Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310299/11/Kü/Se

Linz, 27.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn H W, vertreten durch RA Dr. C S, W, vom 10. April 2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 15. März 2006, UR96-17-2005, wegen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2007, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.   Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 15. März 2006, UR96-17-2005, wurde über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z1 iVm § 15 Abs.1 und § 1 Abs.3 Z1, 2, 4 und 5 AWG 2002 eine Geldstrafe von 1.815 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden, sowie wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z3 iVm § 15 Abs.1 und § 1 Abs.3 Z1, 2, 4 und 5 AWG 2002 eine Ermahnung erteilt.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Der Beschuldigte, Herr H W, L, hat es als gemäß § 26 Abs 3 in Verbindung mit § 9 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher abfallrechtlicher sowie handelsrechtlicher Geschäftsführer der "P E" im Standort L, zu vertreten, dass, wie anlässlich einer behördlichen Überprüfung am 7. Oktober 2005 auf dem Firmengelände der Firma "P E.", nachstehende Übertretungen festgestellt wurden:

 

1.   Im Bereich der Altölübernahmestelle waren mindestens 6 Stück 200-l-Stahlspundfässer und im Nahbereich des Altöllagers waren mindestens 12 Stück 200-l-Stahlspundfässer, mit Flüssigkeiten unbekannter Herkunft befüllt, unsachgemäß zwischengelagert.

(Ein Teil der Lagergebinde trug keine ausreichende Beschriftung hinsichtlich  Inhalt, Gefährlichkeit und Schlüsselnummer, usw. Die Ölabscheideranlage dieser Freifläche funktioniert bei einer Lagerung dieser Fässer nicht, weil diese nur Schutz für das Auslaufen von Altölen bietet, nicht aber bei anderen Flüssigkeiten).

 

2.   In den Lagerboxen war zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheines eine Menge an Hausmüll und Gewerbeabfall von ca. 1.000 m³ unsachgemäß zwischengelagert.

(Im abfallrechtlichen Bewilligungsbescheid wurde die Zwischenlagerdauer von Hausmüll und Gewerbeabfällen mit maximal 1 Woche befristet. Bei der Überprüfung am 7.10.2005 wurde festgestellt, dass 5 Lagerboxen nahezu bis unters Dach mit Hausmüll und Gewerbeabfällen befüllt waren. Auf Grund dieser Tatsache kann angenommen werden, dass diese Abfälle wesentlich länger als 1 Woche zwischengelagert waren.)".

 

Begründend wurde von der Erstinstanz nach Zitierung der Rechtsgrundlagen und Darstellung der rechtfertigenden Angaben des Berufungswerbers ausgeführt, dass sich die unsachgemäße Zwischenlagerung sich nicht auf die Art und Weise der Bereithaltung zur Abholung, sondern darauf beziehe, dass die zur Abholung bereitgehaltenen Abfallgebinde keine ausreichende Beschriftung bzw. Etikettierung getragen haben. Ein Teil der Lagergebinde habe zum Zeitpunkt der Überprüfung am 7. Oktober 2005 keine ausreichende Beschriftung hinsichtlich Inhalt, Gefährlichkeit und Schlüsselnummer usw. getragen. Aus den vorgelegten Entsorgungsnachweisen sei ersichtlich, dass am 7. Oktober 2005 insgesamt rund 700 kg Gebinde mit Bremsflüssigkeit (Schlüsselnummer 54120) bzw. mit Lösungsmittel-Wassergemisch (Schlüsselnummer 55374) als gefährlicher Abfall der Firma E, W, übergeben worden sei. Die Ölabscheideranlage dieser Freifläche funktioniere bei einer Lagerung dieser Fässer nicht, weil diese nur Schutz für das Auslaufen von Altölen biete, nicht aber bei anderen Flüssigkeiten.

