Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162268/6/Br/Ps

Linz, 03.07.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn B V T, geb., O, K, K, vertreten durch die Rechtsanwälte W, H, T & Partner in L, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30. April 2007, Zl. VerkR96-185-2005, zu Recht:

 

I.        Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass in Bestätigung des Schuldspruches von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und unter Anwendung des § 21 VStG eine Ermahnung ausgesprochen wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 21 iVm § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt verhängte mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 218 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, weil er am 3.1.2005 um 03:50 Uhr den Kraftwagenzug, bestehend aus dem LKW mit dem behördlichen Kennzeichen und dem Anhänger mit dem behördlichen Kennzeichen, auf der B 310 bei Strkm. 55,270, bei der Grenzkontrollstelle Wullowitz, Gemeinde Leopoldschlag, in Richtung Österreich und somit später als zwei Stunden nach Beginn des zitierten Verbotes gelenkt habe, obwohl das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen in der Zeit von 22:00 Uhr bis 05:00 Uhr verboten ist; ausgenommen von diesem Fahrverbot sind Fahrten mit lärmarmen Kraftfahrzeugen, bei denen eine Bestätigung nach § 8b Abs. 4 KDV 1967 mitgeführt wird. Eine solche Bestätigung habe er aber nicht mitgeführt.

 

1.1. Dadurch habe er jeweils gegen § 42 Abs.6 iVm § 99 Abs.2a StVO verstoßen.

 

1.2. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt stellt aufgrund der Anzeige der Bundesgendarmerie-Grenzkontrollstelle Wullowitz, 4262 Leopoldschlag vom 03,01.2005, die auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organes der Straßenaufsicht beruht, sowie des Ermittlungsverfahrens.

Sie haben gegen die Strafverfügung vom 11.01.2005, in der Ihnen die im Spruch beschriebene Tat zur Last gelegt wurde, in offener Frist Einspruch erhoben. Sie führen darin im Wesentlichen aus, dass der LKW ein neues, am 26.11.2004 zugelassenes Fahrzeug sei, dass der EURO 3 Norm entsprechen würde und vom Hersteller serienmäßig nur als lärmarmes Kraftfahrzeug vertrieben werde. Dieses Lärmarmdokument sei bei der Übernahme des Fahrzeuges bei den zuständigen Behörde beantragt worden. Dieses Dokument sei erst am 03.01.2005 zugesandt worden. Somit würden Sie die gegen Sie erhobenen Anschuldigungen als unbegründet ansehen.

 

Die Behörde hat folgendes erwogen:

 

Gemäß § 42 Abs. 6 StVO 1960 ist ab 01.01.1995 das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr verboten. Ausgenommen von diesem Fahrverbot sind Fahrten

a)   mit Fahrzeugen des Straßendienstes;

b)   mit Fahrzeugen des Bundesheeres, die zur Aufrechterhaltung des militärischen Dienstbetriebes unumgänglich sind und

c)   mit lärmarmen Kraftfahrzeugen, bei denen eine Bestätigung nach § 8b Abs. 4 KDV 1997 mitgeführt wird.

 

Gemäß § 99 Abs. 2 a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 2180 Euro im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer auf Grund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung verstößt.

 

Die Meldungsiegerin VB/S K I hat anlässlich ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung erklärt, dass es richtig sei, dass die Übertretung, die Sie begangen hätten, von ihr dienstlich wahrgenommen worden sei. Sie hätten zu der in der gegenständlichen Anzeige angeführten Zeit den Kraftwagenzug, bestehend aus dem LKW mit dem Kennzeichen und den Anhänger mit dem Kennzeichen auf der B310 bei Strkm. 55,270, bei der Grenzkontrollstelle Wullowitz, Gemeinde Leopoldschlag gelenkt, wobei Sie von ihr einer Einreisekontrolle unterzogen worden seien. Im Zuge dieser Kontrolle hätte sie feststellen können, dass Sie kein Lärmarmzertifikat mitgeführt hätten. Sie hätten sich damals dahingehend rechtfertigt, dass die Firma zwar das Lärmarmzertifikat beantragt, es aber noch nicht bekommen hätte. Wenn Sie sich in Ihrem Einspruch nunmehr dahingehend rechtfertigen würden, dass der von Ihnen damals gelenkte LKW ein neu zugelassenes Kraftfahrzeug gewesen sei, dass der EURO 3-Norm entsprechen hätte und vom Hersteller serienmäßig nur als lärmarmes Kraftfahrzeug vertrieben worden sei, so würde dies ihres Erachtens nichts an dem Umstand ändern, dass Sie bei der damaligen Einreisekontrolle das diesbezügliche Lärmarmzertifikat nicht mitgeführt hätten. Mehr könne Sie zum gegenständlichen Sachverhalt nicht mehr angeben.

