Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-521639/2/Ki/Da

Linz, 30.05.2007

 

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn C S, S, W, vom 14.5.2007 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 24.4.2007, VerkR21-526-2006, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen C, C+E, D und D+E zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben. Die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen C, C+E, D und D+E mangels gesundheitlicher Eignung wird aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm  § 3 FSG.

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber die von der Bezirkshauptmannschaft Schärding unter Zl. 06001392 am 9.3.2006 erteilte Lenkberechtigung für die Klassen C, C+E, D und D+E wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung für die Dauer der Nichteignung entzogen.

 

Die Erstbehörde stützt diese Entscheidung auf ein amtsärztliches Gutachten vom 10.4.2007, wonach der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Schärding den Berufungswerber gem. § 8 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe II als nicht geeignet befunden habe. Der Amtsarzt seinerseits stützte die Beurteilung auf eine verkehrspsychologische Stellungnahme der AAAV, Landesstelle Oö., vom 23.2.2007, in welcher u.a. festgestellt wird, dass Herr S C derzeit aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der FS-Gruppe II nicht geeignet sei.

 

Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 14.5.32007 (gemeint wohl: 2007), mit welcher ersucht wird, der Berufung stattzugeben und von Auflagenvorschreibungen abzusehen.

 

Begründend wird ausgeführt, dass der Berufungswerber dem Amtsarzt zur Begutachtung Laborwerte vom 14.3.2007 vorgelegt habe, welche alle im Normbereich gewesen wären.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, der hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

Dem Berufungswerber wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 18.12.2006 die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, D, E und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 4 Monaten entzogen. Als bestimmte Tatsache lag dieser Entscheidung zu Grunde, dass Herr S in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Blutalkoholgehalt 1,88 Promille) ein Kraftfahrzeug gelenkt hat.

 

Am 9.1.2007 unterzog sich der Berufungswerber einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei der AAAV Landesstelle Oberösterreich und es wurde in der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 23.2.2007 letztlich festgestellt, dass Herr S aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der FS-Gruppe II derzeit nicht geeignet sei. Hinsichtlich der FS-Gruppe I wurde festgestellt, dass er aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet wäre.

 

In der Zusammenfassung der Befunde und Gutachten wird festgehalten, dass sich aus den kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen keine eignungseinschränkenden Leistungsdefizite ergeben.

 

Als Begründung für die negative Beurteilung hinsichtlich der Gruppe II wird jedoch ausgeführt, dass beim Untersuchten eine Neigung bestehe, sich anderen gegenüber im Übermaß aktiv bis herausfordernd zu verhalten. Die von ihm berichteten Alkoholtrinkgewohnheiten würden nicht im Einklang mit der beim Untersuchungsanlass festgestellten Alkoholisierungshöhe stehen. Die geäußerten Trinkumstände würden auf gelegenheitsbezogenen Konsum mit kulturell unüblich hohem Alkoholisierungsgrad verweisen. Die für die gewerbliche Beförderung von Gütern und Fahrgästen zu fordernden erhöhten Sicherheitsansprüche und Lenkeranforderungen werden beim Untersuchten nicht festgestellt.

 

Andererseits wurde festgestellt, dass auf Grund der Ergebnisse der erhobenen Befunde und der aus verkehrspsychologischer Sicht zu beurteilenden Hinweise aus den explorativ gewonnenen Daten sowie der Verhaltensbeobachtung in der Untersuchungssituation eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und eine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung für das Lenken von Kraftfahrzeugen der FS-Gruppe I derzeit angenommen werden könne bzw. Herr S zum Lenken von Kraftfahrzeugen der FS-Gruppe I derzeit geeignet sei.

 

Unter Zugrundelegung der verkehrspsychologischen Stellungnahme hat der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Schärding letztlich in seinem Gutachten vom 10.4.2007 Herrn S zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 für nicht geeignet befunden. Hinsichtlich des Lenkens von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 wurde festgestellt, dass der Berufungswerber geeignet sei, es wurde eine Kontrolluntersuchung CDT Ko. – Juni 07 und Sep. oder Okt. 07 als Auflage vorgeschlagen. Letztere Auflage wurde jedoch im angefochtenen Bescheid nicht erteilt und ist sohin nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitliche geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Wie bereits dargelegt wurde, stützt die belangte Behörde die Entziehung der Lenkberechtigung der Gruppe 2 auf das amtsärztliche Gutachten des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 10.4.2007. Dieses Gutachten stützt sich wiederum im Wesentlichen auf die verkehrspsychologische Stellungnahme gem. § 17 FSG-GV vom 23.2.2007. Auf Grund dieser Stellungnahme ist der Berufungswerber aus verkehrspsychologischer Sicht derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nicht geeignet.

 

Laut dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme ist im Bereich der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit im vorliegenden Falle keine Einschränkung gegeben. Der Verkehrspsychologe vermeint jedoch, dass die geäußerten Trinkumstände auf gelegenheitsbezogenen Konsum mit kulturell unüblich hohem Alkoholisierungsgrad verweisen würden und vertritt die Auffassung, dass die für die gewerbliche Beförderung von Gütern und Fahrgästen zu fordernden erhöhten Sicherheitsansprüche und Lenkeranforderungen nicht festgestellt werden könnten.

 

Andererseits wird aus verkehrspsychologischer Sicht die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 sowohl hinsichtlich der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen als auch hinsichtlich Bereitschaft zur Verkehrsanpassung angenommen.

 

Dazu wird festgestellt, dass, wenn die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung fehlt, die Person nicht als hinreichend geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen jeglicher Art anzusehen ist. Die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung umfasst nicht auch die Verkehrszuverlässigkeit. Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung stellt darauf ab, ob eine Person trotz ihrer Fähigkeit hiezu nicht bereit ist, also nicht Willens ist, sich im Verkehr entsprechend anzupassen. Anders als bei der Beurteilung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit, wo durchaus eine Differenzierung hinsichtlich der einzelnen Gruppen nach dem FSG als zulässig erachtet wird, ist eine derartige Differenzierung im Hinblick auf die Beurteilung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht zulässig. Es wird wohl generell davon auszugehen sein, dass eine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gegeben ist oder nicht. Wenn dies der Fall ist, dann wird auch eine uneingeschränkte Voraussetzung (natürlich bei Vorliegen sämtlicher anderer Voraussetzungen) zur Erteilung sämtlicher Klassen nach dem FSG gegeben sein.

 

Ungeachtet dessen, dass in der gegenständlichen verkehrspsychologischen Stellungnahme eine allfällige Nichtbereitschaft zur Verkehrsanpassung im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nicht schlüssig dargelegt wurde, geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich davon aus, dass in Anbetracht der Feststellungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme, wonach unter ganzheitlicher Betrachtung der Persönlichkeit des Berufungswerbers, bei Berücksichtigung aller verwertbarer Informationen und unter Einbeziehung der psychischen Leistungsfähigkeit, dabei auch der intellektuellen Möglichkeiten, eine positive Verhaltensprognose generell zum Lenken von Kraftfahrzeugen angenommen werden kann.

 

Es handelt sich bei der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung um ein psychologisches Konstrukt, das Persönlichkeitseigenschaften und Einstellungen beinhaltet, die in einem Bezug zum Verhalten im Straßenverkehr stehen. Eine Unterscheidung bezüglich Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 und der Gruppe 2 kann im Hinblick auf die Beurteilung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht gesehen werden bzw. sind aus den vorliegenden Unterlagen keine Gründe ableitbar, welche die von der Erstbehörde angenommene gesundheitliche Nichteignung stützen würde.

 

Der Berufung war daher Folge zu geben und die Entziehung der Lenkberechtigung für die Gruppe 2 aufzuheben.

 

Bezüglich Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung (§ 64 Abs.2 AVG) wird jedoch festgestellt, dass es sich dabei um eine Prognoseentscheidung handelt. Grundsätzlich muss davon auszugehen sein, dass ein Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz gesundheitlicher Nichteignung eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellt bzw. Gefahr im Verzug besteht.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding kam zunächst zum Ergebnis, dass die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nicht gegeben sei, aus dieser Sicht gesehen war daher Gefahr im Verzug gegeben und somit ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung zunächst zu Recht erfolgt.

 

 

                                                        Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

 

                                                                                                                                                      

 

Beschlagwortung:

Bereitschaft zur Verkehrsanpassung – keine Unterscheidung hinsichtlich Gruppe 1 auf Gruppe 2;

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum