Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240580/24/BMa/Jo

Linz, 27.04.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des A W, vertreten durch Dr. J H, dieser vertreten durch Mag. S P, Rechtsanwälte in, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 04.07.2006, SanRB96-8-5-2006-Ni, wegen Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.03.2007 zu Recht erkannt:

 

        I.      Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 700 Euro herabgesetzt wird und anstelle „§ 74 Abs. 4 Lebensmittelgesetz, Schlusssatz“ die Rechtsgrundlage „ § 90 Abs. 1 Z 1 LMSVG“ tritt .

 

      II.      Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 70 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt für schuldigt erkannt und bestraft:

"Sie haben es zu verantworten, dass am 02.03.2006 um 10:20 Uhr in Ihrer weiteren Betriebsstätte in 4191 Vorderweißenbach, Hauptstraße 16, 3 Weißwürste (insg. 400 g) in Verkehr gebracht wurden, die Geruchs- und Geschmacksfehler (leicht säuerlich, unrein) aufwiesen, wodurch die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet wurde.

 

Die Probe war für den menschlichen Verzehr ungeeignet, daher als nicht sicher zu beurteilen und unterliegt somit dem Verbot des Inverkehrbringens.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 90 Abs.1 Z.1 i.V.m. § 5 Abs.1 Z.1 sowie § 5 Abs.5 Z.2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes- LMSVG – BGBl.Nr. 13/2006 i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von        falls diese uneinbringlich ist,     Freiheitsstrafe von                Gemäß

                                  Ersatzfreiheitsstrafe von

1.000 Euro     48 Stunden                                                 § 74 Abs.4 Lebensmittelgesetz,

                                                                                              Schlusssatz  

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

---

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

100 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

 

115,44 Euro als Ersatz der Barauslagen für die Lebensmitteluntersuchung."

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen nach Darstellung des Ganges des Verwaltungsverfahrens ausgeführt, der maßgebliche Sachverhalt sei durch die lebensmittelpolizeiliche Kontrolle des Lebensmittelaufsichtsorgans der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung sowie das Gutachten der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung Linz, zweifelsfrei erwiesen. Hinsichtlich des Verschuldens werde grobe Fahrlässigkeit angenommen, da dies nicht die erste Übertretung von Lebensmittelhygienevorschriften sei. Als erschwerend werden zwei einschlägige Verwaltungsvormerkungen aus dem Jahr 2003 und eine aus dem Jahr 2006 gewertet. Das Lebensmittelaufsichtsorgan habe auch mitgeteilt, dass in den letzten zwei Jahren vier Anzeigen an die Staatsanwaltschaft ergangen seien. Milderungsgründe seien keine bekannt. Dem Beschuldigten sei es nicht gelungen, seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen. Die verhängte Geldstrafe sei angemessen und geeignet, den Bw von weiteren Übertretungen abzuhalten. Der Strafbemessung wurden jene Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zugrundegelegt, die vom Berufungswerber angegeben wurden.

 

1.3. Gegen dieses, dem Rechtsmittelwerber am 10. Juli 2006 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 21. Juli 2006 (und damit rechtzeitig) zur Post gegebene Berufung.

 

1.4. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, die erstinstanzliche Behörde habe sich nicht mit der Rechtfertigung des Bw auseinandergesetzt. Der von der Erstinstanz erhobene und festgestellte Sachverhalt entspreche in keiner Weise den Tatsachen. Das Tatbild des § 90 Abs.1 Z1 LMSVG sei nicht erfüllt, weil er die Würste nicht in Verkehr gebracht habe, sondern diese in der Tiefkühltruhe erkennbar abgesondert ausschließlich für den Eigengebrauch verwahrt und nicht zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung gelagert habe.

Doch selbst wenn man von einem Inverkehrbringen der Würste ausginge, seien diese nicht für den menschlichen Verzehr ungeeignet gewesen, weil diese unmittelbar nach der Probenziehung durch das Lebensmittelaufsichtsorgan sowohl einer gustatorischen als auch einer olfaktorischen Prüfung durch den Beschuldigten und zwei weitere Personen unterzogen worden seien.

