Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521604/2/Fra/Bb/RSt

Linz, 21.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau J U, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J K, F, W, vom 23.3.2007, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 9.3.2007, Zl. VerkR21-284-2006 Ga, VerkR21-285-2006 Ga, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z3, 7 Abs.4, § 29 Abs.3 und § 32 Abs.1 Z1 FSG; § 64 Abs.2 AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid der Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 7, 24, 25, 29 und 32 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab 11.5.2006 (Zustellung des Bescheides) entzogen und für den gleichen Zeitraum das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen verboten. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitige durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachte Berufung vom 23.3.2007, in welcher die Bw die Feststellung der belangten Behörde, es hätte ihr auffallen müssen, dass ein Lenker aus der Gegenrichtung vor dem Schutzweg angehalten hat, um einem Fußgänger das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, rügt. Diese Ausführungen seien durch das abgeführte Beweisverfahren nicht gedeckt.

Die weiteren Berufungsvorbringen der Bw stützen sich im Wesentlichen darauf, dass im Verfahren vor dem BG Bad Leonfelden eine Vielzahl von Zeugen einvernommen worden sei, welche alle angegeben haben, dass T W nicht am Zebrastreifen über die Straße gelaufen sei, sondern einige Meter nach diesem. Es habe lediglich einen Zeugen namens L gegeben, der das Gegenteil behauptet habe. Diese Aussage des Zeugen sei keineswegs so eindeutig zu interpretieren, dass sie ausreichen würde, die übereinstimmenden Aussagen aller anderen Zeugen außer Kraft zu setzen.

Die Bw hat ferner vorgebracht, dass wenn man die Zeugenaussagen zusammenfasse, sämtliche Beweisergebnisse dafür sprechen würden, dass sich T W ohne anzuhalten mit Laufgeschwindigkeit in die Fahrbahn hineinbewegt hat. Es gäbe kein Beweisergebnis, dass sie hätte wahrnehmen können oder müssen, dass ein Fahrzeug in der Gegenrichtung angehalten hätte, um einem Schüler das Überqueren zu ermöglichen. Auch der Sachverständige DI K gehe davon aus, dass der Knabe hinter dem Fahrzeug hervorgelaufen sei und sie daher den Fußgänger erst eine Sekunde vor dem eigentlichen Ereignis erkennen habe können. Nur dann, wenn eine verkürzte Reaktionszeit von 0,5 sec. angesetzt würde, hätte eine frühere Reaktion von ihr einsetzen können, was allerdings den Verkehrsunfall nicht verhindert hätte, denn dann wäre nach den Berechungen des Sachverständigen der Schüler noch mit 11 km/h erfasst worden. Legt man die Kollisionsstelle allerdings unmittelbar nach dem Schutzweg, dann wäre überhaupt keine Reaktionsverspätung, auch bei einer verkürzten Reaktionszeit nachweislich.

Letztendlich würden alle Berechnungen des Sachverständigen davon abhängen, wo die Überquerungslinie des Knaben angenommen werde. Gehe man von ihrer Darstellung und der aller Zeugen, mit Ausnahme des Zeugen L aus, läge diese einige Meter nach dem Schutzweg und hätte hier nach den Berechungen keine Verhinderungsmöglichkeit für sie bestanden. Doch selbst dann, wenn man davon ausgehe, das Kind wäre über den Schutzweg gelaufen, könne lediglich davon ausgegangen werden, dass sie das Kind erst eine Sekunde vor dem Ereignis hätte erkennen können. Die von ihr eingehaltene Geschwindigkeit von 30 km/h wäre in diesem Fall um 5 km/h überhöht gewesen. Eine derartige Geschwindigkeitsüberschreitung sei allerdings so ein geringer Fahrfehler, der niemals Grundlage für den Entzug des Führerscheines herangezogen werden könne. Eine Überschreitung von 5 km/h als auffällige Sorglosigkeit oder besondere Rücksichtslosigkeit zu qualifizieren sei vollkommen überzogen und auch vom festgestellten Sachverhalt ausgehend unberechtigt. Es sei keine Feststellung getroffen worden, wann es ihr möglich gewesen wäre, das Kind erstmals zu erkennen. Unabhängig davon sei selbst im Strafverfahren davon ausgegangen worden, dass die Erkennbarkeit des Kindes erst unmittelbar vor der Kollision eintrat. Die Bw vermeint, dass weder aufgrund ihres bisherigen Verhaltens als Verkehrsteilnehmerin und Führerscheininhaberin noch aufgrund des gegenständlichen Verkehrsunfalls Gründe vorliegen würden, die einen Führerscheinentzug rechtfertigen würden, weil sie verkehrsunzuverlässig sei. Vollständigkeitshalber wies die Bw darauf hin, dass die vom BG Bad Leonfelden vorgenommene Erledigung des Strafverfahrens gemäß § 90a StPO nur dann zulässig sei, wenn die Schuld als nicht schwer anzusehen sei. Die Bw beantragte daher den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden hat.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Erstinstanz.

