Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230468/2/Br

Linz, 28.09.1995

VwSen-230468/2/Br Linz, am 28. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung von Frau M A, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 8. Juni 1995, Zl.:

Sich/320/1993/Hol, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, als gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Der Schuldspruch wird jedoch bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 AVG iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem Straferkenntnis vom 8. Juni 1995, Zl.: Sich/320/1993/Hol wider die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 82 Abs.1 Z4 iVm § 2 Abs.1, § 5 und § 15 Abs.1 Z1 FrG eine Geldstrafe von 700 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie sich am 12.4.1993 um 21.30 Uhr im Grenzkontrollbereich des damaligen Zollamtes S aufgehalten habe, ohne, daß in ihren von den bundesdeutschen Behörden ausgestellten Konventionsreisedokumenten zu Nr. 0556122, ausgestellt am 11.6.1992 und gültig bis 10.6.2001, ein österreichischer Sichtvermerk eingetragen gewesen wäre und sie auch sonst über keinen für den Aufenthalt im Gebiet der Republik Österreich erforderlichen Sichtvermerk verfügt habe, weshalb sie sich als Fremde am angegebenen Ort zur angegebenen Zeit nicht rechtmäßig im Gebiet der Republik Österreich aufgehalten habe.

1.1. Die Erstbehörde verweist in ihrer umfangreichen Bescheidbegründung auf das Fremdengesetz und das Abkommen zwischen der österreichischen Bundesregierung und der kaiserlich iranischen Regierung, BGBl.Nr. 59/1974, wonach die Berufungswerberin eben nicht von der Sichtvermerkspflicht befreit gewesen sei. Zur Strafbegründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß dem § 15 Abs.1 Z1 FrG erhöhte Bedeutung für ein geordnetes Fremdenwesen zukommt.

Erschwerend wertete die Erstbehörde jedoch die vorsätzliche Begehungsweise.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung erhoben und darin sinngemäß im wesentlichen ausgeführt, daß sie von einer Visumspflicht nichts gewußt hätte. Die Einreise nach Österreich über den Grenzübergang S sei anstandslos gewährt worden. Dabei sei auch der Reisepaß der Berufungswerberin kontrolliert worden. Erst bei der Rückreise sei nach dem Visum gefragt worden. Es sei daher nicht einzusehen als Gesetzesverletzer (gemeint wohl: der schuldhaften Gesetzesverletzung zur Verantwortung gezogen) bezeichnet zu werden. Im Jahre 1994 sei ihr für sechs Monate ein Visum für Österreich erteilt worden, welches sie innerhalb weniger Stunden nach der Antragstellung gewährt bekommen habe.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu erkennen. Zumal sich bereits aus der Aktenlage der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt ergibt und auch eine 3.000 S übersteigende Strafe nicht verhängt wurde, konnte von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, Zl.

Sich/320/1993/Hol.

5. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt ist erwiesen:

5.1. Es ist unbestritten, daß die Berufungswerberin zur fraglichen Zeit aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgereist war bzw. sich vor diesem Zeitpunkt zu einem Verwandtenbesuch für drei Tage in Österreich aufhielt. Die Berufungswerberin ist in Deutschland wohnhaft und verfügt über einen sogenannten deutschen Konventionsreisepaß. Sie ist iranische Staatsangehörige. Die Einreise erfolgte unbeanstandet über einen Grenzübergang bei S. Ein Hinweis bzw. eine Beanstandung wegen des Visums erfolgte dabei nicht.

6.1. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1.1. Wie die Erstbehörde zutreffend ausführte brauchen Fremde gemäß § 5 Fremdengesetz für die Einreise und den Aufenthalt einen Sichtvermerk, soweit nicht anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt wird. Derartiges ist im Falle der Berufungswerberin als iranische Staatsbürgerin nicht der Fall (siehe BGBl.Nr.

59/1974).

6.1.2. Auch im Verwaltungsstrafrecht ist nur ein schuldhaftes Verhalten strafbar (VwGH 13.5.1987, 85/18/0067). Es ist demnach für die Beurteilung des Verschuldens von Bedeutung auch über die Zumutbarkeit und Umstände des Unterbleibens, sich Kenntnis von einer bestimmten Rechtslage verschafft zu haben, Überlegungen anzustellen. Dabei ist von einem objektivierten Sorgfaltsbegriff auszugehen. Nach § 5 Abs.2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Das "Unerlaubte" ist hier wohl durch die Einreise ohne des erforderlichen Sichtvermerks geschehen. Grundsätzlich ist einem Fremden vor einer Einreise in ein bestimmtes Land zuzumuten, sich an kompetenter Stelle über die entsprechenden Modalitäten zu erkundigen. Dies ist hier offenbar nicht geschehen, sodaß der Berufungswerberin an der Tatbegehung ein Verschulden wohl vorzuwerfen ist.

6.2. Dieses Verschulden ist jedoch als bloß geringfügig zu erachten. Die Berufungswerberin weist nämlich glaubhaft und daher mit Recht darauf hin, daß sie objektiv keine Anhaltspunkt gehabt habe, ein Nachbarland von Deutschland mit ihrem Konventionspaß für einen bloßen Besuch nicht betreten zu dürfen. Aus dieser Annahme unterblieb offenbar folglich auch die entsprechende Erkundigung. Ihr wurde schließlich auch die Einreise unbeanstandet gewährt. Indem sich die Berufungswerberin zwischenzeitig für einen abermaligen - in ihrem Studium begründeten - Aufenthalt in Österreich ein Visum besorgte, ist belegt, daß das damalige Verhalten tatsächlich ohne "schlechtes Gewissen" gesetzt wurde.

6.3. Nach § 21 Abs.1 erster Satz VStG kommt ein Absehen von einer Bestrafung dann in Betracht, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Der unabhängige Verwaltungssenat vermag angesichts des Umstandes, daß die Berufungswerberin nie die Absicht hegte sich im Bundesgebiet niederzulassen, keine nachteiligen Folgen zu erblicken. Das hier vorliegende Verhalten berührte die gesetzliche Intention eines geordneten Fremdenwesens sicher nicht nachteilig. Zumal eine fahrlässige Begehungsweise wohl nur theoretisch denkbar ist, kann der vorsätzlichen Begehung eine zusätzliche straferschwerende Komponente nicht entnommen werden.

6.3.1. Die vorliegenden zur Tatbegehung führenden Umstände rechtfertigt demnach vielmehr die Vorgangsweise nach § 21 VStG erster Satz, nämlich das Absehen von einer Bestrafung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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