Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230479/2/Br

Linz, 27.12.1995

VwSen-230479/2/Br Linz, am 27. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn B C, E, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J R, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 23. November 1995, Zl.: Sich96-157-1995, zu Recht:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem im oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 82 Abs.1 Z4 iVm §§ 7, 15 Abs.1 Z2 FrG eine Geldstrafe von 1.200 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und im spruchgemäß folgendes zur Last gelegt:

"Sie haben als gesetzlicher Vertreter und daher für den Aufenthalt Ihrer minderjährigen Kinder O C und T rechtlich Verantwortlicher bewußt und in Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Aufenthaltes Ihrer Kinder, denen weder eine Bewilligung im Sinne des § 1 Aufenthaltsgesetz noch ein Sichtvermerk von einer Sicherheitsbehörde erteilt worden ist, nach Ablauf des vom 11.01.1995 bis 10.02.1995 gültig gewesenen Touristensichtvermerks, deren unrechtmäßigen Aufenthalt als Fremde im Bundesgebiet vom 11.02.1995 an trotz rechtskräftiger Bestrafung vom 20.03.1995 weiterhin bis mindestens 23.06.1995 veranlaßt." 1.1. Begründend führt die Erstbehörde aus:

"Für den rechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet bedarf es entweder einer Bewilligung im Sinne des § 1 Aufenthaltsgesetz oder eines von der Sicherheitsbehörde erteilten Sichtvermerkes (§ 15 Abs. 1 Z.2 Fremdengesetz (FrG) ) .

Im gegenständlichen Fall steht unwidersprochen fest, daß die Kinder mit Ihrer Ehegattin B C auf Grund eines im Reisepaß Ihrer Gattin eingetragenen Touristensichtvermerks, gültig vom 11.01.1995 bis 10.02.1995, mit dem Zweck, Sie zu besuchen, in das Bundesgebiet eingereist sind. Den damit begonnenen Aufenthalt Ihrer Familie wollten Sie mit dem Antrag Ihrer Ehegattin auf Aufenthaltsbewilligung verlängern. obwohl Ihnen die Gültigkeitsdauer des Touristensichtvermerks bekannt war, haben Sie es unterlassen, für die rechtzeitige Wiederausreise Ihrer Kinder Sorge zu tragen. Erst nachdem der im Instanzenzug ergangene ablehnende Bescheid über den Antrag Ihrer Gattin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - für die Kinder wurde kein Antrag gestellt - rechtskräftig geworden ist, haben Sie den am 11.08.1995 erfolgten Heimflug der Kinder in die Türkei veranlaßt.

Sie sind gesetzlicher Vertreter und daher für den Aufenthalt Ihrer mj. Kinder rechtlich Verantwortlicher (vgl. § 24 des IRPGesetzes, BGB1.Nr. 304/1978, in Verbindung mit den Art.

263 und 268 des türkischen bürgerlichen Gesetzbuches sowie die sich hierauf beziehenden Ausführungen des VwGH-Erkenntnisses vom 15. Juni 1983, Zlen. 81/01/0088, 0095) . Die Ihnen als Vater der Kinder auferlegten Pflichten können daher nicht schlechthin auf die Ehegattin mit der Wirkung abgeschoben werden, daß dann die öffentlich rechtlichen Verpflichtungen nur mehr die inzwischen in die Türkei zurückgekehrte Gattin und Mutter der Kinder treffen, nicht mehr aber auch Sie. Ihr Einwand, ein strafbares Verhalten Ihrerseits läge nicht vor, allenfalls könne ein schuldhaftes Verhalten der Kindesmutter "diskutiert" werden, geht daher ins Leere.

Das Vorbringen, es sei noch vor Ablauf der Gültigkeit des Touristensichtvermerks ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt worden, war nicht geeignet, einen rechtmäßigen Aufenthalt der Kinder im Bundesgebiet nach Ablauf der Gültigkeit des Sichtvermerks aufzuzeigen.