Aber selbst wenn die sichergestellten Würste für den menschlichen Verzehr ungeeignet gewesen sein sollten, treffe den Beschuldigten daran kein Verschulden, weil er die Blutwürste tiefgefroren und vakuumverpackt und die Weißwürste tiefgefroren jeweils von der Fleischerei S in Piberschlag bezogen habe und diese bis dato ausschließlich einwandfrei für den menschlichen Verzehr geeignete Ware geliefert habe. Der Begriff der objektiven Sorgfaltswidrigkeit erfahre eine Begrenzung durch den sogenannten Vertrauensgrundsatz. Nur dann, wenn die objektive Sorgfaltswidrigkeit des Verhaltens eines anderen bereits eindeutig erkennbar oder doch konkret indiziert sei, dürfe man auf die Sorgfaltsgemäßheit nicht mehr vertrauen. Aus der ständigen Geschäftsbeziehung des Beschuldigten zum Hauptlieferanten der Fleischerei S, aus welcher es nie Anlass zu Beanstandungen gegeben habe, dürfe die Sorgfaltsanforderung im Bezug auf die Prüfung der gelieferten Ware nicht überspannt werden.

Die Kühlkette sei seit der Lieferung im Jänner 2006 beim Beschuldigten nicht unterbrochen worden und die Würste seien bereits im Jänner 2006 im Zeitpunkt der Lieferung mangelbehaftet gewesen.

Im konkreten Fall liege hinsichtlich der Weißwürste und der Blutwürste eine zeitliche, örtliche und sachliche Einheit vor, die von einem Gesamtkonzept getragen werde. Eine Bestrafung wegen jeder einzelnen Wurstart hätte sohin nicht vorgenommen werden dürfen. Das erstinstanzliche Straferkenntnis sei auch insoweit mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet, weil die verhängte Strafe auf § 74 Abs.4 Lebensmittelgesetz gestützt worden sei, welche Bestimmung am 02.03.2006 bereits durch das LMSVG aufgehoben gewesen sei.

Die belangte Behörde habe die Strafe auch unrichtig bemessen, weil sie erschwerend bloße Verwaltungsvormerkungen bzw. Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft herangezogen habe. Insofern sei nicht vom Erschwerungsgrund der einschlägigen Vorstrafen, sondern vielmehr vom Milderungsgrund der Unbescholtenheit auszugehen gewesen.

 

Es wurden die Anträge gestellt, das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung wegen Gesetzwidrigkeit und in Folge wesentlicher Verfahrensmängel aufzuheben, in eventu die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

Auch die Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung unter Einvernahme von Zeugen wurde beantragt.

 

2. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c 1. Satz VStG).

 

3. Am 14. März 2007 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Berufungswerber in rechtsfreundlicher Vertretung erschienen ist und in der die Zeugen G M, A I und A M einvernommen wurden. Abschließend gab die Sachverständige Mag. R P von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH in Ergänzung zu dem bereits vorliegenden Gutachten eine sachverständige Äußerung ab. Die beim Unabhängigen Verwaltungssenat anhängigen Verfahren VwSen-240580 (betreffend die beanstandeten Weißwürste) und VwSen-240581 (betreffend die beanstandete Blutwurst) wurden zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.

In der mündlichen Verhandlung wurde einleitend vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers die Befangenheit der Sachverständigen Mag. R P geltend gemacht, weil diese Dienstnehmerin der AGES sei und die AGES sich mit Untersuchungskosten als Privatbeteiligte dem Verfahren angeschlossen habe.   