 

Zu Spruchpunkt 2. wurde ausgeführt, dass im abfallrechtlichen Bewilligungsbescheid die Zwischenlagerungsdauer von Hausmüll und Gewerbeabfall mit maximal einer Woche befristet worden sei. Bei der Überprüfung am 7. Oktober 2005 sei festgestellt worden, dass 5 der Lagerboxen bis nahezu unters Dach mit Hausmüll und Gewerbeabfall befüllt gewesen seien. Es könne daher angenommen werden, dass dieses Abfälle wesentlich länger als eine Woche zwischengelagert worden seien. Dies sei vom Beschuldigten auch nicht bestritten worden, sondern rechtfertige dieser die Überschreitung der Verweildauer damit, dass vom Entsorger der Vertrag gekündigt worden sei und es ihm kurzfristig nicht möglich gewesen sei, diese Abfälle zu entsorgen.

 

Aus den obigen Ausführungen sei ersichtlich, dass der Beschuldigte nicht glaubhaft machen habe können, dass ihn hinsichtlich der Verletzung dieser Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe. Ein fahrlässiges Verhalten könne daher ohne Zweifel angenommen werden.

 

Rechtswidrigkeit sei insofern gegeben, als der vom Beschuldigten verwirklichte, erwiesen Sachverhalt einen rechtswidrigen Tatbestand erfülle. Ein Schuldausschließungsgrund oder sonstige Entlastungsgründe hätten nicht gefunden werden können.

 

Erschwerungsgründe hätten keine vorgefunden werden können. Als mildernd sei bewertet worden, dass der Beschuldigte keine relevanten Verwaltungsvorstrafen habe und es sich um die erste Übertretung dieser Art handle. Bei einer neuerlichen Überprüfung am 17. Jänner 2006 sei festgestellt worden, dass sich die Betriebanlage in ordnungsgemäßen und sauberen Zustand befinde und im Sinne der Bewilligungsbescheide geführt und betrieben würde. Die Behörde gehe davon aus, dass es sich bei der Überprüfung am 7. Oktober 2005 eher um eine Ausnahmesituation gehandelt habe. Die Folgen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung seien als unbedeutend zu betrachten. Es sei auch nicht zu einer Verletzung der öffentlichen Interessen im Sinne des AWG 2002 gekommen. Die Behörde habe daher bei der Strafbemessung § 20 VStG berücksichtigt.

 

Zu Spruchpunkt 2. wurde ausgeführt, dass der Beschuldigte glaubhaft machen habe können, dass sein Verschulden nur geringfügig sei. Auch die Folgen der Übertretung seien unbedeutend, deshalb die Behörde von der Verhängung einer Strafe abgesehen habe.

 

2.   Dagegen wurde vom Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und ausgeführt, dass die beanstandeten Fässer auf der Freifläche nicht zwischengelagert worden seien, sondern zur Abholung bereitgestellt worden seien und für den Transport neue Etiketten, welche die ON-Nummer beinhalten, angebracht worden seien. Dies sei bereits bei der Überprüfung am 17.1.2006 vom Sachverständigen geprüft worden und in der Niederschrift dazu von ihm festgehalten worden, dass selbstverständlich bei einer geplanten, terminisierten Abholung derartiger Abfallgebinde eine Bereitstellung dieser auf den Freiflächen schon rein aus logistischen Gründen notwenig sei. Zweckmäßigerweise sollte seine Bereitstellung erst am Abholungstag möglichst auf gesicherte Art und Weise erfolgen.

 

Der Vorwurf einer unsachgemäßen Zwischenlagerung im Spruchpunkt 2. sei in dieser Form unrichtig, zumal die Lagerung ordnungsgemäß erfolgt sei, lediglich die maximale Lagerfrist laut Auflage durch Umstände, die außerhalb des Einflussbereiches des Beschuldigten gelegen seien, geringfügig überschritten worden sei.

 

Die Firma P habe über die Firma W Anlieferungsverträge zu zwei Müllverbrennungsanlagen in Deutschland gehabt. Aufgrund der gesetzlichen Änderung in Deutschland, wonach Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle nicht mehr deponiert werden dürften, seien diese Verträge weit vor Ablauf des vereinbarten Termins überraschend aufgekündigt worden. Dadurch sei es zu einer momentanen Überschreitung der Lagerfrist von einer Woche gekommen. Nachdem geeignete Output-Schienen gesichert gewesen seien, sei die Entsorgung des gelagerten Gewerbemülles umgehend erfolgt.

