Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162145/2/Ki/Bb/Ps VwSen-162161/2/Ki/Bb/Ps

Linz, 08.05.2007

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufungen der Frau H S, E, S, vom 19.2.2007 und 4.4.2007 gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23.1.2007, Zl. VerkR96-4003-2006/Ah und vom 20.3.2007, Zl. VerkR96-90-2007, je wegen einer Übertretung des § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) zu Recht erkannt:

 

 

I.                     Den Berufungen wird Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse werden behoben und die Verfahren eingestellt.

 

II.                   Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23.1.2007,          Zl. VerkR96-4003-2006/Ah, wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, als Zulassungsbesitzerin des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen X trotz schriftlicher Aufforderung vom 22.9.2006 der Bezirkshauptmannschaft Schärding keine Auskunft darüber erteilt zu haben, wer am 20.7.2006 vor dem Zeitpunkt 10.51 Uhr den Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen X im Stadtgebiet Schärding, auf der Brunngasse, auf Höhe des Hauses Haas abgestellt hat. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG begangen, weshalb über sie gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Stunden) verhängt wurde. Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz in der Höhe von 4 Euro verpflichtet.

 

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20.3.2007,                Zl. VerkR96-90-2007, wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, als Zulassungsbesitzerin des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen X innerhalb zwei Wochen ab Zustellung des behördlichen Schreibens vom 15.2.2007 der Bezirkshauptmannschaft Schärding keine Auskunft darüber erteilt zu haben, wer am 30.10.2006 vor dem Zeitpunkt 11.57 Uhr den Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen X in Schärding, auf der E, auf Höhe des Hauses x abgestellt hat. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG begangen, weshalb über sie gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt wurde. Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz in der Höhe von 3,60 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen diese Straferkenntnisse hat die Berufungswerberin innerhalb offener Frist die Berufungen vom 19.2.2007 und vom 4.4.2007 eingebracht.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufungen samt Verfahrensakte dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte.

Von der Durchführung öffentlicher mündlicher Verhandlungen wurde abgesehen, weil bereits aus den Aktenlagen ersichtlich ist, dass die angefochtenen Bescheide aufzuheben sind (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5.      Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat Frau H S als Zulassungsbesitzerin des Pkw mit dem Kennzeichen X mit Schreiben vom 22.9.2006, Zl. VerkR96-4003-2006 aufgefordert, der Bezirkshauptmannschaft Schärding Auskunft darüber zu erteilen, wer am 20.7.2006 vor dem Zeitpunkt 10.51 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen X im Stadtgebiet Schärding, auf der Brunngasse, auf Höhe des Hauses Haas abgestellt hat.

 

Mit Schreiben vom 15.2.2007, Zl. VerkR96-90-2007, der Bezirkshauptmannschaft Schärding wurde die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin des Pkw mit dem Kennzeichen X aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Schärding Auskunft darüber zu erteilen, wer am 30.10.2006 vor dem Zeitpunkt 11.57 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen X in Schärding, auf der E gegenüber Haus Nr. x abgestellt hat.

 

Die Berufungswerberin hat in der Folge auf beide Anfragen der Bezirkshauptmannschaft Schärding keine entsprechende Lenkerauskunft erteilt.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

 

6.1. § 103 Abs.2 KFG lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zu Grunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Fahrzeuges bzw. die Person, die ein Fahrzeug zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat, jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen von der Behörde festgestellt werden kann (VwGH 16.6.2003, 2002/02/0271).

 

Die Verletzung der Auskunftspflicht nach § 103 Abs.2 KFG setzt eine korrekte – mit den gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten vollständig übereinstimmende – Anfrage der Behörde voraus.

Nach dem unmissverständlichen Gesetzeswortlaut des § 103 Abs.2 erster Satz KFG ermächtigt diese Bestimmung für die Fälle des Abstellens eines Kraftfahrzeuges die Behörde dazu bzw. wird klarerweise nach jener Person gefragt, welche das angefragte Kraftfahrzeug bei letzter Gelegenheit ("zuletzt") vor dem angefragten Zeitpunkt am angefragten Ort abgestellt hat.

Diesen Anforderungen entsprachen die zitierten Aufforderungen durch die Erstinstanz aber nicht, weil in den oben wiedergegebenen Formulierungen der Anfragen nicht danach gefragt wurde, wer das Kraftfahrzeug zuletzt vor den in den Aufforderungen umschriebenen Zeitpunkten an den angefragten Orten abgestellt hat. 

Im vorliegenden Falle hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding lediglich eine Anfrage im Hinblick darauf gestellt, wer am 20.7.2006 vor dem Zeitpunkt 10.51 Uhr bzw. am 30.10.2006 vor dem Zeitpunkt 11.57 Uhr jeweils den Pkw mit dem Kennzeichen X an einem bestimmten Ort abgestellt hat.

Diese Fragestellung stellt nach Auffassung der Berufungsinstanz kein korrektes Auskunftsverlangen dar. Die verfahrensgegenständlichen Auskunftsbegehren sind nicht vollständig und entsprechen somit nicht der gesetzlichen Bestimmung des         § 103 Abs.2 KFG, sodass für die Berufungswerberin auch keine Verpflichtung bestanden hat, diese im Sinne der gegenständlichen gesetzlichen Bestimmung zu beantworten bzw. vermögen diese Anfragen eine Pflicht der Zulassungsbesitzerin zur Bekanntgabe des Kraftfahrzeuglenkers nicht auszulösen.

 

Das Verhalten der Berufungswerberin stellt daher in den vorliegenden Fällen unter den dargelegten Umständen keine Verwaltungsübertretungen dar, weshalb den Berufungen Folge zu geben und die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen waren     (§ 45 Abs.1 Z1 VStG). Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

                                                               Mag.  K i s c h

 

 

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