Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550342/7/Wim/Pe/Be

Linz, 25.05.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende Dr. Klempt, Berichter Dr. Wimmer, Beisitzer Mag. Kühberger) über den Antrag der D I GmbH, vertreten durch F W & Partner Rechtsanwälte GmbH, vom 16.5.2007 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren des Landes Oberösterreich, Abt. Gebäude- und Beschaffungs-Management (im Folgenden: Auftraggeberin), betreffend das Vorhaben „Gebäudereinigung – Amtsgebäude Linz und Ansfelden (Unterhaltsreinigung, Fensterreinigung und Grundreinigung von Amtsgebäuden im Stadtgebiet von Linz und Ansfelden)“, zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird insofern stattgegeben als der Auftraggeberin die Fällung der Zuschlagsentscheidung bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungs­verfahren, längstens aber bis 16. Juli 2007, untersagt wird.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit Eingabe vom 16.5.2007 hat die D I GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt, das der Auftraggeberin für einen Zeitraum von zwei Monaten, längstens bis zur Entscheidung über den Nachprüfungsantrag aufgetragen werde, das gesamte Vergabeverfahren auszusetzen; in eventu keine Zuschlagsentscheidung zu fällen, in eventu keinen Zuschlag zu erteilen.

Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin aus, dass Gegenstand des Verfahrens die Ausschreibung von Dienstleistungen betreffend die Unterhaltsreinigung, Fensterreinigung und Grundreinigung im Stadtgebiet Linz und Ansfelden in näher angeführten Amtsgebäuden sei.

Mit Schreiben vom 3.5.2007 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass das Angebot der Antragstellerin aufgrund nicht plausibler Zusammensetzung der Gesamtpreise ausgeschieden werde.

Zum Interesse am Vertragsabschluss führte die Antragstellerin aus, dass sie als Unternehmen ein evidentes Interesse am Vertragsabschluss habe. Weiters würde ihr mit Nichtzustandekommen des Vertrages ein erheblicher finanzieller Schaden sowie der Entgang eines wichtigen Referenzprojektes drohen und könnten durch die Zuschlagserteilung die in den von der Ausschreibung betroffenen Objekten eingeschulten und eingearbeiteten Mitarbeiter der Antragstellerin weiter beschäftigt werden.

Der Antragstellerin drohe für die frustrierten Aufwendungen der Planung und die bisherigen sonstigen Kosten ein Schaden in der Höhe von rund 16.000 Euro sowie der Verlust des Deckungsbeitrages. Die ausgeschriebene Dienstleistung sei ein Prestigeprojekt von weitragender Bedeutung und habe die Antragstellerin fundierte Erfahrung im Bereich der Reinigung von öffentlichen Amtsgebäuden.

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung einer richtigen Angebotsbewertung auf Basis transparenter und vorweg festgelegter Zuschlagskriterien, auf Gleichbehandlung aller Bieter, auf Durchführung eines fairen Wettbewerbs, auf Einhaltung der Ausschreibungsbestimmungen durch die Auftraggeberin, auf Nichtausscheidung ihres rechts- und ausschreibungskonformen Angebotes sowie auf Durchführung eines den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Vergabeverfahrens verletzt.

 

Zum maßgeblichen Sachverhalt wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin auf die Durchführung von Dienstleistungen in der Gebäudereinigung und technischen Reinigung spezialisiert sei und mit ca. 1.500 Mitarbeitern einen Umsatz von 37 Mio. Euro erwirtschafte.

Derzeit führe die Antragstellerin mit Ausnahme des Objektes „Knabenseminarstraße 2“ in allen von der Ausschreibung betroffenen Objekten eine Unterhaltsreinigung durch und werden nach gesonderter Beauftragung auch zusätzliche Leistungen wie z.B. Fensterreinigungen udgl. durchgeführt.

Die Auftraggeberin habe im ABl S vom 21.12.2006 Dienstleistungen betreffend die Unterhaltsreinigung, Fensterreinigung und Grundreinigung im Stadtgebiet Linz und Ansfelden in näher angeführten Amtsgebäuden im offenen Verfahren ausgeschrieben. Als Beginn der Auftragsausführung sei der 1.5.2007 und als Zuschlagsart das wirtschaftlich günstigste Angebot genannt worden. Die Antragstellerin habe innerhalb vorgegebener Frist ein den Anforderungen entsprechendes Angebot abgegeben und habe am 14.2.2007 die Angebotsöffnung stattgefunden.

Mit Schreiben vom 8.3.2007 stellte die Auftraggeberin ein Aufklärungsersuchen betreffend ausführliche, nachvollziehbare Erklärung der Arbeitsmethode und um Darlegung, wie die Antragstellerin plane, das vorgegebene Leistungsverzeichnis in der von ihr kalkulierten Zeit zu erfüllen. Mit Schreiben vom 16.3.2007 übersandte die Antragstellerin eine Aufstellung nach dem Kriterium Bodenreinigung anhand des Projektes Traunuferstraße an die Auftraggeberin und sei darauf hingewiesen worden, dass eine auf Sekunden genaue Aufschlüsselung der Tätigkeiten in der geforderten Präzision nur dann möglich sei, wenn ein vollständiges Inventarium mit Raumverzeichnis, Plänen, Größenangaben usw. vorgelegen hätte. Da dies nicht der Fall sei, sei die Kalkulation der Antragstellerin aufgrund der gegenständlichen Erfordernisse und den zur Verfügung gestellten Daten erfolgt.

