Linz, 24.04.2007
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn M W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 5.4.2007, VerkR21-32-2007 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Aberkennung des Rechtes von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges und Anordnung einer Nachschulung, zu Recht erkannt:
I. Betreffend die
- Entziehung der Lenkberechtigung einschließlich der Festsetzung der Entziehungsdauer von drei Monaten sowie
- Aberkennung des Rechtes, während der Entziehungsdauer von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen
wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlagen: §§ 24 Abs.1 Z.1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm. §§ 7 Abs.1 Z.1, 7 Abs.3 Z.3 und 7 Abs.4 FSG, BGBl. I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I/153/2006
§ 30 Abs.1 iVm. § 32 Abs.1 Z1 FSG
II. Das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen
Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges wird aufgehoben.
Rechtsgrundlage: § 32 Abs.1 Z.1 FSG
III. Betreffend die Anordnung einer Nachschulung ist der erstinstanzliche
Bescheid – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG
- die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 3 Monaten – gerechnet ab Zustellung des Bescheides – entzogen
- das Recht aberkannt, während der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen
- das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verboten und
- verpflichtet, sich auf seine Kosten bis zum Ablauf der Entziehungsdauer einer Nachschulung zu unterziehen
Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 17.4.2007 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Der Bw lenkte am 29.3.2007 um 18.12 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in P. Dabei hat er die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeits-beschränkung von 70 km/h um 66 km/h überschritten und dadurch unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Bestimmungen der StVO verstoßen.
Die belangte Behörde hat mit Straferkenntnis vom 3.4.2007, VerkR96-1513-2007 über den Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z.10a iVm. § 99 Abs.2 lit.c StVO eine Geldstrafe verhängt.
Dieses Straferkenntnis ist – durch Rechtsmittelverzicht – in Rechtskraft erwachsen.
Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.
Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.
Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.
Gemäß § 7 Abs.3 Z.3 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit zu gelten, wenn jemand als Lenker eines KFZ durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen.
Aufgrund einer rechtskräftigen Bestrafung gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO steht für die Entziehungsbehörde das Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG bindend fest.
Der Entziehungsbehörde ist eine selbständige Beurteilung der Vorfrage, ob der Bestrafte eine solche Übertretung begangen hat, verwehrt;
VwGH vom 26.11.2002, 2002/11/0083 mit Vorjudikatur
Die gegenteiligen Ausführungen des Bw in der Berufung vom 17.4.2007 sind – aufgrund der Rechtskraft des Straferkenntnisses sowie der daraus erfließenden Bindungswirkung – rechtlich bedeutungslos.
Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema;
Erkenntnisse vom 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;
vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur uva.
Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;
VfGH vom 14.3.2003, G203/02; vom 11.10.2003, B1031/02; vom 26.2.1999, B 544/97
VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108 uva.
Die Behörde I. Instanz hat daher völlig zu Recht dem Bw die Lenkberechtigung für die in § 25 Abs.3 FSG enthaltene (Mindest-)Dauer von drei Monaten – gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides – entzogen.
Die Aberkennung des Rechtes, während der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung von einer – allfällig bestehenden – ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, ist in der zitierten Rechtsgrundlage (§ 30 Abs.1 iVm. § 32 Abs.1 FSG) begründet; VwGH vom 17.3.2005, 2005/11/0057.
Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, ist gem. § 32 Abs.1 Z.1 FSG das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.
Der Bw hat – wie dargelegt – eine durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h um 66 km/h überschritten.
Eine derartige massive Geschwindigkeitsüberschreitung ist beim Lenken eines in § 32 FSG genannten KFZ realistischerweise nicht möglich.
Das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges war daher aufzuheben.
Die dem Bw im erstinstanzlichen Bescheid auferlegte Verpflichtung, eine Nachschulung zu absolvieren ist – da dieser Spruchpunkt vom Bw in der Berufung nicht bekämpft wurde – in Rechtskraft erwachsen.
Unabhängig davon ist festzustellen:
Dem Bw wurde am 3.5.2006 die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt; der Bw befindet sich daher in der Probezeit iSd § 4 Abs.1 FSG.
Gemäß § 24 Abs.3 Z.1 FSG hat die Behörde eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung der Lenkberechtigung in der Probezeit erfolgt.
Die belangte Behörde hat daher den Bw völlig zu Recht verpflichtet, eine Nachschulung zu absolvieren.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13 Euro angefallen.
Mag. Kofler
Beschlagwortung:
Übertretung nach § 99 Abs.2 lit.c StVO – bestimmte Tatsache; Entziehung der Lenkberechtigung; KEIN Lenkverbot nach § 32 FSG