 11.04.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn A H vom 18.12.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 5.12.2006, VerkR96-2338-2006, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 10.4.2007 zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 5.12.2006, VerkR96-2338-2006, wurde über Herrn A H, B, N, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 225 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen, verhängt, weil er am 12.9.2006 um 10.41 Uhr in der Gemeinde Neufelden, auf der  Rohrbacher Straße B127 bei Str.km 33,713 in Fahrtrichtung Linz als Lenker des Lastkraftwagens N1, mit dem amtlichen Kennzeichen … (A), die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 22,50 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Die Erstbehörde hat mit Schreiben vom 26.9.2006 an jene juristische Person, die Zulassungsbesitzerin des relevanten Kfz ist, eine Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 nach dem Lenker des Fahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt abgefertigt. Diese wurde am 2.10.2006 zugestellt und vom nunmehrigen Berufungswerber als Geschäftsführer der GesmbH mit Schreiben vom 9.10.2006 beantwortet. Hierin verweist er darauf, dass er selbst Lenker gewesen sei, fügt aber wörtlich Folgendes hinzu:

„Ich war jedoch zum gegebenen Zeitpunkt nach Passau  unterwegs. Ich bitte Sie daher um eine Erklärung bzw. einen Beweis für die von Ihnen angeführte Übertretung. Ort, Zeit und Tempo.“

 

Auf die hierauf ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung in dem eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren hat der Berufungswerber anlässlich einer Niederschrift angegeben, dass entgegen seinen (irrtümlichen) Angaben im Auskunftsschreiben am 9.12.2006 um 10.41 Uhr nicht er den Pkw mit dem Kennzeichen …, sondern ein Herr P H, geb. am …, wohnhaft an einer gleichzeitig bekannt gegebenen Adresse in Tschechien, zum angefragten Zeitpunkt gelenkt habe. Er selbst sei zu diesem Zeitpunkt in Passau gewesen.

 

Vorgelegt wurde auch die Kopie des Führerscheines des bekannt gegebenen Lenkers.

 

Die Erstbehörde hat hierauf das angefochtene Straferkenntnis erlassen und im Wesentlichen damit begründet, dass das obige Vorbringen als Schutzbehauptung des Berufungswerbers angesehen werden müsse.

 

In der Berufungsschrift wiederholt der Berufungswerber im Wesentlichen sein Vorbringen.

 

Anlässlich der Berufungsverhandlung, die auf seinen Wunsch um einen Tag vorverlegt worden ist, hat der Rechtsmittelwerber in Erläuterung der behaupteten Lenkereigenschaft des P H angegeben, dass dieser Teilnehmer einer Schulung im Betrieb des Berufungswerbers gewesen sei. Es seien insgesamt 14 Personen aus Tschechien bei dieser Schulung gewesen. In Tschechien befindet sich nämlich eine Produktionshalle der Firma des Berufungswerbers. Die Recherchen des Berufungswerbers hätten ergeben, dass nicht er, sondern der erwähnte Schulungsteilnehmer Lenker des angefragten Kfz gewesen sei. Er habe den Auftrag gehabt, mit dem Fahrzeug etwas zu transportieren.

 

4. Im Hinblick auf die gegenständliche Sachlage ist eingangs zu bemerken, dass es grundsätzlich der Lebenserfahrung entspricht, dass die von jemandem bei der ersten Gelegenheit gemachten Angaben der Wahrheit am nächsten kommen (VwGH 25.6.1999, 99/02/0076 ua).

 

Die erste in diesem Sinne sich bietende Gelegenheit für den Berufungswerber, auf einen anderen Lenker als ihn selbst hinzuweisen, wäre also im Rahmen der Beantwortung der Lenkeranfrage gewesen. Dort hat er sich allerdings selbst als Lenker benannt, hervorzuheben ist allerdings auch, dass bereits in dieser Eingabe davon die Rede ist, dass er zum „gegebenen“ Zeitpunkt nach Passau unterwegs gewesen sei. Diese Anfügung spielt insofern eine Rolle, als sie im Verein mit dem späteren Vorbringen des Berufungswerbers im erstbehördlichen Verfahren bzw. im Berufungsverfahren doch als Relativierung der Angabe seiner Person als Lenker schon zu diesem Zeitpunkt angesehen werden muss.

 

Bei der Feststellung der Lenkereigenschaft einer bestimmten Person handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung, eine Lenkerauskunft im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967 ist ein dafür taugliches Beweismittel, aber nicht das ausschließliche (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116 ua).

 

Die selbstbezichtigende Lenkerauskunft des Berufungswerbers wird also zusammenfassend dadurch relativiert, dass schon in dieser Auskunftserteilung von einer anderen Fahrt die Rede ist, eine Person später als Lenker konkret namhaft gemacht, eine Führerscheinkopie vorgelegt, eine Verbindung zwischen dem Berufungswerber und dieser Person halbwegs schlüssig erklärt und zudem bei der Berufungsverhandlung ein weiteres Beweisangebot gemacht wurde. Es ist nämlich namentlich jene Person benannt worden, die den Aufenthalt des Berufungswerbers zum Lenkzeitpunkt in Passau bestätigen könne.

 

Grundsätzlich bestünde nunmehr die Möglichkeit, die Angaben des Berufungswerbers einer Überprüfung, insbesondere durch Einvernahme der namhaft gemachten Zeugen, zuzuführen. Es kann allerdings nicht erwartet werden, dass dadurch eine andere Berufungsentscheidung zustande käme. Der Berufungsbehörde erscheinen solche aufwendigen Ermittlungen – beide Personen nicht in Österreich aufhältig – verwaltungsökonomisch nicht vertretbar. Es darf zwar grundsätzlich nicht angenommen werden, dass ohnedies nur Gefälligkeitsaussagen zu erwarten wären, eine Vermutung dahingehend wäre aber auch nicht lebensfremd.

 

Im Hinblick auf den Inhalt der Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 wird bei der Erstbehörde angeregt, dass auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 15.9.1999, 99/03/0090) Bedacht genommen wird.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber wird abschließend noch angefügt, dass die Angaben des Berufungswerbers zwar seine Lenkereigenschaft so weit in Zweifel gezogen haben, dass damit eine verurteilende Berufungsentscheidung nicht mehr in Frage kommen kann, andererseits erwecken sie aber auch in einem gewissen Ausmaß einen konstruierten Eindruck.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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