Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230527/6/Br

Linz, 27.08.1996

VwSen-230527/6/Br Linz, am 27. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G R, H, vertreten durch die RAe Dr. W F, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 4. Juli 1996, Zl. III/S - 2627/96-2, nach der am 27. August 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Es entfallen daher sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem Straferkenntnis vom 4. Juli 1996 Zl.: III/S - 2627/96-2, wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach Art. IX Abs.1 Z4 EGVG eine Geldstrafe von 3.300 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

"Wie durch Organe der BPD LINZ am 22.2.1995 in eigener dienstlicher Wahrnehmung festgestellt wurde, haben Sie insoferne nazionalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StBBl. (richtig wohl StGBl.) Nr. 13/1945, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetze BGBl. Nr.

25/1947, verbreitet, als Sie in Ihrem Friseursalon in , H, im Kundenraum neben anderen Büchern und Zeitschriften die beiden rechtsextremen Bücher "Freispruch für Hitler" und "Schelm und Scheusal" für die Kunden einsehbar auflegten und weiters in Ihrem Objekt , K, Hofgebäude Eingang rechts, die Bodenverfliesung auf den Gängen im Flur in hakenkreuzähnlichem Muster verlegt hatten und diese Verfliesung für alle Mieter und Besucher des oa. Objektes einsehbar war".

1. Begründend führt die Erstbehörde aus:

"Der Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist durch die eigene dienstliche Feststellung der einschreitenden Kriminalbeamten sowie durch das behördlich durchgeführte Ermittlungsverfahren einwandfrei erwiesen.

Demnach steht fest, daß Sie die im umseitigen Spruch detailliert angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden Sie mit Strafverfügung vom 26.1.1996 bestraft, wogegen Sie rechtsfreundlich vertreten Einspruch einbrachten.

Im Einspruch und den weiteren Stellungnahmen Ihres Rechtsvertreters vom 18.3. und 24.6.1996 bestreiten Sie grundsätzlich die zur Last gelegte Übertretung. Es wird im wesentlichen ausgeführt daß sich die beiden im Spruch genannten rechtsextremen Bücher zwar im Geschäft befunden hätten, jedoch an einem Ort, an welchem sie der Öffentlichkeit nicht zugänglich gewesen seien.

Die Bodenverfliesung im Vorhaus des Objektes , K , stelle keine Hakenkreuzsymbole dar, sondern handle es sich lediglich um ein hakenkreuzähnliches Muster, weshalb eine Verwaltungsübertretung nicht vorliegen könne.

Darüberhinaus wurde von Ihrem Rechtsvertreter die Beischaffung des Aktes des Landesgerichtes (Verfahren nach dem Verbotsgesetz) und eine nochmalige zeugenschaftliche Einvernahme des einschreitenden Kriminalbeamten 0Insp. K beantragt.

Die entscheidende Behörde hat dazu Folgendes erwogen:

Es ist unbestritten, daß die beiden rechtsextremen Druckwerke "Freispruch für Hitler" und "Schelm und Scheusal" im Kundenraum des Friseursalons in H, aufgelegt waren.

Festzustellen war demnach, inwieweit diese Exemplare für die Geschäftskunden und auch das Personal einsehbar und zugänglich waren.

Dazu geht bereits aus den entsprechenden Berichten der einschreitenden Kriminalbeamten, insbesondere aus jenem vom 22.2.1995, eindeutig hervor, daß sich diese beiden rechtsextremen Bücher zusammen mit anderen Zeitschriften in einer Ecke des Kundenraumes in unmittelbarer Nähe der Bedienungsplätze befunden haben und dort für die Kunden einsehbar waren. Eben aus diesen Grund wurden die besagten Exemplare auch von den einschreitenden Kriminalbeamten sogleich wahrgenommen.

