Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280833/20/Wim/Jo

Linz, 12.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn Ing. E I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H M, vom 17.05.2005, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 18.04.2005, Ge96-118-2004, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 16.01.2007 zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Der erstinstanzliche Spruch wird insofern ergänzt, als sein zweiter Absatz lautet: "Die beiden Arbeitnehmer waren auch nicht mittels persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert, wobei jedoch im gegenständlichen Fall eine technische Schutzmaßnahme hätte getroffen werden müssen, da § 7 Abs.3 und 4 BauV nicht anzuwenden ist."

 

II.      Der Berufungswerber hat als zusätzlichen Beitrag zu den Kosten des zweitinstanzlichen Strafverfahrens einen Betrag von 100 Euro (das sind 20 % der verhängten Strafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro, Ersatz­freiheitsstrafe von 120 Stunden, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) in Verbindung mit der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

„Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der I Gesellschaft m.b.H., welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der I Gesellschaft m.b.H. KG. mit Sitz in V ist, zu verantworten, dass bei einer am 17.06.2004 vom Arbeitsinspektorat Linz durchgeführten Besichtigung der Baustelle in Rohrbach, K Center, festgestellt wurde, dass zwei bei obiger Gesellschaft beschäftigte Arbeitnehmer auf dem leicht ellipsoiden Dach mit der Verlegung eines Gleitbügeldaches beschäftigt waren, wobei keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren, obwohl bei Arbeiten, bei denen Absturzgefahr besteht, Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen anzubringen sind.

Die beiden Arbeitnehmer waren auch nicht mittels persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz, wobei jedoch im gegenständlichen Fall eine technische Schutzmaßnahme hätte getroffen werden müssen, da § 7 Abs.3 und 4 BauV nicht anzuwenden ist.

Die Absturzhöhe betrug ca. 4-5 m, die Dachneigung ca. 15°“

 

2.      Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung eingebracht und den genannten Bescheid  zur Gänze angefochten, wobei als Berufungsgründe Nichtigkeit, wesentliche Verfahrensmängel, unrichtige Sachverhaltsfeststellungen sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurden.

 

Zusammengefasst wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das gegenständliche Bauvorhaben A l Rohrbach K, von einem Subunternehmen und zwar von der Firma Ing. K G GmbH, . S, durchgeführt worden sei. Diese Firma sei auch allein für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen verantwortlich gewesen. Lediglich fallweise und aufgrund der Tatsache, dass der Subunternehmer mit den Arbeiten in Verzug geriet und Terminprobleme drohten, seien von der Firma des Beschuldigten zeitweise zwei Arbeiter dem Subunternehmer zur Verfügung gestellt worden. Im Übrigen würde es sich beim gegenständlichen Fall um eine der Errichtung von Stockwerksdecken gleichgelagerte Tätigkeit im Sinne des § 7 Abs.5 Z2 BauV handeln, wonach im gegenständlichen Fall die Sicherung der Arbeitnehmer entfallen könnte.

 

Weiters sei im Betrieb unter Beiziehung einer Sicherheitsfachkraft, Herrn P M, in der Firma des Beschuldigten ein Kontrollsystem aufgebaut worden und seien zahlreiche Maßnahmen zur besseren Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen durch die Arbeiter des Beschuldigten durchgeführt worden. Schon bei den Einstellungsgesprächen werde darauf hingewiesen, dass die Arbeitnehmerschutzbestimmungen einzuhalten seien. Auch in zahlreichen Rundschreiben und Dienstanweisungen werde immer darauf hingewiesen dass die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen unabdingbar sei. Auch würden regelmäßig Kontrollen durchgeführt, um überprüfen zu können, ob sich die Arbeiter an die Dienstanweisungen halten würden. Bei diesen Kontrollen sei auch teilweise festgestellt worden, dass sich diverse Arbeitnehmer nicht an die Direktiven gehalten hätten, was dazu geführt habe, dass bereits Verwarnungen ausgesprochen worden seien und bei wiederholten Verstößen auch Sanktionen wie fristlose Kündigung und Verhängung von Geldstrafen angedroht worden seien.

Der Beschuldigte hätte jedenfalls sämtliche zumutbare Maßnahmen zur Kontrolle der Einhaltung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes gesetzt, sodass ihm kein Verschulden vorwerfbar sei.

