Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210508/9/Bm/Sta

Linz, 27.06.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn Mag. M E, R, L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H S, L, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7.2.2007, Zl.  0049163/2005, wegen Übertretung der Oö. Bauordnung 1994, zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.                  Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 290 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).

Zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7.2.2007, Zl. 0049163/2005, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.450 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß
§§ 57 Abs.1 Z2, 39 Abs.2, 24 Abs.1 Z1 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Mit Bescheid des Magistrates Linz vom 30.11.2001, GZ. 501/N010060H, wurde die Baubewilligung für den Neubau eines unterkellerten zweigeschossigen Wohnhauses mit einem zurückgesetzten Dachgeschoß und 3 Wohneinheiten sowie einer im Kellergeschoß situierten Tiefgarage mit 4 PKW-Abstellplätzen auf dem Grundstück Nr. , KG. K, erteilt.

 

Der Beschuldigte, Herr Mag. M E, geboren am , wohnhaft: L, R, ist als Bauherr in der Zeit von 6.4.2005 bis 22.9.2005 auf dem Grundstück Nr. , KG. K, von dem mit dem oben angeführten Baubewilligungsbescheid bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise abgewichen, ohne dass eine rechtskräftige Baubewilligung (Planabweichungsbe­willigung) vorgelegen wäre, da folgende Zubauten errichtet wurden:

 

1.      Vergrößerung des Tiefgaragengeschoßes (Kellergeschoß) nach Richtung Westen (ca. 1,23 m).

2.      Änderung der Raum- und Geschoßhöhen verbunden mit einer Vergrößerung der Gebäudehöhe (ca. 0,77 m)."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und die Behebung des Straferkenntnisses, in eventu von der Verhängung einer Strafe allenfalls unter Ausspruch einer Mahnung iSd § 21 VStG abzusehen, beantragt.

Begründend wurde ausgeführt, dass diese Änderungen nachträglich bewilligt worden seien. Insgesamt sei festzuhalten, dass diese Abweichungen vom Baubescheid sich in einem äußert geringen Ausmaß bewegt  haben, die auch mit keinerlei Nachteilen für den Nachbarn verbunden seien, denen sohin auch kein Schaden entstanden sei. Darüber hinaus sei zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Maßnahmen bereits absehbar gewesen, dass diese grundsätzlich den baurechtlichen Vorschriften entsprechen und daher bewilligungsfähig seien. Nach § 21 VStG könne die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend seien. Wie oben bereits dargestellt, seien die Folgen der Übertretung unbedeutend, da die hier gegenständlichen Baumaßnahmen nachträglich genehmigt worden seien und lediglich für eine äußerst kurze Zeitspanne ein konsensloser Zustand vorgelegen sei. Dies vorausgesetzt, erscheint es jedenfalls vertretbar, im Sinne des § 21 VStG von der Verhängung einer Verwaltungsstrafe abzusehen, allenfalls unter Ausspruch einer Ermahnung. Es erscheine dies jedenfalls ausreichend, um künftige Verstöße hintanzuhalten.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsordnung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31. Mai 2007 bei der der Berufungswerber sowie sein anwaltlicher Vertreter anwesend waren und gehört wurden.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30.11.2001, GZ. 501/N010060h, wurde Herrn Mag. M E die Baubewilligung für den Neubau eines unterkellerten, zweigeschossigen Wohnhauses mit einem zurückgesetzten Dachgeschoss und drei Wohneinheiten sowie einer im Kellergeschoß situierten Tiefgarage mit 4 PKW-Abstellplätzen auf Gst. Nr. , KG. K, erteilt. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22.11.2004, GZ. 501/N010060J, wurde über Antrag des Herrn Mag. M E die Frist zum Beginn der Ausführung des genehmigten Bauvorhabens bis 10.11.2007 verlängert. Mit Eingabe vom 5.4.2005 erfolgte von der Gebr. L & Co. B mbH & Co. KG., S, die Baubeginnsanzeige für 6.4.2005. Mit Eingabe vom 5.4.2005 wurde von den anliegenden Nachbarn des Bauvorhabens der Baubehörde mitgeteilt, dass die vorliegenden Polierpläne nicht mit den Einreichplänen übereinstimmen. Mit Eingabe vom 14.4.2005 stellte der Berufungswerber den Antrag auf Bewilligung der Abweichung vom genehmigten Bauvorhaben gemäß § 39 Abs.2 Oö. BauO. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2.5.2005 wurde Herrn M E als Bauherrn für das gegenständliche Bauvorhaben bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Planabweichungsbewilligung die Fortsetzung der Bauausführung untersagt. Dagegen wurde vom Beschuldigten Berufung eingebracht, welche jedoch nach Bewilligung der Abweichung zurückgezogen worden ist. Mit Bescheid vom 15.7.2005 wurde dem Antrag auf Bewilligung zur Abweichung von dem mit Bescheid vom 30.11.2001 genehmigten Bauvorhaben erteilt; in Rechtskraft erwachsen ist dieser Bescheid mit 4.8.2006. Mit Eingabe vom 19.7.2005 erfolgte die Rohbaufertigstellungsanzeige.