Aufgrund Ihrer Behauptung, wonach sich die beiden Bücher in Ihrem privaten Bereich befunden hätten, wurde der Kriminalbeamte OInsp. K am 14.5.1996 beim hs. Amte zeugenschaftlich einvernommen, wobei dieser aussagte, er hätte damals zusammen mit Kollegen S beim Friseursalon des R, H eine Kontrolle hinsichtlich dort abgelegter rechtsradikaler Druckwerke vorzunehmen hat. Die Lage des Friseursalons ist so, daß vom Eingang aus gesehen sich an der linke (gemeint wohl linken Wand) Wand vier Bedienungsplätze befinden. Im Anschluß der Bedienungsplätze hätte er in einer Ecke einen Stapel von Büchern und Zeitschriften festgestellt. In diesem Zeitschriftenstapel hätte er auch die rechtsextremen Bücher "Freispruch für Hitler" und "Schelm und Scheusal" wahrnehmen können. Diese beiden Bücher hätten sich im Stapel befunden, weshalb zwar nicht die Deckseite, jedoch der Buchrücken mit der jeweiligen Aufschrift des Buches deutlich sichtbar gewesen sei. Weil bei diesen Büchern die weiße Schrift auf schwarzem Grund angebracht war, hätten sich diese Bücher von den übrigen Druckwerken deutlich abgehoben und seien sie daher auch leicht erkennbar und einsehbar gewesen. Dieser Stapel Zeitschriften sei offensichtlich für die Kunden bestimmt gewesen, jedenfalls hätten die Kunden dorthin uneingeschränkt Zutritt gehabt und es hätte keinerlei Abtrennung gegeben. Ob auch an anderer Stelle im Salon noch weitere für die Kunden bestimmten Zeitschriften vorhanden gewesen wären daran könne er sich nicht mehr genau erinnern.

Sollte nun behauptet werden, daß dieser Bereich für die Kunden nicht zugänglich gewesen sei, so sei das falsch. Auch sei unrichtig, daß diese Zeitschriften bzw. auch diese beiden Bücher für die Kunden nicht einsehbar gewesen seien.

Die Aussagen des Zeugen 0Insp. K sind glaubwürdig, widerspruchsfrei und übereinstimmend mit den entsprechenden Berichten. Die Behörde hat daher keine Veranlassung, an deren Richtigkeit zu zweifeln. Es steht somit für die entscheidende Behörde zweifelsfrei fest, daß die beiden rechtsextremen Exemplare "Freispruch für Hitler" und "Schelm und Scheusal" für Kunden und Personal einsehbar und zugänglich waren.

Zur Bodenverfliesung im Vorhaus des Objektes , K, muß festgestellt werden, daß das durch dunkelfarbene Bodenfliesen angeordnete Muster sehr wohl eindeutig Hakenkreuzsymbole darstellt. Die einzelnen Hakenkreuzsymbole sind lediglich jeweils durch zwei dunkelfarbene rechteckige Bodenfliesen verbunden, sodaß in der Gesamtansicht ein hakenkreuzähnliches Muster dargestellt wird. Unbestritten ist, daß diese Räumlichkeit als Vorhaus für alle Bewohner des Objektes dient und deshalb diese Verfliesung sowohl für die Bewohner als auch deren Besucher nicht nur jederzeit wahrnehmbar wird, sondern gerade zu unübersehbar ist.

Die entscheidende Behörde stellt fest, daß sowohl das Auflegen der beiden rechtsextremen und im Spruch genannten Bücher im Kundenraum des Friseursalons in H, als auch das Anbringen von Hakenkreuzsymbolen am Fußboden im Vorhaus des Objektes K Verhaltensweisen darstellen, die zweifelsfrei geeignet sind, nazionalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes zu verbreiten.

Es war daher die angetastete Übertretung als erwiesen anzunehmen.

Ihren Anträgen auf Beischaffung des Gerichtsaktes und neuerliche Einvernahme des Zeugen 0Insp. K war nicht zu entsprechen, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt für die Beurteilung der Verwaltungsübertretung hinreichend geklärt war und eine Entsprechung dieser Anträge zu keiner anderen Entscheidung hätte führen können.

