Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390179/5/SR/Ri

Linz, 07.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des H R, vertreten durch Rechtsanwalt Ing. Mag. K H, Sstraße, L, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 16. Oktober 2006, GZ: BMVIT-635.540/0013/2006, wegen Übertretung des Telekommunikationsgesetzes, BGBl. I Nr. 70/2003 – TKG, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 133/2005,  zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II.                  Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.  10/2004 - AVG iVm § 24, § 45, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 2/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben als Inhaber der nicht registrierten Firma R N M, H, E am 13.09.2006 um 02.35 hr eine elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung (Subject: M von E: 1. Klasse) ohne vorherige Einwilligung des Empfängers W H an dessen Emailadresse g.n@d.c zugesendet.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 107 Abs. 2 iVm § 109 Abs. 3 Zif. 20 Telekommunikationsgesetz, BGBl. I Nr. 70/2003 (TKG)

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

300,-- Euro

Im Falle der Uneinbringlichkeit wird folgende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt:

1 Tag

Rechtsgrundlage: § 109 Abs. 3 Zif. 20 TKG

Kosten des Strafverfahrens: 30,-- Euro

Gesamtbetrag: 330,-- Euro"

 

2. Gegen dieses dem Bw am 19. Oktober 2006 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 2. November 2006 - und damit recht-zeitig – der Post zur Beförderung übergebene Berufung.

 

2.1. Im Spruch des angeführten Straferkenntnisses führt die zuständige Fernmeldebehörde aus, dass der Bw aufgrund der glaubwürdigen Angaben des Anzeigers als Versender der gegenständlichen Werbemail anzusehen sei. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden.

 

2.2. Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Bw im Wesentlichen ausgeführt, dass sehr wohl unter der E-Mail Adresse g.n@d.c über das Homepageformular der Firma E W GmbH eine Anmeldung erfolgt sei. Aufgrund dieser Anmeldung vom 27.11.2005 (11:35 Uhr, Hostadresse) seien bereits 4 - 5 (Werbe- bzw. Informations-) Mails versandt worden. Da der Anzeiger trotz dieser Zusendungen nie den Wunsch sich abzumelden geäußert habe, sei darin eine weitere Zustimmung zur Zusendung weiterer E-Mails zu erblicken gewesen.

 

Abschließend wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat ua. Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den am 19.02.2007 vorgelegten Verwaltungsakt des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 16. Oktober 2006, GZ: BMVIT-635.540/0013/2006.

 

3.2. Mit Schreiben vom 6. März 2007 wurde das Rechenzentrum des Amtes der Oö. Landesregierung um Analyse jenes E-Mail-Ausdruckes ersucht, der der Anzeige und dem Strafverfahren zugrunde liegt.

 

Im Schreiben vom 30. März 2007 teilte das Rechenzentrum die folgende Auswertung mit:

Der Ausdruck der Mail inklusive Header ist von rückwärts zu lesen.

 

Seite 2 beinhaltet den Mailbody und in den ersten 2 Zeilen Einträge eines Spamfilters. Der Mailbody dürfte nicht vollständig kopiert sein. Für die Wegeverfolgung ist das jedenfalls nicht relevant (rot durchgestrichen).

 

Seite 1 unten bis zur roten Markierung sind entweder ebenfalls von Programmen eingefügt oder wurden vom Absender eingegeben. Diese Daten sind völlig frei zu gestalten und daher ebenfalls nicht aussagekräftig (rot durchgestrichen – Streichung bis einschließlich: From: E M <e.k@m.n>).

 

Für die Routenverfolgung sind die folgenden "Received from ...." Blöcke wichtig – wieder von unten nach oben gelesen:

1)      Die Mail wird vom lokalen Rechner des Absenders (I) an den Mailserver "m.n.n" (IP) gesandt. Beide Rechner werden von der Fa. S&P betrieben, dem Provider der Fa. E M. Durchgangszeit ist 18:41:26 UTC, das entspricht 20:41:26 MESZ.

2)      "m.m.n" gibt die Mail an v.a (IP) weiter, der von I I in Atlanta betrieben wird. Die Route ist ungewöhnlich, aber nicht weiter verdächtig. Durchgangszeit 18:49:38 UTC. Da diese Zeiten von der Systemzeit des jeweiligen Rechners geschrieben werden, die nicht immer richtig eingestellt ist, sind Abweichungen durchaus möglich.

3)      Von "v.a" geht die Mail an "m.a.r.c" (IP) ein, ein Mailserver von I Inc. Durchgangszeit 18:42:00 UTC

4)     Von "m.a.r.c) kommt die Mail jetzt schließlich L in das Postfach w.h@l.a. Zeit 18:42:06 UTC.

5)     und 6) sind interne Weiterleitungen von L.

 

3.3. Da bereits auf Grund der Aktenlage und der ergänzenden Ermittlung feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, hatte die mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z1 VStG zu entfallen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.1. Nach § 109 Abs. 3 Z. 20 i.V.m. § 107 Abs. 2 Z. 1 TKG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen, der elektronische Nachrichten an Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z.2 des Konsumentenschutzgesetzes ohne deren vorherige Einwilligung zum Zwecke der Direktwerbung zusendet.

 

4.1.2. Unstrittig ist, dass dem "Anzeiger" elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung  zugesandt wurde und dass der Bw die Zusendungen zu verantworten hat.

 

4.2.1. Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs. 2 leg.cit. - abgesehen von im Zusammenhang nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen - sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Nach § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigte gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in der zuletzt zitierten Gesetzesstelle wird auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodass sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG beziehen muss (siehe dazu die Erkenntnisse Verst. Senate vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0073, und vom selben Tag, Zl. 86/18/0077).

 

Die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muss daher das ihm zur Last gelegte Handeln - im Falle des Unterlassens durch Beschreibung jener Handlung, die er hätte setzen müssen und nach Auffassung der Behörde rechtswidrigerweise nicht gesetzt hat - unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z. 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z. 2 leg. cit. näher konkretisieren und individualisieren (VwGH vom 7.9.1990, Zl. 85/18/0186).

 

4.2.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucher-fordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Verst. Senaten VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm 11 zu § 44a VStG).

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl. allgemein Verwaltungsgerichtshof vom 25. März 1994, 93/02/0228; vom 19. Mai 1993, 92/09/0360; vom 28. Februar 1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 23. November 1993, 93/04/0169).

 

4.2.3. Die belangte Behörde hat dem Bw u.a. vorgeworfen, dass er dem Empfänger am 13. September 2006 um "02:35 Uhr" eine elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung an dessen E-Mail-Adresse "g.n@d." zugesandt habe.

 

Wie unter Punkt 3.2. dargestellt, wurde die angeführte Zusendung jedoch um "20:41:26 MESZ" vorgenommen.

 

Am Rande ist anzumerken, dass die Zusendung nicht an die E-Mail Adresse "g.n@d.c" sondern an "w.h@l.a." erfolgt ist.

 

Nach der Aktenlage steht somit fest, dass der Bw die ihm angelastete Tat jedenfalls nicht um "02:35" Uhr begangen hat. Die belangte Behörde hat somit auch innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs. 2 VStG keine zutreffende Verfolgungshandlung gegen den Bw gesetzt. 

 

4.2.4. Da der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung (unzutreffende Tatzeit) nicht begangen hat, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

5. Der Bw hat gemäß § 66 Abs. 1 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

Mag. Stierschneider

 

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