Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251556/18/Lg/RSt

Linz, 03.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder nach der am 14. Juni 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M G, L, 45 L, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. C L, G, 44 S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 20. März 2007, Zl. Sich96-230-2006-Sk, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

I.                     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II.                   Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 2.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Stunden verhängt, weil er den rumänischen Staatsangehörigen C N vom 23.8.2006 bis 21.9.2006 für jeweils zwei Tage pro Woche täglich von 20.00 bis 6.00 Uhr im vom Bw geführten und betriebenen Nachtclub "B" in L, L, als Kellner beschäftigt habe, obwohl die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere nicht vorgelegen seien.

 

In der Begründung nimmt das angefochtene Straferkenntnis Bezug auf den Strafantrag des Zollamtes Linz vom 6.12.2006, die niederschriftliche Einvernahme des Bws als Beschuldigter am 12.1.2007 sowie eine Stellungnahme des Finanzamtes Kirchdorf, Perg, Steyr vom 9.2.2007.

 

Beweiswürdigend wird festgehalten, dass der Ausländer von den Kontrollorganen hinter der Theke beim Einfüllen eines Getränkes angetroffen worden sei. Außer zwei Gästen sei niemand in diesem Bereich aufhältig gewesen. Der Ausländer habe über die Schlüssel zum Lokal verfügt. Der Ausländer habe angegeben, als "Aushilfe" zweimal pro Woche jeweils in der Zeit von 20.00 und 6.00 Uhr tätig zu sein. An den Angaben des Ausländers im Personenblatt sei nicht zu zweifeln, da das Personenblatt in rumänischer Sprache abgefasst sei. Die Angaben des Ausländers im Personenblatt würden auch den am Kontrolltag gemachten Feststellungen entsprechen. Der Aussage des Bws, es könne nicht sein, dass der Ausländer hinter der Bar Getränke ausgeschenkt habe, sei durch die Feststellungen (gemeint: der Kontrollorgane) widerlegt. Der Aussage, dass möglicherweise die beiden anwesenden Prostituierten (welche jedoch zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht im Lokalbereich gewesen seien) möglicherweise Getränke an Gäste während der Abwesenheit des Bws ausgeschenkt hätten, sei entgegenzuhalten, dass eine solche Tätigkeit für selbständige Prostituierte gar nicht zulässig wäre. Wenn der Ausländer gemäß den Behauptungen des Bws tatsächlich nur beim Bw zu Besuch gewesen wäre, so hätte er im Lokal und noch dazu während der Abwesenheit des Bws und mit den Lokalschlüsseln ausgestattet überhaupt nichts zu suchen gehabt. Die Behörde gehe daher entsprechend den Angaben des Ausländers davon aus, dass er gegen Kost und Logie während des angeführten Zeitraumes eine Aushilfskellnertätigkeit ausgeübt habe.

 

Hinsichtlich des Verschuldens wird auf § 5 Abs.1 VStG verwiesen.

 

Zur Strafbemessung wird ausgeführt, dass die relativ kurze Dauer der unerlaubten Beschäftigung mildernd wirke. Als erschwerend sei zu werten, dass die Entlohnung lediglich in Form von Naturalien weit unterhalb des vorgesehenen Mindestlohnes und ohne Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt sei. Weiters sei eine Verwaltungsvorstrafe (§ 52 Abs.1 iVm § 77 Abs.1 Z5 NAG) zu berücksichtigen. Ausgegangen wird von "festgestellten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen".

 

2. In der Berufung wird dagegen eingewendet:

 

Unter dem Titel der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird vorgebracht, die Behörde stütze ihre Feststellungen ausschließlich auf das Personenblatt, in welchem die entsprechenden Fragen in rumänischer Sprache aufgelistet seien. Dabei falle auf, dass die Antworten auf die Fragen, sofern sie nicht durch bloßes ankreuzen gegeben werden konnten, teilweise auf Deutsch erfolgt seien. Insbesondere gebe der Ausländer an, er sei als "Aushilfe" beschäftigt gewesen.

