Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150538/2/Bm/Gru/Ga

Linz, 23.04.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des J S, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmannes von Gmunden vom 9. Jänner 2007, Zl. VerkR96-12952-2006, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

I.                    Die Berufung wird in Bezug auf die verhängte Geldstrafe abgewiesen; die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.

 

II.                  Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er es als Lenker des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen  zu vertreten habe, dass er am 9. August 2006, 8.30 Uhr, die A1, bei km 212.500, Gemeinde Roitham, Raststation Lindach, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei eine Mautvignette angebracht gewesen, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale aufgewiesen habe (Schriftzug UNGÜLTIG bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung auf der Vignette).

 

2. In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, dass es sich um einen rein formalen Verstoß handeln würde und er daher ersuche, die Strafe zu erlassen oder zumindest angemessen zu reduzieren.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 21. November 2006 zugrunde, wonach am Fahrzeug eine Mautvignette angebracht gewesen sei, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale aufgewiesen habe (Schriftzug UNGÜLTIG bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung auf der Vignette waren erkennbar).

 

Im Zuge der Lenkererhebung wurde seitens des Dienstgebers des Bw als Beilage ein Schreiben an die Erstbehörde vom 17.8.2006 angeschlossen, in dem Nach­stehendes mitgeteilt wurde: "Unser Mitarbeiter J S wurde am 8.8.2006 mit einer 'manipulierten' Mautvignette angetroffen. Manipuliert – da am 4.5.2006 die Windschutzscheibe des Fahrzeugs wegen Steinschlags ersetzt werden musste. Kopie der Rechnung der Fa. Auto S liegt bei. Diese Rechnung war im Fahrzeug. Diese interessierte HMS Bosruck nicht. Das lt. HMS Bosruck richtige Vorgehen, den Teil der zerstörten Scheibe mit der Vignette auszuschneiden und beim ADAC vorzulegen um eine Bestätigung des Sachverhalts zu erlangen ist nicht gerade nahe liegend und angesichts des Wertes der Vignette unzumutbar. Wir erheben hiermit formal, fristgerecht Einspruch gegen das verhängte Bußgeld und bitten um Storno der Rechnung."  Beigelegt wurden jeweils in Kopie eine Jahresvignette sowie ein Antrag an die ÖSAG vom 16.10.2006 auf Vignettenersatz wegen Scheibenbruch.

 

Einer Stellungnahme der Asfinag vom 25. Oktober 2006 ist eine Wiedergabe der Rechtslage und der Angaben der Anzeige zu entnehmen. Weiters wurde angemerkt, dass im Falle eines unterjährigen Windschutzscheibenschadens jeder Kraftfahrer ein Anrecht auf eine Ersatzvignette habe, die er sich jedoch vor dem nächsten Befahren des vignettenpflichtigen Netzes besorgen und ordnungsgemäß auf die Windschutz­scheibe aufkleben müsse. Im konkreten Fall sei kein Antrag auf Vignettenersatz wegen Scheibenbruch bei der ASFINAG eingegangen und daher auch keine Ersatzvignette ausgegeben worden. Da der Fahrzeuglenker zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht angetroffen werden konnte, sei eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut gem. § 19 Abs. 3 BStMG am Fahrzeug hinterlassen worden.

 

Mit Schreiben vom 21.11.2006 nahm der Dienstgeber des Bws Bezug auf ein mit der Erst­behörde am 17.8.2006 geführtes Telefonat, wo ihm geraten worden sei abzuwarten, was weiter passieren würde – zu diesem Zeitpunkt sei noch keine Anzeige vorgelegen; seitens der Erstbehörde würde dieser Vorgang im Auge behalten werden. Weiters wurden die Daten des Fahrzeuglenkers angegeben.

Abschließend wurde mitgeteilt, dass am Grenzübergang Salzburg gegen Vorlage der erforderlichen Unterlagen problemlos eine neue Vignette ausgefolgt worden sei und das von der ASFINAG genannte Vorgehen bezüglich Vignettenersatz dazu vergleichsweise grotesk erscheine.

Ansonsten sei dem Schreiben vom 17.8.2006 nichts mehr hinzuzufügen und die Firma bitte um Stornierung der Rechnung.

 

Der Bw teilte mit Schreiben vom 5.12.2006 mit, dass es sich beim gegenständlichen Fahrzeug um ein Firmenfahrzeug gehandelt habe, bei dem auf Grund Steinschlags im Sommer die Windschutzscheibe ausgewechselt worden sei. Er sei, da eine Fachwerkstätte diese Arbeiten durchgeführt habe, davon ausgegangen, dass der Wechsel der Vignette ordnungsgemäß erfolgt sei. Es wird gebeten, von einer weiteren Strafverfolgung abzusehen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung ist das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten Vignette, jede andere als in dieser Mautordnung zugelassene Mehr­fachverwendung der Vignette oder eine chemische oder auch technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird, unzulässig und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 3).

 

4.2. Die Verwirklichung des gegen­ständlichen Delikts durch den Bw ist unbestritten. Die Berufung wendet sich ausschließlich gegen die Strafhöhe und ist damit der Schuldausspruch in Rechtskraft erwachsen.

 

4.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Nach § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Strafer­kenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb sich begründende Ausführungen zum festgesetzten Strafausmaß im Sinne des § 19 VStG erübrigen.

Dem Bw kommt nach der Aktenlage zwar der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu gute, dieser zu berücksichtigende Milderungsgrund bedeutet aber auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinne des § 20 VStG (vgl. VwGH 8.9.1998, 98/03/0159, 20.9.2000, 2000/03/0046 uva), weshalb von der Anwendung des § 20 VStG abzusehen war. 

Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist das Verschulden als nicht geringfügig zu veranschlagen, zumal sich der Bw bei Einholung entsprechender Erkundigungen Kenntnis darüber verschaffen hätte können, dass die gegenständliche Vorgangsweise nicht dem Gesetz entspricht.

Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen; dadurch entfällt die Vorschreibung von Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bismaier

 

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