 

Unabhängig davon sei die über den Beschuldigten verhängte Strafe bei weitem überhöht, da selbst bei Annahme der Strafbarkeit des Beschuldigten die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe bedeutend überwiegen würden, sodass unter Anwendung des § 20 VStG jedenfalls eine Unterschreitung der Strafe um die Hälfte beantragt werde.

 

Der Berufungswerber stellte daher die Anträge auf Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sowie auf Einstellung des gegenständlichen Verfahrens in eventu unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen, in eventu gemäß § 20 VStG eine außerordentliche Milderung der Strafe vorzunehmen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.01.2007, an der neben dem Berufungswerber auch die Zeugen DI A H vom Arbeitsinspektorat Linz, O S, Ing. K G und Herr P M einvernommen wurden.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Das Unternehmen des Berufungswerbers hat als Subunternehmer der Firma IGS einen Auftrag für das Dach des Acenters K in Rohrbach bekommen. Dabei handelt es sich um ein gewölbtes Blechdach aus Hangarblechen bzw. sogenannten Kalzipblechen.

 

Da die Firma selbst bei der Verlegung derartiger Dächer keine Erfahrung besaß, hat sie diesen Auftrag an die Firma Ing. K G GmbH in Sub weitervergeben.

Dabei sollte lediglich die Arbeitsleistung durch die Firma G erfolgen und pauschal abgegolten werden, während das Material durch die Firma I beigestellt wurde. Nach einer Anlieferung von Materialnachschub haben die bereits mehrjährig im Unternehmen des Berufungswerbers ausschließlich arbeitenden Leasingarbeitnehmer O S und Martin Affenzeller über Anordnung des Berufungswerbers bei der Verlegung des Daches mitgeholfen indem sie vorwiegend Halteleisten für die obere Dachhaut montiert haben. Sie haben dabei nach Anweisungen der Monteure der Firma G mit einer vorgefertigten Lehre diese Halteleisten montiert. Die Traufenhöhe des Daches betrug zwischen 4 und 5 m und es wurden keinerlei Schutzvorrichtungen verwendet. Ein an der Außenwand vorhandenes Baugerüst reichte nicht oder zumindest nur marginal über die Traufenkante hinaus.

 

Im Betrieb der Firma I ist Herrn P M als Sicherheitsfachkraft mittels Werkvertrages mit 70 Stunden pro Jahr beschäftigt, der Schulungen und auch Baustellenkontrollen durchführt und zwar im Durchschnitt von zwei Baustellen pro Monat. Das Unternehmen wickelt im Jahr ca. 2000 kleinere aber auch größere Baustellen ab. Bei den gegenständlichen Arbeiten wurde weder von der Sicherheitsfachkraft noch vom Berufungswerber eine Baustellenkontrolle durchgeführt.

 

Mit der G GmbH wurde in einer Endabrechung der Dachmontage für die von den obigen Arbeitsnehmern erbrachten Leistungen ein Betrag abgezogen. Zusätzlich wurde vereinbart, dass für den Fall, dass Kosten wegen der Kontrolle des Arbeitsinspektorates entstehen, diese je zu 50% getragen werden.

 

Der Berufungswerber ist Angestellter der Firma I und in Altersteilzeit und hat keine konkreten Angaben über seinen Verdienst gemacht.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie aus den Aussagen des Berufungswerbers, und der einvernommenen Zeugen. Aus den Beweiserhebungen ergeben sich keine Widersprüche und es wurde auch der Sachverhalt im Rahmen der gemachten Feststellungen nicht bestritten.

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.   Zu den rechtlichen Grundlagen und auch zur Begründung kann auf die umfassenden Ausführungen des erstinstanzlichen Strafverfahrens verwiesen werden.

 

Der objektive Tatbestand des Verstoßes gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften wurde nicht bestritten.

 

Der Einwand, dass hier die Vorschrift des § 7 Abs.5 BauV analog zur Anwendung käme wird vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilt. Bei der Errichtung von Stockwerksdecken ist die Gefahrenlage durchaus eine andere als bei Arbeiten auf Dächern, da hier die Arbeitnehmer in Richtung der Absturzmöglichkeit arbeiten, wenn sie z.B. entsprechendes Mauerwerk aufziehen. Dies ist bei der Verlegung von Dächern in der Regel nicht der Fall sodass schon aus sachlichen Gründen aber natürlich auch rein vom Wortlaut her diese Bestimmung nicht zur Anwendung gelangen kann.

