Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161419/8/Kei/Bb/Ps

Linz, 12.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Herrn R Y, vertreten durch Rechtsanwälte E & Partner, S, W, vom 6.6.2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12.5.2006, Zl. VerkR96-26815-2005/PM, betreffend eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) zu Recht:

 

I.                    Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses anstelle von „558,50 Euro“ gesetzt wird „558,80 Euro“, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.

 

II.                   Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 101,60 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.   

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber das in der Präambel zitierte Straferkenntnis wie folgt erlassen:

 

"Sie haben am 19.7.2005 um 23.40 Uhr im Gemeindegebiet Ansfelden auf der A1, bei Strkm. 170,000 in Fahrtrichtung Wien, als Lenker des KFZ, pol. KZ. die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 71 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 52 lit.a Zif.10 a StVO 1960 und § 99 Abs.2 c Z9 StVO 1960

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von          Falls diese uneinbringlich ist,         Gemäß

                                   Ersatzfreiheitsstrafe von                            

508,00 Euro              144 Stunden                                     § 99 Abs.2c Z9 StVO 1960

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG ) zu zahlen:

50,80 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 558,50 Euro."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 6.6.2006 eingebracht.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und Durchführung ergänzender Erhebungen. Von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil sowohl seitens des Berufungswerbers im Schriftsatz vom 23.5.2007 als auch seitens der belangten Behörde mit Eingabe vom 25.5.2007 auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet wurde.

 

5. Es ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des nunmehrigen Landespolizeikommandos vom 9.9.2005 zu Grunde. Demnach wurde am 19.7.2005 um 23.40 Uhr mittels Radarmessung festgestellt, dass vom Lenker des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen (D) in Ansfelden, auf der A1 bei Strkm 170.000 in Fahrtrichtung Wien eine Geschwindigkeitsüberschreitung der in diesem Bereich kundgemachten zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h begangen wurde. Die durchgeführte Messung ergab einen Messwert von 181 km/h. Nach Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz verblieb eine tatsächliche Fahrgeschwindigkeit von 171 km/h, sodass die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h konkret um 71 km/h überschritten wurde.

Der Berufungswerber war zur gegenständlichen Zeit Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen (D).

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28.9.2005, Zl. VerkR96-26815-2005, wurde der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mitzuteilen, wer das Fahrzeug mit dem Kennzeichen am 19.7.2005 um 23.40 Uhr in Ansfelden auf der A1 bei km 170.000 in Richtung Wien gelenkt hat.

Der Berufungswerber hat in der Folge keine Auskunft erteilt und mit Eingabe vom 21.10.2005 um Zusendung von Beweismitteln ersucht. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.12.2005 wurde dem Berufungswerber die angezeigte Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO korrekt und vollständig als Lenker  zur Last gelegt und gleichzeitig das ausgearbeitete Radarfoto in Kopie übersandt. Trotz der nachweislich eingeräumten Möglichkeit zur Rechtfertigung hat der Berufungswerber von seiner Rechtfertigungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht, weshalb das Strafverfahren – wie angedroht – ohne seine weitere Anhörung durchgeführt wurde.  Die belangte Behörde hat daraufhin den Berufungswerber als Lenker des angezeigten Fahrzeuges zur Tatzeit angenommen und das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

 
§ 52 lit.a Z10a StVO lautet (auszugsweise):
Das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. 
 

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Straferkenntnis davon ausgegangen, dass der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer das Kraftfahrzeug selbst gelenkt habe. Er hat über Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe vom 28.9.2005, Zl. VerkR96-26815-2005, überhaupt keine Angaben darüber gemacht, wer das Fahrzeug gelenkt haben könnte, sondern er hat lediglich um Zusendung von Beweismittel ersucht. Er hat auch anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.12.2005, Zl. VerkR96-26815-2005/Pm, mit welcher ihm die Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO vorgeworfen wurde, von der nachweislich eingeräumten Rechtfertigungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht und die Täterschaft nicht bestritten. Dem gesamten erstinstanzlichen Verfahren ist weder die Behauptung zu entnehmen noch kann daraus zwingend geschlossen werden, dass vom Berufungswerber die Tat bestritten wurde, weil er nicht der Lenker gewesen sei. Er wendet sich erstmals im Berufungsschriftsatz vom 6.6.2006 gegen die Feststellung der belangten Behörde, er sei Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges gewesen. Er behauptet nunmehr, den verfahrensgegenständlichen Personenkraftwagen am Tag zuvor, am 18.7.2005 Herrn I M, F, W, der gemeinsam mit Herrn A Y, F, W, mit dem Personenkraftwagen nach Österreich zur Arbeit gefahren sei, überlassen zu haben. Da Herr A Y seines Kenntnisstandes nach keine Fahrerlaubnis besitze, sei davon auszugehen, dass I M der Lenker gewesen sei.

