Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230564/6/Br

Linz, 20.02.1997

VwSen-230564/6/Br Linz, am 20. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft UrfahrUmgebung vom 27. Dezember 1996, Zl.

Sich96-282-1996/SR/HM, nach der am 20. Februar 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch zu lauten hat: "Sie haben sich am 1. Juli 1996 von der Adresse S polizeilich abgemeldet, ohne tatsächlich diese Unterkunft aufgegeben zu haben, sodaß Sie dort vom 1. Juli bis zum 4.

September 1996 unangemeldet aufhältig gewesen sind".

Das Meldegesetz gelangt idF BGBl.Nr. 352/1995 zur Anwendung.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden der Berufungswerberin 100 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem Straferkenntnis vom 27. Dezember 1996, Zl.

Sich96-282-1996/SR/HM, über die Berufungswerberin eine Geldstrafe in der Höhe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie sich von der Wohnadresse in S am 1. Juli 1996 polizeilich abgemeldet gehabt habe, obwohl am 4. September 1996 um 06.55 Uhr festgestellt worden sei, daß sie die Unterkunft dort nicht aufgegeben gehabt habe.

2. In der Begründung des hier angefochtenen Straferkenntnisses führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Unterkunftsaufgabe infolge einer Übersiedlung nach F (Deutschland) und die damit einhergegangene Unterkunftsaufgabe in S während dieses Zeitraumes nicht glaubwürdig sei, weil die Berufungswerberin weiterhin in L gearbeitet habe.

2.1. Die Berufungswerberin wendet in ihrer dagegen fristgerecht erhobenen Berufung folgendes ein und führt aus:

"Gegen das Straferkenntnis vom 27.12.1996 erhebe ich innerhalb der gesetzlich offenen Frist B E R U F U N G und begründe diese wie folgt:

Sie führen in Ihrem Straferkenntnis an, daß durch die eigene dienstliche Wahrnehmung eines Straßenaufsichtsorganes am 4.9.1996 um 6.55 Uhr ich in S angetroffen wurde und aus diesem Grunde meine Wohnsitzadresse auch in S sein muß.

Dazu möchte ich vorbringen, daß ich wohl zu diesem Zeitpunkt in S angetroffen wurde, das aber kein Beweis für eine Nächtigung ist. Ich bin an diesem Tag sehr früh schon aus F abgefahren, um mich davon zu überzeugen, ob im Haus alles in Ordnung ist.

Sie führen auch noch an, daß Sie es für unglaubwürdig halten, das ich in Deutschland wohne, da ich ja bei der Landwirtschaftskammer für Oö. als Angestellte beschäftigt bin.

Hiezu möchte ich angeben, daß ich nicht die Einzige in meiner Arbeitsstelle bin, die eine weitere Anreise hat.

Außerdem finde ich, daß S nicht so weit entfernt ist.

Zu diesem Zeitpunkt hätte ich als Mutter sicher keinen noch so weiten Anreiseweg gescheut, damit ich meinem Sohn, der, wie bereits in meiner ersten Berufung angeführt, einen sehr schweren Verkehrsunfall hatte, anfangs sogar in Lebensgefahr schwebte, zur Seite stehen kann. Dieses Recht, so glaube ich, kann mir niemand absprechen.

Ich ersuche, aus den angeführten Gründen meiner Berufung stattzugeben.

Mit vorzüglicher Hochachtung (e.h. Unterschrift der Berufungswerberin)" 3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Zumal in der Berufung auch Tatsachen bestritten werden, war eine öffentliche mündliche Verhandlung zur Wahrheitsfindung anzuordnen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes und durch Vernehmung der Berufungswerberin bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung, an welcher auch ein Vertreter der Erstbehörde teilgenommen hat.

5. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

5.1. Die Berufungswerberin ist Mitbesitzerin des Hauses an der hier verfahrensgegenständlichen Adresse in S. Mit 1.

Juli 1996 meldete sie sich an dieser Adresse ab und meldete sich mit 12. Juli 1996 an der Adresse ihres Sohnes in F, B an. Mit Ausnahme eines Urlaubes ging sie täglich ihrer Beschäftigung bei der Bauernkammer in L nach. Am 4.

September 1996 um 06.55 Uhr wurde die Berufungswerberin von der Gendarmerie S im Ortschaftsbereich W als Lenkerin des Pkws ihrer Tochter in Fahrtrichtung L angetroffen und einer Fahrzeugkontrolle unterzogen. Dabei gelangte auch der Verdacht der Übertretung des Meldegesetzes zur Anzeige.

5.2. Die Berufungswerberin führte anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung aus, daß sie zwecks Betreuung ihres damals an Unfallsfolgen leidenden Sohnes nach F verzogen sei. Von dort aus wäre sie täglich mit dem Zug nach L zu ihrem Arbeitsplatz gefahren. Nur gelegentlich habe sie im Haus "nach dem Rechten gesehen". Sie habe auch den Hausrat nach F "übersiedelt", jedoch in ihrem Haus noch persönliche Gegenstände zurückgelassen gehabt. Konkret dazu befragt zu welcher Zeit die von ihr benützten Züge jeweils abgefahren waren (S) vermochte die Berufungswerberin keine bestimmte Uhrzeit zu benennen. Sie vermeinte lediglich, daß diese Züge im Stundentakt verkehrten.

Auf Grund der Ausführungen der Berufungswerberin vermochte der unabhängige Verwaltungssenat nicht zur Überzeugung zu gelangen, daß die Berufungswerberin tatsächlich ihre Unterkunft in ihrem Haus in S aufgelassen gehabt hat. Es mag durchaus zutreffen, daß die Berufungswerberin während dieser Zeit sich um ihren Sohn im besonderen Ausmaß kümmerte, jedoch ist sie mit Sicherheit nicht täglich aus F zu ihrem Arbeitsplatz angereist. Dagegen spricht einerseits, daß sie, offenbar am Weg zum Arbeitsplatz, am 4. September 1996 in S angetroffen wurde, andererseits, würde jemand, welcher über drei Monate fast täglich eine Bahnverbindung benützt, die jeweiligen Abfahrtszeiten benennen können. Da dies nicht der Fall war, ist dies ein überzeugendes Indiz, daß derartiges nicht geschah. Daraus folgt, daß die Berufungswerberin ihren Wohnsitz in S nicht aufgegeben hatte. Nicht zuletzt hätte sie hievon wohl auch den Dienstgeber verständigt bzw. zu verständigen gehabt. Vielmehr bestand keinerlei Wille die Unterkunft in ihrem Haus tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt aufzugeben.

Mit ihrer Anmeldung in F und der Abmeldung in S vermochte die Berufungswerberin eine Wohnsitzaufgabe am letzteren Ort nicht darzutun. Welche Motive hinter dieser Abmeldung gestanden sein mögen kann dahingestellt bleiben.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1. Der § 1 Abs.1 MeldeG lautet:

Eine Unterkunft wird überall dort anzunehmen sein, wo Räume von einer oder mehreren Personen zur Befriedigung eines, wenn auch nur vorübergehenden Wohnbedürfnisses (nämlich sich darin aufzuhalten, dort zu nächtigen, seine Sachen zu verwahren und hievon andere grundsätzlich auszuschließen), benützt werden. Ob überhaupt ein, bzw. welcher Rechtstitel hiefür besteht, ist für den Begriff der Unterkunft nicht rechtserheblich.

