Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720169/2/Gf/Ga

Linz, 05.06.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlass der Berufung des N A, Kstr., Linz, vertreten durch RA Dr. M Z, S Str., L, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 28. Juli 2003, Zl. 1005748/FRB, wegen der Erlassung einer Ausweisung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staats­angehöriger, hat am 31. August 1999 mit einer türkischen Staatsangehörigen in der Türkei die Ehe geschlossen. In der Folge wurde seiner Gattin mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 3. Jänner 2001 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.

 

1.2. Am 15. September 2001 reiste der Rechtsmittelwerber erstmals nach Österreich ein. Ihm wurde eine zunächst bis zum 9. Juli 2002 und sodann eine bis zum 28. Juni 2003 gültige Niederlassungsbewilligung erteilt.

 

1.3. Mit Urteil des BG Linz vom 5. Juni 2003, Zl. 3 C 111/01b, wurde die Ehe – seit 11. Juli 2003 rechtskräftig – geschieden.

 

1.4. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 28. Juli 2003, Zl. 1005748/FRB, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 1 Z. 1 iVm § 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. I 75/1997, ausgewiesen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass er in Österreich nie eine Ehe geführt habe, da er mit seiner Gattin seit 1999 keinerlei Kontakt mehr gehabt habe. Damit sei nachträglich ein Versagungsgrund für einen Aufenthaltstitel bekannt geworden, wobei die damit verbundene Täuschung der Behörde massiv der öffentlichen Ordnung zuwider laufe.

 

1.5. Gegen diesen ihm am 29. Juli 2003 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 12. August bei der Erstbehörde eingelangte Berufung.

 

Darin wird eingewendet, dass zwar das Scheidungsurteil des BG Linz deshalb nicht bekämpft worden sei, weil der Rechtsmittelwerber dessen Konsequenz inhaltlich akzeptiere; dies bedeute jedoch nicht, dass er auch die dem Urteil zu Grunde liegenden Sachverhaltsfeststellungen teile. Außerdem sei die Begründung des angefochtenen Bescheides insoweit in sich widersprüchlich, als diese einerseits auf die ausführliche Begründung des Scheidungsurteils hinweise, wonach erst seit November 2001 von einer Zerrüttung der Ehe auszugehen sei, andererseits aber davon ausgehe, dass er in Österreich mit seiner Gattin nie eine für die Ehe typische Lebensgemeinschaft geführt habe. Darüber hinaus greife die Ausweisung massiv in sein Privat- und Familienleben ein, weil sie ihm künftig jeglichen Kontakt zu seinem minderjährigen Sohn, an dem auch seiner früheren Gattin gelegen sei, verunmögliche, obwohl auch z.B. die Möglichkeit bestanden hätte, sein tatsächliches Wohlverhalten im Wege bloß befristeter Aufenthaltstitel zu beobachten.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

1.6. Mit Bescheid der (vormaligen) Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 24. Februar 2004, Zl. St 215/03, wurde die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

1.7. Der dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. März 2007, Zl. 2004/18/0061-6, Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben und unter Hinweis auf das dg. Erkenntnis vom 8. September 2005, Zlen. 2005/21/0013 u. 0014, ausgesprochen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate sachlich zur Entscheidung zuständig sind.

 

1.8. Die (nunmehrige) Sicherheitsdirektion Oberösterreich hat daher die gegenständliche Berufung mit Schreiben vom 11. Mai 2007, Zl. St 215/03, gemäß
§ 6 Abs. 1 AVG an den Oö. Verwaltungssenat weitergeleitet.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. 1005748/FRB; da sich bereits aus diesem der ent­scheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß Art. 5 des Fremdenrechtspaketes, BGBl. Nr. I 100/2005, ist das Fremdengesetz 1997, BGBl. Nr. I 75/1997 (im Folgenden: FrG), mit Ablauf des
31. Dezember 2005 außer Kraft getreten.

 

Der angefochtene Bescheid vermag sich somit nicht mehr auf die ihn ursprünglich tragende Rechtsgrundlage zu stützten.

 

3.2. In den im Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), enthaltenen Übergangsbestimmungen findet sich zwar eine Anordnung dergestalt, dass "Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes" – d.i. gemäß § 126 Abs. 1 und 2 FPG der 1. Jänner 2006 – "anhängig sind, nach dessen Bestimmungen weiterzuführen sind" (vgl. § 125 Abs. 1 FPG).

 

Im gegenständlichen Fall war jedoch das Verfahren zur Erlassung der Ausweisung bereits mit der Zustellung des Bescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 24. Februar 2004, Zl. St 215/03, rechtskräftig abgeschlossen; dies insbesondere auch deshalb, weil der Verwaltungsgerichtshof der dagegen erhobenen Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt hat.

 

3.3. § 125 Abs. 4 FPG, der zwar inhaltlich auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des FPG bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts anhängige Verfahren rekurriert, bezieht sich seinem expliziten Wortlaut nach nur auf Aufenthaltsverbote, nicht aber auch – wie z.B. § 125 Abs. 1 FPG – auf Ausweisungen.

 

3.4. Aus all dem folgt im Ergebnis, dass die auf das FrG gestützten und im Zeitpunkt des Inkrafttretens des FPG bereits rechtskräftig gewordenen Ausweisungen nach dem 1. Jänner 2006 ihre Rechtsgrundlage verloren haben. In derartigen Konstellationen müsste sohin im Bedarfsfall eine neuerliche, nunmehr auf die
§§ 53 ff FPG gestützte Ausweisung erlassen werden.

 

3.5. Der gegenständlichen Berufung war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

3.6. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die im gegenständlichen Fall bewirkte erhebliche Verzögerung der Entscheidungsfindung (insgesamt fast vier Jahre) aus den unter 1.4. bis 1.8. dargelegten Gründen nicht vom Oö. Ver­waltungssenat zu vertreten ist.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1.    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2.    Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 

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