Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240588/7/BMa/Jo

Linz, 18.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des F P, vertreten durch RA-Partnerschaft Dr. W, Dr. K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 7. August 2006, SanRB96-22-2006, wegen Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

        I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

      II.      Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG),

BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24 und 51c Verwaltungsstraf-gesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr.          52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgrüde:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sehr geehrter Herr P!

 

Bei einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle am 10.04.2006 um 11:19 Uhr wurde in der Fleischerei des P-Marktes in R., F (weitere Betriebsstätte der B Aktiengesellschaft), gemischtes Faschiertes mit der Bezeichnung: Faschiertes gemischt Zutaten: Schweine- und Rindfleisch, geboren und gefüttert in Österreich, geschlachtet in Österreich, hergestellt in Österreich AT O-529, österreichische Qualität, gekühlt lagern bei +2° bis +4°, zu verbrauchen bis 10.04.2006, Nettogewicht 0,528 kg, als Probe gezogen und der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung in Linz, zur Begutachtung übermittelt. Laut Gutachten weist die Probe Geruchsfehler und einen sehr hohen Keimgehalt (aerobe mesophile Keimzahl und Pseudomonaden) auf, wodurch die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit der Probe nicht mehr gewährleistet ist.

Sie sind als verantwortlicher Beauftragter der B Aktiengesellschaft für die P Fleischabteilung in der Filiale, zuständig und haben daher zu verantworten, dass durch das Bereithalten dieses "Faschiertes gemischt" in der Filiale in R, F, zum Verkauf, dieses Lebensmittel verbotenerweise in Verkehr gebracht wurde, obwohl die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit durch Geruchsfehler und einen hohen Keimgehalt (aerobe mesophile Keimzahl) nicht mehr gegeben war, was zur Folge hat, dass dieses Lebensmittel nicht sicher gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist, das heißt, für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 5 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 5 Z.2 und § 90 Abs.1 Z.1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von          Falls diese uneinbringlich                  Gemäß

                                   ist, Ersatzfreiheitsstrafe     

                                   von

500,00 Euro              25 Stunden                                           § 90 Abs.1 LMSVG

 

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 71 LMSVG iVm § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

188,24 Euro als Ersatz der Barauslagen für Untersuchungskosten.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

50,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe;

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

            738,24 Euro."

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei unbestritten, dass das beprobte Lebensmittel im Betrieb des P-Marktes in., F, zum Verkauf bereit gehalten und damit in Verkehr gebracht worden sei. Aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der AGES, wonach die Probe Geruchsfehler und einen hohen Keimgehalt (aerobe mesophile Keime und Pseudomonaden) aufgewiesen habe, ergebe sich, dass die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet sei. Wenn die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet sei, seien Lebensmittel für den menschlichen Verzehr ungeeignet und nicht sicher. Es sei verboten, solche Lebensmittel in Verkehr zu bringen.

Bei der Probennahme am 10. April 2006 handle es sich um eine Nachkontrolle, nachdem aufgrund von Beschwerden vom 5. Oktober 2005 eine Probe von Faschiertem genommen worden sei, wobei die Untersuchung ergeben habe, dass das Fleisch verdorben gewesen sei.

Dem Bw sei es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, weil es bereits am 5. Oktober 2006 (gemeint offensichtlich 2005) eine Beanstandung wegen verdorbenem Faschierten gegeben habe, wäre es am Bw gelegen, durch besondere Sorgfalt eine einwandfreie Qualität des Fleisches zu gewährleisten. Er habe daher schuldhaft gehandelt. Als Grad des Verschuldens werde Fahrlässigkeit angenommen. Abschließend wurden noch Ausführungen zur Strafbemessung gemacht.

 

1.3. Gegen dieses seinen Rechtsvertretern am 8. August 2006 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 22. August 2006 und damit rechtzeitig zur Post gegebene Berufung vom selben Tag.

 

1.4. Mit der Berufung wurde das Straferkenntnis seinem gesamten Umfang nach angefochten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, unvollständiger Tatsachenfeststellung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

 

Nach Darstellung des Arbeitsablaufes in der Fleischabteilung wurde auch angeführt, der Bw habe entsprechende grobsinnliche Überprüfungen vorgenommen, wobei keine Abweichungen von ihm hätten festgestellt werden können. Er habe keinen Anlass gehabt, an der Verkehrsfähigkeit des Produktes zu zweifeln. Das gegenständliche Faschierte sei gegen 7 Uhr in der Früh hergestellt worden, dabei sei jedenfalls die im Befund erhobene Abweichung (unreiner Geruch) nicht aufgefallen.

 

Abschließend wurde der Antrag auf Stattgebung seiner Berufung und Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses, allenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens, und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu, auf Herabsetzung der Geldstrafe auf ein tat- und schuldangemessenes Ausmaß, gestellt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt zu SanRB96-22-2006 festgestellt, dass der entscheidungs-wesentliche Sachverhalt aufgrund der Berufung ergänzungsbedürftig ist und mit Schreiben vom 12. Dezember 2006 die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung in Linz, aufgefordert, das Gutachten im Hinblick auf das Berufungsvorbringen zu ergänzen.

 

Das daraufhin erstellte Untersuchungszeugnis vom 8. Februar 2007 langte am 13. Februar 2007 beim Oö. Verwaltungssenat ein.

Im Gutachten wurde ausgeführt, aufgrund der sehr hohen festgestellten Keimzahlen sei davon auszugehen, dass schon eine hohe Ausgangskeimbelastung von den Fleischabschnitten vorgelegen haben müsse. Die hohe bakterielle Kontamination könne durch zu lange oder unsachgemäße Lagerung bzw. Kühlkettenunterbrechung zustande gekommen sein, jedenfalls im Vorfeld der Herstellung des Faschierten.

Weiters wird ausgeführt: "Über den Umstand, ob diese (die hohe bakterielle Kontamination) im Zuge des üblichen Arbeitsablaufes der Herstellung und Verpackung festzustellen gewesen wäre, kann zwar keine sichere Aussage getroffen werden, in Anbetracht der hohen Keimzahl, die  sich nicht in der kurzen Zeit zwischen Herstellung und Untersuchung entwickelt  haben kann, ist es aber unwahrscheinlich, dass bei der Herstellung noch kein abweichender Geruch vorgelegen wäre. Bei der wenige Stunden nach der Herstellung des Faschierten erfolgten Probenziehung wurde eine Temperatur von 2°C festgestellt, sodass auch auszuschließen ist, dass eine fehlerhafte Lagerung des Faschierten zu einer raschen Keimvermehrung und Entwicklung eines unreinen Geruchs geführt haben könnte.

Bei der niedrigen Temperatur, bei der das Fleisch verarbeitet wird, sind Geruchsmängel naturgemäß nur schwach erkennbar (sie treten bei einem Anwärmen deutlicher hervor), sodass deren Erkennung eines speziellen Augenmerks bedarf. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Mangel beim Herstellungsvorgang jedenfalls hätte auffallen müssen. Es ist aber mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass eine bewusst durchgeführte Geruchsprüfung den Mangel hätte erkennen lassen."

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem rechtlich relevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist verantwortlicher Beauftragter der B AG für die P Fleischabteilung in der Filiale. Er ist damit auch Verantwortlicher im Sinne des LMSVG für das Inverkehrbringen des Faschierten.

Bei einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle am 10. April 2006 um 11.19 Uhr wurde in der Fleischerei des P-Marktes in, gemischtes Faschiertes mit der Bezeichnung: Faschiertes gemischt; Zutaten: Schweine- und Rindfleisch, geboren und gefüttert in Österreich, geschlachtet in Österreich, hergestellt in: Österreich AT O-529, österreichische Qualität, gekühlt lagern bei +2° bis +4°, zu verbrauchen bis 10.04.2006, Nettogewicht 0,528 kg, als Probe gezogen und der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung in Linz, zur Begutachtung übermittelt.

Laut Gutachten weist die Probe Geruchsfehler und einen sehr hohen Keimgehalt (aerobe mesophile Keimzahl und Pseudomonaden) auf, wodurch die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit der Probe nicht mehr gewährleistet ist. Der Bw hat es zu verantworten, dass durch das Bereithalten des "Faschierten gemischt" in der vorgenannten Filiale zum Verkauf dieses Lebensmittel verbotenerweise in Verkehr gebracht wurde, obwohl die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit durch Geruchsfehler und einen hohen Keimgehalt (aerobe mesophile Keimzahl) nicht mehr gegeben war, was zur Folge hat, dass dieses Lebensmittel nicht sicher im Sinne des Artikels 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist, das heißt, für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist. Die hohe bakterielle Kontamination ist jedenfalls im Vorfeld der Herstellung des Faschierten z.B. durch unsachgemäße Lagerung oder Kühlkettenunterbrechung zustande gekommen.

Es kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob ein abweichender Geruch bereits bei der Herstellung vorgelegen ist.

Es ist auszuschließen, dass eine fehlerhafte Lagerung des Faschierten nach der Herstellung zur Entwicklung eines unreinen Geruchs geführt haben könnte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass ein abweichender Geruch beim Herstellungsvorgang auffallen hätte müssen.

 

Die getroffenen Festestellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Akt und dem ergänzend eingeholten Gutachten des Institut für Lebensmitteluntersuchung in Linz.

Die Aussage im ergänzenden Gutachten, es sei unwahrscheinlich, dass bei der Herstellung noch kein abweichender Geruch vorgelegen wäre, vermag eine für ein Strafverfahren notwendige Sicherheit der Feststellung, es sei ein abweichender Geruch vorgelegen, nicht zu begründen.

Abschließend ist im Gutachten auch angeführt "Es ist aber mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass eine bewusst durchgeführte Geruchsprüfung den Mangel hätte erkennen lassen." Auch aus dieser Aussage ergibt sich der Sachverhalt nicht mit jener Sicherheit, der in einem Verwaltungsstrafverfahren erforderlich ist.

Im Zweifel ist zu Gunsten des Berufungswerbers davon auszugehen, dass der Mangel für ihn nicht erkennbar war.

 

3.2. Die Verwirklichung des Tatbildes der ihm vorgeworfenen Rechtsnorm hat der Berufungswerber nie bestritten und es ist aufgrund der Aktenlage auch davon auszugehen, dass er den objektiven Tatbestand des § 90 Abs.1 Z1 LMSVG iVm § 5 Abs.1 Z1 und § 5 Abs.5 Z2 LMSVG verwirklicht hat.

Wie die belangte Behörde richtig ausgeführt hat, genügt zur Annahme eines Verschuldens, dass der Bw nicht glaubhaft gemacht hat, ihn treffe an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden.

Die Verpflichtung des Beschuldigten im Sinne des § 5 Abs.1 VStG, initiativ alles darzulegen, was seiner Entlastung dient, beseitigt keineswegs die Verpflichtung der Behörde, den objektiven Tatbestand zu ermitteln. Vielmehr ist gemäß § 37 iVm § 39 Abs.2 AVG die Behörde verpflichtet, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von amtswegen vollständig zu ermitteln und festzustellen (Hauer Leukauf 6 § 5 VStG FN8).

Die ergänzenden Ermittlungen waren aufgrund des Berufungsvorbringens notwendig und haben ergeben, dass die Schuld des Berufungswerbers nicht mit jener Sicherheit festgestellt werden kann, die zur Verurteilung in einem Verwaltungsstrafverfahren notwendig ist.

Der Berufung war daher Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

 

Gemäß § 66 Abs.1 sind die Kosten des Verfahrens für den Fall, dass ein Strafverfahren eingestellt oder die verhängte Strafe in Folge Berufung aufgehoben wird, von der Behörde zu tragen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gerda Bergmayr-Mann

 

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