Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521615/3/Fra/RSt

Linz, 02.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn R B, W, 47 S, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. S G, H, 49 R, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. März 2007, VerkR21-94-2007, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung einschließlich der Festsetzung der Entziehungsdauer von acht Monaten – vom 3.2.2007 bis einschließlich 3.10.2007 – wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 u. 25 Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z1 u. 7 Abs.4 FSG, BGBl I /120/1997 zuletzt geändert durch BGBl I /153/2006.

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

II.

Betreffend die

- Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker

- Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und

- Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens

ist der erstinstanzliche Bescheid – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7, 24 u. 25 FSG sowie § 2 FSG-NV

- die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

  entzogen und ausgesprochen, dass auf Dauer von acht Monaten – vom 3.2.2007

  (= Datum der Abnahme des Führerscheines) bis einschließlich 3.10.2007 –

  keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf,

-    verpflichtet, eine Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker zu absolvieren,

-    die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme sowie

-    die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die           gesundheitliche Eignung aufgetragen.

 

Weiters wurde einer allfällig eingebrachten Berufung gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw durch seinen ausgewiesenen Vertreter innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 11.4.2007 eingebracht und darin die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf sechs Monate beantragt.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Die Berufung richtet sich nicht gegen die

-       Anordnung einer Nachschulung

-       Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und

-       Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens.

 

Der erstinstanzliche Bescheid ist daher in diesen Punkten – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.

 

Gemäß § 67d Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung nicht beantragt hat;

VwGH vom 28.4.2004, 2003/03/0017.

 

Der Bw lenkte am 3.2.2007 um ca. 05.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr im Ortsgebiet Schärding.

Dabei überfuhr er eine Verkehrsinsel, beschädigte ein Verkehrszeichen und kollidierte in weiterer Folge mit einem Granitstein, welcher auf die Fahrbahn geschoben wurde.

Der Bw parkte den – stark beschädigten – PKW auf einem näher bezeichneten Parkplatz und wurde anschließend von seinem Bruder an der Unfallstelle abgeholt und nach Hause gefahren.

Der Bw unterließ es, den Geschädigten oder die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub von diesem Verkehrsunfall zu verständigen.

 

Bei dieser Fahrt/diesem Verkehrsunfall befand sich der Bw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, da die am selben Tag um 08.53 Uhr vorgenommene Messung der Atemluft mittels Alkomat einen Atemluftalkoholgehalt von (niedrigster Wert) 0,88 mg/l ergeben hat.

 

Der durchschnittliche stündliche Verbrennungswert des Alkohols in Blut beträgt 0,10 bis 0,12 Promille; umgerechnet auf den Atemluftalkoholgehalt (Faktor 2:1) ergibt dies pro Stunde einen "Abbauwert" von 0,05 bis 0,06 mg/l

(VwGH vom 29.8.2003, 2003/02/0033 mit Vorjudikatur; vom 9.11.1999, 98/11/0257).

 

Rückgerechnet auf den Zeitpunkt des Lenkens/Verkehrsunfalles (ca. 5.00 Uhr) hat beim Bw der Atemluftalkoholgehalt mindestens 1,07 mg/l betragen.

 

Dieser Sachverhalt wurde vom Bw in der Berufung nicht bestritten bzw. sogar ausdrücklich bestätigt!

 

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass der Bw am 3.2.2007 um ca. 5.00 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemluftalkoholgehalt: mindestens 1,07 mg/l = Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit. a StVO) einen PKW gelenkt, dabei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet und anschließend "Fahrerflucht" begangen hat.

 

Der Atemluftalkoholgehalt von 1,07 mg/l bedeutet das ca. 2,7fache des gesetzlichen Höchstwertes nach § 5 Abs.1 StVO bzw. das ca. 4,3fache nach § 14 Abs.8 FSG!

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs. 1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt und hiebei eine Übertretung gemäß (§ 5 i.V.m.) § 99 Abs. 1 StVO begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH vom 14.3.2003, G203/02; vom 11.10.2003, B1031/02; vom 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

 vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur

 vom 6.4.2006, 2005/11/0214

 

Betreffend die Festsetzung der Entziehungsdauer wird auf nachstehende Judikatur des VwGH verwiesen:

-       Erkenntnis vom 28.10.2003, 2003/11/0144:

     Selbst wenn der Bw keinen Verkehrsunfall verschuldet – und somit auch keine   Fahrerflucht begangen hätte – ist bei einem Atemluftalkoholgehalt von mehr als          1,00 mg/l eine Entziehungsdauer von mehr als vier Monaten gerechtfertigt!

 

Im gegenständlichen Fall ist zu berücksichtigen, dass der Bw einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet und "Fahrerflucht" begangen hat.

 

-       Erkenntnis vom 8.8.2002, 2001/11/0210:

     Der dortige Beschwerdeführer (Bf) hat in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemluftalkoholgehalt: 0,68 mg/l) einen Verkehrsunfall mit Sachschaden     verschuldet und Fahrerflucht begangen.

     Der VwGH hat – unter Verweis auf insgesamt vier Vorerkenntnisse – eine          Entziehungsdauer von zehn Monaten als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen        erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Im vorliegenden Fall beträgt der Alkoholisierungsgrad des Bw 1,07 mg/l AAG und ist somit beträchtlich höher als der Alkoholisierungsgrad des vom VwGH–Erkenntnis 2001/11/0210 betroffenen Bf.

 

Die von der belangten Behörde festgesetzte Entziehungsdauer (acht Monate, gerechnet ab vorläufiger Abnahme des Führerscheines) ist daher als noch vertretbare Untergrenze anzusehen.

 

Eine Herabsetzung dieser Entziehungsdauer kommt sohin nicht in Betracht.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1.      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;

   diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von

   einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

         Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2.      Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13 Euro angefallen.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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