 

3.1. In der mündlichen Verhandlung gab der Berufungswerber zur Lagerung der Würste an, diese seien zum Zeitpunkt der Überprüfung am 2. März 2006 in Plastikboxen gelagert gewesen. Seit dieser Überprüfung seien die Posten auch mit Aufschrift und Kühldatum versehen worden. Er habe zwei große Boxen, eine für Steckerlfische und eine für Würste. In einer derartigen Box würde die Ware zwischendurch nicht auftauen. In den großen Boxen seien weitere Boxen eingeschlichtet, die aber bis März 2006 nicht beschriftet gewesen seien. In diesen Boxen seien nur vakuumverpackte Waren gelagert gewesen, nur wenn eine Vakuumverpackung aufgeschnitten worden und nur ein Stück entnommen worden sei, sei der Rest der Packung natürlich nicht mehr vakuumverpackt gewesen. Er selbst habe im Anschluss an die Probenziehung durch Herrn M eine gustatorische und olfaktorische Prüfung bei den Weißwürsten vorgenommen, es habe sich um einen Restbestand gehandelt. Er selbst habe von der erwärmten Wurst genauso wie Herr I und Frau M gekostet und niemand habe irgendwelche Geschmacksabweichungen festgestellt.

Die Privatboxen würden sich im Bereich links vorne, wenn man vor der Truhe stehe, in der Kühltruhe befinden und seien nicht als privat gekennzeichnet. Er habe die Ware extra gelagert, dies sei seinen Angestellten bekannt gewesen aber die Boxen seien nicht angeschrieben gewesen, weil sie keinen Deckel gehabt hätten.

Die Weißwürste würden in Vorderweißenbach nur im Oktober und November verkauft. Die Blutwurst habe er extra gelagert, weil diese nur mehr ein Einzelstück gewesen und von einer "Stockpartie" übrig geblieben sei.

 

3.2. Der Zeuge M gab zur Lagerung jedoch an, dass die als Probe gezogenen Würste nicht in Boxen gelagert gewesen seien, sondern in Plastiksäcken am Boden der Truhe. Bei der Probennahme seien Gegenproben im Betrieb des Berufungswerbers im versiegelten Zustand zurückgelassen worden. Er sei sich sicher, dass er die Aussage des Berufungswerbers, er habe zum Überprüfungszeitpunkt die gegenständlichen Würste gesondert in Boxen in der Tiefkühltruhe gelagert gehabt, nicht bestätigen könne. Die als Probe gezogenen Waren seien in der Tiefkühltruhe etwa in der Mitte gelagert gewesen.

 

3.3. Der Zeuge I (ein Angestellter des Bw, der zum Zeitpunkt der Kontrolle anwesend war), gab zur Lagerung zum Zeitpunkt der Kontrolle im März 2006 an, die beprobte Ware sei in einem Sackerl in einem Plastikbehälter gelagert gewesen. Wie viele Boxen in der Kühltruhe platziert gewesen seien, könne er nicht sagen, die gesamte Kühltruhe sei mit diesen Boxen ausgelegt gewesen. Zunächst vermeinte der Zeuge sich an die Lagerung der Blut- und Weißwürste nicht mehr genau erinnern zu können, dann vermutete er, dass diese im rechten vorderen Eck der Tiefkühltruhe gelagert gewesen seien. Die Würste seien aber nicht mehr zum Verkauf bestimmt gewesen, das wisse er, weil dies auf dem Deckel auf der Box vermerkt gewesen sei. Dort sei "privat" oben gestanden. Es sei ein Deckel auf den Boxen gewesen, weil ansonst nicht privat oben gestanden wäre. Vielleicht sei auch ein Sack oben gelegen, auf dem privat gestanden sei. Er könne keine genauen Angaben dazu machen, warum er wisse, dass die Box privat gewesen sei. Alle würden ihre privaten Abteilungen in der Gefriertruhe haben. (Der Zeuge konnte aber keine Angaben machen, warum er nicht mehr gewusst hatte, wo die privaten Boxen platziert gewesen seien.)

Es gebe keine zeitliche Beschränkung hinsichtlich der Monate, in denen Blut- oder Weißwürste verkauft würden, wenn ein Kunde diese verlange, würden diese verabreicht werden. Die eine Blutwurst hätte er ohnehin nicht mehr verkaufen können, weil diese eine kleine und keine zweite mehr vorhanden gewesen sei.

Er habe von Herrn M keine Gegenproben entgegen genommen. Nachdem Herr M den Betrieb verlassen habe, habe er eine Weißwurst aus jener Box genommen, in der auch die beprobten gelagert gewesen seien, und habe diese gekostet. Es seien in keiner anderen Box Weißwürste gelagert gewesen.

