Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521551/2/Sch/Bb/Hu

Linz, 26.04.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn H D, geb. …, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S E, L, L, vom 19.2.2007, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5.2.2007, Zl. VerkR21-1189-2007Be, VerkR21-1190-2006Be, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Motorfahrrädern, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, die Dauer für welche keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf sowie das Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Motorfahrrädern auf 18 Monate, gerechnet ab 7.12.2006 (Zustellung des Mandatsbescheides) herab- bzw. festgesetzt wird. Im Übrigen wird der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm § 3 Abs.1 Z2, § 7 Abs.1 Z2 und Abs3 Z11, § 24 Abs.1 Z1, § 25 Abs.1 und Abs.3, 32 Abs.1 Z1 FSG und § 64 Abs.2 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit oben bezeichnetem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5.2.2007 wurde dem nunmehrigen Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen AV, A und B für die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab 7.12.2006 (Zustellung des Mandatsbescheides) entzogen und ausgesprochen, dass ihm für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf. Überdies wurde ihm für den gleichen Zeitraum das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Motorfahrrädern verboten. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Vertreter beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben, in eventu die Dauer der Entziehung mit 14 Monaten festzusetzen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden hat.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Erstinstanz. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und war nicht erforderlich, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt (§ 67d Abs.1 AVG).

 

5. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant:

 

5.1. Der Berufungswerber wurde vom Landesgericht Wels unter GZ. 12 Hv 107/06s am 29.9.2006 wegen des Verbrechens nach § 28 Abs.2 4. Fall SMG und die Vergehen nach § 27 Abs.1 1. und 2. Fall SMG unter Anwendung des § 28 Abs.2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs.3 StGB 12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden. Dieses Urteil ist seit 3.10.2006 rechtskräftig.

 

Dem Urteilsspruch liegt zu Grunde, dass der Berufungswerber Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs.6 SMG) in Verkehr gesetzt hat, und zwar in der Zeit zwischen Anfang Dezember 2003 und Februar 2006 in Altschwendt, Wels, Linz und anderen Orten durch Verkauf von Amphetamin in einer insgesamt unbekannten, die große Menge bei Amphetamin von 10 g Reinsubstanz aber jedenfalls übersteigende Gesamtmenge sowie durch Verkauf von insgesamt unbekannten Mengen Cannabisharz und Cannabiskraut zum Grammpreis von Euro 18 bis Euro 20 beim Amphetamin und Euro 7 beim Cannabisharz und Cannabiskraut und Suchtgift erworben, und bis zum Eigenkonsum bzw. der Sicherstellung besessen hat und zwar in der Zeit bis März 2006 durch Besitz von insgesamt 15,2 g Cannabiskraut sowie Resten von Amphetamin und Kokain, die in einer Garage in Wels sichergestellt werden konnten.

 

In der Urteilsbegründung des Landesgerichtes Wels wurde u.a. ausgeführt, der Berufungswerber sei Suchtgiftkonsument gewesen und habe bis zur Sicherstellung rund 15,2 g Cannabiskraut sowie Reste von Amphetamin und Kokain besessen, wobei er sich damit bewusst abgefunden habe. Bereits ab Ende 2004 habe er in wiederholten Angriffen Amphetamin in Mengen von jeweils 20 bis 30 g und auch Cannabiskraut erworben. Von diesen Mengen habe er neben Cannabiskraut auch zumindest 90 g Amphetamin in Verkehr gesetzt. Dabei habe er sich wiederum bewusst damit abgefunden, dass er hiedurch eine insgesamt große Menge Amphetamin in Verkehr setzen werde und auch setzte. Überdies wurde festgehalten, dass der Berufungswerber den Verkauf einer insgesamt die große Menge von 10 g reinem Amphetamin übersteigende Suchtgiftmenge und auch den Erwerb und Besitz von Suchtgift zum Zwecke des Eigenkonsums zugestand.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

6.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die  verkehrszuverlässig sind (§ 7).

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

6.2. Der Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 29.9.2006, 12 Hv 107/06s wegen des Verbrechens nach § 28 Abs.2, 4. Fall SMG und die Vergehen nach § 27 Abs.1 1. und 2. Fall SMG rechtskräftig bestraft. Im Führerscheinverfahren ist die Behörde an die Rechtskraft des erlassenen Gerichtsurteiles gebunden (VwGH 20.2.2001, 98/11/0317). Diese Bindungswirkung gilt sowohl für die belangte Behörde als auch für den Unabhängigen Verwaltungssenat. Mit der Rechtskraft der Bestrafung steht bindend fest, dass der Berufungswerber die ihm angelasteten Straftaten in der im Urteilsspruch umschriebenen Weise begangen hat. Im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung des Berufungswerbers wegen des Verbrechens nach § 28 Abs.2 4. Fall SMG hat er eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z11 FSG verwirklicht.

 

Der Umstand, dass aus dem angeführten Urteil des Landesgerichtes Wels nicht ausdrücklich hervorgeht, dass der Berufungswerber bei der Tatbegehung ein Kraftfahrzeug verwendet hat, vermag dies nicht zu relativieren. Auch ohne den konkreten Nachweis ist zweifelsohne davon auszugehen, dass die Begehung der im Urteil genannten Taten typischerweise durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erleichtert wird. Es besteht daher die Gefahr, dass er sich der Berufungswerber in Zukunft diese erleichternden Umstände zunutze macht, auch wenn er dies bis dahin nicht getan haben sollte. Die gegenständlichen Tathandlungen des Berufungswerbers sind in Wels, Haid, Linz und auch anderen Orten erfolgt, sodass das Erreichen der Tatorte ohne die Verwendung eines Kraftfahrzeug wohl ohnehin undenkbar ist. 

 

Auch der Verwaltungsgerichtshof erachtet es nicht als  maßgeblich, ob das jeweilige Delikt tatsächlich unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges begangen wurde. Wesentlich ist vielmehr, ob die Begehung von Suchtgiftdelikten durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert wird (VwGH 1.12.1992, 92/11/0057), was bei Suchtgiftdelikten der im Strafurteil wiedergegebenen Art der Fall ist.

 

Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz sind wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen verwerflich und gefährlich. Der Bw hat nicht nur wiederholt Suchtgift erworben, sondern auch eine große Menge in Verkehr gesetzt und damit anderen den Konsum von Suchtmitteln ermöglicht. Das Überlassen von Suchtgift an andere Personen - vor allem im Hinblick auf die Herstellung von Abhängigkeitsverhältnissen – ist als besonders sozialschädlich zu beurteilen. Dabei war erschwerend der lange Tatzeitraum von mehr als zwei Jahren zu werten. Dazu kommt, dass die Tat gewinnbringend begangen worden ist.

 

Die seit dem Vorfall vergangene Zeit und das offensichtliche Wohlverhalten des Berufungswerbers in dieser Zeit ist nicht ausreichend, dass der Berufungswerber seine Verkehrszuverlässigkeit bereits wieder erlangt hätte. Es ist diesbezüglich zu berücksichtigen, dass das gerichtliche Verfahren erst Ende September 2006 abgeschlossen wurde. Einem Wohlverhalten während eines gerichtlichen Verfahrens kann in diesem Zusammenhang keine wesentliche Aussagekraft beigemessen werden.

 

Zu Gunsten des Berufungswerbers ist zu berücksichtigen, dass das Gericht eine teilbedingte Freiheitsstrafe (12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen; 6 Monate unbedingt) verhängt hat. Das Strafgericht hat somit den vollständigen Vollzug der Freiheitsstrafe durch den Berufungswerber nicht als erforderlich angesehen. Diesem Umstand war zu Gunsten des Berufungswerbers Bedeutung beizumessen. Ferner war auf sein Geständnis im gerichtlichen Verfahren Bedacht zu nehmen.

 

Zu berücksichtigen ist, dass der Berufungswerber erstmalig einschlägig straffällig geworden ist. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass es sich gegenständlich nicht um den erstmaligen Entzug der Lenkberechtigung des Bw handelt. Bereits im Jahr 1995 und 2001 musste dem Bw seine Lenkberechtigung im Zusammenhang mit der Begehung von Alkoholdelikten entzogen werden. Die Vorentzüge liegen zwar bereits lange zurück und sind nur noch von geringerer Bedeutung, können aber im Zuge der Wertung nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben.

 

Durch das vom Berufungswerber gezeigte strafwürdige Verhalten ist seine Verlässlichkeit im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten eines Kraftfahrzeuges jedenfalls derzeit und auch in Zukunft nicht gewährleistet. Als Ergebnis der vorgenommenen Wertung gelangt die Berufungsinstanz zur Auffassung, dass mit einer Entzugs- bzw. Verbotsdauer von 18 Monaten das Auslangen gefunden werden kann und nach dieser nunmehr festgelegten Entziehungs- bzw. Verbotsdauer erwartet werden kann, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers wieder hergestellt ist bzw. er die die Verkehrsunzuverlässigkeit begründende Gesinnung überwunden hat. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich mit dieser Prognose auch im Einklang mit der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 20.9.2001, 2000/11/0235). Der Berufung konnte somit in diesem Sinne Erfolg beschieden werden. Das darüber hinausgehende Berufungsbegehren auf gänzliche Behebung des angefochtenen Bescheides bzw. eine Herabsetzung auf 14 Monate war jedoch abzuweisen.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine vorbeugende Maßnahme zum Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer bzw. sonstigen Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern. Berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, dürfen daher im Interesse der Verkehrssicherheit nicht berücksichtigt werden.

 

Das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen ist in § 32 Abs.1 FSG begründet.

 

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ergibt sich aus § 64 Abs.2 AVG und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit aufgrund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten ist (VwGH 20.2.1990, 89/11/0252).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­­­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

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