Bei der Strafbemessung wurde Ihre bisherige Unbescholtenheit mildernd gewertet. Erschwerende Umstände wurden keine bekannt.

Ihre persönliche Einkommens -, Vermögens - und Familienverhältnisse wurden von Ihrem Rechtsvertreter trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht bekanntgegeben und mußten daher geschätzt werden. Es wurde daher der Entscheidung ein monatliches Nettoeinkommen von ca. S 20.000,-- zugrunde gelegt.

Die verhängte Strafe ist im Hinblick auf die Schwere der Übertretung und den dafür vorgesehenen Strafrahmen bis zu S 30.000,-äußerst milde demnach durchaus schuldangemessen, dem Unrechtsgehalt angepaßt und scheint der entscheidenden Behörde gerade noch geeignet, Sie in Hinkunft von der Begehung gleicher oder ähnlicher Übertretung (Übertretungen?)abzuhalten.

Es war somit spruchgem. zu entscheiden. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet." 2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung und führt darin nachfolgendes aus:

"In der außen bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 04.07.1996, zugestellt am 08.07.1996, innerhalb offener Frist nachstehende BERUFUNG:

Das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten.

Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung sowie unrichtige Tatsachenfeststellung geltendgemacht:

Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Ich habe immer die Beischaffung des Gerichtsaktes beantragt.

Es ist unverständlich, weshalb derselbe nicht beigeschafft wurde. Aus dem Gerichtsakt hatte sich ergeben, daß ich auch keine Verwaltungsübertretung nach Art.9 EGVG begangen habe.

Zuletzt mit Schriftsatz vom 24.06.1996 habe ich die ergänzende Einvernahme des Zeugen K beantragt. Insbesondere habe ich beantragt diesen Zeugen ergänzend dazu einzuvernehmen, ob dieser "Stapel" auch für dritte Personen zugängig war. Insbesondere habe ich auch deshalb diesen Beweisantrag gestellt um festzustellen, daß sich bei diesem "Stapel" auch meine Privatpost, die Korrespondenz und die Buchhaltung befand. Es kann sohin nicht davon gesprochen werden, daß dritte Personen zu diesen privaten Unterlagen Zutritt haben. Insbesondere ist es noch nicht strafbar Bücher, die angeblich verboten sind, zu besitzen.

Im übrigen wird selbst von der Erstbehörde vermeint, daß nicht die Deckseite dieser Bücher, sondern lediglich der Buchrücken lesbar gewesen wäre. Es kann sohin nicht davon gesprochen werden, daß die Lesbarkeit der Deckseite eines Buches eine Strafbarkeit begründet.

Nachdem die von mir beantragten Beweise nicht aufgenommen worden sind, ist sohin das Verfahren zumindest mangelhaft und auch ergänzungsbedürftig geblieben.

Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung bzw. unrichtigen Tatsachenfeststellung:

Es wird völlig übersehen, daß ich Eigentümer des Hauses K bin. Es handelt sich sohin um mein Privateigentum an dieser Liegenschaft. Abgesehen davon, daß diese Liegenschaft in meine Privatspähre fällt, dieselbe verfassungsrechtlich auch geschätzt ist, wird vermeint, daß diese "Hackenkreuzsymbole" durch dunkelfärbene rechteckige Bodenfliesen verbunden sind.

Es ergibt sich sohin zwangsläufig, daß es sich um keine eindeutigen Hackenkreuzsymbole sondern allenfalls um hackenkreuzähnliche Symbole handelt. Von einer eindeutigen Erkennbarkeit eines Hackenkreuzes kann sohin wohl nicht gesprochen werden, sodaß eine diesbezügliche Bestrafung zu Unrecht erfolgt ist.

Art.9 EGVG setzt für seine Begehung ein aktives Tun voraus.