Die Behörde hegt keinen Zweifel an der Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Aussage der einvernommenen Zeugin, zumal diese ihre Angaben unter Wahrheitspflicht und unter der strafrechtlichen Sanktion des § 289 StGB stehend gemacht hat, während es Ihnen gegenüber freisteht, sich als Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren beliebig zu verantworten, ohne irgendwelche nachteilige Folgen befürchten zu müssen.

 

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes gelangt die erkennende Behörde zu der Überzeugung, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Tat zu verantworten haben.

 

Gemäß § 19 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren "§§ 40 bis 46" sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes, sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Tat schädigte das Interesse des Staates, welcher zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm während der Nachtzeit Fahrverbote für bestimmte Kraftfahrzeuge erlassen und deren Nichtbeachtung unter Strafsanktion gestellt hat. Deshalb ist auch der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst beim Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gering.

 

Bei der Bemessung der Strafe, wurde der Umstand, dass Sie derzeit arbeitslos sind, die Vermögenslosigkeit und die mangelnde Sorgepflicht berücksichtigt.

 

Ein Milderungs- oder Erschwerungsgrund wurde nicht gefunden.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wurde eine dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen in Dresden niedergelassenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung, in der die Behebung des Straferkenntnisses beantragt, aber eine detaillierte Berufungsausführung nach rechtlicher Prüfung durch einen in Österreich ansässigen Rechtsvertreter angekündigt wird.

Im Rahmen des Einspruches gegen die Strafverfügung rechtfertigt sich der Berufungswerber über seine bevollmächtigte Vertreterschaft jedoch bereits mit inhaltlich folgender Darstellung des Sachverhaltes:

"Im oben genannten Verwaltungsstrafverfahren zeige ich an, dass ich Herrn V T, K in K vertrete. Eine auf mich lautende Vollmacht befindet sich in der Anlage.

Mein Mandant hat mir Ihr Schreiben vom 23.05.2005 zur rechtlichen Überprüfung und weiteren Veranlassung übergeben. Des weiteren hat mir der frühere Arbeitgeber meines Mandanten, das Diestleistungs- und Transportunternehmen B F, den Einspruch gegen die Strafverfügung übersandt. Zunächst teile ich mit, dass mein Mandant vom genauen Inhalt des Einspruchs erst jetzt Kenntnis erlangt hat, so dass er leider erst jetzt feststellen konnte, dass wesentliche, ihn entlastende Tatsachen nicht vorgetragen worden sind. Aus diesem Grund wird zur Sache ergänzend wird wie folgt Stellung genommen:

Mein Mandant war. als er nach Österreich einreiste, davon ausgegangen, im Besitz des erforderlichen "Lärmarm - Zertifikates" zu sein. Das dieses fehlte, stellte er erst fest, als er es vorlegen wollte und es sich nicht - wie erwartet -bei den übrigen Wagenpapieren befand. Daraufhin rief er seinen Vorgesetzten - Herrn B F- an und fragte nach dem Zertifikat. Herr F behauptete zunächst, dass sich das Zertifikat in der Tasche bei den übrigen Papieren befände. Erst im Laufe des Telefonates fiel ihm ein, dass er das Zertifikat zwar beantragt, bisher aber noch nicht erhalten hatte.

Das das "Lärm-Zertifikat" noch nicht erteilt worden war und sich deshalb auch nicht bei den Wagenpapieren befand, wusste mein Mandant nicht und konnte es auch nicht wissen. Üblicherweise wurden sämtliche notwendige Papiere vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt. Herr F hatte meinen Mandanten auch nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass er für dieses neue Fahrzeug noch kein "Lärm-Zertifikat" erhalten hatte. Sonst wäre mein Mandant selbstverständlich nicht während der Nachtzeit nach Österreich eingereist.

Es wird höflichst gebeten, die obigen Tatsachen noch bei der Entscheidung über den Erlass einer Strafverfügung gegen meinen Mandanten bzw. bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.

Des weiteren teile ich mit, dass mein Mandant derzeit arbeitslos ist und über kein Erwerbseinkommen verfügt. Das ihm zustehende Arbeitslosengeld dürfte ca. 750,00 - 800,00 € betragen. Ein entsprechender Bescheid wurde noch nicht erteilt.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung."

 

2.1. In der seitens der Rechtsanwälte W, H, T & Partner in L, L, nachgereichten Berufung wird ergänzend noch ausgeführt wie folgt:

"Der Berufungswerber hat gegen das Straferkenntnis der BH Freistadt vom 30.04.2006 zu GZ: VerkR96-185-2005, zugestellt am  10.05.2007, durch seine deutsche Rechtsvertretung am 24.05.2007 fristgerecht Berufung erhoben, die Berufung begründet und den Antrag gestellt, den Bescheid vom  30.04.2007 zu GZ VerkR 96-185/2005 zur Gänze aufzuheben.