 

3. Mit weiterem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11. April 2006, UR96-17-2005, wurde der Spruch des Straferkenntnisses vom 15. März 2005, UR96-17-2005, gemäß § 62 Abs.4 AVG 1991 dahingehend berichtigt, dass

1. die Wortfolge "... als gemäß § 26 Abs.3 iVm § 9 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher abfallrechtlicher sowie handelsrechtlicher Geschäftsführer der "P E" ... " durch die Wortfolge "... als gemäß § 26 Abs.3 AWG 2002 iVm § 9 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher abfallrechtlicher (hinsichtlich Übertretung Z1), sowie gemäß § 9 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher (hinsichtlich Übertretung Z2) Geschäftsführer der "P E" ... " ersetzt wird und

2. die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe nicht 168 Stunden sondern 17 Stunden zu lauten hat.

 

Zu diesem Bescheid ist festzustellen, dass die vorgenommenen Änderungen des Straferkenntnisses vom 15. März 2006 jedenfalls nicht der Berichtigung im Sinne des § 62 Abs.4 AVG zugeführt werden können. § 62 Abs.4 AVG bietet keine Handhabe für eine inhaltlich berichtigende oder erklärende Auslegung des Spruches oder der Begründung eines Bescheides (VwGH vom 28.5.1982, 82/04/0093). Der Unabhängige Verwaltungssenat geht deshalb davon aus, dass es sich bei diesem den Spruch konkretisierenden Bescheid vom 11. April 2006 inhaltlich um eine Berufungsvorentscheidung handelt.

 

Da gegen diesen Bescheid vom 11. April 2006, UR96-17-2005 rechtzeitig vom Vertreter des Berufungswerbers Berufung erhoben wurde und als Begründung angeführt wurde, dass von offensichtlichen Unrichtigkeiten, die einer Berichtigung gemäß § 64 Abs.2 AVG zugänglich wären, nicht gesprochen werden könne, sondern vielmehr die Behörde im Nachhinein versuche, Fehler auch im rechtlichen Bereich ihres Erstbescheides im Nachhinein zu sanieren, was angesichts der aufsteigenden Wirkung der bereits erfolgten Berufung unzulässig sei, wertet der Unabhängige Verwaltungssenat diese Berufung als Vorlagenantrag im Sinne des § 64a Abs.2 AVG. Aufgrund dieses Vorlageantrags ist der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11. April 2006, UR96-17-2005, gemäß § 64a Abs.3 AVG außer Kraft getreten und daher im gegenständlichen Verfahren vom Unabhängigen Verwaltungssenat ausschließlich über die Berufung vom 10. April 2006 gegen das Straferkenntnis vom 15. März 2006, UR96-17-2005, zu befinden.

 

4. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Schreiben vom 3. Mai 2006 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2007, an der der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilgenommen haben.

 

5.1. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Der Bw ist handelsrechtlicher und abfallrechtlicher Geschäftsführer der P E mit dem Sitz in L.

 

Die Betriebsanlage der "P E" am Standort L wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19. Jänner 2000, Ge21-10-2-1999, gewerbebehördlich und mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 10. August 1999, UR-305222/14-1999, nach dem Oö. Abfallwirtschaftsgesetz genehmigt.

 

Beiden Anlagengenehmigungen ist gemein, dass am Standort eine Zwischenlagerung von nicht gefährlichen bzw. gefährlichen Abfällen samt Nebenanlagen wie Brückenwaage, Betriebstankstelle sowie befestigte Freiflächen und maschinelle Einrichtungen genehmigt wurden. Gemäß den Anlagenbeschreibungen ist vorgesehen, dass manche Abfälle einer Behandlung in Form von Verpressen, Zerkleinern und Sieben unterzogen werden. An Maschinen sollen dafür eine Kanalballenpresse, ein Doppelwellenschneider und eine Siebmaschine, welche in der Genehmigung näher bezeichnet wurden, eingesetzt werden.