Da Ihre Ehegattin B C erst am 08.02.1995, also zwei Tage vor dem Ablauf des Sichtvermerks einen Antrag auf Aufenthaltsberechtigung gestellt hat, mußten Sie geradezu damit rechnen, daß ihr Aufenthalt und der ihrer Kinder - für sie hätten separate Anträge gestellt werden müssen - nicht rechtzeitig bewilligt werden hätte können. Im Sinne des Legalitätsgrundsatzes könnte selbst eine zwischenzeitig erteilte Berechtigung zum Aufenthalt nicht - gleichsam rückwirkend - den zwischenzeitig, ohne Bewilligung gepflogenen Aufenthalt (ex tunc) sanieren und diesen Aufenthalt nicht seiner Rechtswidrigkeit entledigen. Da sich ihre Kinder entgegen den Bestimmungen des § 15 FrG, somit unerlaubt, im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten haben und Sie erst am 11.08.19995 ihre Wiederausreise veranlaßt haben, ist Ihnen schuldhaftes Handeln vorzuwerfen.

Zur Frage des Verschuldens wird festgestellt, daß es sich beim gegenständlichen Deliktstypus um ein sogenanntes Dauerdelikt, bei dem nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, sondern auch dessen Aufrechterhaltung pönalisiert ist, handelt (VwGH 08.04.1987, 87/01/0007, vgl. VwSlg 3156/A/1953). Bei der gegenständlichen Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamkeitsdelikt. Sie konnten im Verfahren nicht schlüssig darlegen, daß Sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Bei der Strafbemessung, die entsprechend dem Unrechtsgehalt der Tat, die eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit darstellt, im Sinne des § 19 VStG unter Berücksichtigung Ihres Einkommens (laut Bestätigung Ihres Dienstgebers S 14.130,-- monatlich) und Ihrer Sorgepflicht für die Gattin und 2 Kinder erfolgte, waren die bereits im Spruch angeführte vorherige Bestrafung sowie eine auf derselben schädlichen Neigung beruhende Strafvormerkung aus dem Jahr 1992 erschwerend, mildernd kein Umstand zu werten.

Der Kostenausspruch ist gesetzlich begründet." 2. In der dagegen fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird ausgeführt:

"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 23.11.1995, Zahl Sich96-157-1995, meinem Vertreter zugestellt am 24.11.1995, erhebe ich innerhalb offener Frist die BERUFUNG und führe aus wie folgt:

Das angefochtene Straferkenntnis verhängt eine Geldstrafe in Höhe von S 1,200,-- über mich mit der Begründung, ich hätte als gesetzlicher Vertreter und daher für den Aufenthalt meiner mj. Kinder O C und T C rechtlich Verantwortlicher bewußt und in Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Aufenthaltes meiner Kinder deren illegalen Aufenthalt bis zum 23.6.1995 veranlaßt.

Richtig ist in dem Zusammenhang, daß meine Ehegattin B C aufgrund eines im Reisepaß eingetragenen Touristensichtvermerkes, gültig vom 11.1.1995 bis 10.2.1995, nach Österreich eingereist ist und meine 3 und 5 Jahre alten Kinder hiebei mitführte.

Es handelt sich sohin um eine legale Einreise. Innerhalb der Gültigkeitsdauer des ausgestellten Visums wurde bei der BH Rohrbach ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz eingereicht.

Überdies wurde ein Antrag auf Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zum Zwecke der Familienzusammenf'ührung unter Beilage der erforderlichen Unterlagen bei der Österr.

Botschaft in Ankara, Türkei, eingereicht.

Die österr. Vertretungsbehörde hat mir mit Schreiben vom 20.3.1995 bestätigt, daß der Antrag der türkischen Staatsangehörigen B C in der 12. Kalenderwoche 1995 an die zuständige Behörde in Österreich übermittelt wurde.

Es handelt sich hiebei um die BH Rohrbach, welche bislang zu Handen meines rechtsfreundlichen Vertreters eine Mitteilung über den Stand des Ermittlungsverfahrens nicht zukommen hat lassen, obwohl seither bereits fast ein 3/4Jahr vergangen ist.

Der angefochtene Bescheid geht davon aus, daß die mir als Vater auferlegten Pflichten nicht schlechthin auf die Ehegattin mit der Wirkung abgeschoben werden können, daß dann die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nur mehr die inzwischen in die Türkei zurückgekehrte Gattin und Mutter der Kinder treffen, nicht aber auch mich. Diese Begründung ist unzutreffend.

Zur Frage der Schuld normiert § 5 Abs. 1 VStG, daß, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn - so wie hier - zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (den sogen.