 

Dabei dürften überhaupt in dem Formular nur folgende Angaben vom Ausländer geschrieben worden sein: Name, Vorname und Staatsbürgerschaft (in rumänischer Sprache). Die restlichen Angaben seien in einem anderen Schriftbild verfasst und mit unleserlicher Paraphe versehen.

 

Es falle auf, dass unter "Beschäftigt seit" die Daten 23.08.2006 - 21.09.2006 angeführt seien. Letzteres Datum sei der Tag der Kontrolle. Ebenso seien die Angaben "Aushilfe" und "2 Tage" auf Deutsch, obwohl der rumänisch sprechende Ausländer sich zweifellos leichter getan hätte, diese Fragen in seiner Muttersprache zu beantworten. Bei dem Vermerk "2 Tage" fehle im Übrigen der Zeitraum (wöchentlich? monatlich? Gesamtzahl der bisher geleisteten Tätigkeiten?).

 

Ganz offensichtlich seien diese Angaben von kontrollierenden Organen gefertigt worden.

 

Die Behörde hätte daher den Ausländer unter Beiziehung eines Dolmetschers in der rumänischen Sprache vernehmen müssen, wodurch das Verfahren mangelhaft geblieben sei.

 

Unter dem Titel der unrichtigen Beweiswürdigung und unzutreffender Feststellungen wird geltend gemacht, der Ausländer sei hinter der Bar angetroffen worden. Es handle sich dabei, davon scheine auch die Behörde nicht auszugehen, nicht um Räume, welche im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind.

 

Dass der Ausländer den Schlüssel für das Lokal hatte, könne den Beschuldigten ebenfalls nicht belasten. Es seien keine Feststellungen getroffen worden, wo sich im Bezug auf das Lokal die Wohnräume befinden, in denen der Ausländer genächtigt hat. Dazu wird ausgeführt, dass diese Wohnräume über das Lokal selbst erreicht werden könnten. Um dem Ausländer den Zutritt zu den von ihm benutzten Räumen zu ermöglichen, sei ihm daher ein Schlüssel ausgehändigt worden.

 

Durchaus denkbar sei, dass der Ausländer sich selbst etwas zum Trinken hergerichtet habe. Dies erscheine im Hinblick auf die unzureichenden Deutschkenntnisse auch plausibel, zumal nicht vorstellbar sei, wie dieser im Barbereich Bestellungen aufnehmen könne.

 

Schon gar nicht sei erklärlich, dass der Ausländer zweimal in der Woche als Aushilfskellner tätig gewesen sein soll, zumal wie erwähnt sich in keiner Weise verifizieren lasse, auf welchen Zeitraum sich die "Aussage" zwei Tage beziehen soll.

 

Daher sei der Aussage des Beschuldigten Vorzug zu geben, dass "dies nicht sein kann", das bedeutet, dass er sich nicht erklären kann, wieso der Ausländer hinter der Bar angetroffen wurde und dass er jedenfalls ein Arbeitsverhältnis bestreite.

 

In eventu wird ausgeführt: Wie der Beschuldigte angegeben hat, handle es sich bei dem Ausländer um den Vater der Lebensgefährtin des Beschuldigten. Die Behörde hätte daher zu überprüfen gehabt, in wieweit für den Fall, dass dieser tatsächlich "ausgeholfen" hat, er familienhaft aus Gefälligkeit mitgearbeitet hat.

 

Indizien hiefür böten die – wie erwähnt aber kaum verwertbaren – Angaben laut Personenblatt. Wenn der Ausländer angibt, er bekomme Essen und Trinken sowie das Quartier, ansonsten sei über einen Lohn nicht gesprochen worden, so deute dies darauf hin, dass, wie der Beschuldigte angegeben habe, dieser eben bei kurzfristiger Abwesenheit des Beschuldigten ausgeholfen bzw. diesen vertreten habe, zumal er wegen familiärer Probleme bei ihm Aufenthalt genommen habe.