Über Vorhalt der anderslautenden Aussagen des Berufungswerbers, insbesondere dass dieser angegeben habe, die Beschriftung sei vor der Kontrolle noch nicht vorhanden gewesen, gab der Zeuge an, dass er sich diesbezüglich überhaupt nicht sicher sei. Die gustatorische und olfaktorische Prüfung der Würste habe er alleine durchgeführt. Als er auf den diesbezüglichen Widerspruch zu den Angaben des Berufungswerbers hingewiesen worden war, gab er an, diese gemeinsam mit dem Berufungswerber gegessen zu haben.

 

3.4. Die Zeugin M (eine weitere Angestellte des Bw), gab zur Lagerung auch an, dass die Waren in einem Plastiksack in einer Box gelagert gewesen seien. Sie könne über die Anzahl der Boxen aber keine Auskunft geben, es sei eine Reihe Boxen in der Gefriertruhe gestanden, was dahinter gewesen sei, dazu könne sie keine Angaben machen. Ein Teil der Gefriertruhe sei für Pommes abgeteilt worden. In der Gefriertruhe habe es einen privaten Bereich gegeben, in dem die privaten Boxen gelagert gewesen seien. Diese seien beschriftet gewesen. Sie könne aber nicht angeben, wo der private Bereich gewesen sei. Sie habe die Box daran erkannt, dass "privat" oben gestanden sei.

Über Vorhalt der Aussagen des Berufungswerbers und des Zeugen I, die im Widerspruch zu ihrer Aussage stehen würden, gab die Zeugin an, sich nicht mehr genau erinnern zu können, wie die Lagerung zum Überprüfungszeitpunkt tatsächlich gewesen sei. Sie sei bei der Beprobung der Würste durch andere Personen nicht anwesend gewesen, sie selbst habe eine Wurst aus der Kühltruhe genommen und diese verkostet. Die als Probe verkostete Wurst sei in einem Sackerl in der Box gewesen, die sie normal verkaufen dürfe.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Aufgrund der aktenkundigen Beweislage und der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung geht das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates von folgendem erwiesenen Sachverhalt aus:

 

4.1.1. Am 2. März 2006 um 10.20 Uhr wurden vom Lebensmittelkontrolleur, Herrn M, in der Betriebsstätte des A W in V, Hstraße, 3 Weißwürste in einem Plastiksackerl am Boden einer Gefriertruhe gelagert vorgefunden und als Probe gezogen. Das Plastiksackerl, in dem sich die Weißwürste befanden, war nicht in einer Box in der Kühltruhe gelagert oder verschlossen, sodass Kreuzkontaminationen mit anderen Produkten nicht ausgeschlossen werden können. Die Weißwürste waren eine offene Ware ohne Verpackung oder Beschriftung, sodass auch das Lieferdatum und der Lieferant nicht festgestellt werden kann. Sollte es tatsächlich zu einer Beprobung von Würsten im Betrieb des Berufungswerbers gekommen sein, so ist jedenfalls auszuschließen, dass die vom Lebensmittelkontrolleur M zurückgelassene Gegenprobe einer gustatorischen und olfaktorischen Prüfung unterzogen wurde.

Die Würste wurden in der Gefriertruhe zur Verabreichung an Kunden bereit gehalten und nicht für den Eigenverbrauch gesondert gelagert. Der Geruch und der Geschmack der als Probe gezogenen Weißwürste war leicht säuerlich und unrein und die mikrobiologische Untersuchung hat folgende Werte ergeben:

 

Aerobe mesophile Keimzahl                      < 1 Mio KBE/g

(Plattengussverfahren)

 

Enterobacteriaceen                                    < 100    KBE/g

(Plattengussverfahren)

 

E. coli                                                            < 10     KBE/g

(Plattengussverfahren)

 

Koagulasepositive Staphylokokken          < 100    KBE/g

(Oberflächenausstrich)

 

Milchsäurebakterien                                  400 000 KBE/g

(MRS-Agar, Plattengussverfahren)

 

ph - Wert (elektrometrisch                       6.5

 

Die Probe "Weißwurst" hat Geruchs- und Geschmacksfehler aufgewiesen, wodurch die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet war.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Berufungswerber die gegenständliche Ware von der Fleischerei B S, P4, S, im Jänner 2006 bezogen hat. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Würste bei ihrer Anlieferung bereits mit Keimen kontaminiert waren.

