Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150484/34/Lg/Hue

Linz, 30.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach den am 27. März 2007, 17. April 2007 und 22. Mai 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen über die Berufung der E P, CZ-14 P, N, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 16. August 2006, Zl. BauR96-865-2004/STU/Je, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.  

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil sie als Lenker des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen HO zu vertreten habe, dass sie am 25. Juli 2004, 18.27 Uhr, die maut­pflichtige A bei km 17 im Gemeindegebiet A, Raststation A, in Fahrtrichtung S benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug entrichtet zu haben.

 

2. In der Berufung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass eine Vignette gekauft, angebracht und der PKW von der Bw abgestellt worden sei. Eine Rechnungskopie für den Vignettenkauf sei bereits übermittelt worden. Weiters könnten 5 Zeugen dies bestätigen. "Wenn alle Vignetten nicht ganz entfernt war, kann ich jetzt nicht sagen, weil seit Weihnachten 2004 mein PKW HO nicht mehr habe". Es könne kein Mensch so dämlich sein eine Vignette zu kaufen und nicht anzubringen.

Abschließend wird von der Bw ihre Einkommenssituation geschildert.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A/Ö vom 24. September 2004  zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz lediglich eine abgelaufene Mautvignette aufgeklebt gewesen. Gemäß § 19 Abs. 3 BStMG sei die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 5. November 2004 brachte die Bw vor, dass sie am Tattag am Grenzübergang "D" an der Tankstelle "A" um 12.15 Uhr eine Vignette gekauft und an Ort und Stelle vom Tankwart anbringen lassen (Rechnungsnummer 00046). Die Vignette befinde sich heute noch an dieser Stelle und sei selbst für A-Bedienstete ersichtlich angebracht. "Das Fahrzeug wurde von mir und zwei Wiener Kollegen zur Weiterfahrt in einem Wiener PKW umgeladen und bei meiner Rückreise ebenfalls wieder beladen, wobei mir Herr S W E R und Herr Ing. E K F behilflich waren!" Eine "übliche Verordnung" (gemeint wohl: ein Ersatzmautangebot) sei am Kfz nicht ersichtlich gewesen, da die Bw andernfalls sofort bei der Dienststelle vorgesprochen hätte. Die Bw vermöge ihren Pflichten ohne der "Rüge" nachzukommen, weshalb sie sich nicht unterstellen lasse, eine Vignette zwar gekauft aber nicht angebracht zu haben. Es sei eine "Gegenrechnung" angebracht. Eine Entschuldigung sei das Mindeste. Das ABGB erteile auch speziell den österreichischen öffentlichen Bediensteten keine Freiheiten, welche als Willkürakt zu verstehen seien.

Als Beilage ist die Kopie eines Rechnungsbeleges (in tschechischer Sprache) vom Tattag über 253 Tschechische Kronen angeschlossen.

 

Einer zusätzlichen A-Stellungnahme vom 6. Februar 2006 ist im Wesentlichen eine Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen und der Angaben in der Anzeige zu entnehmen.

 

Dazu äußerte sich die Bw folgendermaßen: "In dieser meiner letztmaligen Stellungnahme, zu Ihrem Versuch sich unrechtmäßig zu bereichern, zeige ich unter Ihren, in einem einzigen Schreiben, gemachten Fehlern auf, nämlich "Tatsachen" die einen viel schwereren Tatbestand in sich haben, als jener den Sie mir ungerechtfertigt zum Vorwurf machen.

Ich zeige auf,:

1. In Ihrem Schreiben vom 16. Februar 2006 verweisen Sie im "Kleingedruckt" (gesetzeswidrig) man möge die, aus Ihrem Schreiben leicht ersichtliche, Aktenzahl aufführen.

2. Würden Sie mir freundlicher Weise diese Stelle genauest aufzeigen, welche in Ihrem Schreiben an mich, das Aktenzeichen leicht ersichtlich macht? Danke! Diese finden Sie selbst nicht!!!

3. Verweisen Sie mich Bitte diesbezüglich aber nicht auf das Schreiben der A – W, wo in eine Stampilie irgendwelche Hyrakliven eingeschrieben sind, denn – dieses Schreiben ist ausschließlich an Sie gerichtet und beinhaltet weder mein Autokennzeichen noch weniger meinen Namen und - !!! aber auch keine mich betreffende Aktenzahl.

Diese Gesetzesbelehrung die Ihnen bedauerlicher Weise die A-W darzustellen versucht, ist Ihnen "so will ich Hoffen" wohlweislich, bevor Sie das Erste Schreiben an mich verfasst hatten, bekannt gewesen! Also aus welchen gründen führen Sie fasst eineinhalb Jahre eine Beweisaufnahme?