Ungehorsamsdelikten) und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Ein Verschulden meinerseits ist jedoch zu verneinen. Ich konnte zu Recht davon ausgehen, daß es sich bei der beantragten Farnilienzusammenführung um eine behördliche Routinesache handelt, welche durchaus schon längst hätte erledigt werden können. Eingetretene Verzögerungen lagen nicht in meiner Sphäre und können mir daher nicht als schuldhaft vorgeworfen werden.

Ein allenfalls vorwerfbares Handeln trifft die Kindesmutter als jene Person, welche die mj. Kinder nach Österreich gebracht und wieder mit in die Türkei genommen hat. Mir persönlich ist ein Verschulden nicht vorwerfbar.

Überdies wäre gern. § 21 VStG das weitere Verfahren ohne die Verhängung einer Strafe zu beenden, wenn das Verschulden meiner Person geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

In diesem Zusammenhang zu sehen ist auch der Umstand, daß die Kindesmutter aufgrund der bereits aktenkundigen vorgelegten Kopie der Bescheinigung des Gemeindearztes Dr.

R, zum 11.11.1995 nunmehr ihr 3. Kind geboren hat und zum damaligen Zeitpunkt aufgrund medizinischer Indikation gar nicht reisefähig gewesen ist.

Im einzelnen verweise ich auf meine Stellungnahme vom 28.7.1995. Es wird daher gestellt der BERUFUNGSANTRAG an die Berufungsbehörde, den Bescheid der BH Rohrbach vom 23.11.1995 aufzuheben, die verhängte Geldstrafe sohin zu beseitigen und auszusprechen, daß ich eine Verwaltungsübertretung nicht begangen habe; in eventu wird die Anwendung des § 21 VStG beantragt.

L am 4. Dezember 1995 C B" 3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war im Hinblick auf § 51 Abs.1 VStG nicht erforderlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt, Zl.

Sich96-157-1995.

5. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

5.1. Unbestritten ist, daß sich zu dem im Rahmen des Spruches umschriebenen Zeitraum die Gattin und die zwei Kinder des Berufungswerbers rechtswidrig in Österreich aufgehalten haben. Die Gattin des Berufungswerbers wurde diesbezüglich (iSd Anzeige vom 10. April 1995 gegen die Frau B C offenbar schon am 7.3.1995, Zl. Sich96-44-1995) wegen der auch hier angezogenen Bestimmung des Fremdengesetzes bestraft. Diese Bestrafung erfolgte offenbar bereits aufgrund einer dieser Anzeige gegen die Ehegattin des Berufungswerbers vorausgegangenen Anzeige. Eine gesonderte Anzeige gegen den Berufungswerber liegt in der gegenständlichen Form (Schreiben der Fremdenpolizei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach an die Abteilung IV) nicht vor.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1. Es trifft wohl zu, daß es sich beim gegenständlichen Deliktstypus um ein sogenanntes Dauerdelikt handelt, bei dem nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, sondern auch dessen Aufrechterhaltung pönalisiert ist (VwGH 8.4.1987, 87/01/0007, vgl. auch VwSlg 3156/A/1953). Es ist daher ein derartiges Verhalten auf den Begehungszeitraum anzulasten.

6.2. Hier hat die Erstbehörde dem Berufungswerber zur Last gelegt, daß er es als gesetzlicher Vertreter seiner mj.

Kinder (lt. Akt 3 und 5 Jahre alt) "bewußt und in Kenntnis der Rechtswidrigkeit deren Aufenthaltes diesen in Kauf genommen, bzw. deren rechtswidrigen Aufenthalt veranlaßt habe". Der Anwendung der Bestimmung des § 7 VStG folgend wurde das Verhalten des Berufungswerbers als Anstiftung oder Beihilfe qualifiziert.

Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist (§ 7 VStG).

6.3. Eine den Vorsatz bedingende Beihilfe gründet grundsätzlich darin, einem Fremden im Wissen, daß dieser über keine Berechtigung zum Aufenthalt besitzt, etwa Unterkunft zu gewähren (vgl. VwGH 28.1.1991, Zl.

90/19/0208). Dabei setzt dies die Bestimmung zum deliktischen Verhalten eines anderen voraus, wobei schon bedingter Vorsatz genügt (VwGH 25.3.1992, Zl. 91/03/0009).

