Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110746/6/Kl/Rd/Pe

Linz, 10.05.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des O K, vertreten durch Rechtsanwälte H-U S, S D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding  vom 21.8.2006, VerkGe96-127-1-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz  zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

       Der beantragte Kostenersatz wird zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24,  45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG und § 74 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 21.8.2006, VerkGe96-127-1-2006, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in D, am 17.7.2006 gegen 22.15 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: O K, Lenker: A E, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Textilien) von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) durchgeführt hat, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde.   

 

2. Dagegen wurde Berufung und gleichzeitig ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht.  Begründend wurde Nachstehendes vorgebracht:

"1.

Die Straferkenntnis ist am 25.8.06 unter der Anschrift in der Mitarbeiterin des Herrn S K C ausgehändigt worden. Frau C ist für Herrn O K nicht bevollmächtigt Post entgegen zu nehmen, insbesondere keine Zustellungsurkunden, weil sich der Betroffene seit Dezember 2005 nicht in Deutschland aufhält. Frau C hat die Straferkenntnis in die Türkei gesandt, wo sie am 10.11.2006 dem Betroffenen zur Kenntnis gelangte. Der Betroffene selber konnte erst nach diesem Datum aktiv werden und hat den Unterzeichner gebeten gegen die Straferkenntnis das notwendige Rechtsmittel einzulegen.

2.

Nach einer Auskunft der Freien und Hansestadt, Behörde für Bau und Verkehr vom 9.5.2003, ihrer Behörde bekannt, werden Fahrerbescheinigungen, wie sie die Bezirkshauptmannschaft verlangt, nicht ausgestellt. Zur Begründung verweist die Freie und Hansestadt Hamburg auf die Verordnung EG Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 881/92 und (EG) Nr. 3118/93 des Rates hinsichtlich der Einführung einer Fahrerbescheinigung. Die Ordnung Nr. 881/92 Artikel 3 Abs.1 enthält folgende Fassung: 'Der grenzüberschreitende Verkehr unterliegt einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsbürger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung".

 

Gemäß der Neufassung des Artikel 6 Abs.2 der Verordnung 881/92 wird die Fahrerbescheinigung von dem Mitgliedstaat auf Antrag des Inhabers der Gemeinschaftslizenz für jeden Fahrer ausgestellt, der Staatsangehöriger eines Drittstaates ist und den er rechtmäßig beschäftigt gemäß den Vorschriften und Tarifverträgen dieses Mitgliedstaates.

 

Nach Artikel 6 Abs.4 der Verordnung ist die 'Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.'

Es wurde in Verbindung mit der in Europa einheitlichen EU-Lizenz eine weitere einheitliche Fahrerbescheinigung geschaffen.

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft mit Gemeinschaftslizenz im innereuropäischen Verkehr sollen nachprüfen können, ob die Fahrer aus Drittstaaten rechtmäßig beschäftigt sind und zwar ausschließlich nach den Vorschriften und Tarifverträgen des Staates, in dem der Unternehmer seinen Betriebssitz unterhält.

 

Damit fallen Firmen mit Agenturverträgen und/oder bilateralen Verkehren nicht unter den Geltungsbereich der Verordnung.

Die EU-Fahrerbescheinigung ist nicht auszustellen, wenn die grenzüberschreitenden Beförderungen unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen durchgeführt werden.

 

Der gewerbliche Güterkraftverkehr der Fa. K wird in Richtung Ost-/Südosteuropa bzw in die Türkei und zurück unter Verwendung der Ihnen vorgelegten Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 vorgenommen. Der gewerbliche Güterverkehr wird nicht im Bereich der europäischen Gemeinschaft abgewickelt.

 

Deutsche Transportunternehmer, die Binnenbeförderungen in Deutschland durchführen, dürfen wie bisher auch Kraftfahrer aus Drittstaaten nur einsetzen, wenn diese über eine gültige Arbeitsgenehmigung und einen Aufenthaltstitel verfügen.

 

Nach diesen Feststellungen der Behörde für Bau und Verkehr der Freien und Hansestadt Hamburg ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass eine Fahrerbescheinigung nicht auszustellen ist, da der Beschuldigte grenzüberschreitende Beförderungen unter Einsatz der Gemeinschaftslizenz durchführen lässt. Der Fahrer des og. Lkw hat die EU Lizenz vorgelegt. Es kann nicht sein, dass hier Strafen verhängt werden, für eine fehlende Fahrerbescheinigung, die von deutschen Behörden aus den og. Gründen nicht ausgestellt werden.

