Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-161279/5/Zo/Da

Linz, 14.05.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn C F, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, vom 3.4.2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 14.3.2006, Zl. VerkR96-313-2006, wegen einer Übertretung der KDV zu Recht erkannt:

 

I.                     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                   Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z3 VStG

zu II.:    §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau wirft dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vor, dass er am 4.7.2005 um 10.22 Uhr den Kraftwagenzug mit dem Kennzeichen in Seewalchen auf der A1 in Fahrtrichtung Wien gelenkt habe und dabei bei km 237,888 die für Kraftwagenzüge auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erheblich überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 56 Abs.1 Z2 lit.e KDV begangen, weshalb über ihn gem. § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 101 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines entsprechenden Verfahrenskostenbeitrages verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber zusammengefasst im Wesentlichen geltend, dass er sich auf Grund der Lenkeranfrage der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zwar als Lenker bezeichnet habe, diese Auskunft aber lediglich auf Grund eines unzulässigen Zwanges erlangt worden sei. Gemäß Artikel 90 Abs.2 B-VG dürfe niemand unter Strafsanktion verhalten werden, sich im Strafverfahren oder vor Einleitung eines solchen selbst einer strafbaren Handlung zu bezichtigen. Die Verpflichtung zur Lenkerbekanntgabe verstoße gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens nach Artikel 6 Abs.1 EMRK sowie gegen die Unschuldsvermutung nach Artikel 6 Abs.2 EMRK. Weiters würde damit auch in sein Recht auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 Abs.1 EMRK eingegriffen und er habe keine Möglichkeit auf eine wirksame Beschwerde nach Artikel 13 EMRK. Der Berufungswerber führte noch weitere Verstöße gegen Bestimmungen der EMRK näher aus.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Auf eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung haben sowohl der Vertreter des Berufungswerbers als auch die Erstinstanz verzichtet.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den Kraftwagenzug mit dem Anhänger Kennzeichen auf der A1 in Fahrtrichtung Wien. Dieser Kraftwagenzug wies entsprechend der im Akt befindlichen Anzeige ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t auf. Eine Radarmessung ergab bei km 237,888 eine Geschwindigkeit von 114 km/h.

 

In der Strafverfügung vom 18.11.2005 ist das Fahrzeug als Kraftwagenzug mit dem Kennzeichen bezeichnet. Es fehlt der Hinweis, dass es sich dabei um das Kennzeichen des Anhängers handelt, das Kennzeichen des Zugfahrzeuges ist im gesamten Verfahrensakt nicht enthalten. Weiters ist in der Strafverfügung der Umstand nicht ausgeführt, dass der gegenständliche Kraftwagenzug ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t aufgewiesen hat. Innerhalb der Verjährungsfrist wurden keine weiteren Verfolgungshandlungen gesetzt, insbesondere erfolgte die Akteneinsicht an den Vertreter des Berufungswerbers erst nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 58 Abs.1 Z2 lit.e KDV darf beim Verwenden von Kraftfahrzeugen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Hinblick auf das Ziehen von Anhängern und das Abschleppen von Kraftfahrzeugen bei anderen als in der lit.a, b oder f angeführten Kraftwagenzügen auf Autobahnen eine Geschwindigkeit von 80 km/h nicht überschritten werden.

 

§ 58 Abs.1 Z2 lit.a KDV regelt die Geschwindigkeit beim Ziehen von nicht zum Verkehr zugelassenen Anhängern, lit.b die für Wirtschaftsfuhren zulässigen Geschwindigkeiten sowie lit.f jene Geschwindigkeiten, die beim Ziehen eines schweren Anhängers eingehalten werden müssen, sofern die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte beider Fahrzeuge 3.500 kg nicht übersteigt.

 

5.2. Festzuhalten ist vorerst, dass der gegenständliche Kraftwagenzug im gesamten Verfahrensakt nicht eindeutig definiert wurde, weil das Kennzeichen des Zugfahrzeuges im Akt – und dementsprechend in einer Verfolgungshandlung – nicht aufscheint. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. VwGH vom 28.2.2001, Zl. 2000/03/0311) bildet das Kennzeichen eines Fahrzeuges kein notwendiges Tatbestandselement hinsichtlich einer Geschwindigkeits­überschreitung nach § 20 Abs.2 StVO 1960. Dies ist auch deswegen nachvollziehbar, weil die Geschwindigkeiten nach § 20 Abs.2 StVO für alle Fahrzeugarten in gleicher Weise gelten. Im gegenständlichen Fall ist aber zu berücksichtigen, dass für Kraftwagenzüge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht bis zu 3.500 kg auf Autobahnen eine Geschwindigkeit von 100 km/h zulässig ist, während für Kraftwagenzüge mit einem höheren höchsten zulässigen Gesamtgewicht lediglich eine Geschwindigkeit von 80 km/h erlaubt ist. Dementsprechend wäre es erforderlich gewesen, den vom Berufungswerber konkret gelenkten Kraftwagenzug entweder dadurch genau zu definieren, dass die Kennzeichen sowohl des Zugfahrzeuges als auch des Anhängers angeführt werden oder zumindest den Umstand, dass es sich um einen Kraftwagenzug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t handelte, in die Verfolgungshandlung aufzunehmen. Da eben im konkreten Fall je nach Art des Kraftwagenzuges eine unterschiedliche Geschwindigkeit erlaubt war, wäre es für eine vollständige Verfolgungshandlung erforderlich gewesen, den Kraftwagenzug so genau zu definieren, dass auf Grund dieser Angaben nachvollziehbar ist, warum für diesen Kraftwagenzug eben eine Geschwindigkeit von 80 km/h und nicht allenfalls eine solche von 100 km/h zulässig war.

 

In der gegenständlichen Anzeige des LGK für Oberösterreich ist zwar der Umstand vermerkt, dass es sich um einen Kraftwagenzug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t handelt, dieser Hinweis fehlt aber in der Strafverfügung. Die Anzeige wurde dem Vertreter des Berufungswerbers auch im Wege der Akteneinsicht zur Kenntnis gebracht, allerdings erfolgte diese Akteneinsicht bereits außerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist, sodass letztlich innerhalb der Verjährungsfrist keine vollständige Verfolgungshandlung gesetzt wurde. Dementsprechend war der Berufung stattzugeben und das Verfahren einzustellen. Die Frage, ob hinsichtlich der erteilten Lenkerauskunft ein Beweisverwertungsverbot besteht, braucht bei diesem Ergebnis nicht weiter behandelt zu werden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum