Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161209/10/Kei/Ps

Linz, 31.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des J Z, vertreten durch Dr. R W, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Februar 2006, Zl. VerkR96-9990-2005/Ps/Pos, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. November 2006, zu Recht:

 

I.           Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

 

II.         Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 130 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

„Sie haben am 29.03.2005 zwischen 02.52 Uhr und 02.55 Uhr im Gemeindegebiet Pucking, auf der A 1, Strkm. 178.220, (Section Control - Messstrecke 10.961 Meter), in Fahrtrichtung Wien, als Lenker des KFZ, pol.KZ. ...., im angeführten Bereich die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um durchschnittlich 95 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 52 lit. a Zif. 10a und § 99 Abs. 3 lit. a Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

 

650 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

9 Tagen

Gemäß

 

§ 99 Abs.3 lit. a StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG.) zu zahlen:

65 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 715 Euro.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor:

„Gegen den umseits bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, welcher mir am 24.2.2006 zugestellt wurde, erhebe ich in offener Frist

Berufung

wobei als Berufungsgründe unrichtige Sachverhaltsfeststellung, unrichtige Beweiswürdigung und Nichtigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Zunächst verweise ich auf meine bisherige Verantwortung und halte die darin mehrfach gemachten Angaben vollinhaltlich aufrecht.

Ich verweise nochmals ausdrücklich darauf, dass – wie der Behörde durch Vorlage der entsprechenden amtlichen Dokumente auch bekannt ist – die Bauartgeschwindigkeit meines Fahrzeuges nur 195 km/h beträgt, sodass schon die Annahme, über eine Strecke von 11 Kilometern sei eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 195 km/h gefahren worden, bereits aus technischen Gründen als unmöglich anzusehen ist. Berücksichtigt man außerdem den Umstand, dass bei diesem Wert die Messfehlertoleranz bereits abgezogen ist, würde sich eine tatsächlich gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit von weit jenseits der 200 km/h ergeben, was als völlig abstrus und denkunmöglich bezeichnet werden muss. Mein Fahrzeug befindet sich in völlig serienmäßigem Zustand, ist acht Jahre alt und weit davon entfernt, derart horrende Geschwindigkeiten fahren zu können.

Dazu kommt noch, dass ich mich bei der gegenständlichen Fahrt auf der Rückreise vom Urlaub befunden haben und sowohl meine Gattin als auch meine drei Kinder Insassen des Fahrzeuges waren. Nicht einmal wenn ich alleine fahre, käme ich auf die Idee, das Fahrzeug in die Nähe seiner Bauartgeschwindigkeit zu bringen, geschweige denn dann, wenn sich meine ganze Familie darin befindet. In diesem Zusammenhang bitte ich auch zu bedenken, dass mein Verwaltungsstrafakt keinerlei Einträge aufweist, was wohl einen schlüssigen Beweis dafür darstellt, dass ich stets bemüht bin, die Verkehrsvorschriften gewissenhaft einzuhalten. Andererseits ist in diesem Zusammenhang meiner Ansicht nach sehr wohl der Umkehrschluss zulässig, dass jemand, der die höchstzulässige Geschwindigkeit in einem derart gravierenden Maß überschreitet, wie es mir vorgeworfen wird, aufgrund der damit verbundenen Geisteshaltung wohl für eine ganze Reihe von Übertretungen Einträge aufweisen würde.

Obwohl ich die Behörde mehrfach darauf hingewiesen habe, dass es mit meinem Fahrzeug nicht einmal theoretisch möglich ist, die mir angelastete Geschwindigkeit zu fahren, hat sie es unterlassen, dieses Vorbringen durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen, wodurch sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat, da der Sachverständige mit Sicherheit zum Schluss gekommen wäre, dass mein Vorbringen richtig ist.

Stattdessen stützt sich die Behörde auf die lapidare und undifferenzierte Aussage von Chefinspektor G B vom Landespolizeikommando, dessen Feststellungen sich im Wesentlichen in der Aussage erschöpfen, dass ein internes Überwachungsprogramm der Computer im Falle einer Zeitabweichung die weiteren Aufzeichnungen von Daten stoppen würde.

Es ist der Behörde mit Sicherheit bekannt, dass es im Einsatzzeitraum der Section Control auf der A1 in Oberösterreich zu einer ganzen Reihe von Falschmessungen und Computerfehlern gekommen ist, sodass keineswegs mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass nur korrekte Messdaten übermittelt wurden. Mein Fall beweist, dass es sehr wohl vorkommen kann, dass auch der Selbstkontrollmechanismus des Computers versagt und die Bilder von Ein- und Ausfahrt falschen Zeiten zuordnet oder die korrekten Zeiten den falschen Bildern.

Unabhängig von obigem Vorbringen führe ich sicherheitshalber an, dass ich die rechtliche Zulässigkeit der Section Control aus verfassungsrechtlichen Gründen in Frage stelle. Wie erst vor wenigen Tagen bekannt wurde, vertritt Dr. G K, Experte im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes, die Ansicht, dass eine Geschwindigkeitsermittlung auf Straßenabschnitten von mehreren Kilometern Länge durch Videoüberwachung nicht legal sei, da dies einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz darstelle.

In einem in der Zwischenzeit beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahren wurde außerdem eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes geltend gemacht, weil die Gefahr bestehe, dass Lenker, die ein Tempolimit kurzfristig überschreiten, entweder gar nicht oder anders bestraft würden, als Lenker, die über einen längeren Abschnitt die zulässige Geschwindigkeit geringfügig überschreiten.

Zusammenfassend halte ich fest, dass es zum einen der Behörde nicht nur nicht gelungen ist, mir die angelastete Übertretung mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachzuweisen, sondern dass sie es zum anderen auch unterlassen hat, Tatsachen, die meiner Entlastung dienen, entsprechend zu erforschen.

Zu allem anderen kommen noch die von mir geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken und stelle ich somit abschließend den Antrag den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das wider mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.“

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. März 2006, Zl. VerkR96-9990-2005/Ps/Pos, Einsicht genommen und am 9. November 2006 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

In dieser Verhandlung wurden der Bw und der Zeuge CI G B einvernommen und der technische Sachverständige Ing. R H äußerte sich gutachterlich.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nach Durchführung der Ermittlungen nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Diese Beurteilung stützt sich auf die in der Verhandlung gemachten Aussagen des Zeugen CI G B und auf die durch den technischen Sachverständigen Ing. R H in der Verhandlung gemachten gutachterlichen Ausführungen. Auch wurde berücksichtigt, dass der Bw zum Ausdruck gebracht hat, dass er selbst im gegenständlichen Zusammenhang der Lenker war. Den in der Verhandlung gemachten Aussagen des Zeugen CI G B wird eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung stützt sich darauf, dass diese Aussagen unter Wahrheitspflicht gemacht wurden (siehe die §§ 49 und 50 AVG iVm § 24 VStG). Das in der Verhandlung gemachte Gutachten des technischen Sachverständigen Ing. Robert Hagen ist schlüssig.

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Das Verschulden des Bw wird – ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor – als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG.

 

Zur Strafbemessung:

Es liegt keine die Person des Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vor. Dies hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Einkommen: 1.400 Euro netto pro Monat, Vermögen: keines, Sorgepflichten: für drei Kinder.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Geschwindigkeitsüberschreitung wird wegen der durch die potentielle Gefährdung von Menschen beeinträchtigten Verkehrssicherheit als beträchtlich qualifiziert.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Höhe der durch die belangte Behörde verhängten Strafe ist insgesamt angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Keinberger

 

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