Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310323/2/Kü/Hu

Linz, 27.04.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau Dr. E K, vertreten durch Prof. H & Partner Rechtsanwälte, K, L, vom 4. April 2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 26. März 2007, Zl. UR96-9-5-2006, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.   Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 26. März 2007, Zl. UR96-9-5-2006, wurde über die Berufungswerberin wegen einer Verwaltungs­übertretung nach § 79 Abs.2 Z3 iVm § 15 Abs.3 Z2 Abfall­wirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 360 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, verhängt, weil sie am 29.4.2006 in A, Altstoffsammelinsel „B“ Grundstück Nr., KG A, Abfälle aus ihrem privaten Haushalt (Siedlungsabfälle) bestehend aus Hausmüll und einem Klappstuhl) nicht in die dafür bereit gestellten Abfallbehälter abgelagert hat. Diese Ablagerung – außerhalb der dafür bereit gestellten Sammelbehälter – verstößt gegen die Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass vom Gemeindeamt Alkoven unter Anschluss einer Fotografie am 3. Oktober 2006 angezeigt worden sei, dass die Berufungswerberin am 29. April 2006 durch Ablagerung eines Kunststoffsackes gefüllt mit Hausmüll (Zeitungen, Klappstuhl) die Altstoffsammelinsel „B“ verunreinigt habe.

 

Gegen die von der BH Eferding am 23. November 2006 verhängte Strafverfügung habe die Berufungswerberin rechtzeitig einen begründeten Einspruch erhoben. In diesem Einspruch vom 11. Dezember 2006 und der ergänzenden Angabe vom 23. Februar 2007 führe sie aus, dass es ihr unerklärlich sei, warum der von ihr in den „Papiercontainer“ geworfene Müllsack vor dem Container und neben einem Klappstuhl aufgefunden worden sei. Ihre Angabe, dass der von ihr sortenrein mit Papierabfall gefüllte Plastiksack in den Papiercontainer geworfen worden sei, würde durch das der Anzeige der Gemeinde Alkoven beigefügte Foto widerlegt. Auf diesem Foto seien neben den Papierabfällen zwei Plastikflaschen erkennbar.

 

Die Rechtfertigungen im Einspruch vom 11. Dezember 2006 und in der Eingabe vom 23. Februar 2007 würden von der BH Eferding als Schutzbehauptung gewertet und würden als nicht geeignet betrachtet, sie vom Vorwurf der im Spruch genannten Verwaltungsübertretung zu entlasten.

 

Als strafmildernd würde die bisherige Unbescholtenheit gewertet. Die Verhängung der Mindeststrafe von 360 Euro sei ausreichend, um die Berufungswerberin in Zukunft von weiteren Übertretungen gleicher Art abzuhalten.

 

 

2.   Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter der Berufungswerberin erhobene Berufung, mit der beantragt wird, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungs­strafverfahren einzustellen. Hilfsweise wird beantragt, gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen, mit einer Ermahnung vorzugehen oder gemäß § 20 VStG mit außerordentlicher Strafmilderung vorzugehen.  

 

Inhaltlich wurde ausgeführt, dass nach der Aktenlage ein Mitarbeiter des Gemeindeamtes Alkoven am 29.4.2006 einen schwarzen Müllsack mit Hausmüll (Zeitungen, Klappstuhl) auf der Altstoffsammelstelle B vorgefunden habe und dies als Verunreinigung qualifiziert habe. Wann diese angeblich von der Berufungswerberin erfolgte Ablagerung erfolgt sei, sei im Verfahren nicht geklärt worden. Die Berufungswerberin habe dazu mit Eingabe vom 23.2.2007 wahrheitsgemäß mitgeteilt, dass der Zeitpunkt nicht mehr rekonstruierbar sei, wann sie den Müll – ordnungsgemäß – entsorgt habe. Dies könne auch Wochen oder Monate vor dem 29.4.2006 gewesen sein.

 

Dazu müsse man sich vor Augen halten, dass die Entsorgung von Müll ein regelmäßiger, nahezu alltäglicher Vorgang sei. Man könne daher von niemandem verlangen, sich Monate später daran zu erinnern, wann die Müllentsorgung stattgefunden habe.