 

Die Behörde hätte daher in Übereinstimmung mit der Aussage des Beschuldigten feststellen müssen, dass eine allenfalls kurzfristige Tätigkeit "hinter der Bar" auf einer familienbedingten Gefälligkeit des Ausländers beruht habe, welcher der Vater der Lebensgefährtin des Beschuldigten sei.

 

Damit leidet der angefochtene Bescheid aber auch an unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Aus dem Umstand, dass der Ausländer der Vater der Lebensgefährtin ("Freundin") des Beschuldigten sei und er "gegen Kost und Logie" als Aushilfskellner tätig gewesen sei, ergebe sich nicht automatisch ein Synallagma, also eine wechselseitige Verbindlichkeit, Leistungen zu erbringen. Nur bei einer synallagmatische Verbindung zwischen einerseits: Verpflichtung, Kellnertätigkeiten auszuführen (also Arbeiten auszuführen), und andererseits: Verpflichtung, dafür eine Entlohnung zu erbringen, liegt eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG vor (unter Hinweis auf VwGH 2004/09/0217).

 

Diesbezüglich scheine sich die Behörde nicht sicher zu sein, da angeführt werde, es bestehe ein Abhängigkeitsverhältnis und es würden "wohl auch" entsprechende Weisungen und Verhaltensregeln erteilt worden sein. Dabei komme es auf diese Umstände, welche ohnehin Vermutungen der Behörde seien, weniger an, als darauf, dass eine Arbeitsverpflichtung bestehen muss, welche sich aus einem Vertrag zwischen den Parteien ergebe.

 

Es würden – außer der Verwendung der verba legalia – auch geeignete Feststellungen fehlen, in welcher Form das Verhältnis zwischen dem Beschuldigten und dem Ausländer zumindest arbeitnehmerähnlich sei.

 

Schließlich wird die Strafhöhe bekämpft. Die Behörde vermeint zu Unrecht, dass die Entlohnung in Form von Naturalien weit unterhalb des vorgesehenen Mindestlohnes erfolgt seien. Kellner ohne Lehrabschlussprüfung hätten bei einer Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden in Oberösterreich einen Anspruch auf einen kollektivvertraglichen Lohn von € 1.089. Daraus folge ein Stundenlohn von € 6,29. Selbst unter der Prämisse, dass der Ausländer tatsächlich zwei Tage in der Woche beschäftigt gewesen sei, hätte er Anspruch auf einen kollektivvertraglichen Lohn von € 635 bis 640 im Monat (unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen). Es würden jegliche Feststellungen fehlen, welchen Wert die gewehrten Leistungen (Kost und Logie) haben, sodass dem angezogenen Beschwerungsgrund die Basis fehle. Die Verwaltungsvorstrafe nach dem NAG sei nicht geeignet, als Erschwerungsgrund herangezogen zu werden, da es sich um eine Übertretung handle, bei der der Beschuldigte in eigener Sache ein Dokument nicht beantragt habe.

 

Es handle sich vielmehr um die erste Übertretung nach dem AuslBG, sodass nicht nur von einer Mindeststrafe von Euro 1.000 auszugehen sei, sondern auch mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden hätte können.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Strafantrag des Zollamtes Linz vom 6.12.2006 sei bei einer Kontrolle am 21.9.2006 um 21.30 Uhr im Nachtclub B folgender Sachverhalt festgestellt worden: Beim Betreten des Lokals seien zwei Gäste anwesend gewesen. Der Kellner, der rumänische Staatsangehörige C N sei dagestanden und habe ein Glas mit einem Getränk aus einer Flasche gefüllt. Er habe auch die Schlüssel des Lokals gehabt. Weiteres Bedienungspersonal sei nicht anwesend gewesen.