 

Unstrittig ist der Bw der Betreiber des Buffets in Vorderweißenbach, in dem die Kontrolle durchgeführt wurde.

 

4.2. Beweiswürdigend ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Lagerung den Angaben des Lebensmittelkontrolleurs M zu folgen ist, weil die Angaben des Berufungswerbers, die durch die Aussagen der von ihm namhaft gemachten Zeugen I und M gestützt werden hätten sollen, lediglich als Schutzbehauptung gewertet werden. So machten auch die Zeugen widersprüchliche Angaben zu der die Lagerung betreffende Aussage des Berufungswerbers. Sie vermeinten, die Boxen seien beschriftet gewesen, hingegen gab der Berufungswerber selbst an, eine Beschriftung von Boxen erst nach der Kontrolle am 2. März 2006 vorgenommen zu haben. Hinsichtlich der Anzahl und der Platzierung der Boxen gab es überhaupt keine Übereinstimmung. Eine Erklärung dafür, warum Boxen als private erkannt werden konnten, wurde nicht geliefert.

Auch hinsichtlich der Durchführung der gustatorischen, olfaktorischen Überprüfung ermangelt es einer Übereinstimmung. So gab der Berufungswerber an, diese Überprüfung im Beisein des Herrn I und der Frau M durchgeführt zu haben, während Herr I zuerst angab, diese Prüfung alleine durchgeführt zu haben, und sich erst, als ihm die anderslautende Aussage des Berufungswerbers vorgehalten wurde, dieser angeschlossen hat. Auch Frau M konnte sich an eine gemeinsame Verkostung der Wurst nicht erinnern.

Auffällig waren auch die Widersprüche zur Entnahme der beprobten Weißwurst. Der Zeuge I gab hinsichtlich der Entnahme der Wurst, die einer gustatorischen und olfaktorischen Prüfung unterzogen wurde, an, er habe eine andere Wurst aus jener Box genommen, in der auch die beprobten Weißwürste gelagert gewesen seien, sie hätten in keiner anderen Box Weißwürste gelagert gehabt, und Frau M gab an, sie habe eine Wurst aus der Kühltruhe entnommen und diese verkostet. Die von ihr als Probe verkostete Wurst sei in einem Sackerl in jener Box gewesen, die sie normal verkaufen habe dürfen.

Hinsichtlich der Blutwürste gab der Zeuge I an, es sei nur mehr eine vorhanden gewesen, aus dem Untersuchungszeugnis vom 23. 03.2006 geht jedoch hervor, dass zwei Blutwürste beprobt worden sind.

 

Dem Zeugen I wird zu Gute gehalten, dass er offensichtlich massive Erinnerungslücken an den Zeitpunkt der Überprüfung am 2. März 2006 gehabt hat, es wird daher nicht davon ausgegangen, dass er aus bloßer Gefälligkeit gegenüber seinem Dienstgeber eine diesen begünstigende Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat machen wollte und bei Vorhalt von widersprechenden Aussagen sich diesen anschloss oder nicht mehr erinnern konnte.

Die beiden vom Berufungswerber namhaft gemachten Zeugen konnten die Aussage des Berufungswerbers hinsichtlich der Lagerung und der olfaktorischen und gustatorischen Prüfung der Weißwurst jedenfalls nicht stützen.

Zum Vorbringen des Rechtsvertreters des Berufungswerbers, dem Zeugen M mangle es an Glaubwürdigkeit, weil dieser angegeben habe, die Weißwürste seien in einem Kranz gelagert gewesen, wird entgegen gehalten, dass dieser glaubhaft von seinen Aufzeichnungen der Überprüfungen in einem Computerprogramm (ALIAS) berichtet hat und er seine Erinnerung durch Durchsicht seiner Aufzeichnungen aufgefrischt hat. Ob die Weißwürste in einem Kranz oder gesondert gelagert waren, ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Der Zeuge M selbst hat nach Einsicht in die Probenbeschreibung im Gutachten der ARGES diese auch als richtig erkannt. Insgesamt konnte die Glaubwürdigkeit des Zeugen M nicht erschüttert werden.