Der Aufforderung des Oö. Verwaltungssenates, eidesstattliche Erklärungen der beiden Zeugen I M und A Y anher zu übermitteln, ist der Berufungswerber bis zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht nachgekommen.

 

Der Schilderung des Berufungswerbers, zum Vorfallszeitpunkt nicht der Lenker gewesen zu sein, wird kein Glauben geschenkt, weil er in keinem Stadium des erstinstanzlichen Verfahrens konkrete Angaben darüber gemacht hat, wer sonst (außer dem Berufungswerber als Zulassungsbesitzer) das Kraftfahrzeug zur Tatzeit am Tatort gelenkt hat. Bei der Feststellung, wer ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs.2 AVG.

Die Berufungsinstanz vertritt die Auffassung, dass es im konkreten Fall nicht unschlüssig ist, auf die Täterschaft des Berufungswerbers zu schließen, zumal er auch im Verfahren vor der Berufungsinstanz weder eine eidesstattliche Erklärung noch einen sonstigen Beweis vorgelegt hat, was ihn von der gegenständlichen Übertretung entlasten hätte können.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 6.12.1985, 85/18/0051; 25.3.1992, 92/02/0005, uva.) befreit der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens die Partei nicht von der Verpflichtung zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintan zu halten. Es entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Behörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften aus dem Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Schluss ableiten kann, der Zulassungsbesitzer selbst sei der Täter gewesen, wobei es nicht relevant ist, ob es zu einer auf § 103 Abs.2 KFG 1967 gestützten Lenkeranfrage gekommen ist (VwGH 11.5.1990, 90/18/0022).

 

Nach der gegebenen Beweislage wird davon ausgegangen, dass der Berufungswerber tatsächlich der Lenker des gemessenen Kraftfahrzeuges zum Vorfallszeitpunkt war. 

 

Im vorliegenden Fall wurde zum Vorfallszeitpunkt eine Autobahn, auf der eine maximale Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zulässig war, befahren. Die mittels Radarmessgerät – Radarbox MUVR 6FA, mit der Nr. 1401 – gemessene Fahrgeschwindigkeit wurde jedoch mit 171 km/h (nach Abzug der vorgesehenen Toleranzen) festgestellt.

 

Eine Radarmessung stellt grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar; einem mit der Radarmessung betrauten Beamten ist aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Radargerätes – im Falle eines in einer feststehenden Kabine befindlichen Gerätes auch dessen Anbringung – zuzumuten (VwGH 19.9.1990, 90/03/0136).

 

Im Hinblick darauf, dass der Berufungswerber im gesamten Verfahren das Messergebnis nicht angezweifelt und kein sachverhaltsbezogenes Vorbringen gegen das Messergebnis erstattet hat und im Verfahren weder Anhaltspunkte für eine Funktionsungenauigkeit oder -untüchtigkeit des gegenständlichen Messgerätes noch Hinweise auf mögliche Bedienungsfehler oder eine Fehlmessung hervorgekommen sind, steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat zweifelsfrei fest, dass der Berufungswerber als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen (D) zur Tatzeit am Tatort die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 71 km/h überschritten hat.

 

Der Berufungswerber hat sohin die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche ihn im Bereich der subjektiven Tatseite entlasten würden. Das Verschulden des Berufungswerbers wird als Fahrlässigkeit qualifiziert. Der Schuldspruch ist zu Recht erfolgt.

 

7. Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Für die gegenständliche Verwaltungsübertretung sieht § 99 Abs.2c Z9 StVO eine Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro vor.

 

Der Berufungswerber verfügt gemäß den Schätzungen der Erstinstanz, welchen er nicht widersprochen hat, über ein monatliches Einkommen von ca. 1.100 Euro, besitzt kein Vermögen und hat keine Sorgepflicht.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass eine die Person des Berufungswerbers betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vorliegt. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass keine solche Vormerkung vorliegt. Diese Beurteilung hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Geschwindigkeitsüberschreitung wird wegen der durch die potentielle Gefährdung von Menschen beeinträchtigten Verkehrssicherheit als beträchtlich qualifiziert.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

 

Die von der Erstbehörde verhängte Strafe ist angesichts der genannten Umstände nicht überhöht. Sie ist tat- und schuldangemessen und geeignet, um den Berufungswerber künftighin vor weiteren Verwaltungsübertretungen dieser Art abzuhalten. Die Strafe ist auch aus generalpräventiven Gründen notwendig, zumal gerade bei derartigen Überschreitungen der erlaubten Höchstgeschwindigkeit Interessen der Verkehrssicherheit gefährdet werden. Eine Herabsetzung der Strafe ist nicht vertretbar. Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  Keinberger

 

 

 

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