Der im Verwaltungsstrafgesetz nicht definierte Vorsatzbegriff ist nach allgemein herrschender Ansicht in dem in § 5 StGB (Strafgesetzbuch) umschriebenen Sinn zu verstehen (vgl. VwGH 13.11.1985, Zl. 85/01/0149, VwSlg 11940 A/1985).

6.3.1. In diesem Zusammenhang erweist sich daher der Hinweis der Erstbehörde, "daß es sich hier um den Deliktstypus eines sogenannten Ungehorsamsdeliktes handelt, bezüglich dessen es dem Berufungswerber nicht gelungen sei, schlüssig darzulegen, daß ihn bei der Begehung kein Verschulden treffe", als nicht zutreffend. Der angefochtene Bescheid erweist sich ferner auch deshalb als rechtswidrig, weil sein Spruch im Widerspruch zur Begründung steht. Ersterer scheint nämlich von einem Vorsatzdelikt, die Begründung jedoch bloß von fahrlässiger Begehung auszugehen. Weil hier daher die Frage einer Beihilfeleistung und somit zwingend auch die Frage eines Vorsatzes zum Tragen kommt, ist die Behörde beweisführungspflichtig. Im Hinblick auf das tatbildliche Verhalten der Kinder - welches wohl den gesetzlichen Vertretern zuzurechnen ist - wäre es jedoch der Behörde oblegen gewesen, insbesondere einen Beweis darüber zu führen, "worin die Veranlassung zur Begehung bestanden hat".

Hier hat dies offenkundig vielmehr die Ehegattin des Berufungswerbers "veranlaßt", indem sie mit den Kindern ihren Ehegatten (den Berufungswerber) in Österreich als Touristin besuchte und nicht wieder fristgerecht ausreiste.

Dafür wurde die Ehegattin des Berufungswerbers, von welcher die Tathandlung durch ihre Reise nach Österreich und der Mitnahme der Kinder aktiv ausgegangen zu sein scheint, auch bestraft. Weder aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch aus den weiteren im Akt erliegenden "Verfolgungshandlungen" läßt sich für die Tathandlung Konkretes entnehmen, nämlich worin die vorgeworfene "Veranlassung" des Berufungswerbers konkret bestanden haben sollte (gemeint könnte darin wohl (nur) sein, daß er seiner Familie Unterkunft gewährte und nicht fristgerecht nach Hause schickte).

6.4. Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt nämlich im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis 5 VStG festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des VwGH. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984, Slg. 11466 A, gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 leg.cit. erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

6.4.1. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit. Judikat). Der bloße Hinweis hier "der Veranlassung einer Verwaltungsübertretung und der ledigliche Bezug auf den Aufenthalt im Bundesgebiet" wird diesem Präzisierungserfordernis nicht gerecht. Demnach hätte der Spruch auch zu enthalten gehabt, wo sich die Kinder des Berufungswerbers konkret aufgehalten haben (wohl an dessen Adresse, vgl. hiezu insbesondere wieder die jüngste Judikatur, VwGH v. 6.11.1995, Zl.95/04/0005).

6.5. Zumal hier eine taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der Frist nach § 32 Abs.2 VStG nicht vorliegt und eine solche auch in diesem Verfahren nicht mehr nachgeholt werden kann, konnte nur mehr mit der Verfahrenseinstellung vorgegangen werden.

6.6. Angesichts dieser Sach- u. Rechtssituation können daher Ausführungen zur Frage der Schuld unterbleiben. Aus Gründen der Verwaltungsökonomie sei noch darauf hingewiesen, daß die diesbezügliche Beurteilung insbesondere in der Frage zu konzentrieren (gewesen) wäre, wie der Beschuldigte in seiner konkreten Sphäre den rechtmäßigen Zustand bewerkstelligen hätte sollen. Seine Frau und Kinder der Wohnung zu verweisen oder selbst ins Ausland zu verschaffen, wäre von ihm bei lebensnaher Beurteilung wohl nicht zu erwarten gewesen. Die vom Berufungswerber auf einen anderen von h. entschiedenen fremdenrechtlichen Fall vorgebrachten Hinweis wären voraussichtlich auf diesen Fall wohl aber auch nicht analog zu sehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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