 

Der Beschuldigte O K, ist Inhaber der Gemeinschaftslizenz mit der, die ihn berechtigt entsprechende Anträge auf Erteilung einer Fahrerbescheinigung bei den zuständigen Behörden zu stellen. Die Freie und Hansestadt Hamburg als zuständige Behörde für das Ausstellen von Fahrerbescheinigungen lehnt die Ausstellung im vorstehenden Fall ab mit der Begründung, dass eine EU Fahrerbescheinigung nicht auszustellen ist, wenn die grenzüberschreitenden Beförderungen unter Einsatz von CEMT oder bilateralen Genehmigungen ausgeführt werden.

 

Nach § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind.

1. Gemeinschaftslizenz gemäß VO der EWG Nr. 881/92

2. ...

3. ....

Unstreitig hat der berechtigte Fahrer des og Lkw bei der Kontrolle die o. beschriebene Gemeinschaftslizenz vorgelegt.

Der Fahrer A E ist Angestellter der Fa. K, S E C M K, Tr, die mit der Fa. O K, einen Agenturvertrag unterhält.

 

Dieses ist Ihnen unter Vorlage der Bescheide der Freien und Hansestadt Hamburg nachgewiesen worden. Unter diesen Umständen kann dem Beschuldigten nicht der Vorwurf gemacht werden, er hätte bei gehöriger Sorgfalt erkennen müssen, dass er ohne Fahrerbescheinigung österreichische Straßen nicht befahren darf.

 

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat mit Schreiben vom 8.2.05, Ihnen bekannt, ihre bisherige Rechtsauffassung bestätigt. Mit Schreiben vom 14.7.05 wird diese Rechtsauffassung noch einmal detailliert unter Hinweis auf die Bestimmungen der EU bestätigt. Nach Art.1 Abs.2 der VO 881/92 der EU gilt diese VO für den grenzüberschreitenden Güterverkehr auf den im Gebiet der EU zurückgelegten Strecken, nicht aber den grenzüberschreitenden Verkehr nach und von der Türkei.

 

Nach Abs.2 dieser Bestimmung gilt die VO bei Beförderung aus einem Mitgliedstaat nach einem Drittland – wozu die Türkei derzeit noch gehört – und umgekehrt für die in dem Mitgliedstaat, in dem die Be- und Entladung stattfindet, zurückgelegte Wegstrecke, sobald das hierfür erforderliche Abkommen zwischen der Gemeinschaft und dem Drittstaat geschlossen ist.

 

Nach diesseitiger Kenntnis gibt es ein derartiges Abkommen mit der Türkei nicht. Deshalb können die Vorschriften der VO 881/92 iVm der VO 442/2002 im grenzüberschreitenden Güterverkehr zwischen Deutschland und der Türkei keine Anwendung finden. Die hier begehrte Fahrerbescheinigung kann der Beschuldigte nicht vorlegen, weil die zuständigen Behörden in Hamburg die Ausstellung einer Fahrerbescheinigung aus den og Gründen verweigern."

 

Es wird daher beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der anwaltlichen Vertretung dem Land Oberösterreich aufzuerlegen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Zur Rechtzeitigkeit der Berufung:

Dem Bw wurde das angefochtene Straferkenntnis laut internationalem Postrückschein am 25.8.2006 an der Adresse, durch persönliche Übernahme des Schriftstückes durch die Angestellte S C zugestellt. Dagegen wurde am 17.11.2006, bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding eingelangt am 20.11.2006, Berufung eingebracht und gleichzeitig ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Begründend führte der Bw bezüglich des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus, dass der Mitarbeiterin des Herrn S K, Fr. C, das Schriftstück ausgehändigt worden sei, obwohl diese nicht bevollmächtigt sei, Poststücke für Herrn O K entgegen zu nehmen, insbesondere keine Zustellungsurkunden, weil sich der Bw seit Dezember 2005 nicht in Deutschland aufhalte. Frau C habe das Straferkenntnis in die Türkei gesandt, wo es am 10.11.2006 dem Bw zur Kenntnis gelangt sei.