Mit Schreiben vom 26.3.2007 sei die Antragstellerin erneut von der Auftraggeberin aufgefordert worden, die kalkulierten Zeitaufwände zu erklären. Mit Schreiben vom 10.4.2007 habe die Antragstellerin erneut darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Ausschreibung keinerlei Hinweise auf die in der Zwischenzeit geforderte detaillierte Kalkulation, insbesondere die Verwendung von den zur Verfügung gestellten Kalkulationsblättern, enthielt, weshalb die Berechnungen und Kalkulationen auf den Erfahrungswerten vergleichbarer Objekte beruhen würden. Weiters habe die Antragstellerin im Schreiben 10.4.2007 auf ihr evidentes Interesse am Vertragsabschluss hingewiesen.

 

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 3.5.2007 sei die Antragstellerin aufgrund nicht plausibler Zusammensetzung der Gesamtpreise ausgeschieden worden. Diese Entscheidung sei damit begründet worden, dass eine das Leistungsverzeichnis der Ausschreibung erfüllende Reinigungsdurchführung auf Basis der Stundenkalkulation der Antragstellerin geradezu denkunmöglich sei sowie keinerlei nachvollziehbare Begründung, wie die von der Antragstellerin angebotene Leistung in den Reinigungskategorien „Büro“ und „Besprechungsräume“ durchführbar wäre, abgegeben worden sei.

 

In der Ausschreibungsunterlage habe die Auftraggeberin keine Zeit-/Mengen-Raster vorgegeben sondern sei die Antragstellerin erst mit dem Aufklärungsersuchen veranlasst worden, ihren Preis auf Einzelleistungen und Einheitspreise „herunterzubrechen“, indem starre Zeit-/Mengen-Raster vorgegeben worden seien und ergebe sich durch diese Einengung der Betrachtungsweise eine scheinbar „nicht plausible“ Preiszusammensetzung. Die nachträgliche Vorgabe des starren Zeit-/Mengen-Rasters widerspreche den Ausschreibungskriterien und sei daher rechtswidrig. Ein Ausscheiden sei daher nicht zulässig.

 

Im konkreten Fall sei die Kalkulation der Antragstellerin auf Basis einer Deckungsbeitragsrechnung mit dem Ziel Opportunitätskosten und Skaleneffekte im Sinne der Fixkostendegression für die gesamte Außenstelle (das heißt die Regional-Abteilung Linz) zu berücksichtigen. Die Ziele waren die Sicherung des Umsatzwachstums, die Sicherung der Marktanteile und das Erreichen der Konzernvorgabe (Umsatz und Rendite). Eine näher dargestellte Szenarioanalyse führe zu dem Ergebnis, dass eine Zuschlagserteilung unter anderem dazu führen würde, dass die Antragstellerin ihren Marktanteil vergrößern und zudem einen bedeutenden Referenzauftrag erhalten würde. Weiters zeige sich, dass sich bei der von der Antragstellerin aufgestellten Kalkulation für den Fall der Zuschlagserteilung jedenfalls ein Gewinn im Sinne der Judikatur des Bundesvergabeamtes ergeben würde, was klar für eine kostendeckende Kalkulation spreche. Dies entspreche auch den Anforderungen der Judikatur und Lehre nach einem angemessenen Preis.

Der Gesamtumfang der positiven Effekte des gegenständlichen Auftrages belaufe sich auf rund 90.000 Euro pro Jahr. Dieser Betrag sei dem Deckungsbeitrag, der sich aus dem veranschlagen Preis des Angebots von 459.174,37 Euro ergebe zuzurechnen, sodass sich ein betriebswirtschaftlicher Gesamtvorteil aus dem gegenständlichen Auftrag ergebe. Dieser Wert sei zweifellos sowohl kostendeckend als auch plausibel. Erst die nachträgliche Verwendung der von der Auftraggeberin vorgegebenen Kalkulationsblätter, welche bei der Ausschreibung nicht vorgesehen gewesen seien, hätten das Angebot unplausibel erscheinen lassen.

 

2.      Der Oö. Verwaltungssenat hat das Land Oberösterreich als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Von dieser wurde vorgebracht, dass die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht notwendig sei, da es zum jetzigen Verfahrensstand keine unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin zu verhindern oder gar zu beseitigen gebe. In § 131 BVergG 2006 werde zwar geregelt, dass die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung lediglich den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern mitzuteilen habe, in den erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung werde allerdings ausgeführt, dass als verbliebene Bieter diejenigen anzusehen seien, die nicht ausgeschlossen wurden, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden bzw. deren Angebote zwar ausgeschieden wurden jedoch die Ausscheidungsentscheidung noch nicht rechtskräftig sei. Mit der Einbringung eines Nachprüfungsantrages hinsichtlich der der Ausscheidensentscheidung seien alle zur Rechtsverfolgung notwendigen Schritte unternommen worden, andere vorläufige Maßnahmen seien daher nicht notwendig.