 

In beiden Anlagegenehmigungen ist festgehalten, dass Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle in einer der sechs Lagerboxen zwischengelagert werden. In der Betriebsbeschreibung ist weiters festgehalten, dass die Abfälle so kurz als möglich in der jeweiligen Box zwischengelagert werden und nach Vorhandensein von vernünftigen und wirtschaftlichen Transporteinheiten an die befugten Entsorger weitergegeben werden, wobei die Verweilzeit maximal eine Woche beträgt.

 

Am 7. Oktober 2005 wurde von der Behörde im Beisein eines Sachverständigen ein Lokalaugenschein am Betriebsgelände der "P E" durchgeführt. Dabei wurde vom Sachverständigen festgestellt, dass im Bereich der Altölübernahmestelle sechs Stück 200 Liter Stahlspundfässer und im Nahbereich des Altöllagers 12 Stück 200 Liter Stahlspundfässer abgestellt waren, die keine ausreichende Beschriftung hinsichtlich Inhalt, Gefährlichkeit und Abfallart unter Angabe der Schlüsselnummer getragen haben. Weiters wurde vom Sachverständigen festgestellt, dass in fünf der vorhandenen Lagerboxen Hausmüll und Gewerbeabfall bis nahezu unters Dach gelagert wird.

 

Diese Feststellungen des Sachverständigen werden vom Berufungswerber grundsätzlich nicht bestritten und wird das Vorhandensein der Hausabfälle und Gewerbeabfälle damit begründet, dass es aufgrund der vertraglichen Situation mit einem Entsorger kurzfristig zu Überkapazitäten am Betriebsstandort gekommen ist.

 

Zu den vorgefundenen Stahlspundfässern wird vom Berufungswerber erklärt, dass diese am selben Tag für die Entsorgung bei der E in W bereitgestellt wurden und gerade die Umetikettierung für den Transport vorbereitet wurde. Der Berufungswerber belegt seine Ausführungen hinsichtlich der Entsorgung der Stahlspundfässer mit der Vorlage von zwei Begleitscheinen, die dokumentieren, dass am 7. Oktober 2005 insgesamt 2.200 kg Lösemittel-Wassergemische der Schlüsselnummer 55374 und 4.600 kg Bremsflüssigkeit der Schlüsselnummer 54120 an den Entsorger E mit Standort W übergeben wurden.

 

5.2. Dieser Sachverhalt ist im Wesentlichen unbestritten geblieben und ergibt sich aus den Ausführungen des Berufungswerbers in der mündlichen Verhandlung bzw. den von ihm vorgelegten Unterlagen.

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

6.1. Gemäß § 15 Abs.1 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002 idF BGBl I Nr. 181/2004, sind bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen

1. die Ziele und Grundsätze des § 1 Abs.1 und 2 zu beachten und

2. Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs.3) zu vermeiden.

 

§ 1 Abs.3 AWG 2002 lautet:

Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6. Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7. das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9. Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

 

Wer gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs.1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs.1 sammelt, befördert, lagert oder behandelt oder entgegen § 15 Abs.2 vermischt oder vermengt begeht gemäß § 79 Abs.1 Z1 AWG 2002 – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 Euro bis 36.340 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht.

 

Wer nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs.1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert oder behandelt oder entgegen § 15 Abs.2 vermischt oder vermengt, begeht gemäß § 79 Abs.2 Z3 AWG 2002 – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 Euro bis 7.270 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1.800 Euro bedroht.

 

6.2. Nach § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet u.a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw. Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 1521).

 

Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z1 des § 44a VStG der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (siehe dazu Hauer/Leukauf, aaO, S.1522).