In der Folge wurde der Bw von der Bezirkshauptmannschaft Schärding mit Schreiben vom 21.11.2006 ersucht, taugliche Unterlagen zu übermitteln, die die Ortsabwesenheit seit Dezember 2005 belegen würden. In Entsprechung des oa Ersuchens legte der Bw mit Schriftsatz vom 19.12.2006 eine Kopie der Buchungsbestätigung (H: 16.12.2005, I: 6.1.2006), eine Kopie des Reisepasses, auf welcher neben zahlreichen Passkontrollstempel aus dem Jahre 2005 auch ein Stempel vom 16.12.2005 ersichtlich ist sowie eine eidesstattliche Versicherung des O K, worin er bestätigt, dass er vom Straferkenntnis der belangten Behörde erst am 10.11.2006 Kenntnis erlangte, vor.  

 

Der Bw wurde mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 19.4.2007 unter Setzung einer Frist eingeladen, durch Vorlage entsprechender Unterlagen bzw durch Namhaftmachung von Zeugen eine allfällige Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses am 25.8.2006 glaubhaft zu machen. Dem wurde fristgerecht nachgekommen und wurde in der Stellungnahme vorgebracht, dass man der Buchungsbestätigung nicht entnehmen könne, dass der Beschuldigte am 6.1.2006 die Rückreise nach Deutschland angetreten habe. Man könne allenfalls entnehmen, dass der Beschuldigte die Absicht gehabt habe, am 6.1.2006 nach Deutschland zurückzukehren. Dem vorgelegten Pass sei zu entnehmen, dass eine Ausreise aus der Türkei am 6.1.2006 nicht erfolgt sei. Hotelrechnungen könnten nicht vorgelegt werden, da der Beschuldigte in seinem Haus in gewohnt habe und noch wohne.

Als Beweismittel wurde vom Bw eine eidesstattliche Versicherung des Bruders S K vorgelegt, in welcher dieser angab, dass sich der Bw seit dem 15.12.2005 durchgehend in Türkei in seinem Haus aufhalte; mit Ausnahme eines 14tägigen Aufenthalts in H im Jahr 2007. Er vertrete seinen Bruder in den Geschäften in H. Das Haus seines Bruders in H sei seit dem 15.12.2005 nicht bewohnt. Er schaue unregelmäßig nach der Post und benachrichtige seinen Bruder oder dessen Anwalt, wenn Zustellungen von ihm dort vorgefunden werden. Die strittige Zustellung sei am 25.8.2006 im Büro in H erfolgt. Die dort angestellte Frau C habe diese Zustellung in die Türkei gesandt. Er wisse von seinem Bruder, dass er von der Türkei handelnd seinen Anwalt beauftragt habe, in der Sache tätig zu werden.

 

Gemäß § 11 Abs.1 österreichisches Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

 

Gemäß Art.10 Abs.1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen werden Schriftstücke in Verfahren nach Art.1 Abs.1 unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen.

 

Im gegenständlichen Fall wurde das Straferkenntnis mittels internationalem Postrückschein und der in Art.10 Abs.1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vorgeschriebenen Versendungsform, nämlich mit "eigenhändig" versehen und als "eingeschrieben" versendet. Der ebenfalls geforderte Vermerk "Rückschein" wurde jedoch nicht angebracht.

 

Für das gegenständliche Schriftstück wurde ein Zustellnachweis benötigt, zumal die Berechnung der Berufungsfrist davon abhängig ist. Da das betroffene Schriftstück an O K gerichtet ist, der Postvermerk "eigenhändig" angeführt wurde, ist davon auszugehen, dass durch die Übernahme des Schriftstückes am 25.8.2006 durch die Angestellte C keine rechtswirksame Zustellung an den Beschuldigten bewirkt wurde, zumal im Fall von "eigenhändiger" Zustellung eine Ersatzzustellung unzulässig ist (vgl. VwGH vom 19.10.2004, Zl. 2003/03/0047).

 

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 8 Verwaltungszustellungsgesetz 2005 bzw. § 7 Abs.1 Zustellgesetz die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.    

 

Nach der gegebenen Sachlage liegt hier ein Anwendungsfall des § 7 Abs.1 Zustellgesetz vor, zumal die Übernahme des Straferkenntnisses durch die oben angeführte Angestellte nicht als rechtswirksame Zustellung angesehen werden kann, der Bw aber das Straferkenntnis tatsächlich erst am 10.11.2006 erhalten hat. Damit ist der offenkundige Zustellmangel geheilt und beginnt die Rechtsmittelfrist demnach mit 10.11.2006 und endete sohin am 24.11.2006. Die am 20.11.2006 eingebrachte Berufung ist somit rechtzeitig.