 

Dem Strafantrag liegt ein Personenblatt bei. In diesem ist eingetragen: Zur Tätigkeit des Ausländers: "Aushilfe". Er arbeite derzeit für die Firma "B, L". Er sei beschäftigt als: "Aushilfe". Beschäftigt sei er seit: "23.08.2006 – 21.09.2006". Die Rubriken: "Essen/Trinken", "Wohnung", und "über Lohn nicht gesprochen" sind angekreuzt. Unter "tägliche Arbeitszeit" ist eingetragen: "20.00 – 06.00 2 Tage". Als Chef ist angegeben: "C T".

 

Als amtlicher Vermerk ist angegeben: Die Schlüssel für das Lokal hatte Herr C. Zwei Gäste, ein Gast an der Bar, der andere Gast am Tisch gegenüber der Bar neben der Tür. Beobachtete Tätigkeit: "hinter der Bar ein Glas mit einem Getränk aus einer Flasche (siehe Foto) gefüllt."

 

Am 12.1.2007 sagte der Bw vor der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf niederschriftlich einvernommen aus, bei dem Ausländer handle es sich um den Vater seiner Freundin, C T. Diese wohne derzeit in Deutschland. Der Bw bestreite entschieden, dass der Ausländer für ihn gearbeitet habe bzw. bei ihm angestellt sei. Auf die Frage, weshalb der Ausländer dann am 21.9. im Lokal anwesend war, nachweislich hinter der Bar gestanden sei und ein Getränk in ein Glas gegossen habe und außerdem über einen Lokalschlüssel verfügt habe, obwohl sonst kein Personal anwesend gewesen sei, gab der Bw an, dass dies nicht sein könne. Er sei lediglich zwei Stunden abwesend gewesen. Es seien noch zwei Damen, welche in seinem Lokal als Prostituierte tätig gewesen seien, anwesend gewesen. Ob diese eventuell Gäste bedient hätten, könne der Bw nicht sagen. Richtig sei lediglich, dass der Ausländer einige Wochen beim Bw gewohnt habe, weil er Probleme mit seiner zweiten Frau gehabt habe. Er habe einige Zeit beim Bw gewohnt und dann bei seiner Tochter und dann wieder in Rumänien.

 

In der Stellungnahme des Finanzamtes Kirchdorf, Perg, Steyr vom 9.2.2007 wird argumentiert, es sei unerheblich, ob der Ausländer nur geringfügig beschäftigt worden sei.

 

In einer abermaligen niederschriftlichen Einvernahme am 8.3.2007 verwies der Bw auf seine frühere Aussage.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte das Kontrollorgan S aus, der Ausländer sei hinter der Bar ein Getränk einschenkend angetroffen worden. Er habe ein T-Shirt mit der Aufschrift "B" getragen. Ob die im Lokal anwesenden Damen Kellnertätigkeit verrichtet hätten wisse er ebenso wenig wie, ob das Getränk für den Eigenkonsum des Ausländers bestimmt war. Beim Ausfüllen des Personenblatts habe sich herausgestellt, dass der Ausländer für diesen Zweck die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrscht habe. Daher sei eine Dame unbekannten Namens, welche sich zunächst geweigert habe, zur Übersetzung herangezogen worden. Ohne diese Dame (ebenfalls eine Ausländerin, die jedoch gut Deutsch gesprochen habe) wäre ein Gespräch mit dem Ausländer nicht möglich gewesen. Der Ausländer habe nur die Felder "Vorname, Familienname, Staatsbürgerschaft, Geburtsdatum" ausgefüllt. Die anderen Felder habe die erwähnte Dame ausgefüllt. Der Ausländer habe angegeben, er würde seine Tochter in dieser Nacht hier vertreten und dass er dies öfter mache. Seine Tochter würde in dieser Nacht nicht mehr ins Lokal kommen. Der Ausländer habe außerdem die Lokalschlüssel gehabt. Ob die Angabe "23.08.2006 – 21.09.2006" tatsächlich den Beschäftigungszeitraum betreffe, könne der Zeuge nicht sagen. Die Angabe "2 Tage" habe der Zeuge so verstanden, dass der Ausländer an "diesen" 2 Tagen seine Tochter vertreten habe wollen.