 

Die angekündigte Ergänzung dieser Begründung erfolgt wie nachstehend:

 

1. Zulässigkeit der ergänzenden Berufung

Liegt eine dem Gesetz entsprechende vollständige Berufung vor, so ist es der Partei unbenommen, im Rahmen ihres Berufungsantrages auch nach Ablauf der Berufungsfrist ergänzende Begründungen vorzubringen, auf die die Behörde Bedacht zu nehmen hat (vgl Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht 696 mwN insbes. FN 37; Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht Rz 522).

 

Die Berufung vom  24.05.2007 stellt eine vollständige Berufung iSd § 63 Abs 3 AVG dar und entspricht der Judikatur des VwGH. Die gegenständliche Ergänzung der Begründung ist zulässig.

 

2. Materielle Rechtswidrigkeit und Verfahrensfehler

Der Berufungswerber hat schuldlos gehandelt. Der Berufungswerber hat vor seiner Abfahrt nach Österreich sämtliche Wagenpapiere für den von ihm gelenkten LKW, bestehend aus dem LKW mit dem behördlichen Kennzeichen „“ und dem Anhänger mit dem behördlichen Kennzeichen „“ von seinem Vorgesetzten, Herrn B F, übernommen. Dabei handelte es sich um eine Vielzahl von Wagenpapieren für den Lastkraftzug sowie den angehängten Anhänger. Auch musste der Berufungswerber bei der Übergabe nicht zweifeln, dass eine Bestätigung nach § 8 b Abs. 4 KdV 1967 mit übergeben worden ist.

 

Bei Ungehorsamkeitsdelikten wird das Verschulden widerleglich vermutet. Dem Beschuldigten obliegt der Beweis, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen ist, oder anders ausgedrückt, ihn an der Nichteinhaltung kein Verschulden trifft. Der Beschuldigte hat von sich aus den Entlastungsbeweis zu führen und muss konkrete Beweisanträge stellen. Allerdings bedarf es eines Entlastungsbeweises dann nicht, wenn die Behörde schon bei Ermittlung des äußeren Tatbestandes schuldbefreiende Umstände feststellt.

 

Der Berufungswerber hat – wie oben bereits ausgeführt – vor Fahrtantritt eine Vielzahl an Wagenpapieren sowohl für das Zugfahrzeug als auch für den Anhänger von seinem Vorgesetzten – wie üblich – übernommen. Nach kurzer Durchsicht der Papiere musste der Berufungswerber auch nicht daran zweifeln, dass Unterlagen fehlen. Dies noch dazu, da es in der Vergangenheit nie zu Problemen bezüglich fehlender Unterlagen gekommen ist.

 

Die erstinstanzliche Behörde hätte somit diesen Schuldausschließungsgrund feststellen müssen und das Straferkenntnis vom 30.04.2007 ersatzlos aufheben müssen.

 

In eventu

 

wird weiters der Schuldausschließungsgrund des Tatirrtums geltend gemacht. Ein Tatirrtum liegt vor, wenn der Beschuldigte die gegebene Sachlage verkannt hatte, was ein vorsätzliches Handeln ausschließt.

 

Der Berufungswerber hat darüber geirrt, sämtliche Wagenpapiere vollständig übernommen zu haben. In der irrigen Annahme, das „Lärmarm-Zertifikat“ bei sich zu haben, ist der Berufungswerber nach Österreich eingefahren. Somit ist ein schuldausschließender Irrtum zu berücksichtigen, welcher ebenfalls in weiterer Konsequenz zur Aufhebung des Straferkenntnisses vom 30.04.2007 führen muss.

Hätte der Berufungswerber erkannt, dass er das geforderte „Lärmarm-Zertifikat“ bei seiner Einreise nach Österreich nicht mitführt, wäre er nie während der Nachtzeit nach Österreich eingereist.

 

3. in eventu:  Strafbemessung

Sollte die erkennende Behörde trotz obiger Ausführungen zur Auffassung gelangen, dass der Einschreiter schuldhaft gehandelt hat, ist auf das extreme geringe Maß der Schuld hinzuweisen. Gem. § 19 Abs. 2 VStG ist bei der Strafbemessung auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Dies ist eine wesentliche Determinante für die Strafbemessung.

 

Überlegungen zur generalpräventiven Wirkung und insbesondere zum Ziel, den Beschuldigten von gleichartigen strafbaren Handlungen künftig abzuhalten, gehen aus obigen Erwägungen ins Leere.

 

Die Strafe ist herab zu setzten.

 

4. in eventu:  Anwendung von § 21 VStG  (Absehen von der Strafe)

Ausdrücklich wird auf die Bestimmung des § 21 VStG verwiesen, demzufolge die Behörde ohne weiters Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen kann, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen           gleicher Art abzuhalten.