 

4.2. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

 

Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1)        Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2)        Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen             Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3)        Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für          den Verkehr nach, durch  oder aus Österreich,

4)        aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des       Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungs­übertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Berechtigung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält.

 

Strafbar ist nach Abs.1 Z3, Z6, Z8 oder Z11 ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgt (§ 23 Abs.3 leg.cit.).

 

Gemäß § 23 Abs.4 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z8 bis Z11 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ABl. L95 vom 9.4.1992, S.1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 1.3.2002, Abl. L76 vom 19.3.2002, S.1, …. anzuwenden.

 

4.3. Dem Bw wurde von der belangten Behörde zur Last gelegt, dass er als Unternehmer mit dem Sitz in, am 17.7.2006 mit dem Sattelzugfahrzeug Kz (D), Anhänger Kz (D) eine gewerbsmäßige grenzüberschreitende Güterbeförderung, und zwar von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland durch den Fahrer A E, durchführen hat lassen, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde.

 

Anlässlich der Amtshandlung wurde den Kontrollbeamten durch den Lenker eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz mit der Nr. D/0189/HH ausgestellt für O K, (gültig vom 1.12.2002 bis zum 30.11.2007), eine für Österreich ungültige CEMT-Genehmigung, ein Frachtbrief sowie zwei Fahrzeugscheine, ausgehändigt.

Der Lenker A E gab im Zuge der Anhaltung an, dass er den Transport im Auftrag der Firma O K durchführe. Eine Fahrerbescheinigung habe er nicht. Er sei deswegen auch schon öfters beanstandet bzw angezeigt worden. Seine Firma habe für keinen einzigen Lenker eine Fahrerbescheinigung beantragt. Seine Firma vertrete weiters die Meinung, dass die CEMT-Genehmigung ausreiche. Eine gültige CEMT-Genehmigung für Österreich habe er jedoch auch nicht. Er habe eine solche in seiner Firma auch noch nie gesehen. Die Ladung sei in der Türkei geladen worden und sei Hamburg als Abladestelle vorgesehen gewesen.

Vom Bw blieb unbestritten, dass die gegenständliche Güterbeförderung mit einer Gemeinschaftslizenz durchgeführt wurde und dass er nicht im Besitz einer Fahrerbescheinigung für den betroffenen Lenker ist.  

 

4.4. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist der dem Bw zur Last gelegte Tatvorwurf unter die Strafbestimmung des § 7 Abs.1 iVm § 23 Abs.1 Z3 GütbefG zu subsumieren, da der Bw am Tattag über keine Fahrerbescheinigung für den Lenker A E verfügt hat und nicht unter § 23 Abs.1 Z8 GütbefG. Letztere Bestimmung zielt darauf ab, dass der Unternehmer im Besitz einer Berechtigung, hier der Fahrerbescheinigung, ist, jedoch nicht dafür gesorgt hat, dass diese auch mitgeführt wird. Es hat daher der Bw die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Da hinsichtlich des zutreffenden Tatvorwurfes laut Aktenlage, nämlich dass der Bw überhaupt nicht im Besitze einer Fahrerbescheinigung war, keine entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlung getätigt wurde, war es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, eine dahingehende Spruchberichtigung vorzunehmen.

 

Es war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Auf die weiteren Berufungsausführungen war daher nicht mehr näher einzugehen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfällt für den Bw die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 VStG).

 

6. Abschließend wird zur Erläuterung des Bw bezüglich des Antrages hinsichtlich der Auferlegung der Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der anwaltlichen Vertretung ausgeführt, dass das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) den Grundsatz vorsieht, dass jeder Verfahrensbeteiligte, also auch der Beschuldigte in einem Verwaltungsstrafverfahren, die ihm erwachsenen Kosten selbst zu tragen hat, und zwar auch dann, wenn er mit seiner Eingabe erfolgreich war (vgl. § 74 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG). Mangels einer gesetzlichen Grundlage kann daher dem Anspruch auf Kostenersatz nicht entsprochen werden.

 

7. Über den gleichzeitig mit der Berufung eingebrachten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird von der belangten Behörde zu entscheiden sein (§ 71 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Tatumschreibung, Fahrerbescheinigung, Postzustellung in Deutschland, kein Nachweis

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 15.11.2007, Zl.: 2007/03/0129-2

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