Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110776/2/Kl/Pe

Linz, 03.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn K H, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. C S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.2.2007, VerkGe96-103-2006, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Güterbeförderungsgesetz (GütbefG) zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.2.2007, VerkGe96-103-2006, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen in zwei Fällen von je 363 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 84 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z2 und Abs.4 erster Satz GütbefG iVm mit 1) § 6 Abs.2 und 2) § 6 Abs.1 GütbefG verhängt, weil er als Inhaber einer Gewerbeberechtigung für „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen, deren höchste zulässige Nutzlast 600 kg nicht übersteigt (Botendienst)“ nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften des Güterbeförderungsgesetzes eingehalten wurden, da anlässlich einer am 12.10.2006 um 8.25 Uhr auf der Westautobahn A 1 im Gemeindegebiet von Ansfelden, bei km 174,608, durchgeführten Kontrolle des Lkw mit dem Kennzeichen, Lenker: H H, festgestellt wurde, dass das gegenständliche Kfz zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendet wurde, obwohl

1) im Kraftfahrzeug keine von der Behörde ausgestellte und beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister mitgeführt wurde, obwohl der Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass in jedem zur Ausübung des Güterverkehrs verwendeten Kraftfahrzeug während der gesamten Fahrt eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister mitgeführt wird und

2) im Zulassungsschein die Verwendungsbestimmung „zur Verwendung für die gewerbsmäßige Beförderung bestimmt“ nicht eingetragen war, obwohl die zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendeten Kraftfahrzeuge im Zulassungsschein bzw. in der Zulassungsbescheinigung die Verwendungsbestimmung „zur Verwendung für die gewerbsmäßige Beförderung bestimmt“ eingetragen haben müssen.

Das Kfz war auf der Fahrt von Linz zu verschiedenen Entladeorten und hatte Pakete und Kartons geladen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Aufhebung, in eventu die Ermäßigung der Strafe gemäß § 20 VStG beantragt. Begründend wurde dargelegt, dass der Berufungswerber völlig überraschend anlässlich seiner polizeilichen Anhaltung erfahren hätte, dass nunmehr aufgrund einer vor kurzem in Kraft getretenen Novellierung des Güterbeförderungsgesetzes entweder eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister mitzuführen sei. Ebenso sei ihm mitgeteilt worden, dass die Verwendungsbestimmung im Zulassungsschein eingetragen sein müsse. Obwohl der sich stets in Zeitungen, Fernsehen, Radio sowie regelmäßigen Nachfragen bei der Wirtschaftskammer über entsprechende Gesetzesänderungen erkundigt hätte, sei es ihm nicht möglich gewesen, vor der Anhaltung am 12.10.2006 zu erfahren, dass nunmehr das Güterbeförderungsgesetz entsprechend novelliert worden sei. Sowohl die zuständigen Behörden als auch die Wirtschaftskammer, Sparte Transport, konnten erst nach langwierigen Nachfragen Auskunft erteilen. Es sei daher dem Berufungswerber auch bei Erfahrung der Gesetzesänderung noch immer nicht möglich gewesen, entsprechend rasch die Eintragungen im Zulassungsschein bzw. die notwendige beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde zu erhalten. Es liege daher ein unverschuldeter Verbotsirrtum im Sinn des § 5 Abs.2 VStG vor. Auch wenn das Vorliegen eines Verbotsirrtums nicht angenommen wird, wäre von der Verhängung einer Strafe abzusehen, weil das Verschulden nur geringfügig sei. In eventu wäre auch eine außerordentliche Milderung anzuwenden, zumal der Berufungswerber unbescholten ist und Geringfügigkeit des Verschuldens vorliegt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil die Berufung Erfolg hat und der Bescheid aufzuheben war, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 6 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, BGBl. Nr. 553/1995 idF BGBl. I Nr. 153/2006, müssen die zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendeten Kraftfahrzeuge im Zulassungsschein bzw. in der Zulassungsbescheinigung die Verwendungsbestimmung „zur Verwendung für die gewerbsmäßige Beförderung bestimmt“ eingetragen haben.

 

Gemäß § 6 Abs.2 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass in dem zur Ausübung des Güterverkehrs verwendeten Kraftfahrzeug während der gesamten Fahrt eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister mitgeführt werden.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z2 und Abs.4 GütbefG 1995 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von mindestens 363 Euro bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer § 6 Abs.1 oder 2 zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 26 Abs.8 GütbefG sind für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs oder solchen Kraftfahrzeugen mit Anhängern, bei denen die Summe der höchst zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt, die Bestimmungen des § 6 Abs.1 bis 4 sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes idF BGBl. I Nr. 23/2006 anzuwenden.

 

Das GütbefG idF BGBl. I Nr. 23/2006 wurde am 16.2.2006 kundgemacht und trat daher am 17.2.2006 in Kraft. Es waren daher die vorgenannten Bestimmungen mit 17.8.2006 wirksam.

 

4.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber als Inhaber einer Gewerbeberechtigung für die Güterbeförderung zur Last gelegt, dass er für die Einhaltung der näher bezeichneten Bestimmungen nicht Sorge getragen hat. Als einzige Ortsangabe ist der Anhaltungs- bzw. Kontrollort auf der A 1, Gemeindegebiet von Ansfelden, km 174,608, angegeben. Nach dieser Tatortangabe allerdings wäre die belangte Behörde unzuständig.

Fest steht aber, dass der Berufungswerber die Gewerbeberechtigung am Standort in, besitzt und ausübt. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Unterlassungsdelikten, zu welchen auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen zählen, der Tatort dort anzunehmen, von wo aus der Unternehmer hätte handeln sollen, also konkret der Standort des Unternehmens. Von hier aus hätte er die Eintragung im Zulassungsschein veranlassen müssen und auch Sorge tragen müssen, dass eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde bzw. ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister erwirkt wird und im Fahrzeug mitgeführt wird. Weder in der Strafverfügung vom 23.11.2006 noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.12.2006 noch im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis geht aber der Standort des Unternehmens und daher der Tatort hervor.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Da innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist eine entsprechende Tatumschreibung und Tatanlastung nicht erfolgt ist, insbesondere der Tatort nie vorgeworfen wurde, ist daher Verfolgungsverjährung eingetreten. Es war daher das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Unterlassungsdelikt, Tatort, Tatkonkretisierung

 

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