Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240603/14/Ste/Wb

Linz, 08.05.2007

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der M P, vertreten durch Dr. P F, Rechtsanwalt, 46 T, R, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 1. März 2007, AZ. SanRB96-47-1-2006, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes - LMSVG – nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung – zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Ver­waltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 1. März 2007, AZ. SanRB96-47-1-2006, wurde die Berufungswerberin (in der Folge: Bwin) bestraft, weil sie es als verantwortliche Beauftragte für den fraglichen Bereich der U-Filiale R zu verantworten habe, dass in dieser Filiale am 14. November 2006 drei halbierte Ananas feilgehalten und somit in Verkehr gebracht worden sind, obwohl diese Lebensmittel nicht sicher gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 waren. Die Ananas wies eine Verschimmelung durch Penicillium- und Fusarienarten sowie Geruchs- und Geschmacksmängel auf, wodurch die bestim­mungs­gemäße Verwendbarkeit dieser Lebensmittel nicht mehr gewährleistet war und diese für den menschlichen Verzehr ungeeignet waren; sie habe dadurch § 5 Abs. 1 Z. 1, Abs. 5 Z. 2 sowie § 90 Abs. 1 Z. 1 des LMSVG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Bwin gemäß § 90 Abs. 1 LMSVG eine Geldstrafe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt.

 

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass auf Grund eines Gutachtens der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung, L, vom 21. November 2006 bzw. einer darauf beruhenden Anzeige der Landessanitätsdirektion, Sanitätsdienst- Lebensmittel­aufsicht, Linz, vom 29. November 2006 die der Bwin genannte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt wird.

 

Auf Grund der von der Bwin vorgebrachten Beweise könne auch ihr Verschulden nicht als geringfügig gewertet werden, weshalb ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs. 1 VStG nicht in Frage gekommen sei.

 

Zur Strafbemessung wurde von der belangten Behörde festgestellt, dass die verwaltungsstrafrechtliche Sanktionierung der gegenständlichen Tat insbesondere dem Schutz der Kunden diene. Durch den Genuss des nicht tauglichen Lebens­mittels hätte die Gesundheit der Kunden nachteilig beeinflusst werden können. Dass es solche Hinweise nicht gäbe, kann der Bwin – ebenso wie die bisherige Unbescholtenheit – zugute gehalten werden.

 

Der Bwin wurden weiters die Untersuchungskosten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung, 4020 Linz, Bürgerstraße 47, gemäß § 71 Abs. 3 LMSVG auferlegt.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters am 5. März 2007 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitige – Datum des Poststempels: 15. März 2007 – Berufung.

 

Darin wird beantragt,

1.      das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 1. März 2007, GZ SanRB96-47-1-2006, aufzuheben und das gegen die Berufungs­werberin geführte Strafverfahren einzustellen;

2.      eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen;

3.      in eventu wegen Geringfügigkeit des Verschuldens sowie der Folgen vom Ausspruch einer Strafe nach § 21 VStG abzu­sehen;

4.      in eventu die Berufungswerberin gem. § 21 Abs. 1 VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens mit Bescheid zu ermahnen.

Als Gründe werden die Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften, die un­richtige Sachverhaltsdarstellung und die unrichtige rechtliche Beurteilung angeführt. Insbesondere wird angeführt, dass der Beweisantrag, die Bwin einzuvernehmen, von der Erstbehörde unberücksichtigt blieb, obwohl diese Aussage Aufschluss über die Beschaffenheit der Frucht zum Zeitpunkt der Entnahme hätte geben können. Weiters hätte die Bwin auch darlegen können, dass es sich in keinster Weise um ein persönlich vorwerfbares Verhalten gehandelt hat.

 

Darüber hinaus habe es die Erstbehörde auch unterlassen, das zuständige Lebensmittelorgan zur Beschaffenheit der gegenständlichen Frucht zum Zeitpunkt der Entnahme einzuvernehmen.

 

Weiters führt die Bwin an, dass es die Erstbehörde unterlassen habe, Feststellungen darüber zu treffen, welcher Zeitraum zwischen Entnahme der gegenständlichen Frucht und ihrer Untersuchung in der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH vergangen war. Es wird zu diesem Zweck die Einvernahme des Herrn Dipl. Ing. L P, per Adresse A, B, 40 L, als Zeugen sowie die Einvernahme des zuständigen Lebensmittelaufsichtsorgans und die Einvernahme der Bwin als Beweis beantragt.

