Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230533/7/Br

Linz, 10.10.1996

VwSen-230533/7/Br Linz, am 10. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung von Frau B, P, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt, A., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels - Land vom 22.

August 1996, Zl. Sich96-99-1996-RE, nach der am 10. Oktober 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 71 Abs.1 Z1 u. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr.51, idF BGBl.Nr.471/1995 - AVG iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr.

620/1995 - VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Berufungswerberin wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels - Land vom 22. August 1996, Zl.:

Sich96-99-1996-RE, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 17. Mai 1996 abgewiesen.

1.1. Dieser Antrag wurde vom Rechtsvertreter der Berufungswerberin im Zusammenhang mit der in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18.03.1996, Sich96-99-1996 gegen die Antragstellerin, wegen der Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes, welche ihr am 22.03.1996 durch Hinterlegung zugestellt worden war, gestellt.

1.2. Begründend führte die Erstbehörde im angefochtenen Bescheid im wesentlichen aus, daß es der Berufungswerberin leicht möglich gewesen wäre, den Einspruch selbst zu erheben. Infolge der am 22. März 1996 durch Hinterlegung an die Berufungswerberin zugestellten Strafverfügung sei diese in Rechtskraft erwachsen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei durch den ag. Rechtsvertreter erst am 20. Mai 1996 bei der Erstbehörde eingelangt. In der angeblichen Funktionsstörung bei der Übermittlung der Strafverfügung an den Rechtsvertreter sei weder ein unabwendbares noch ein unvorhergesehenes Ereignis zu erblicken gewesen. Ebenfalls sah sich die Erstbehörde nicht veranlaßt nach § 52a VStG vorzugehen, weil ihrem Bescheid keine Rechtswidrigkeit anhafte.

1.2. Die Berufungswerberin führt in ihrer fristgerecht erhobenen Berufung nachfolgendes aus:

"In umseits bezeichneten Verwaltungsstrafsachen erheben wir gegen die Bescheide vom 22.8.1996, welche am 26.8.1996 zugestellt wurden, binnen offener Frist BERUFUNG an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Die Bescheide (richtig: der Bescheid - für die angeblich weiteren Verfahren besteht die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedes) werden zur Gänze angefochten.

Die Erstbehörde rügte, daß der Zeitpunkt des Telefonates mit Herrn Ing. S nicht angegeben worden sei. Da der Rechtsvertreter zumindest zum Zeitpunkt des Telefonates mit Ing. S vom angeblichen Fehler des Faxgerätes Kenntnis genommen hat, hätte er innerhalb von 2 Wochen einen Wiedereinsetzungsantrag stellen müssen. Die Schlußfolgerungen der Erstbehörde sind unrichtig. Wie bereits ausgeführt wurde, langte hinsichtlich der Vorfälle vom 13.2.1996 am 21.3.1996 ein Fax der Umweltschutzorganisation G ein, indem die festgenommenen Personen aufgelistet wurden. Am 21.3.1996 waren die Strafverfügungen gegen G, E und S noch gar nicht durch Hinterlegung zugestellt worden. Der Rechtsvertreter hat in der Folge hinsichtlich der einzelnen Festgenommenen Akten angelegt und auf das Einlangen der Strafverfügungen gewartet. Bei G, E und S sind niemals Strafverfügungen eingelangt. Erst mit Einlangen der Zahlungsaufforderung vom 2.5.1996 erhob sich die Frage, weshalb die Strafverfügungen vom 18.3.1996 niemals an den Rechtsvertreter gelangt sind.

Bei der Vielzahl an potentiellen Mandanten ist es nicht möglich, bei Feststellung von sich häufenden Defekten am Faxgerät, alle anzuschreiben und sie auf mögliche Übertragungsfehler hinzuweisen. Das Gespräch mit Ing. S fand am 14.5.1996 statt, was objektivierbar ist. Das Ingenieurbüro Manfred S befindet sich in L an der S und hat die Fax-Nummer Bescheinigung: Journal vom 14.5.1996, Briefkopf mit Faxnummer Aus dem Faxprotokoll ist ersichtlich, daß es um 18.16 Uhr beim Empfang zu einer Störung gekommen ist. In der Spalte "Ergebnis" scheint der Buchstabe E für Fehler auf.

Richtig ist, daß es den Beschuldigten leicht möglich gewesen wäre, selbst einen Einspruch zu verfassen. Es bleibt allerdings jedem Beschuldigten unbenommen, sich eines Rechtsvertreters zu bedienen und diesem die Formulierung des Einspruches zu überlassen.

Nach Meinung der Erstbehörde wären keine konkreten Beweise beigebracht worden. Allerdings wurden die angebotenen Bescheinigungsmittel nicht gewürdigt. Es macht überhaupt keinen Sinn, daß die Beschuldigte B am 26.3. eine Vollmachtserklärung bezüglich L faxt, gleichzeitig aber keinen Einspruch gegen die Strafverfügung wünschte.

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt darin, daß die Behörde zwar die Beweise für nicht konkret genug hielt, dies aber im Rahmen des Parteiengehörs den Parteien nicht mitteilte. Der Behauptungspflicht haben die Antragsteller jedenfalls genügt.

Für technische Laien ist es jedenfalls nicht zumutbar, von vornherein von der Fehleranfälligkeit bei Telefax-Übermittlung auszugehen und deshalb Schriftstücke an auswärtige Anwälte nur eingeschrieben wegzuschicken.

Entgegen der Meinung der Erstbehörde haben die Antragsteller die Ursache der Fristversäumung durch einen Übermittlungsfehler der Telefax-Übertragung als glaubhaft dargetan.

Im fraglichen Zeitraum kam es beim Telefaxgerät Infotec vermehrt zu Störungen beim Empfang. Das Gerät reagierte auf Sendungen überempfindlich mit Störungsmeldungen. Ein nochmaliger Sendeversuch war erst dann möglich, wenn bei Empfangsgerät die Stopp-Taste gedrückt wurde. War das Empfangsgerät nicht besetzt, so ist im Regelfall damit zu rechnen, daß das Sendegerät den Fehler registriert.

Es wird daher beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat möge den Berufungen Folge geben und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 22.8.1996 insofern abändern, als dem Wiedereinsetzungsantrag Folge gegeben wird.

Was das Vorgehen nach § 52a VStG betrifft, wird auf die Judikatur des angerufenen Verwaltungssenates verwiesen. Auch am 13.2.1996 lag im Ergebnis eine Versammlung vor und wären die Teilnehmer nach dem Versammlungsgesetz - und nicht, wie tatsächlich geschehen, unter Berufung auf das Sicherheitspolizeigesetz zu bestrafen gewesen. Es ist daher Aufgabe der Erstbehörde, bzw. der Sicherheitsdirektion, die Strafverfügungen aufzuheben.

R, 6. September 1996 /k B" 3. Weil der gegenständlichen Sache eine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe nicht zu Grunde liegt, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Diese Berufung wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu dem bezüglich der Berufungswerberin h. ebenfalls anhängigen Verfahren zu VwSen-230535 behandelt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land und Erörterung des erstinstanzlichen Verfahrensergebnisses.

Ergänzend wurde der Rechtsvertreter der Berufungswerberin zu den Umständen der gegenständlich unterbliebenen Einspruchserhebung und der Modalität der Weiterleitung zur Beeinspruchung anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung befragt.

4.1. Die Berufungswerberin hat offenbar persönlich keinen Einspruch erhoben, sondern die zu beeinspruchende Strafverfügung entweder persönlich vermutlich jedoch im Wege von G an die Rechtsanwaltskanzlei Dr. W übermitteln lassen. Dies geschah mittels FAX, wobei es offenbar zu einem Übertragungsfehler gekommen sein dürfte. Beim Rechtsvertreter langte in diesem Zusammenhang am 26. März 1996 um 07.44 Uhr außer der Vollmacht kein weiteres Stück ein. Eine Rückfrage über das Einlangen der FAX-Sendung (der Übermittlung der Strafverfügung) zwecks Erhebung eines Einspruches erfolgte nicht.

4.1.1. Aus der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung, welche der Berufungswerberin am 22. März 1996 an ihre Adresse in P durch Hinterlegung zugestellt worden war, ist u.a. zu entnehmen, daß der Bestrafte das Recht habe, gegen diese Strafverfügung innerhalb von zwei Wochen nach ihrer Zustellung schriftlich oder mündlich "bei uns" (der bescheiderlassenden Behörde) einen Einspruch zu erheben.....

4.2. Wie sich ferner auch aus der Aktenlage ergibt, langte auch bei der Erstbehörde ein Einspruch nicht ein.

Auch anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu welcher die Berufungswerberin unter Angabe von Gründen nicht erschienen ist, vermochte durch ihren ag. Rechtsvertreter nicht dargetan werden, daß sie an der versäumten Einspruchserhebung kein Verschulden träfe. Weder sie, noch der mit der Weiterleitung zur Beeinspruchung an den Rechtsvertreter Beauftragte hat - wie schon ausgeführt offenbar nicht einmal durch einen fernmündlichen Rückruf versucht, sich die Übermittlung der Sendung per FAX an die Anwaltskanzlei durch diese sich den Empfang bzw. das Nichteinlangen bestätigen zu lassen. Umgekehrt ist der bloßen Übermittlung der Vollmacht an die Anwaltskanzlei seitens dieser durch etwaige Rückfragen ebenfalls nicht weiter nachgegangen worden.

Sie hat es vielmehr mit der eigenen oder delegierten Weiterleitung per FAX auf sich bewenden lassen.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

5.1. § 71 Abs.1 f. lautet:

Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder 2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, daß keine Berufung zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

5.2. Bereits aus dem Abs.3 ergibt sich, daß im Falle der Versäumung einer Frist die Partei mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen gehabt hätte. Auch wenn dies nicht geschehen ist, wäre dies zwar noch kein zwingender Abweisungsgrund dieses Antrages.

Die Beförderung einer Nachricht ist laut gesicherter Judikatur im Risiko des Absenders gelegen. Ob ein Berufungswerber eine Berufung (dies gilt auch für den Einspruch) an die Einbringungsbehörde mittels Telefax einbringen kann, hat einerseits der Berufungswerber zu ermitteln und er hat sich auch zu vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt worden ist (VwGH v.

24.8.1995, Zl. 94/04/0013).

Dies muß umso mehr für den Fall gelten, wenn eine Sendung mit der eine Prozeßhandlung gesetzt werden sollte, nicht direkt an die Behörde, sondern über dem Umweg eines Dritten zur Weiterleitung (hier an den Rechtsvertreter) erfolgt.

Hier wäre es geradezu als Minimalvoraussetzung an die Sorgfaltsübung anzusehen gewesen, das Einlangen der Sendung beim Rechtsanwalt fernmündlich zu überprüfen.

Da nicht einmal das geschehen ist, muß sich die Berufungswerberin die Fristversäumung als verschuldet zurechnen lassen. Ein Grund für die Wiedereinsetzung liegt daher nicht vor.

Eine Entscheidung im Sinne des Antrages wegen § 52a VStG steht dem Verwaltungssenat nicht zu.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum