Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420496/21/Gf/Ga

Linz, 04.05.2007

 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlass der Beschwerde des M B, vertreten durch RA Dr. T M, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungs­behörd­licher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Gmunden am 22. und 24. Jänner 2007, beschlossen:

 

I.      Die Beschwerde wird mangels eines tauglichen Anfechtungsgegen­standes als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.    Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirks­haupt­mann von Vöcklabruck) Kosten in Höhe von 574,10 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG, § 79a AVG.

 

 

Begründung:

 

 

1.1. Mit seiner auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gegründeten, ho. am 12. Februar 2007 eingelangten Beschwerde wendet sich der Rechtsmittelwerber gegen eine jeweils ohne entsprechende richterliche Ermächtigung am 22. Jänner 2007 vorgenommene Durchsuchung seiner Wohnungen bzw. am 24. Jänner 2007 erfolgte Beschlagnahme seines privaten PC durch Organwalter des Bezirkshauptmannes von Gmunden.

 

Begründend bringt er dazu vor, dass die einschreitenden Organe an beiden Tagen jeweils unangemeldet in seiner Arbeitsstätte – einem Büro in einem Baumarkt in Bad Goisern – erschienen sind. Am 22. Jänner 2007 sei er von diesen ohne Information über einen bestimmten Tatverdacht und unter gleichzeitiger Androhung der Festnahme und der Untersuchungshaft dazu aufgefordert worden, sich zu seiner (damaligen) Wohnung zu begeben und dort eine Durchsuchung vornehmen zu lassen. Da er sich vor den drohenden Konsequenzen gefürchtet habe, habe er dieser Aufforderung auch entsprochen. Die Durchsuchung sei schließlich ohne entsprechende richterliche Anordnung erfolgt, obwohl der Beschwerdeführer zuvor um einen entsprechenden Nachweis ersucht habe. In gleicher Weise sei auch ein Zimmer in der Wohnung seiner Mutter, in die zu übersiedeln er gerade im Begriff war, durchsucht worden, wobei in beiden Fällen keine verdächtigen Gegenstände gefunden worden seien.

 

Am 24. Jänner 2007 sei er wiederum unter der Androhung der Festnahme und Abgabe in die Untersuchungshaft dazu aufgefordert worden, den Sicherheitsorganen sein Zimmer in der Wohnung seiner Mutter zwecks Herausgabe seines privaten PC betreten zu lassen, obwohl sich seine Mutter schon zwei Tage zuvor ausdrücklich gegen eine derartige Maßnahme ausgesprochen habe. In der Folge sei die Beschlagnahme des PC ausgesprochen und dieser von den Beamten mitgenommen worden.

 

Durch die widerrechtliche Hausdurchsuchung und Beschlagnahme seines PC sei er in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unverletzlichkeit des Hausrechts und des Eigentums verletzt worden, weil die Voraussetzungen für ein Einschreiten der Sicherheitsorgane aus eigener Macht jeweils nicht vorgelegen seien.

 

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der bekämpften Maßnahmen beantragt.

 

1.2. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

 

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer den einschreitenden Sicherheitsorganen an beiden Vorfallstagen die Nachschau in seiner Wohnung und die Mitnahme seines privaten PC jeweils freiwillig gestattet habe und in keinem Fall zuvor eine Festnahme für den Weigerungsfall angedroht worden sei. Außerdem sei ihm jeweils zuvor klargemacht worden, dass gegen ihn wegen des Verdachtes einer Übertretung des Suchtmittelgesetzes ermittelt werde. Schließlich sei ihm sein PC noch am selben Tag wieder ausgehändigt worden.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Gmunden zu Zl. Sich01-23-2007 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 29. März und am 2. Mai 2007, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter Dr. T M (Mag. B S) sowie Mag. M S als Vertreter der belangten Behörde und die Zeugen BI J F, RI E H sowie S B (Mutter des Rechtsmittelwerbers), erschienen sind.

 

2.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

2.1.1. Am 22. Jänner 2007 erschienen zwei Sicherheitsorgane (die beiden ersten Zeugen) am Arbeitsplatz des Beschwerdeführers – einem Büro in einem Baumarkt in Bad Goisern – und hielten ihm vor, dass er von einem anonymen Anzeiger der illegalen Suchtgiftherstellung und des illegalen Suchtgiftkonsums bezichtigt wurde. Er wurde daher dazu aufgefordert, in seiner Wohnung eine entsprechende Nachschau zuzulassen. Auf seine Frage, ob sie einen entsprechenden Durchsuchungsbefehl hätten, wurde ihm seitens der beiden Beamten erklärt, dass es zur Durchsetzung der Nachschau grundsätzlich zwei Möglichkeiten gibt: Entweder stimmt der Rechtsmittelwerber dieser Maßnahme freiwillig zu oder die Beamten müssen sich zuvor einen richterlichen Durchsuchungsbefehl besorgen, wobei letztere Variante aber für alle Beteiligten insofern komplizierter und langwieriger wäre, als dann die Erteilung des Befehls auf dem Posten abgewartet werden müsse. Um unnötiges bzw. weiteres Aufsehen zu vermeiden – denn obwohl die Beamten in Zivil waren, sind sie in diesem kleinen Ort dennoch jedermann als Polizeiorgane bekannt –, stimmte der Rechtsmittelwerber einer Nachschau in seiner Wohnung zu und begab sich mit den beiden Beamten auf den Parkplatz vor dem Baumarkt (der auch von den Kunden benützt wird und von den Bürokollegen eingesehen werden kann).