Es kann nicht davon gesprochen werden, daß ich aktiv tätig wurde. Art.9 EGVG fordert ferner ein öffentliches Ärgernis hervorzurufen. Auch davon kann wohl nicht gesprochen werden, zumal allenfalls der Buchrücken erkennbar war und die Innenseite und auch die Deckseite nicht erkennbar gewesen ist. Art.9 EGVG ist überdies ein Erfolgsdelikt und kann von einem "Erfolg" wohl nicht gesprochen werden. Diese Bücher wurden mir, wie ich bereits dargetan habe und wie ich sich aus dem Strafakt ergibt, zugesandt. Es konnte auch nicht bekannt sein, daß der Besitz von solchen Büchern allein schon verboten ist. Insbesondere wäre es vielmehr Aufgabe der Behörde gewesen diesbezüglich eine Warnung öffentlich auszudrücken. Keineswegs wäre es Aufgabe der Behörde eine Bestrafung durchzufahren.

Die mir zur Last gelegten Gegenstände befänden sich im Privatbereich und waren nicht für die Öffentlichkeit zugängig. Auch ist der Behörde der Nachweis nicht gelungen, daß ich diese Bücher dritten Personen zugänglich gemacht habe. Es kann keineswegs davon gesprochen werden, daß jemand diese Bücher in die Hand genommen hätte und wäre es Aufgabe der Behörde gewesen dieses "aktive Tun" nachzuweisen.

Nachdem das gerichtliche Strafverfahren bereits geraume Zeit abgeschlossen ist, wird vorsichtshalber auch Verjährung eingewendet.

Ich stelle daher den A n t r a g :

In Stattgebung der Berufung möge das Straferkenntnis dahingehend abgeändert werden, als das gegen mich eingeleitete Verfähren eingestellt wird, in eventu mögen die beantragten Beweise aufgenommen werden.

L, 18.07.1998 Dr.W3 G" 3. Die Erstbehörde hat den Akt vorgelegt. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Angesichts der Sachlage wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt, Zl.

III/S - 2627/96-2, gründet in einer offenbar anonymen Anzeige, gerichtet an die Bundespolizeidirektion Linz, das BMfI und die ETB beim BMfI. In der Folge wurden umfangreiche Erhebungen gepflogen und mehrere Niederschriften mit dem Berufungswerber aufgenommen, wobei dieser insbesondere sich damit verantwortete, daß die genannten Druckwerke nicht für die Kunden, sondern nur für den Privatgebrauch bestimmt gewesen sind. Im Rahmen der im Dienste der Strafjustiz geführten Ermittlungen wurde im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Hausdurchsuchung neben den Büchern "Freispruch für Hitler" und "Schelm und Scheusal", deren Herausgeber jeweils G ist, mehrere Stücke der Zeitschrift "Halt" und einige als gemeinhin "rechtslastig" geltende Schreiben bzw.

Schriften vorgefunden und beschlagnahmt. Mit der Note der Staatsanwaltschaft L vom 27. Dezember 1995, Zl. 10 St 474/95, wurde die Anzeige wegen § 3g VerbotsG gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt. Am 28. Jänner 1996 erließ die Erstbehörde binnen offener Verfolgungsfrist (Art. IX Abs.6 EGVG) eine Strafverfügung und setzte damit eine Verfolgungshandlung nach dem VStG.

4.1. Vom unabhängigen Verwaltungssenat wurde ergänzend Beweis erhoben durch Erörterung des Inhaltes des Verfahrensaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und dabei durch die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten. Da der Sachverhalt in der Substanz unbestritten ist, wurde von der abermaligen Vernehmung des die Erhebung führenden Kriminalbeamten der BPD Linz Abstand genommen.

4.2. Es ist unbestritten, daß sich die oben angeführten Gegenstände im Geschäft des Berufungswerbers befunden haben und diese auch einem allfälligen Zugriff Dritter (Kunden) zumindest theoretisch - zugänglich gewesen sein könnten.