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und war auch nicht erforderlich, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt (§ 67d Abs.1 AVG).

 

5. Für die Berufungsinstanz steht nachfolgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

 

Die Bw lenkte am 10.3.2006 um ca. 13.40 Uhr den Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen WL-x im Ortsgebiet von Zwettl an der Rodl, auf der B 126 von Bad Leonfelden kommend in Richtung Linz. Dabei kam es zu einem Verkehrsunfall mit Personenschaden, bei welchem der 9-jährige T W, der zu diesem Zeitpunkt die B 126 – aus Sicht der Bw von links nach rechts – überqueren wollte, angefahren und am Körper verletzt wurde. Die Kollisionsstelle, wo sich der Unfall ereignet hat bzw. wo der Minderjährige die Fahrbahn überquert hat, ist nach Sachverständigenfeststellung aufgrund fehlender Spuren nicht zu objektivieren. Der Kfz-Sachverständige DI A K hat dazu im gerichtlichen Strafverfahren ein Gutachten erstattet.

DI K hat im Gutachten ferner festgehalten, dass die Annäherungsgeschwindigkeit des Kraftfahrzeuges der Bw von der Bw mit etwa 30 km/h angegeben werde. Diese Geschwindigkeit selbst sei aufgrund mangelnder Spuren nicht zu widerlegen. Es bedeute dies jedoch, dass mit 0,8 sec Reaktionszeit, 0,2 sec Bremsschwellzeit und einer mittleren Verzögerung von 6 m/sec² auf der nassen Asphaltfahrbahn der Anhalteweg aus 30 km/h 13,3 m benötige. Das bedeute, dass unter dieser Maßgabe dann die Beschuldigte 1,8 m vor dem Beginn des Schutzweges reagiert habe.

Gehe man davon aus, dass der Fußgänger etwa in der Mitte des Schutzweges erfasst wurde, so habe dann die Beschuldigte etwa 0,4 sec vor dem eigentlichen Ereignis auf die drohende Gefahr reagiert. Zu diesem Zeitpunkt sei der Schüler dann, wenn er mit einer Laufgeschwindigkeit von 2,25 m/sec gelaufen ist, nur mehr 0,9 m von der linken Fahrzeugflanke des Renault Clio entfernt und habe sich daher etwa in der Mitte der Fahrbahn der Straße mit Vorrang Nr. 126 befunden.

Gehe man davon aus, zugunsten der Beschuldigten, dass der Fußgänger hinter einem Fahrzeug hervorgelaufen ist, so hätte die Beschuldigte allerdings den Fußgänger zumindest 1 sec vor dem eigentlichen Ereignis als solches erkennen können. Unter der Maßgabe, dass für die Beschuldigte eine Blickzuwendung zugerechnet wird, so sei ihr dann keine verspätete Einleitung der Abwehrhandlung nachzuweisen.