 

6.3. Die Individualisierung des Schuldspruchs nach § 79 Abs.1 Z1 iVm § 15 Abs.1 AWG 2002 (betrifft Spruchabschnitt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses) bedeutet, dass der Spruch auch jene Tatumstände enthalten muss, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die am Betriebsgelände vorgefundene Situation geeignet ist, die im § 1 Abs.3 AWG genannten Interessen zu beeinträchtigen. Nur bei entsprechender Beschreibung dieser Tatumstände ist dem Erfordernis des § 44a Z1 VStG entsprochen. Die belangte Behörde führt im Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses aus, dass die Stahlspundfässer mit Flüssigkeiten unbekannter Herkunft befüllt waren und unsachgemäß zwischengelagert wurden. Weiters enthält der Spruch den Hinweis, dass keine ausreichende Beschriftung hinsichtlich Inhalt, Gefährlichkeit und Schlüsselnummer gegeben war und die Ölabscheideranlage nur für das Auslaufen von Altöl Schutz bietet. Mit diesen allgemeinen Hinweisen auf eine unsachgemäße Lagerung und die Funktionsweise der Ölabscheideranlage sind allerdings die Tatumstände, die zu einer Beeinträchtigung der geschützten Interessen des § 1 Abs.3 AWG 2002 führen können nicht in der vom Gesetz geforderten Weise konkretisiert. Aus der Spruchformulierung ist jedenfalls nicht ersichtlich durch welche Handlung eine Beeinträchtigung der geschützten Interessen erfolgt und deshalb vom Berufungswerber den allgemeinen Behandlungspflichten nicht entsprochen wird. Der Spruchformulierung ist nicht zu entnehmen, in wie weit das Abstellen der Stahlspundfässer im Bereich der Altölübernahmestelle den öffentlichen Interessen zuwider läuft und daher den Vorgaben des § 15 Abs.1 AWG 2002 zuwider gehandelt wird. Der Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses entspricht daher nicht den Erfordernissen des § 44a Z1 VStG, weshalb dieser Strafausspruch zu beheben war. In diesem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Erstinstanz zur Begründung der Strafbemessung ausführt, dass es zu keiner Verletzung der öffentlichen Interessen im Sine des AWG gekommen ist. Dies steht in eindeutigem Widerspruch zu der im Spruch genannten verletzten Rechtsvorschrift des § 15 Abs.1 AWG 2002.

Weil dem Berufungswerber innerhalb  der Verfolgungsverjährungsfrist kein im Sinne der obigen Ausführungen konkretisierter Tatvorwurf vorgehalten wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten und war das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

Auch bezüglich des Spruchpunktes 2. ist auf die obigen Ausführungen zur mangelnden Konkretisierung des Spruches nach § 44a Z1 VStG zu verweisen. Im Spruchpunkt 2. wird von der Erstinstanz nicht dargestellt, in welcher Weise durch die als unsachgemäß qualifizierte Zwischenlagerung von Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen den in § 1 Abs.3 AWG genannten Interessen entgegengewirkt wird. Im besonderen wird darauf hingewiesen, dass von der Erstinstanz offensichtlich die Nichteinhaltung des Anlagenkonsens im Hinblick auf die maximale Lagerdauer von einer Woche zum Tatvorwurf gemacht wird. Im Gegensatz dazu wird aber als verletzte Rechtsvorschrift die allgemeine Behandlungspflicht für Abfallbesitzer, die im § 15 Abs.1 AWG 2002 geregelt ist, genannt. Sofern den Berufungswerber allerdings die Nichteinhaltung des Anlagenkonsenses vorgeworfen wird, muss der Spruch soweit konkretisiert sein, dass erkennbar ist, von welcher konkreten Anlage ausgegangen wird und wäre es dazu jedenfalls erforderlich die entsprechende Genehmigung mit ausstellender Behörde sowie Genehmigungs­datum und Aktenzahl zu nennen. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht auch hinsichtlich Spruchpunkt 2. fest, dass mit diesem den Erfordernissen des § 44a Z1 VStG nicht entsprochen wird, weshalb mit einer Aufhebung dieses Schuldspruches vorzugehen war. Hinsichtlich der Einstellung nach § 45 Abs.1 Z3 VStG wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

 

7. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Thomas Kühberger