 

In diesem Zusammenhang erscheint die Aussage des ersten Zeugen in der öffentlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat, wonach die Sicherheits­organe dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang in keiner Weise eine Festnahme oder gar eine Abgabe in die Untersuchungshaft angedroht hatten, glaub­würdiger als jene des Rechtsmittelwerbers, der von einer derartigen Drohung zunächst in seiner schriftlichen Beschwerde nichts erwähnt hat (vielmehr wird dort die Androhung der Festnahme erstmals im Zusammenhang mit der Forderung nach dem Aufsperren der Wohnungstür erwähnt), sondern Derartiges erstmals im Zuge der öffentlichen Verhandlung vorgebracht hat. Abgesehen davon, dass ein Exekutiv­organ nicht zur Anordnung einer Untersuchungshaft befugt ist und deshalb auch nicht ohne nähere Indizien davon ausgegangen werden kann, dass dieses einen derartigen Begriff leichtfertig verwendet, ist insoweit zudem darauf hinzuweisen, dass es einer allgemeinen Erfahrungstatsache entspricht, dass Aussagen über Sachver­halte umso mehr der objektiven Wahrheit entsprechen, je näher sie aus zeitlicher Sicht am tatsächlichen Geschehen liegen. Daher lässt sich sowohl aus der Aussage des ersten Zeugen als auch aus dem schriftlichen Beschwerdevorbringen der Schluss ziehen, dass die Beamten dem Rechtsmittelwerber an dessen Arbeitsplatz keine Festnahme für den Weigerungsfall angedroht haben.

 

Gleiches gilt aber auch für die anschließende Nachschau in der früheren Wohnung am Standort, der auch die Mutter des Rechtsmittelwerbers zugezogen worden war. Diesbezüglich wurde zwar im Beschwerdeschriftsatz vorgebracht, dass dem Rechtsmittelwerber angedroht worden sei, dass er "sofort festgenommen ..... und anschließend in Untersuchungshaft kommen würde". In der öffentlichen Verhandlung haben aber nicht einmal der Beschwerdeführer selbst noch die einvernommenen Zeugen Derartiges ausgesagt, geschweige denn dieses schriftliche Vorbringen bestätigt. Vielmehr erklärte der Rechtsmittelwerber den Umstand, dass er die Durchsuchung seiner Wohnung zuließ, ausschließlich daraus, dass er (subjektiv) im Weigerungsfall seine Festnahme fürchtete. Da bei dieser Nachschau keine Gegenstände zur Herstellung von XTC vorgefunden wurden, wurden in der Folge auch in dem in der Wohnung der Mutter gelegenen Zimmer des Beschwerdeführers (Standort) entsprechende Nach­forschungen angestellt. Dass dieser die Mutter nur unter Hinweis darauf, damit die Sache endlich abgeschlossen sei, beim nächsten Mal aber ein Durchsuchungsbefehl vorliegen müsse, zugestimmt hat, erscheint glaubwürdig. Den Rechtsmittelwerber belastende Gegenstände konnten dabei nicht vorgefunden werden.

 

2.1.2. Am 24. Jänner 2007 erschienen die beiden Sicherheitsorgane – nachdem sich der erste Zeuge zwischenzeitlich hinsichtlich etwaiger Möglichkeiten der Wiederherstellung gelöschter Daten erkundigt hatte – wiederum am Arbeitsplatz des Beschwerdeführers und ersuchten ihn, seinen privaten PC für Kontrollzwecke herauszugeben. In diesem Zusammenhang wurde in der schriftlichen Beschwerde nicht vorgebracht, dass dem Rechtsmittelwerber angedroht worden sei, dass sich der erste Zeuge im Weigerungsfall bei seinem Arbeitgeber dafür verwenden werde, dass er seine Arbeitsstelle verlieren wird; Derartiges hat der Beschwerdeführer vielmehr erstmals im Zuge der öffentlichen Verhandlung eingewendet, sodass dieses Vorbringen aus den bereits unter 2.1.1. angeführten Gründen, aber auch deshalb, weil die Aussage des ersten Zeugen dahin, dass der Rechtsmittelwerber nur wissen wollte, wie lange die Inspektion seines PC dauert, nicht lebensfremd ist, bei Würdigung aller Umstände insgesamt als unglaubwürdig erscheint. Nahe liegender ist vielmehr, dass der Beschwerdeführer – wie er dies auch in der öffentlichen Verhandlung ausgesagt hat – "nur deshalb mitgegangen (ist), um an ..... (der) Arbeitsstelle kein Aufsehen zu erregen."

 

In der Folge betraten der Rechtsmittelwerber und die beiden Beamten ohne richterlichen Befehl die Wohnung der Mutter des Beschwerdeführers, die zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend war. Der Rechtsmittelwerber entfernte die Verkabelung und übergab den Sicherheitsorganen seinen PC. Dieser wurde ihm nach entsprechender Antragstellung durch seinen Rechtsvertreter am selben Tag wieder zurückgestellt.

 

2.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen – hinsichtlich der ergänzend auf die Protokolle der öffentlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat vom 29. März 2007, Zl. VwSen-420496/16/Gf/Mu, und vom 2. Mai 2007, Zl. VwSen-420496/20/Gf/Mu, verwiesen wird und die insoweit einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bilden – gründen sich auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen. Soweit diese hinsichtlich einzelner Teilaspekte zueinander im Widerspruch stehen, wird auf die obigen Erwägungen zur Beweiswürdigung (2.1.)verwiesen.

 

 

3. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kann Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG nur ein solches Verhalten eines Behördenorgans sein, durch das gegenüber einem Menschen unmittelbar physische Gewalt ausgeübt oder diesem ein mit einer derartigen Sanktion bewehrter Befehl erteilt wird.

 

3.1.1. In diesem Zusammenhang ist im gegenständlichen Fall ausschließlich strittig, ob der Beschwerdeführer den einschreitenden Organen die Vornahme von Nachschauen in seiner Wohnung und die Untersuchung seines PC gestattet hat, m.a.W.: ob er diese Maßnahmen freiwillig geduldet hat oder nicht. Nur in letzterem Fall kann nämlich in weiterer Folge davon ausgegangen werden, dass überhaupt eine Ausübung von behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und damit ein tauglicher Beschwerdegegenstand vorliegt.

 

3.1.2. Diesbezüglich hat das Beweisverfahren ergeben (s.o., 2.1.), dass der Rechtsmittelwerber jeweils eingewilligt hat, dass die einschreitenden Sicherheits­organe in seiner Wohnung bzw. in seinem Zimmer in der Wohnung seiner Mutter eine Nachschau nach verdächtigen Gegenständen im Zusammenhang mit einer Verletzung des Suchtmittelgesetzes halten und ihnen auch seinen PC freiwillig herausgegeben. Aus welcher Motivation heraus er eine derartige Zustimmung erteilte, ist letztlich belanglos, solange diese Einwilligung nicht nur deshalb erfolgt, um einen unmittelbar drohenden physischen Eingriffsakt hintan zuhalten. Dafür bietet jedoch der gegenständliche Fall, indem der Beschwerdeführer lediglich einer "sozialen Zwangslage" zu entkommen suchte, keine Anhaltspunkte.

 

Ob hingegen auch das Betreten der Wohnung der Mutter des Beschwerdeführers –  insbesondere am 24. Jänner 2007 – rechtmäßig war, brauchte hingegen nicht untersucht zu werden, weil diese keine dementsprechende Beschwerde erhoben hat.

 

3.2. Da sich somit auf Grund des festgestellten Sachverhaltes ergeben hat, dass hier eine Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- oder Zwangsge­walt i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 1 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG nicht vorlag, war der als Maßnahmenbeschwerde intendierter Rechtsbehelf mangels eines tauglichen Prozessgegenstandes gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unzulässig  zurückzuweisen.

 

Der Umstand, dass die Erklärung der einschreitenden Sicherheitsorgane dahin, dass die Einholung eines richterlichen Durchsuchungsbefehles deshalb "für alle nur komplizierter ist", weil der Rechtsmittelwerber dann "auf den Posten mitgenommen und dort die erforderliche Niederschrift eben vorher aufgenommen" werden muss, um die Zeit bis zur Entscheidung des Richters, die" zwischen zehn Minuten oder einen ganzen Tag lang dauern" kann, zu überbrücken, insofern unzutreffend war, als ein richterlicher Befehl grundsätzlich auch im Vorhinein oder telefonisch eingeholt werden kann, stellt vielmehr lediglich einen Akt schlicht-hoheitlichen Handelns dar, dessen Rechtswidrigkeit entweder mit einer Beschwerde gemäß § 88 Abs. 2 SPG oder im Wege einer – im Übrigen weder form- noch fristgebundenen – Dienstaufsichtsbeschwerde geltend gemacht werden könnte.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführer dazu zu verpflichten, dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Gmunden) als obsiegender Partei nach § 79a Abs. 1, 3 und 4 Z. 3 AVG iVm § 1 Z. 3 und 4 der Aufwandersatz­verordnung-UVS, BGBl. Nr. II 334/2003, antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 574,10 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro; Verhandlungsaufwand: 275,30 Euro) zu ersetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1.    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde  an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.    Für diese Eingabe sind Gebühren in Höhe von 45,40 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 

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