Zu Ihrem abermaligen Vorhalt möchte ich Ihnen  n o c h m a l s  beweisen, dass: ich die österr. Autobahn-Vigniette sehr wohl gekauft und auch ordnungsgemäß angebracht habe, oder wollen Sie mir unterstellen, dass ich geistig gerade noch dazu fähig bin eine Vignette zu kaufen, aber nicht anzubringen oder anbringen zu lassen? Für was kauft man eigentlich eine solche, wo doch in Ihrem Staat Kfz-Steuer (gerade nicht in geringem Maße) eingehoben wird? Hier nochmals meine Beweisführung, Auszug aus meinem Schreiben vom 16.11-04, an Ihr Amt:

Wie Sie aus der Beilage ersehen können, habe ich am selben Tage am Grenzübergang "D" an der Tankstelle A, mit dem mir vorliegenden Abbuchungsauszug und der Rechnungsnummer 00046, um 12.15 Uhr eine österr. PKW Autobahnvigniette bis 3.5 Tonnen gekauft! Ende des Auszuges! Diese Rechnung wurde in Kopie meinem letzten Schreiben an Sie beigefügt!

Hoffe das Sie mich mit Ihren derartigen Unterstellungen nicht mehr belästigen, anderenfalls ich beim Bezirksgericht H gegen Ihre in Europa einzigartigen Betreibermethoden Strafanzeige, nicht nur wegen versuchter Erpressung, und Nötigung, erstatten werde, sondern im gleichen Zuge mir die Zeitkosten meines diesbezüglichen Aufwandes, aus Ihrer Landeskasse, ersetzen lasse! Zum weiteren werde ich in diesem angekündigten Falle, die Ihnen von mir genannten Zeugen aus Österreich und auch den Tankwart aus D auf Ihre Kosten laden lassen.

Bitte um Beachtung:

Schlussendlich hat auch Ihr Gesetzgeber, für Fälle schriftlicher Verfügungen, Darstellungen und Stellungnahmen, Fristen gesetzt. Dieses Gesetz ist Ihrer Amtstelle mit Sicherheit bekannt, trotz all diesem widersetzen Sie sich um ihres eigenen Vorteils willen, oder wessetwegen?

Deutsche Richter werden Sie dahingehend belehren! Denn, diesen Antrag auf Belehrung stelle ich,-(dazu fühle ich mich anderen Österreich Durchreisenden verpflichtet) im erforderlichem Falle in meinem Strafverfahren gegen Sie, am Bezirksgericht H!

Ihre ersichtlich ablinkende Tour, mit welcher Sie versuchen sich in zweifacher Art zu bereichern – wird, an deutschen Staatsbürgern, nicht mit Erfolg gekrönt sein.

Meine Hochachtung

E J P

N.S. bitte sie um dringende Belehrung: Seit wann hat eine (zitiere aus dem Schreiben "ohne Datum") Asphalt- Finanzierungs- Aktiengesellschaft Beamte im Dienst?, sie ist eine eigene Körperschaft wie jede Aktiengesellschaft (also kein Amt) missversteht man in Österreich die Deutsche Sprache, oder wie soll man diese Amtsanmaßung "Beamte" verstehen? Österreich ist ja EU-Mitglied, oder irre ich mich?"

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

In Schreiben vom 20. März 2007 und 17. April 2007 an den Unabhängigen Verwaltungssenat äußerte sich die Bw im Wesentlichen wie in der Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte die zeugenschaftlich einvernommene Meldungslegerin aus, dass sie auf dem Ersatzmautangebot als Beanstandungsgrund die Ziffer 2 für eine abgelaufene Mautvignette eingetragen habe. Nähere Informationen, insbesondere hinsichtlich Farbe, Art und Ablaufdatum der Vignette, seien nicht mehr erinnerlich. Dies werde mittlerweise genauer notiert. Ein Beweisfoto sei nicht angefertigt worden. Da die Zeugin immer genau nachschaue sei sie sich sicher, dass lediglich eine abgelaufene Vignette angebracht gewesen sei. Zusätzlich werde das Vier-Augen-Prinzip angewendet, der Name des Kollegen sei aber nicht mehr erinnerlich. Auch werde immer darauf geachtet, ob eine gültige Vignette auf dem Armaturenbrett o.ä. liege, da in so einem Fall bei einer 10-Tages-Vignette keine Ersatzmaut verrechnet sondern der Betreffende auf das Aufkleben der Vignette aufmerksam gemacht werde. Dies sei aber gegenständlich nicht der Fall gewesen.