Die die Beschaffenheit der gezogenen Probe betreffende Feststellung gründet sich auf das Gutachten der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH.

Die Behauptung des Bw, die gegenständliche Ware sei von der Fleischerei S, bezogen worden, kann nicht nachvollzogen werden, weil die Ware zum Zeitpunkt der Probennahme offen, ohne Hinweis auf den Hersteller oder Lieferanten, gelagert war. Die diesbezügliche Aussage des Bw wird ebenfalls als Schutzbehauptung gewertet. Denn gem. Aussage der Sachverständigen (Seite 10 des Protokolls vom 14. März 2007) ist die Darstellung des Lebensmitteluntersuchungsorgans hinsichtlich der Lagerung der Lebensmittel ein plausibler Grund für die Beschaffenheit der Würste im Zeitpunkt der Untersuchung.

 

4.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gem. § 71 Abs.3 ist im Verwaltungsstrafverfahren im Straferkenntnis der zum Kostenersatz verpflichteten Partei der Ersatz der Kosten an die Agentur oder an die jeweilige Untersuchungsanstalt der Länder vorzuschreiben.  

Die Kosten der Untersuchung sind nach dem Gebührentarif (§ 66) zu berechnen (Abs.4 leg.cit.).

 

Weil der Kostenersatz an die Agentur oder die jeweilige Untersuchungsanstalt der Länder, die die Lebensmitteluntersuchungen durchführen, gesetzlich geregelt ist und bescheidmäßig festgesetzt wird, ist deren Geltendmachung keinesfalls als Privatbeteiligtenanschluss zu qualifizieren. Die Ablehnung der Sachverständigen als befangen entbehrt damit jeder Grundlage.

 

Gemäß § 5 Abs.1 Z1 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel, die nicht sicher gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind, d.h. gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr zu bringen.

Gemäß § 5 Abs.5 Z2 sind Lebensmittel für den menschlichen Verzehr ungeeignet, wenn die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist.

Gemäß § 90 Abs.1 Z1 LMSVG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfalls bis zu 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung, in Verkehr bringt.

Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Die Befugnisse der Aufsichtsorgane gemäß §§ 35, 39 und 41 bleiben davon unberührt.

 

Das LMSVG kennt einen neuen Begriff des Inverkehrbringens, der enger als derjenige des § 1 Abs.2 LMG 1975 ist. Art.3 Z8 EG-Basis VO definiert das Inverkehrbringen als "das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Betrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst".

Diese Begriffsbestimmung bedeutet, dass "Inverkehrbringen" der Verkauf (oder andere Formen der Weitergabe) und das Bereithalten zum Verkauf ist. Lediglich für die auf der Grundlage des LMG 1975 erlassenen Verordnung gilt nach wie vor der weitere Begriff des Inverkehrbringens (Blass ua, LMR³ § 3 LMSVG Rz 34ff).

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat der Berufungswerber die Weißwürste in der Gefriertruhe in einem Plastiksack zum Verkauf bereit gehalten und damit das Tatbestandselement des Inverkehrbringens erfüllt. Die als Probe gezogenen Weißwürste haben Geruchs- und Geschmackfehler aufgewiesen, wodurch die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet war. Diese Würste waren für den menschlichen Verzehr ungeeignet und wurden als nicht sicher beurteilt.

Als Betreiber des Buffetbetriebs ist der Bw Verantwortlicher gem. § 9 VStG und damit zur Einhaltung der Bestimmungen des LMSVG (§ 93 LMSVG).  

 

Damit hat der Berufungswerber das Tatbild des § 5 Abs.1 Z1 iVm § 5 Abs.5 Z2 erfüllt.