 

Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt erfülle weiters nicht den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 Z. 1, § 5 Abs. 5 Z. 2 sowie § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG. Gemäß der vorzitierten Bestimmung ist es verboten, Lebensmittel die nicht sicher gemäß Artikel 14 der Verordnung EG 178/2002 sind, dh. gesundheitsschädlich und für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr zu bringen. Nach Artikel 14 Abs 5 dieser Verordnung ist bei der Ent­scheidung der Frage ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel in Folge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verkehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist. Laut dem Untersuchungsergebnis der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH waren an der braunen Schale der Ananas Schimmelflecken sichtbar aber sich am Fruchtfleisch in keinster Weise Schimmel befand. Die Frucht war somit weder gesundheitsschädlich noch für den menschlichen Verzehr ungeeignet. Es sei somit der Tatbestand der betreffenden Norm nicht erfüllt.

 

Es mangle auch an einem Verschulden der Bwin, da sie die gegenständliche Ananas überprüft habe und hierbei keine sichtbaren Schimmelflecken am verzehrfähigen Teil der Ananas entdeckt habe. Die Bwin sei sich außerdem nicht bewusst gewesen, dass eine Halbierung bzw. Aufschneiden der Ananas die Haltbarkeit minimiert, insbesondere dann, wenn diese in eine Klarsichtfolie bzw. luftdichte Folie ein­gewickelt wird. Entgegen der Ausführungen der Behörde im angefochtenen Straf­erkenntnis war man sich auch in keinster Weise bewusst, dass die Ware nicht mehr die vollen wertbestimmenden Eigenschaften hat und ebenso ist es auch nicht richtig, dass die Ananas aus diesem Grunde um 50% verbilligt war, sondern es sich um eine Aktionsware handelte. Es handle sich somit nicht um ein persönlich vorwerfbares Verhalten welches für ein Strafverfahren erforderlich wäre und auch die Folgen der Übertretung könnten als unbeutend angesehen werden, als eine Gesundheits­schädigung einer Person nach dem Verzehr der gegenständlichen Ananas nicht eingetreten ist.

 

Da somit ein allfälliges Verschulden geringfügig sei und keine Folgen einer Übertretung eingetreten seien, lägen auch die Voraussetzungen des § 21 VStG vor.

 

 

2. Mit Schreiben vom 20. März 2007 legte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vor.

 

2.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geld­strafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. April 2007 im Beisein der Bwin sowie einer Vertreterin ihres rechtsfreundlichen Vertreters und des Zeugen Dipl.Ing. L P; eine Vertreterin oder ein Vertreter der belangten Behörde hat sich entschuldigt und ist nicht erschienen.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem ent­scheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Die Bwin ist verantwortliche Beauftragte der U gesellschaftmbH & Co KG für den gesamten Lebensmittelmarkt Filiale R, ausgenommen Fein­kost­ab­teilung.

 

Anlässlich einer Revision gemäß § 35 LMSVG wurde am 14. November 2006 in der Filiale Raab eine amtliche Probe Ananas entnommen und am gleichen Tag der Österreichischen Agentur für Ge­sundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebens­mitteluntersuchung, L (in der Folge kurz: A), zur Begutachtung übermittelt.

 

Das vom Lebensmittelaufsichtsorgan ausgestellte Probenbegleitschreiben weist in der Rubrik „Bemerkungen des Aufsichtsorgans“ folgende Eintragung auf: „erbitte orientierende Untersuchung, Ware wird in der Filiale geteilt und in Kunststofffolie verpackt“. Das Probenbegleitschreiben enthält auch sonst keinen Hinweis auf bereits in diesem Zeitpunkt vorhandenen Schimmelbefall.