 

In der mündlichen Verhandlung wurde vom Berufungswerber nicht bestritten, dass er als Bauherr zum angeführten Tatzeitpunkt von dem mit dem oben angeführten Baubewilligungsbescheid bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise ohne Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung abgewichen ist. Diese Abänderung sei jedoch insofern notwendig gewesen, als erst nach Erteilung der Baubewilligung bestimmte Wohnungen verkauft und von den Käufern individuelle Wünsche hinsichtlich der Bauausführung vorgebracht worden seien. Diese Wünsche habe man berücksichtigt. In einem solchen Fall sei übliche Vorgangsweise, dass mit der Bauausführung begonnen werde und gleichzeitig der Antrag auf Bewilligung für die Abweichung gestellt werde. Es sei auch so, dass sich im Zuge des Baus nach Einreichung allgemeiner Pläne auch Änderungen in statischer Hinsicht ergeben würden, die eine dementsprechende Ausführung verlangen. Ein Abwarten des Abweichungsbescheides hätte zur Konsequenz, dass die Bauführung immer wieder gestoppt werden müsste. Die Änderung der Geschoßhöhe habe sich insbesondere durch die Deckenstärke ergeben und die Vergrößerung des Tiefgaragengeschoßes durch die Änderungen im Einfahrtsbereich. Der Berufungswerber bringt vor, dass von einem geringfügigen Verschulden insofern auszugehen sei, als es in der Praxis nicht möglich sei, für jede Planabweichung vor Durchführung um Genehmigung anzusuchen. Im gegenständlichen Fall wäre es so gewesen, dass bei einem Baustopp und Abwarten der Abweichungsbewilligung es zu einer Bauverzögerung von mindestens 1 Jahr gekommen wäre. Diese Verzögerung hätte sich auf Grund der Einwendungen und Berufungen der Nachbarn ergeben.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.2 bedürfen folgende Bauvorhaben einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:

1.      der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;

2.      .....

 

Gemäß § 39 Abs.1 darf mit der Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens erst nach dem Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides begonnen werden. Als Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung gilt der Tag, an dem mit Erd- oder Bauarbeiten zur Verwirklichung des Bauvorhabens begonnen wird. Nach Abs.2 dieser Bestimmung darf vom bewilligten Bauvorhaben – sofern nicht Abs.3 zur Anwendung kommt – nur mit Bewilligung der Baubehörde abgewichen werden. § 34 gilt sinngemäß.

 

Gemäß § 57 Abs.1 Z2 Oö. BauO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauherr oder als Bauführer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung auszuführen beginnt, ausführt oder ausgeführt hat oder ohne rechtskräftige Baubewilligung vom bewilligten Bauvorhaben in bewilligungs­pflichtiger Weise abweicht oder abgewichen ist.

 

Nach § 57 Abs.2 leg.cit. sind Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis 36.000 Euro, in den Fällen des Abs.1 Z2, 3, 7 und 14 mit Geldstrafen von 1.450 Euro bis 36.000 Euro zu bestrafen.

 

Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren bestehen keine Zweifel, dass der Beschuldigte als Bauherr in bewilligungspflichtiger Weise ohne Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung vom bewilligten Bauvorhaben abgewichen  ist.

 

Der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung ist daher erfüllt.

 

Was die subjektive Tatseite anlangt, so sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, dass der Berufungswerber subjektiv nicht in der Lage gewesen wäre, die der Bestrafung zu Grunde liegende Norm zu befolgen. Es besteht kein Zweifel darüber, dass sich der Berufungswerber vorsätzlich über die gesetzlichen Erfordernissen hinweggesetzt hat.

Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG kommt nur in Frage, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist. Davon kann aber nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Solches kann zwar auch bei vorsätzlichem Handeln des Täters der Fall sein, allerdings nur dann, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie zB verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, dringende Notlage etc diesen Schluss rechtfertigen (vgl. VwGH 31.1.1990, 89/03/0084, 27.5.1992, 92/02/0167, uva.)

 

Solche besonderen Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die vom Berufungswerber ins Treffen geführte wirtschaftliche Schädigung ist zwar nachvollziehbar, führt aber nicht dazu, dass von einer dringenden Notlage ausgegangen werden kann.

 

Wenn der Berufungswerber vermeint, dass in dem Umstand, dass die Bauabweichung nachträglich bewilligt worden ist, ein geringfügiges Verschulden zu sehen ist, so ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach kein geringfügiges Verschulden im Sinne des § 21 Abs.1 VStG vorliegt, wenn der Beschuldigte "wissentlich" mit einer vorzeitigen Bauausführung begonnen hat, auch wenn die Bewilligung nachträglich erteilt worden ist (vgl. VwGH 20.9.1999, 98/10/0005, 26.3.1996, 95/05/0055).

 

Auch wenn man davon ausgeht, dass die Folgen der Übertretung unbedeutend seien, müssen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG die Voraussetzungen der Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutenden Folgen der Übertretung kumulativ vorliegen. Da wie oben ausgeführt von einem geringfügigen Verschulden nicht ausgegangen werden kann, war auch von der Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG abzusehen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Gegenständlich kann von einem solchen beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe nicht ausgegangen werden. Die Tatsache, dass der Berufungswerber den Sachverhalt nicht bestritten hat, ist nicht als Milderungsgrund zu werten; nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann in dem bloßen Zugeben des Tatsächlichen kein qualifiziertes Geständnis erblickt werden.

 

Dass das Bauvorhaben des Berufungswerbers letztendlich von der Baubehörde nachträglich bewilligt worden ist, vermag ebenso keinen Milderungsgrund darzustellen (vgl. VwGH 26.2.1968, Zl. 534/67).

 

Damit liegen die Voraussetzung der Anwendung des § 20 VStG und des § 21 VStG nicht vor und hatte die Behörde sohin zumindest die gesetzliche Mindeststrafe gemäß § 57 Abs.2 Oö. BauO von 1.450 Euro – auch aus spezialpräventiven Gründen – zu verhängen.

 

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

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