In den Gesetzesmaterialien wird hiezu noch dargelegt, daß es aus den äußeren Umständen hervorgeht, ob der bisherige Benützer offensichtlich nicht mehr beabsichtigt, diese Wohnung auch künftig noch als Unterkunft zu benützen. Dies wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn er seine persönlichen Effekten sowie die seiner Lebensführung entsprechenden wesentlichen Gegenstände des täglichen Lebens daraus entfernt hat (Erläuterungen zur Regierungsvorlage, Nr. 418 der Beilagen, Seite 10). Davon kann im gegenständlichen Fall wohl keine Rede sein. Wenn die Berufungswerberin zu vermeinen schien, daß es auf den Nachweis einer (ständigen) Nächtigung ankäme, so trifft dieses Kriterium nicht zu, wenngleich es im Einzelfall ein Indiz für eine Unterkunftsaufgabe sein kann. Dabei wird wohl ein Unterschied darin zu erblicken sein, ob es sich etwa (bloß) um eine Untermietunterkunft in Form eines Zimmers, oder - so wie hier - um ein im Eigentum der Unterkunftnehmerin stehendes Haus handelt.

Die Paragraphen 3 Abs.1, 4 Abs.1 u. 22 Abs. 1 MeldeG lauten:

Wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ist innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.

Wer seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt, ist innerhalb von drei Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden.

Wer 1. die ihn treffende Meldepflicht nach den §§ 3, 4, 5 oder 6 nicht erfüllt oder 2. eine Anmeldung vornimmt, obwohl keine Unterkunftnahme erfolgt ist oder 3. eine Abmeldung vornimmt, obwohl die Unterkunft nicht aufgegeben werden soll oder 4. bei einer An-, Ab- oder Ummeldung unrichtige Meldedaten (§ 1 Abs. 5) angibt oder 5. als Inhaber eines Beherbergungsbetriebes oder als dessen Beauftragter Gästeblätter unvollständig ausfüllt (§ 7 Abs.

5), gegen die Vorschriften des § 10 Abs. 1 oder 6 über die Führung der Gästeblattsammlung verstößt oder der Meldebehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes trotz Verlangens nicht Einsicht in die Gästeblattsammlung gewährt oder 6. als Meldepflichtiger gegen seine Verpflichtung nach § 12 Abs. 1 verstößt oder 7. als Unterkunftgeber gegen seine Verpflichtung nach § 12 Abs. 2 verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 30.000 S, zu bestrafen.

Nach § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der zuwidergehandelt wurde, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Handelnde (die Berufungswerberin) das Unerlaubte seines (ihres) Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Da sich die Berufungswerberin selbst an der angeführten Adresse anläßlich der angeblichen Betreuung ihres Sohnes in Freilassing abgemeldet hat, wäre es ihr falls sie tatsächlich eine mögliche Notwendigkeit dazu erblickt haben sollte - zumindest zumutbar gewesen sich über die rechtliche Situation bei der Behörde zu erkundigen.

6.2. Die Änderung des Spruches diente der genauen Tatumschreibung im Sinne des § 44a Abs.1 u. 2 VStG. Die Erstbehörde hat offenbar irrtümlich den Tatvorwurf im Spruch des Straferkenntnisses nur mit dem Tag der Feststellung umschrieben, wobei jedoch aus dem Akt klar hervorging, daß dieser nur vom Zeitpunkt der polizeilichen Abmeldung bis zum Zeitpunkt der Feststellung gemeint sein konnte. Dies wurde der Berufungswerberin im Akt zugänglich gemacht, sodaß sie dadurch weder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt war, noch in ihren Verteidigungsrechten eine Einschränkung erfahren konnte. Auch die Rechtsvorschrift war in der anzuwendenden Fassung klar zu stellen.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß der von der Erstbehörde verhängten Strafe in Höhe von nur 500 S auch trotz der glaubhaft vorliegenden eher ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Berufungswerberin nicht entgegengetreten werden kann. Die Erstbehörde hat sich bei der Strafzumessung durchaus im untersten Bereich des gesetzlichen Ermessensspielraumes bewegt. Auf den gesetzlichen Strafrahmen bis zu 10.000 S wird in diesem Zusammenhang noch gesondert hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Straferkenntnis ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Straferkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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