 

Im Befund der A vom 21. November 2006 ist ausgeführt: „Beschaffenheit: halbierte Ananas, ohne Blätter mit gelbem Fruchtfleisch, an den Rändern braun, braune Schale mit sichtbaren Schimmelflecken […]; Sensorische Untersuchung: Ge­ruch: unrein, gärig, schimmlig, Geschmack: unrein; Mikroskopische Unter­suchung: Penicillium spp. und Fusarium spp. erkennbar; Stereomikroskopische Unter­suchung: artfremde Beimengung und Vorratsschädlinge nicht erkennbar.“

 

Das Gutachten lautet wörtlich: „Die Lebensmittelprobe mit der Bezeichnung ‚Ananas´ weist nach beiliegendem Prüfbericht Verschimmelung durch Penicillium- und Fusarien­arten sowie Geruchs- und Geschmacksmängel auf. Die Lebensmittelprobe ist nach § 5 Abs. 5 Z. 2 LMSVH 2005 als für den menschlichen Verzehr ungeeignet und daher nicht sicher zu beurteilen und unterliegt dem Verbot des Inver­kehr­bringens gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 LMSVG.“

 

2.4. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den genannten Urkunden über die Bestellung, dem Probenbegleitschrieben, dem Untersuchungs­zeugnis samt Fotos und Gut­achten sowie aus der mündlichen Verhandlung.

 

2.5. Ob die Ananas bereits im Zeitpunkt der Entnahme in der Filiale (am 14. November 2006 um 10.37 Uhr) sichtbar die im Untersuchungszeugnis und Gut­achten festgestellten Mängel (Beginn der Untersuchung 14. November 2006, ohne Uhrzeit) aufwiesen, kann letzt­lich nicht mit der für ein Verwaltungsverfahren notwen­digen Sicherheit fest­gestellt werden. Dagegen spricht einerseits jedenfalls die glaub­würdige Behauptung der Bwin im gesamten Verfahren, insbesondere auch in der mündlichen Verhand­lung, sowie wohl auch die Tatsache, dass im Probenbe­gleit­schreiben keine der­artigen Mängel genannt sind und lediglich eine „orientierende Untersuchung“ erbeten ist. Die Bwin hat auch glaubwürdig und nachvollziehbar erläutert, dass ihr bis zum fraglichen Vorfall nicht bekannt war, dass eine Verpackung von Ananas in Folien zu einer derart raschen Wertminderung führen kann. Dem gegenüber steht das Untersuchungs­zeugnis und das Gutachten samt Fotos, woraus insbesondere der Schimmelbefall erkennbar ist. Ob es denkbar oder ausgeschlossen ist, dass sich der Schimmel binnen eines Tages in der letztlich vorhandenen Art entwickelt, konnte im Verfahren nicht geklärt werden.

 

Diese Widersprüche und Unklarheiten im Ermittlungsverfahren konnten auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit vertretbarem Aufwand nicht saniert werden, wobei zu beachten war, dass keine besonderen general- oder spezialpräventiven Gründe gegeben schienen, die einen solchen Aufwand (neuerliche mündliche Verhandlung, Befragung weiterer Zeugen, Einholung eines weiteren Sachver­ständigen­gutachtens) gerechtfertigt hätten (vgl. § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG iVm. § 24 VStG und § 21 Abs. 1a VStG). Insbesondere hat die Bwin nachweislich noch am Tag der Probenentnahme in ihrem Verant­wortungsbereich dafür gesorgt, dass in Zukunft ähnliche Mängel vermieden werden (vgl. die Dienstanweisung vom 14. November 2006).

 

Wie bereits gesagt, ist damit für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Ver­wal­tungssenats jedenfalls nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren not­wendigen Sicherheit bewiesen, dass die Ananas bereits im Zeitpunkt des In-Verkehr-Bringens die später wohl eindeutig festgestellten und von der Bwin auch einge­räumten Mängel aufwiesen. Damit muss der Sachverhalt aber im Zweifel zu Gunsten der Bwin ange­nommen werden.

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen be­rechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verant­wortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Be­reiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungs­vorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Die Bwin war zum möglichen Tatzeitpunkt, wie im Sachverhalt angeführt – unbe­stritten – verantwortliche Beauftragte der U gesellschaftmbH & Co KG für den gesamten Lebensmittelmarkt Filiale R, ausgenommen Fein­kost­abteilung.

 

3.2. Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzge­setz (LMSVG), BGBl. I Nr. 13/2006, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2006, ist es verboten, Lebensmittel, die nicht sicher gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind, d.h. gesundheitsschädlich oder für den mensch­lichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr zu bringen.

 

Gemäß § 5 Abs. 5 Z. 2 LMSVG sind Lebensmittel für den menschlichen Verzehr un­geeignet, wenn die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist.

 

Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG begeht wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben ver­sehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung in Verkehr bringt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer stren­geren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirks­verwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

3.2.1. Die der Bwin vorgeworfene Tat bildet wohl nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung nach §§ 81 ff LMSVG, sodass grundsätzlich eine Zu­ständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde gegeben scheint.