 

3. In einer weiteren Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs zur Äußerung der Auftraggeberin wurde von der Antragstellerin nochmals ausgeführt, dass die begehrten Maßnahmen in der einstweiligen Verfügung zweckmäßig und notwendig seien weitere rechtswidrige Handlungen der Auftraggeberin hintan zu halten.

 

Die gesetzliche Bestimmung des § 131 BVergG lasse auch eine gegenteilige Auslegung zu. Überdies gebe es noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu. Auch verfahrensökonomische Überlegungen würden dafür sprechen eine einstweilige Verfügung zu erlassen, da ansonsten die Antragstellerin den nächsten rechtswidrigen Schritt der Auftraggeberin wiederum mit einem Nachprüfungsantrag bekämpfen müsste, was nicht zumutbar sei.

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Das Land Oberösterreich ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 1 Abs.1 Oö. VergRSG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsver­fahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des geschätzten Auftragswertes der ausgeschriebenen Leistung sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.2 Oö. VergRSG können mit der einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin bis zur Entscheidung über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

4.2. Gemäß § 129 BVergG 2006 hat der Auftraggeber aufgrund der Ergebnisse der Angebotsprüfung unter bestimmten näher angeführten Voraussetzungen Angebote auszuscheiden. Gemäß § 130 Abs.1 BVergG 2006 ist von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen.

Gemäß § 131 erster Satz BVergG 2006 hat der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern unverzüglich und nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll.

 

Die erläuternden Bemerkungen zum § 131 BVergG 2006 führen zwar aus, dass auch dann, wenn eine Ausscheidensentscheidung noch nicht rechtskräftig ist, man noch von verbliebenen Bietern sprechen könne. Diese sind aber nicht unmittelbar verbindlich.

Die Gesetzessystematik und auch der Wortlaut bieten durchaus Anhaltspunkte auch für eine gegenteilige Rechtsauffassung. So wird in den §§ 129 bis 131 BVergG 2006 in keinem Fall auf eine Rechtskraft der Ausscheidung abgestellt. Grundsätzlich ist es im Vergabeverfahren so, dass Rechtsmitteln gegen Verfügungen und Entscheidungen des Auftraggebers erst dann aufschiebende Wirkung zukommt, wenn diese mit einstweiliger Verfügung zuerkannt wird. Auch von der Systematik geht der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass zunächst das Ausscheiden gemäß § 129 BVergG 2006 vorzunehmen ist, während erst der darauffolgende § 130 von den nach dem Ausscheiden übrig gebliebenen Angeboten spricht und der § 131 von den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern. Auch daraus wäre abzuleiten, dass bei ausgeschiedenen Angeboten nicht mehr von verbliebenen Bietern gesprochen werden kann.

 

Bei Vorliegen der inhaltlichen Voraussetzungen ist somit erst durch eine einstweilige Verfügung in jedem Fall sichergestellt, dass unmittelbar drohende Schädigungen von Interessen der Antragstellerin verhindert werden.

 

Überdies hat auch das Bundesvergabeamt in einer jüngsten Entscheidung vom 7.5.2007, GZ: N/0045-BVA/01/2007-12 durch den Senat 1 unter dem Vorsitzenden Dr. Sachs eine einstweilige Verfügung im Fall des Ausscheidens erlassen.

Es führt dabei in seiner Begründung aus: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin nicht auszuscheiden wäre und für den Zuschlag in Betracht kommen würde, wodurch ihr aufgrund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Diese Nachteile können aber nur durch vorläufiges Untersagen der Zuschlagsentscheidung abgewendet werden, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesvergabeamt in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht."

 

4.3.   Zur inhaltlichen Interessensabwägung ist festzuhalten:

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin selbst hat inhaltlich bis auf die bereits oben behandelten Erwägungen gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung keine Bedenken geäußert.

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Maßnahme abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

4.4.   Die von der Antragstellerin beantragte Maßnahme der Untersagung der Fortführung des Vergabeverfahrens würde bedeuten, dass von der Auftraggeberin während des Nachprüfungsverfahrens keine weiteren Schritte im gegenständlichen Vergabeverfahren gesetzt werden könnten. Dem stehen sicherlich die Interessen der Auftraggeberin und der übrigen Bieter entgegen. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass der von der Antragstellerin begehrte vorläufige Rechtsschutz auch durch ein vorläufiges Untersagen der Zuschlagsentscheidung erreicht werden kann. Damit ist die Rechtsposition der Antragstellerin gewahrt und erleidet diese durch die Vorschreibung des gelinderen Mittels der Untersagung der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung keine Nachteile, da das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht.

Aus diesem Grund war der Auftraggeberin nicht die Fortführung des Vergabeverfahrens zur Gänze zu untersagen.

 

4.5.   Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagsentscheidung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­entscheidung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

5.      Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

Dr.  Klempt

 

 

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