 

Beide Arbeitnehmer sind zwar bei zwei verschiedenen Leasingfirmen beschäftigt, arbeiten jedoch schon mehrere Jahre ausschließlich für die Firma I. Entsprechend den Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes sind sie in Bezug auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften als Arbeitnehmer der Firma des Berufungswerbers anzusehen.

 

Zur bloßen Mithilfe bei Arbeiten des Subunternehmers G GmbH ist festzuhalten, dass die Firma I hier im Verhältnis der Firma G der Generalunternehmer war und die Arbeitnehmer als solche der Firma I gelten. Sie haben im Auftrag des Berufungswerbers die Verlegearbeiten durchgeführt. Der Grund war auch Erfahrungen für die Verlegung von Kalzipblechen zu sammeln und offensichtlich auch eine drohende Terminüberschreitung zu verhindern, die letztlich auch die Firma I gegenüber ihrem Auftraggeber verantworten hätte müssen. Auch wenn sie dabei unter Anleitung der Monteure der Firma G gearbeitet haben, so ist dies nicht einer Arbeitskräfteüberlassung gleichzusetzen für die letztendlich auch die formalen Erfordernisse, Dienstzettel und dergleichen, nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz nicht vorlagen. Das Arbeits- und Weisungsverhältnis bestand eindeutig zur Fa. I. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Pauschalvergütung der Fa. G wegen der Mithilfe der Arbeiter gekürzt wurde. Dies ist nur verständlich, da eben ein Teil der Arbeitsleistungen durch Arbeiter der Fa. I gemacht wurden. Auch die Vereinbarung der Aufteilung von allfälligen "Arbeitsinspektoratskosten" spricht sogar dafür, dass sich die Fa. I auch für die Übertretungen verantwortlich fühlte, da ja ansonsten eine solche Regelung gar nicht getroffen hätte werden müssen.

 

4.2.   Zum Kontrollsystem ist zu sagen, dass nach den Aussagen von Herrn M zwar ein Sicherheitssystem eingerichtete wurde mit entsprechenden Schulungen, jedoch nur durchschnittlich nur zwei Baustellenkontrollen pro Monat erfolgten bei jährlich ca. 2000 abgewickelten Baustellen nach Angaben des Berufungswerbers. Die konkrete Baustelle wurde überhaupt nie von irgendjemandem kontrolliert. Schon diese Punkte erfüllen nicht die Anforderungen an ein effizientes und wirksames Kontrollsystem wie es in der ständigen Judikatur der Höchstgerichte verlangt wird.

 

Der Berufungswerber hat daher die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

4.3.   Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Berufungswerber bereits mehrere einschlägige Vorstrafen wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnen­schutzgesetzes aufweist. Bei einem Strafrahmen zwischen 145 Euro und 7.260 Euro bzw. im Wiederholungsfall sogar von 290 Euro bis 14.530 Euro liegt die verhängte Strafe von 500 Euro im absolut untersten Bereich, wobei auch wie von der Erstbehörde angegeben bei Annahme von bescheidensten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sie in jedem Fall nicht als überhöht anzusehen ist, und mangels konkreter Angaben des Berufungswerbers durchaus von durchschnittlichen Verhältnissen diesbezüglich ausgegangen werden musste.

 

Ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen gemäß § 20 VStG liegt nicht vor. So scheinen gar keine Milderungsgründe auf, während die zahlreichen einschlägigen Verwaltungsvorstrafen zu Recht schon von der Erstinstanz als erschwerend herangezogen wurden.

Angesichts der Umstände der Übertretung und der davon ausgehenden Gefährdungssituation für Arbeitnehmer bei einem Absturz vom Dach bei einer Traufenhöhe von 4 bis 5 m sowie dem Fehlen eines bloß geringfügigen Verschuldens, für das sich aus dem Verfahren keine Anhaltspunkte ergaben, gelangt auch die Bestimmung des § 21 VStG nicht zur Anwendung und war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4.4.   Bei der Spruchergänzung handelt es sich nur um eine sprachliche Vervollständigung, die nicht sinnentstellend war, zumal sie im Gesamtverfahren nicht einmal gerügt wurde.

 

5.      Die Höhe des Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren ergibt sich aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  Wimmer

 

 

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