Werde allerdings eine erhöhte Aufmerksamkeit der Lenkerin aufgrund des dort befindlichen Schutzweges gefordert, so sei ihr weder die Blickzuwendungszeit zuzubilligen, und ebenfalls eine doch erheblich kürzere Reaktionszeit. Sie hätte dann mit nur 0,5 sec Reaktionszeit, 0,2 sec an Schwellzeit und 6 m/sec2 an mittlerer Verzögerung den Schüler dann mit rund 11 km/h noch erfasst, wobei sie dann 0,5 sec später eingetroffen wäre, wobei der Schüler mit der von ihm eingehaltenen Laufgeschwindigkeit etwa dann im Bereich der Fahrzeugfront rechts der Mitte vom Renault erfasst worden wäre.

Um allerdings kollisionsfrei vor einem allfällig von links ankommenden Fußgänger gerade noch anhalten zu können, hätte eine Fahrgeschwindigkeit von 25 km/h den gegenständlichen Zusammenstoß dann allerdings verhindert.

Legt man die Kollisionsstelle des Unfallpunktes unmittelbar nach dem Schutzweg - dies in Fahrtrichtung der Beschuldigten gesehen - so reduziere sich dann naturgemäß die Reaktionsverspätung und wäre der Schüler dann unter dieser Prämisse mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/h noch erfasst worden.

Letztendlich könne aus technischer Sicht nicht angegeben werden, ob der Schüler jetzt am Schutzweg erfasst wurde oder unmittelbar nach dem Schutzweg. Behält man sich die Örtlichkeit zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens vor Auge, so sei eine Variante denkbar, die ihn sowohl mittig am Schutzweg drüber gehen lässt als auch etwa eine Wegstrecke von rund 3 m nach dem Schutzweg, weil dort eine Möglichkeit gewesen sei, ebenfalls ohne über allfällige Schnee­haufen gehen zu müssen, den gegenüberliegenden Teil der Fahrbahn zu erreichen bzw. dann eben Richtung Nebenfahrbahn weiterzugehen.

Die Angaben der Zeugen, dass der Schüler im Bereich von etwa 8 m oder weiter nach dem Fixpunkt die Fahrbahn hätte überqueren wollen sei aus dem Blickwinkel des Technikers sehr unwahrscheinlich.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass für die Beschul­digte keine Reaktionsverspätung zu erkennen ist, wenn davon ausgegangen werde, dass der Schüler die Fahrbahn nach dem Schutzweg überquert hat, wobei dann auch keine erhöhte Aufmerksamkeit als solches mehr aus techni­scher Sicht gefordert werden könne.

Fordere man allerdings, dass im Schutzweg bzw. im Schutzwegbe­reich eine erhöhte Aufmerksamkeit gilt, so sei der Beschuldigten eine Reaktionsverspätung nachzuweisen bzw. sei ihr dann auch nachzuweisen, dass aufgrund der schlechten Sicht nach links sie eine zu hohe Annäherungsgeschwindigkeit gewählt habe. Wie im Gutachten bereits dargetan wurde, hätte eine Geschwindigkeit von 25 km/h ausgereicht, um gerade noch kollisionsfrei vor dem von links hereinlaufenden Schüler das Fahrzeug anhalten zu können.

 

Mit Beschluss vom 14.2.2007 des BG Bad Leonfelden, GZ: U 17/06 f – 22, wurde das Strafverfahren gegen die Bw wegen § 88 Abs.4 StGB gemäß §§ 90b iVm 90a und 90c Abs.5 StPO eingestellt. Begründend wurde darin festgehalten, dass die Bw im Rahmen der Hauptverhandlung vom 2.2.2007 den angebotenen Bußgeldbetrag von € 600,-- fristgerecht und vollständig bezahlt habe, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

 

6. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus folgendes:

 
Eine Lenkberechtigung darf gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7). 

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kfz die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kfz durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kfz maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde, oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kfz ausdrücklich zu verbieten.

 

Zunächst ist festzuhalten, dass die Bw nicht wegen des Vergehens nach § 88 Abs.4 StGB verurteilt wurde, sondern das Strafverfahren wurde gemäß §§ 90b iVm 90a und 90c Abs.5 StPO endgültig eingestellt.

 

Die Einstellung des Strafverfahrens nach Rücktritt von der Verfolgung durch den Staatsanwalt bzw. durch das Gericht im Rahmen einer Diversion gemäß §§ 90a ff StPO entfaltet – anders als eine rechtskräftige Verurteilung – keine Bindung (VwGH 23.5.2006, 2004/11/0201).

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat deshalb im Hinblick auf den Vorfall vom 10.3.2006 eigene Feststellungen aufgrund eigener Beweiswürdigung getroffen. Sie ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der minderjährige T W die B 126 auf dem Schutzweg überqueren wollte bzw. den Schutzweg ordnungsgemäß passiert habe, als er von der Bw angefahren wurde. Der Bw hätte es im Rahmen ihrer erhöhten Aufmerksamkeitsverpflichtung auffallen müssen, dass ein Lenker aus der Gegenrichtung vor dem Schutzweg angehalten habe, um einem Fußgänger das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Gefahren sei die Bw mit einer Geschwindigkeit die nicht so gewählt gewesen sei, dass sie vor dem Schutzweg hätte anhalten können.

Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, dass die Bw bei der dazu gehörigen Aufmerksamkeit und der Wahl der angemessenen Geschwindigkeit den Fußgänger hätte wahrnehmen müssen und vor dem Schutzweg hätte anhalten können.

Da die Bw weder eine angepasste Geschwindigkeit gefahren, noch das Verkehrsgeschehen mit der nötigen Aufmerksamkeit wahrgenommen habe, habe sie unter auffälliger Sorglosigkeit und unter besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern gehandelt. Die Erstinstanz ging in der Folge vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG aus.

 

Nach den Feststellungen des Kfz-Sachverständigen DI K im gerichtlichen Strafverfahren ist die Kollisionsstelle nicht zu objektivieren. Wenn man jedoch – wie die belangte Behörde dies getan hat, davon ausgeht, dass der Schüler die Fahrbahn auf dem Schutzweg überquert hat – kann der Bw nach den Ausführungen des Gutachters als Ursache für den Unfall bei erhöhter Aufmerksamkeit im Schutzwegbereich eine verfehlte bzw. verspätete Reaktion angelastet werden bzw. ist ihr dann auch nachzuweisen, dass sie aufgrund der schlechten Sicht nach links eine zu hohe Annäherungsgeschwindigkeit gewählt hat.   

 

Dass das Verhalten der Bw geeignet gewesen ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen bzw. mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern erfolgt ist, kann weder aus dem erstatteten Gutachten noch aus den Zeugenaussagen abgeleitet werden.

Dass der Bw eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung auf dem Schutzweg zur Last fällt, ist den Sachverhaltsfeststellungen ebenso nicht zu entnehmen. Die Bw hat dazu selbst angegeben, eine Geschwindigkeit von ca. 30 km/h eingehalten zu haben, was vom Sachverständigen auch nicht widerlegt werden konnte. Eine Geschwindigkeit von 25 km/h hätte – so der Sachverständige - ausgereicht, um gerade noch kollisionsfrei vor dem von links herein laufenden Schüler das Fahrzeug anhalten zu können. Von einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG kann damit keine Rede sein.

 

Reaktions- und Aufmerksamkeitsfehler allein - auch wenn aus ihnen ein Verkehrsunfall mit Personenschaden resultiert – gehören nicht zu den eine Charaktereigenschaft im Sinne des § 7 Abs.1 FSG indizierenden Verhaltensweisen. Solche Fehler sind den in § 7 Abs.3 Z3 FSG genannten bestimmten Tatsachen auch nicht an Bedeutung und Schwere im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit gleichzuhalten (VwGH 8.8.2002, 2002/11/0089).

 

Es liegt demnach gegenständlich keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG vor, die Grundlage für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit der Bw nach dieser Gesetzesstelle hätte bieten können. Weitere Ausführungen erübrigen sich damit. Der Berufung der Bw war somit Erfolg beschieden werden und der angefochtene Bescheid demnach zu beheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.      Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Dr.  F r a g n e r

 

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