 

3.2.2. Wie aus den oben zitierten Normen ersichtlich, ist es verboten, Lebensmittel, die nicht sicher sind, dh. gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr zu bringen.

 

Dafür, dass die fraglichen Lebensmittel gesundheitsschädlich gewesen wären, gibt es keine Hinweise. Nach dem Gesetz ist ein Lebensmittel dann als „für den mensch­lichen Verzehr ungeeignet“ einzustufen, wenn dessen bestimmungsgemäße Ver­wendung nicht gewährleistet ist. Die damit verwendeten unbestimmten Ge­setzes­begriffe sind – mangels näherer Definition – auszulegen, wobei insbesondere der systematische Zusammenhang zu beachten ist. Dass das Lebensmittel für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist, kann nur so verstanden werden, dass eine bestimmungsgemäße Verwendbarkeit (im Sinn der früheren Definition der Verdorbenheit) ausgeschlossen ist. Die Fälle der wesentlichen Verminderung der bestimmungsgemäßen Verwendbarkeit sind nach dem LMSVG der verpönten Eigenschaft „wertgemindert“ zuzuordnen. Die Frage, wann die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit eines Lebensmittels nicht mehr gewährleistet ist, ist unter ausgewogener, alle Umstände berücksichtigender Betrachtung unter Zugrunde­legung der berechtigten Erwartungen der Verbraucherinnen und Ver­braucher zu beantworten (vgl. dazu auch Art. 14 Abs. 5 EG-BasisVO; vgl. in diesem Sinn Blass/Brustbauer/Hauer/Kainz/Königshofer/Mahmood/Natterer/Stangl/Stuller Lebensmittelrecht, 3. Aufl., Anm. 20 zu § 5 LMSVG).

 

Auf Grund des festgestellten Sachverhalts kann – wie oben dargelegt (vgl. 2.5) – nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Ananas bereits im Zeitpunkt des In-Verkehr-Bringens die später festgestellten Mängel aufwiesen, wes­wegen der Tatbestand der der Bwin vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht vorliegt. Es zeigt sich im Ergebnis somit, dass keine ausreichenden Anhalts­punkte dafür vorliegen, dass die Bwin die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung nach dem LMSVG zu ver­antworten habe.

 

4. Die Berufungsbehörde musste daher schon auf Grund dieser Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einstellen. Auf die weiteren Einwendungen und Anträge seitens der Bwin war somit nicht mehr näher einzugehen.

 

5. Bei diesem Ergebnis war der Bwin nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzu­schreiben. Ebenso sind der Bwin somit auch keine Untersuchungskosten gemäß § 71 Abs 3 LMSVG vorzuschreiben.

 

6. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich noch zu folgenden ergänzenden Hinweisen veranlasst:

 

6.1. Die Bwin wird sich in Zukunft jedenfalls nicht mehr mit Erfolg damit verantworten können, dass ihr nicht bekannt war, dass bei bestimmten Lebensmitteln eine Ver­packung mit Folie zu rascheren Beeinträchtigungen deren Qualität führt.

 

6.2. Um eine spätere Nachvollziehung (besser) gewährleisten zu können und (wie im vorliegenden Fall) Be­weispro­bleme zu verhindern, würde es wohl sinnvoll sein, bereits im Probenbe­gleit­schreiben gemäß § 36 Abs. 12 LMSVG im Zeitpunkt der Entnahme der Probe festgestellt (offensichtliche) oder vermutete Mängel ent­spre­chend zu dokumentieren. Im Übrigen wären – jedenfalls dann, wenn sich im Ver­fahren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dies notwendig ist – jedenfalls die Auf­sichtsorgane, die die Probe entnehmen, sinnvoller Weise schon von der Behörde erster Instanz als Zeugen zu vernehmen.

 

6.3. Es dürfte nicht Aufgabe des Gutachters sein, im Gutachten bereits die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts vor(weg)zunehmen. Dass die Lebensmittelprobe dem Verbot des In-Verkehr-Bringens nach dem LMSVG unterliegt ist wohl ausschließlich eine Rechtsfrage, die von der zuständigen Behörde zu beurteilen ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Wolfgang Steiner

 

Beschlagwortung:

LMSVG, Beweisproblem

 

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