 

Gemäß § 44a VStG habe der Spruch des Straferkenntnisses im Rahmen der Umschreibung der Tat auch die Angabe der Tatzeit zu enthalten. Aus dem oben Gesagten ergebe sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass der im Spruch als Tatzeitpunkt angegebene 29.4.2006 tatsächlich der Zeitpunkt der vorgeworfenen Ablagerung gewesen sei. Die Wahrscheinlichkeit spreche vielmehr dafür, dass diese erheblich früher gewesen sei. Es wäre ein außerordentlicher Zufall, wenn die Ablagerung und die Kontrolle der Sammelstelle an ein und demselben Tag erfolgt wäre. Am 29.4.2006 habe die Einschreiterin die vorgeworfene Tat keineswegs begangen.

 

Das angefochtene Erkenntnis werfe der Einschreiterin die Ablagerung von Abfällen aus dem privaten Haushalt (Siedlungsabfälle bestehend aus Hausmüll und einem Klappstuhl) vor. Das einzige Indiz, welches auf die Einschreiterin verweise, seien an die Einschreiterin adressierte Schriftstücke, die außerhalb des Altpapiercontainers vorgefunden worden seien. Die Anzeige des Gemeindeamtes Alkoven vom 3.10.2006 spreche von einem schwarzen Müllsack mit Hausmüll (Zeitungen, Klappstuhl) „also nicht von an die Einschreiterin adressierten Schriftstücken“. Ohne diesbezügliche Beweisergebnisse mache das angefochtene Straferkenntnis daraus Siedlungsabfälle bestehend aus Hausmüll und einem Klappstuhl.

 

Warum die Verantwortung der Einschreiterin im Einspruch, wonach sie den Papierabfall in den dafür vorhandenen Container eingeworfen habe, eine Schutzbehauptung sei, würde vom angefochtenen Straferkenntnis nicht begründet. Ob auf dem Foto Plastikflaschen oder Getränkedosen erkennbar seien, sei dahingestellt. Einen Anhaltspunkt dafür, dass die Einschreiterin und nicht der spätere Entsorger diese Gegenstände dort deponiert habe, gebe es nicht. Der Schluss, der Klappstuhl stamme ebenfalls von der Einschreiterin, weil er in der Nähe des Plastiksackes vorgefunden worden sei, sei mehr als kühn und durch die Denkgesetze nicht gedeckt. Genauso gut könne dieser Klappstuhl Wochen vorher oder Wochen nachher dort deponiert worden sein.

 

Die von der Behörde als erwiesen angenommene Tat ist durch kein Beweisergebnis gedeckt. Ganz offensichtlich habe die Behörde erster Instanz keinerlei Erhebungen gepflogen, sondern ohne irgendwelche Ermittlungen der Einschreiterin einfach nicht geglaubt. Damit verschiebe die Behörde unzulässigerweise eine Beweislast auf die Einschreiterin, welche diese nicht habe.

 

Auch wenn die Behörde im Straferkenntnis – unzulässigerweise – formuliert hätte, „an einem nicht näher bestimmten Tag, jedenfalls aber spätestens am 29.4.2006“, wäre die angelastete Tat verjährt. Anhaltspunkte dafür, dass die gegenständliche Ablagerung innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt sei, gebe es nicht. Gehe man davon aus, dass die Ablagerung bei lebensnaher Betrachtung nicht genau an jenem Tag erfolgt sei, an welchem sie festgestellt und vorgeworfen worden sei, dann liege auch noch keine taugliche Verfolgungshandlung betreffend einen Tatzeitpunkt vor dem 29.4.2006 vor.

 

Lediglich vorsichtigerweise wird geltend gemacht, soweit man überhaupt von einem Verschulden der Beschuldigten sprechen könne, dass dieses geringfügig sei und die Übertretung keine Folgen habe. Es würden daher die Voraussetzungen des § 21 VStG für ein Absehen von der Verhängung einer Strafe oder für eine Ermahnung vorliegen. Außerdem seien auch die Voraussetzungen nach § 20 VStG für eine außerordentliche Milderung der Strafe gegeben.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit Schreiben vom 5. April 2007 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

 