 

Das Verschulden des Einschreiters ist – sofern überhaupt vorhanden – geringfügig (s. Ausführungen oben). Die Folgen der Übertretung sind als unbedeutend im Sinne des § 21 VStG zu qualifizieren, da es sich – wenn überhaupt – um ein bloßes Formaldelikt handelt.

 

Nach der Judikatur des VwGH räumt § 21 Abs. 1 VStG kein Ermessen ein. Der Beschuldigte hat daher nach einhelliger Auffassung einen Rechtsanspruch auf ein Absehen von der Strafe (vergl. ua. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 1366).

 

Die Voraussetzungen des § 21 VStG sind beim Beschuldigten jedenfalls gegeben. Seine Schuld ist gering, die Folgen der Tat unbedeutend, der gelenkte LKW hat den geforderten technischen Lärm-Vorraussetzungen de facto entsprochen. Das Verfahren ist nicht fortzuführen und von der Verhängung einer Strafe abzusehen."

 

2.1.1. Beantragt wird abschließend die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung, in eventu ein Absehen von der Bestrafung und die Strafe tatschuldangemessen zu reduzieren. Auf die derzeitige Arbeitslosigkeit des Berufungswerbers mit einer monatlichen Arbeitslosenunterstützung von monatlich nur 750 Euro wird ebenfalls noch hingewiesen.

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier  angesichts der vollständigen Aktenlage unterbleiben (§ 51e Abs.5 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt. Daraus ergibt sich mit der im Akt erliegenden Bescheinigung für den betreffenden Lkw mit der Nummer iSd § 8b KDV.

Mit dem ursprünglichen Rechtsvertreter wurde per E-Mail Kontakt aufgenommen und die Sach- und Rechtslage erörtert. Sodann langte die ergänzende Berufungsausführung ein.

 

4.1. Der Berufungswerber legt glaubhaft dar, dass es sich tatsächlich um einen lärmarmen Lkw handelte und er sich in der Überzeugung befunden habe, die Lärmbescheinigung bei den ihm übergebenen Fahrerpapieren zu haben. Dies kann aus dem Inhalt seiner unmittelbar im Zuge der Anhaltung bei seinem Vorgesetzten getätigten fernmündlichen Rückfrage geschlossen werden. Tatsächlich lag zum Zeitpunkt der Kontrolle die erforderliche Bescheinigung auch vor. Dadurch kann in dieser Fahrt auch kein inhaltlicher Verstoß gegen das durch die Rechtsordnung intendierte Schutzziel vorgelegen haben. Im Nichtvorweisen dieser Bescheinigung ist daher lediglich eine Ordnungswidrigkeit zu erblicken, welche in diesem Fall dem Berufungswerber nur als geringes Verschulden zuzuordnen ist.

Der Berufungswerber ist dzt. ohne Beschäftigung und sein monatliches Einkommen wird zuletzt mit nur 750 Euro beziffert.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 42 Abs.6 StVO ist ab 1. Jänner 1995 das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr verboten. Ausgenommen von diesem Fahrverbot sind Fahrten

…..

lit.:  c) mit lärmarmen Kraftfahrzeugen, bei denen eine Bestätigung nach § 8b Abs.4 KDV 1967 mitgeführt wird.

Nach § 99 Abs.2a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer auf Grund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung verstößt.

 

Der § 8b Abs.4 Kraftfahrgesetz-DurchführungsV - KDV lautet:

Zum Nachweis der Voraussetzungen gemäß Abs.1 ist die Bestätigung des Herstellers oder seines Bevollmächtigten im Zulassungsstaat gemäß Abs.2 auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Die Behörde und die ihr zur Verfügung stehenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes können gemäß § 58 Abs.2 und 3 KFG 1967 jederzeit überprüfen, ob die Voraussetzungen gemäß Abs.1 erfüllt sind.

Das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers blieb hier angesichts des vorhandenen – und bloß nicht mitgeführten – Lärmzertifikats hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück. Den Ausführungen des Berufungswerbers in seinen ergänzenden Berufungsausführungen kann demnach gefolgt werden. Diese ist stimmig und findet in der Aktenlage Deckung.

Nach § 21 Abs.1 VStG kann (hat) die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Daher ist hier die einen Rechtsanspruch begründende Norm des  § 21 Abs.1 VStG in Form des Ausspruches einer Ermahnung zur Anwendung zu bringen. Dies ist – unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) – möglich, wenn  das tatbildmäßige Verhalten des Täters mangels nachteiliger Folgen hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Die Ermahnung scheint jedoch zur Hervorhebung der Pflicht, die Fahrzeug- u. Frachtpapiere auch entsprechend zu kontrollieren, geboten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

Lärmzertifikat Nichtmitführen

 

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