Diese Bücher waren in einer nicht für den Zugang von Kunden bestimmten Ecke des Geschäftes, etwa fünf Meter von den Wartestühlen enfernt, deponiert gewesen. Das übrige Lesematerial (Lesecirkel) für die wartende Kundschaft findet sich bei den Bedienungsplätzen aufgelegt. Das Geschäft des Berufungswerbers umfaßt eine Gesamtfläche von 180 m/2 und besteht aus insgesamt 38 Bedienungsplätzen. Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, daß der Inhalt dieser Druckwerke nicht zum Gegenstand einer Verbreitung durch den Berufungswerber - etwa durch Rezitationen und Lesungen daraus - gemacht wurde.

Unbestritten ist auch, daß der Berufungswerber laut seinen Angaben vor zwölf Jahren im Objekt in L, K ein Bodenpflaster mit hakenkreuzähnlichem Muster herstellen hat lassen.

Konkrete Aktivitäten seitens des Berufungswerbers, daß er das in diesen Druckwerken "Freispruch für Hitler" und "Schelm und Scheusal" zum Ausdruck kommende Gedankengut durch entsprechende Aktivitäten verbreitet hätte, kann nicht einmal dem erstbehördlichen Ermittlungsergebnis konkret entnommen werden.

Dem Berufungswerber war daher im Ergebnis in seinem Vorbringen zu folgen, indem dieses zumindest nicht widerlegbar gewesen ist.

5.2. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.2.1. Der Art. IX Abs.1 Z4 EGVG idgF lautet:

Wer nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StGBl.Nr. 13/45, idF des Bundesverfassungsgesetzes BGBl.Nr. 25/1947, verbreitet, begeht, hinsichtlich der Tat nach Z4 dann, wenn sie nicht gerichtlich strafbar ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde in den Fällen der Z2 und 4 von dieser, mit Geldstrafe bis zu 3.000 S, im Fall der Z4 mit Geldstrafe bis zu 30.000 S und mit dem Verfall der Gegenstände, mit denen die strafbare Handlung begangen wurde, zu bestrafen. Im Fall der Z4 ist auch der Versuch strafbar.

5.2.2. Der Textierung des Gesetzeswortlautes in der Gestalt des Wortes "verbreitet" muß zumindest eine konkrete Handlungsweise - welche in der Folge empirisch die Wirkung eines "verbreiten eines Gedankengutes" zugeordnet werden kann, vorliegen. Dem bloßen deponieren zweier Bücher, verbunden mit der Möglichkeit, daß diese - abstrakt - auch durch Dritte in Augenschein genommen werden könnten, vermag noch nicht als "Verbreitung" eines in diesen Büchern niedergelegten Gedankengutes qualifiziert werden.

In diesem Sinne versteht die Judikatur als "Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes" u.a. jede unsachliche, einseitige und propagandistisch vorteilhafte Darstellung nationalsozialistischer Maßnahmen und Zielsetzungen in Druckwerken, wie etwa die Rechtfertigung oder Verharmlosung nationalsozialistischer Greueltaten (VwGH 16.12.1991, 90/10/0194).

Ebenso kann auch die im Haus des Berufungswerbers angebrachte hakenkreuzähnliche Bodenverfliesung nicht als "Verbreitung des inkriminierten Gedankengutes" qualifiziert werden. Für die Qualifikation einer Wiederbetätigung bedarf es zumindest gewisser Handlungen, "die schon bei isolierter Betrachtungsweise als typische Betätigung iSd Nationalsozialismus zu erkennen sind" (VfGH 3.3.1986, B682/86).

In einer Gesamtschau kommt es auf den Inhalt der geäußerten Gedanken, aber auch darauf an, ob sie in einer dem Sprachgebrauch der Nationalsozialisten deutlich angenäherten Form geäußert werden. Damit soll unterstrichen werden, daß der bloße Besitz von Druckwerken solchen Gedankengutes und die Verlegung eines Pflasters, welches einem nationalsozialistischen Symbol sehr ähnlich ist bzw. eine Assoziation zu einem solchen zuläßt, noch nicht als "Verbreiten" eines solchen Gedankengutes angesehen werden kann. Auch kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, daß er in der Schaffung dieser Gesetzesbestimmung im Ergebnis schon den bloßen Besitz solcher Werke und eine daraus allenfalls ableitbare Sympathie für darin zum Ausdruck kommende verwerfliche Wertmaßstäbe unter Strafe stellen wollte.