Aus dem Akt ergibt sich, dass die Gemeinde Alkoven mit Schreiben vom 3. Oktober 2006 unter Bezugnahme auf ein Telefonat mit der BH Eferding Daten für eine Anzeige der Berufungswerberin übermittelt hat. In diesem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine Verunreinigung der Altstoffsammelstelle B handelt. Am 29. April 2006 wurde ein schwarzer Müllsack mit Hausmüll (Zeitungen, Klappstuhl) vorgefunden. Die Gemeinde führt aus, dass mehrere Zahlungsaufforderungen ohne Erfolg geblieben sind und daher die Gemeinde die Verunreinigungen durch die Berufungswerberin zur Anzeige bringen möchte. Angeschlossen ist dieser Anzeige ein Foto mit Datum 29.4.2006, auf dem ein schwarzer Müllsack, aus dem Schriftstücke hervorragen, die an die Berufungswerberin adressiert sind, abgebildet ist. Außerdem sind zwei Getränkedosen und ein Klappstuhl auf dem Foto ersichtlich. Nicht ersichtlich ist, in welcher Umgebung das Foto aufgenommen wurde, da es sich um eine Detailaufnahme handelt. Auffällig ist allerdings, dass am schwarzen Plastiksack und auf der Lehne des Klappstuhls Wassertropfen erkennbar sind, die an die Berufungswerberin adressierten Schriftstücke, die aus dem Plastiksack herausragen, allerdings trocken sind. Andere Beweise zur Frage der Täterschaft der Berufungswerberin waren dem Schreiben der Gemeinde Alkoven nicht angeschlossen.

 

Am 17. Oktober 2006 wurden vom Sachbearbeiter der BH Eferding Erkundigungen bei der Gemeinde Alkoven bezüglich einer näheren Ortsbeschreibung bzw. Konkretisierung der Altstoffsammelstelle B vorgenommen. Von der Gemeinde Alkoven wurde daraufhin der Bezirkshauptmannschaft das Grundstück Nr., KG. A, als Standort der Altstoffsammelstelle B bekannt gegeben.

 

Gegen die von der Bezirkshauptmannschaft Eferding am 23. November 2006 erlassene Strafverfügung wurde von der Berufungswerberin rechtzeitig Einspruch erhoben. Daraufhin wurden von der Berufungswerberin schriftlich Angaben dazu verlangt, in welchem Container (Aufschrift der einzuwerfenden Abfallart) sie den Plastiksack mit Papierabfall eingeworfen habe und an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit diese Abfallentledigung stattgefunden hat.

 

Die Berufungswerberin führte dazu aus, dass sie den Plastiksack mit Papierabfall in den Container mit der Aufschrift Altpapier geworfen hat. Der Müllsack ist ausdrücklich für diesen Zweck – Verbraucherinformation auf der Verpackung – vorgesehen. Sie führte weiters aus, dass es nicht mehr rekonstruierbar sei, wann sie diesen Abfallsack eingeworfen hat. Soweit aus dem auf dem Foto ersichtlichen Brief rekonstruierbar ist, kann dies auch Wochen oder Monate vor dem 29.4. gewesen sein.

 

Weitere Ermittlungstätigkeiten wurden von der Erstinstanz nicht durchgeführt.

 

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Im gegenständlichen Verfahren hat die Bw die Anfrage der Erstinstanz damit beantwortet, dass sie ihren Altpapierabfall ordnungsgemäß in den dafür bei der besagten Altstoffsammelstelle bereitgestellten Altpapiercontainer geworfen hat. Obwohl der Anzeige der Gemeinde Alkoven außer einem Detailfoto keine weiteren Belege enthält, die auf eine Täterschaft der Berufungswerberin hindeuten würden, wurde ihren Ausführungen kein Glauben geschenkt. Entsprechend der allgemeinen Lebenserfahrung könnte es aber auch so gewesen sein, dass derjenige, der die Abfallentsorgung vorgenommen hat, Altpapier aus dem Container genommen hat, um seine illegale Ablagerung zu verschleiern und jemand anderen dafür verantwortlich zu machen. Zu Abklärung des wahren Sachverhaltes wären jedenfalls weitergehende Ermittlungstätigkeiten notwendig gewesen. Im Ergebnis zeigt sich, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Berufungswerberin die vorgeworfene Verwaltungsübertretung angelastet werden kann.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

Im Zweifel war daher bei der gegebenen Faktenlage gemäß Art. 6 Abs. 2 MRK davon auszugehen, dass die der Berufungswerberin angelastete Tat nicht erwiesen ist, weshalb das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

 

6. Da das gegenständliche Strafverfahren einzustellen war, entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Kühberger

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum