Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222131/2/Bm/Hu

Linz, 16.05.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn J L J,  G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19.3.2007, Zl. Ge96-1-2007-Gra, wegen Übertretung der GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.                  Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.:       § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm

              §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

zu II.:      § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19.3.2007, Ge96-1-2007-Gra, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 und 74 Abs.1 und 2 der Gewerbeordnung 1994, BGBl.Nr. 194/1994 idgF verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

Sie haben es, wie aus dem Bericht der Polizeiinspektion Sandl vom 21.11.2006, Gz. E1/11700/2006, hervorgeht, als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher, selbständig vertretungsbefugter, persönlich haftender Gesellschafter der J G GesmbH (Baumeistergewerbe im Standort  G) zu verantworten, dass die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9. März 2006, Ge20-35-2005, gewerberechtlich genehmigte Betriebsanlage (Errichtung einer Betriebsanlage für die Lagerung von Baustoffen und für die Produktion von Schalungen für den Gewölbebau sowie eines Schauraumes samt Büroflächen) im Standort  G, Grd.St. Nr.  und , KG G, ohne gewerberechtliche Genehmigung insofern geändert sowie nach erfolgter Änderung betrieben wurde, als Sie auf dem südlichen Freiplatz/Lagerplatz eine Ziegelschneide-Maschine aufgestellt haben und Ziegel schneiden (im Genehmigungsprojekt war ausdrücklich enthalten, dass im Ziegellager für ca. 1 Woche pro Jahr Ziegel mit der Schneidemaschine geschnitten werden können und auf dem Frei- bzw. Lagerplatz laut Projekt nur fallweise gebrauchte Ziegel mittels Hochdruckreiniger von Mörtelresten befreit werden dürfen), obwohl die vorgenommenen Änderungen der Betriebsanlage dazu geeignet sind, das Leben und die Gesundheit der im Betrieb beschäftigten ArbeitnehmerInnen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden bzw. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschüttung oder in anderer Weise zu belästigen und dadurch eine gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage erforderlich ist.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass es sich um keine betriebliche Tätigkeit, sondern um Baustellenarbeit gehandelt habe. Die geschnittenen Ziegel seien für den vorgenommenen Zubau beim Schaukeller verwendet worden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.      die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.      die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende örtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragrafenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2. anlangt, so muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen werden.

 

Um § 44a Z1 VStG zu entsprechen, bedarf es jedenfalls der Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat und falls es sich um einen Zeitraum handelt, dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art im Spruch des Straferkenntnisses (VwGH 6.11.1995, 95/04/0122). Dies gilt auch in Ansehung von fortgesetzten Delikten und Zustandsdelikten.

 

Dieses Erfordernis der Feststellung der Tatzeit erfüllt der Spruch des Straferkenntnisses insofern nicht, als darin lediglich das Datum des Berichtes der Polizeiinspektion Sandl festgehalten wird, ohne den tatsächlichen Zeitpunkt der Begehung der Tat festzuhalten. Die bloße Verweisung auf den Bericht der PI Sandl reicht als Anführung der Tatzeit nicht aus, zumal nach dem Akteninhalt dieser Bericht dem Berufungswerber im Verfahren auch nicht zur Kenntnis gebracht wurde. Wegen bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist konnte eine entsprechende Ergänzung auch nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

 

Darüber hinaus leidet das Straferkenntnis noch an folgenden Mängeln:

Wie sich aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 ergibt, enthält diese Gesetzesstelle zwei – alternative – Straftatbestände (arg.: ändert oder betreibt).

Es ist somit derjenige, der eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert, wegen der Änderung dieser Anlage ohne die erforderliche Genehmigung nach § 366 Abs.1 Z3 (erste Alternative) zu bestrafen. Wer während der Zeitspanne der Errichtung der Betriebsanlage oder innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist der Verwaltungsübertretung der genehmigungslosen Änderung der Betriebsanlage diese Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betreibt, ist sowohl wegen der Änderung als auch wegen des geänderten Betriebes ohne Genehmigung jeweils nach § 366 Abs.1 Z3 zu bestrafen.

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf das VwGH-Erkenntnis vom 4.9.2002, 2002/04/0077, zu verweisen, wonach der Tatbestand des „genehmigungslosen Errichtens“ (gleichzusehen mit genehmigungsloser Änderung) einer derartigen Betriebsanlage mit der Herbeiführung eines solcherart zu qualifizierenden Sachverhaltes abgeschlossen ist (Zustandsdelikt). Ist im Tatvorwurf kein Zeitraum angegeben, in welchem die Begehung der Verwaltungsübertretung des genehmigungslosen Errichtens einer Betriebsanlage stattgefunden hat, so fehlt es an einer Feststellung der Tatzeit, welche durch die Angabe des Kontrolltages nicht zu ersetzen ist. Vorliegend hat die belangte Behörde sowohl die Änderung (… insofern geändert …) als auch das Betreiben nach der Änderung (… nach erfolgter Änderung betrieben wurde …) vorgeworfen. Für diese beiden Straftatbestände wurde allerdings eine Gesamtstrafe verhängt, obwohl beide Tatbestände jeweils gesondert zu bestrafen sind.

 

Weiters ist noch darauf hinzuweisen, dass im angefochtenen Straferkenntnis dem Beschuldigten die Tat in der Eigenschaft als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher selbständig vertretungsbefugter, persönlich haftender Gesellschafter der J G GesmbH vorgeworfen wurde. Gemäß § 370 Abs.1 GewO 1994 sind jedoch Geldstrafen gegen den gewerberechtlichen Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht vorzuschreiben (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

 

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