5.2.3. Nicht zuletzt wurde auch die Anzeige durch die Staatsanwaltschaft zurückgelegt, weil auch der für das gerichtliche Strafverfahren idente Tatbestand (§ 3g Verbotsgesetz) als nicht vorliegend erachtet wurde.

Wenngleich die Judikatur eine Unterschiedlichkeit zwischen dem inhaltsgleichen Tatbestand zwischen dem Gerichts- und Verwaltungsdelikt "in der Intensität des Vorsatzes" herausgebildet hat, vermag hier im Sinne der obigen Ausführungen auch auf Verwaltungsebene eine "Wiederbetätigung" in Form der "Verbreitung" von nationalsozialistischem Gedankengut (noch) nicht erblickt werden (Platzgummer, "Die strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus in Österreich), Aufsatz in ÖJZ, Heft Nr.22, 18.11.1994, Seite 753 ff.). Dem Verhalten des Berufungswerbers könnte auch nicht im Stadium eines (strafbaren) Versuches eine rechtliche Relevanz zugemessen werden.

5.3. Laut Duden wird unter 'Betätigen', "arbeiten tätig sein, werken, werkeln, sich zu schaffen machen, herumpusseln (ugs.), pusseln (ugs.), wirken, hantieren, sich beschäftigen / betätigen / regen / rühren, fleißig sein, tun, schaffen (landsch.), ausüben, betreiben, treiben, [einer Beschäftigung] nachgehen bis spät in die Nacht: die Nacht zum Tage machen unaufhörlich: in der Tretmühle sein (ugs.), den ganzen Tag eingespannt sein länger: Überstunden machen schwer: schuften, malochen (ugs.),roboten (ugs.), sich Schwielen / Blasen an die Hände arbeiten, barabern (österr.) im Stücklohn: im Akkord arbeiten; anstrengen (sich) langsam, wenig faulenzen unsorgfältigpfuschen gegen geringe Bezahlung: für ein Butterbrot arbeiten; agieren, anfertigen, befassen (sich mit), funktionieren, verwirklichen; viel zu arbeiten haben, viel Arbeit haben, alle Hände voll zu tun haben, keine Zeit haben für etwas, nicht zu etwas kommen; nicht wissen, wo einem der Kopf steht; den Kopf voll / (ugs.) viel um die Ohren haben, viel auf dem / am Hals haben; nicht arbeiten, blaumachen, feiern, krankfeiern, seine Grippe nehmen (ugs., scherzh.); faulenzen; fleißig, vollbeschäftigt; Wirkungsbereich" definiert.

Unter 'Verbreiten' wird folgendes ausgeführt: "ausstreuen, aussprengen, herumerzählen, herumtragen, unter die Leute bringen, in Umlauf bringen / setzen, [ein Gerücht] in die Welt setzen, ausposaunen (abwertend), an die große Glocke hängen, breittreten (ugs., abwertend); mitteilen" (Quelle:

Lexi-Rom 1995).

Unter allen herkömmlichen Interpretationsmethoden kommt laut VfGH und VwGH der Verbalinterpretation und der grammatikalischen Auslegung der Vorrang zu. Nur wenn der eindeutige klare Wortlaut einer Vorschrift Zweifel über den Inhalt der Regelung aufkommen läßt, dann ist eine Untersuchung, ob nicht etwa die historische oder teleologische Auslegungsmethode einen anderen Inhalt ergeben würde, möglich (Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, Seite 95).

Demnach müßte auch dem Wortlaut des Gesetzes folgend (zumindest) ein bestimmtes aktives Tun vorgelegen haben, um dieses als "Verbreitung" eines bestimmten Gedankengutes als "(Wieder-)Betätigung" im Sinne dieser Gesetzesbestimmung - qualifizierbar ansehen zu können.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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