 

Eine Kopie des Ersatzmautangebotes wurde zum Akt genommen.

 

Der als Zeuge einvernommene W E R sagte aus, dass er sich an die Angelegenheit erinnern könne, da er zusammen mit dem Zeugen Freiler die Bw telefonisch auf die Mautpflicht in Österreich aufmerksam gemacht hätten. Dabei habe die Bw auch gefragt, wo sie die Vignette hinkleben solle. In A sei ein Treffen vereinbart worden, um gemeinsam im Auto des Zeugen in die Schweiz zu fahren. Vor der Abfahrt in die Schweiz habe der Zeuge das Kfz der Bw angesehen, wobei der Zeuge festgestellt habe, dass die Vignette angebracht gewesen sei. Es sei keine Jahresvignette sondern eine "kurzfristige" Vignette gewesen. Ob es sich dabei um eine abgelaufene Vignette aus dem Vorjahr gehandelt habe, könne nicht ausgeschlossen werden, eine ausländische Vignette sei es aber nicht gewesen. Auch die Farbe der Vignette sei nicht mehr erinnerlich. Auch eine Jahresvignette hätte R erkannt, da er selbst eine besessen habe. Bis zur Zeugenladung sei mit der Bw über diese Angelegenheit nicht mehr gesprochen worden.

 

Die Bw bestätigte das Telefonat mit dem Zeugen. Sie habe nicht vorgehabt, sich länger in Österreich aufzuhalten, weshalb lediglich eine "kleine" Vignette gekauft worden sei. Die Vignette sei in Kronen bezahlt worden. Wegen Schlechtsichtigkeit der Bw habe ein Bediensteter der Tankstelle beim Aufkleben geholfen. Es sei absurd, zuerst eine Vignette zu kaufen und diese dann nicht aufzukleben.

 

In seiner Einvernahme sagte der weitere Zeuge Ing. E F aus, dass er die Bw seit 1991 kenne. Zusammen mit Herrn R sei die Bw nach Lindau mitgefahren. Als Treffpunkt für die Abfahrt sei A vereinbart worden, wo die Bw ihr Kfz abgestellt habe. Nach der Rückkehr aus der Schweiz nach drei oder vier Tagen habe die Bw dem Zeugen die Zahlungsaufforderung gezeigt und die Polizei angerufen, welche sich aber für unzuständig erklärt hätten. Die A sei zu dieser Stunde nicht mehr erreichbar gewesen. Aus eigener Anschauung und besten Gewissens könne der Zeuge bestätigen, dass auf dem Kfz eine Vignette für 10 oder 14 Tage gewesen sei. Aufgrund der Lochung der Vignette könne der Zeuge ausschließen, dass sie abgelaufen gewesen sei. Die Vignette sei glaublich blau gewesen, dies sei aber nicht mehr genau erinnerlich.

 

Die Bw verwies nochmals auf die Rechnungsbestätigung über den Kauf einer 10-Tages-Vignette. Beantragt wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs.1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG („Ersatzmaut“) bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs.1).

 

5.2. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die aufgeklebte Vignette zum Zeitpunkt der Beanstandung bereits abgelaufen und damit ungültig war.

 

Dem Argument der Meldungslegerin, sie habe beim Kfz genau kontrolliert, ob die aufgeklebte Vignette bereits abgelaufen war, könne sich aber nicht mehr an Details, insbesondere nicht mehr an die genaue Gültigkeitsdauer der Vignette, erinnern, steht die ebenfalls glaubwürdige Aussage des Zeugen Freiler gegenüber, wonach dieser die beanstandete Vignette besichtigt und für gültig befunden hat. Der Zeuge R konnte hingegen lediglich bestätigen, dass eine Vignette am Kfz angebracht gewesen ist, nicht jedoch auch, ob diese noch gültig war. Im Hinblick darauf, dass weder durch die Angaben in der Anzeige, noch durch die zeugenschaftliche Einvernahme der Meldungslegerin geklärt werden konnte, wann die beanstandete Vignette abgelaufen gewesen sein soll bzw. ob diese am Tattag noch gültig gewesen ist und auch weitere Beweismittel (z.B. Fotoaufnahme) nicht vorhanden sind, kann ein Irrtum der Meldungslegerin nicht völlig ausgeschlossen und somit die Deliktsverwirklichung durch die Bw nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, weshalb die Bw – im Zweifel – freizusprechen und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war. Dies zumal es aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlich erscheint, dass seitens der Kontrollorgane in irgendeiner Weise dokumentiert wird, worauf der Ungültigkeitsvorwurf konkret beruht.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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