 

4.4. Das Verschulden des Berufungswerbers ist gemäß § 5 VStG zu beurteilen, da der Verstoß ein Vergehen gegen Verwaltungsvorschriften darstellt.

 

Bei den Verwaltungsübertretungen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs.1 VStG. Bei diesen Delikten besteht nach § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG die Rechtsvermutung für das Verschulden (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters. Bestreitet er dieses, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, dass er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn die Verstöße ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurden (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 1995, Zl.90/10/0078 und vom 6. Mai 1996, Zl. 94/10/0116).

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, konnte der Berufungswerber sich mit seiner Behauptung der Lagerung der Würste in Boxen, der olfaktorischen und gustatorischen Prüfung der Würste und der Angabe, er habe diese von einem zuverlässigen Lieferanten bezogen, nicht hinsichtlich seines Verschuldens entlasten. Insbesondere kann er sich hinsichtlich der Lieferung der Würste nicht auf den von ihm angesprochenen Vertrauensgrundsatz berufen.

 

Wenn es dem Berufungswerber im konkreten Fall nicht möglich gewesen war, die tiefgefrorene Ware als nicht mehr sicher zu erkennen, hätte er dennoch bereits bei der Lagerung der zum Verkauf bereit gehaltenen Würste darauf achten müssen, dass diese hygienisch einwandfrei erfolgt und mögliche Kreuzkontaminationen vermieden werden.

Dem Berufungswerber ist diesbezüglich ein Verstoß gegen seine Sorgfaltspflicht als Betreiber des Buffets und damit Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Er hat damit die subjektive Tatseite der vorgeworfenen Rechtsnorm erfüllt, weil es ihm bei sorgfaltsgemäßem Verhalten möglich gewesen wäre, die Ware derart zu lagern, dass keine Verunreinigungen entstehen und die Würste als sichere Ware in Verkehr gebracht hätten werden können.

 

Im konkreten Fall ist auch nicht von einem fortgesetzten Delikt – wie die Berufung ausführt – auszugehen. Das Delikt wurde fahrlässig begangen und fahrlässige Begehung scheidet die Annahme eines fortgesetzten Delikts aus. Nur dann, wenn der Täter von vornherein – wenn auch nur mit bedingtem Vorsatz – einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefasst hat (Gesamtvorsatz), ist es gerechtfertigt, ihm nur eine einzige Straftat anzulasten. Das fortgesetzte Delikt kommt daher nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht (Hauer/Leukauf6 VStG § 22 FN 1).

 

Die Korrektur des Spruches hinsichtlich der Rechtsgrundlage der Verhängung der Strafe war möglich, weil die Tat in konkreter, unverwechselbarer Weise unter Anführung der richtigen Verbotsnorm vorgeworfen wurde.

 

4.5. Bei der Strafbemessung war ausgehend von dem sich aus der Tatbegehung im Wiederholungsfall ergebenden Strafrahmen bis zu 40.000 Euro Folgendes zu erwägen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Ausgehend von den von der belangten Behörde festgestellten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen, die vom Berufungswerber auch nicht bestritten werden, hat die belangte Behörde die Strafe mit lediglich 2,5 % der möglichen Höchststrafe festgelegt. Milderungsgründe wurden keine berücksichtigt, als erschwerend wurden zwei einschlägige Verwaltungsvormerkungen gewertet und es wurde in diesem Zusammenhang auch angeführt, dass in den letzten zwei Jahren vier Anzeigen vom Lebensmittelaufsichtsorgan an die Staatsanwaltschaft ergangen seien.

Die Wertung von Anzeigen, die zu keiner Verurteilung geführt haben, als straferschwerende Umstände entspricht nicht dem Rechtstaatsprinzip. Aus diesem Grund war die von der belangten Behörde festgesetzte Strafe geringfügig zu reduzieren.

Die Festsetzung der Strafe mit 700 Euro ist aus generalpräventiven Gründen geboten und erscheint auch geeignet, den Täter von künftigen gleichartigen Straftaten abzuhalten.

 

5. Insoweit war der Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 VStG stattzugeben, im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde nach § 64 Abs.1 und 2 VStG; für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Gerda Bergmayr-Mann

 

 

 

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