 

Der Bw legte dar, T C, seine Lebensgefährtin und er seien an diesem Abend nicht im Lokal gewesen, weil "nicht los" gewesen sei. Er sei mit T nach Linz gefahren. Normalerweise habe der Bw selbst im Lokal bedient. Der Bw habe gedacht, wenn ein Gast kommen sollte, sollten "halt die Damen bedienen". Die Kellnerbrieftasche sei ihnen zum Kassieren zur Verfügung gestanden. Da es sich um ein Prostitutionslokal gehandelt habe, sei dies kein Problem gewesen. Es sei nicht vorgesehen gewesen, dass der Ausländer im Lokal bedient, da er dafür zu geringe Sprachkenntnisse gehabt habe. Die Lokalschlüssel habe der Ausländer deshalb gehabt, weil er sonst keinen Zugang zur Wohnung gehabt hätte. Ein Zusperren des Lokals sei nicht erforderlich gewesen, da die Tür ohne Schlüssel ohnehin nur von innen zu öffnen gewesen sei.

 

Der Ausländer, der "bei uns" auf Besuch gewesen sei und "bei uns" gewohnt habe, habe vom Bw kein Geld erhalten. Er habe "von uns" Unterkunft und Verpflegung bekommen. Dies sei aber keine Gegenleistung für Arbeitstätigkeit gewesen. Das T-Shirt habe der Ausländer vom Bw geschenkt bekommen.

 

T C sagte aus, seit zwei Jahren die Lebensgefährtin des Bws zu sein. Sie konnte die Angabe des Bw, am Kontrolltag mit dem Bw in Linz gewesen zu sein, nicht bestätigen. Vielmehr sei sie zu diesem Zeitpunkt in Deutschland gewesen. Sie habe ihre Mutter, die erste Frau ihres Vaters (des gegenständlichen Ausländers) in Deutschland besucht. Der Vater sei damals in Leonstein gewesen, weil er Probleme mit seiner zweiten Frau gehabt habe und an einem sehr schlechten Gesundheitszustand gelitten habe. Bei ihrem Besuch in Deutschland habe sie den Vater nicht mitnehmen können, da dieser in einem gespannten Verhältnis zu seiner ersten Frau gestanden sei. Als die Zeugin "dann nach Deutschland gegangen sei", habe ihr Vater bei ihr gewohnt. Andererseits sagte die Zeugin, diese Aussage beziehe sich auf einen Zeitraum vor dem gegenständlichen Tatzeitraum. Der Bw und die Zeugin ("wir") hätten den Vater bei seinen Besuchen in Leonstein nicht immer wieder an- und abgemeldet. Wenn der Vater in Leonstein gewesen sei, habe er gratis dort gelebt und von der Zeugin (nicht vom Bw!) kleinere finanzielle Unterstützungen aus dem gemeinsamen Budget der Zeugin und des Bw erhalten.

 

Im Lokal habe der Bw bedient. Ab November 2006 hätten der Bw und die Zeugin ("wir") "zwischendurch" eine Kellnerin gehabt. Die Zeugin selbst habe öfter unentgeltlich als Kellnerin fungiert und auf diese Weise dem Bw geholfen. Der Bw habe den Damen gesagt, wenn  niemand da sei zum Bedienen, sollte kein Barbetrieb stattfinden, sondern "direkt ins Zimmer gegangen werden".

 

Dass der Vater ein T-Shirt mit dem Aufdruck "B" getragen habe, besage nichts, da "wir" solche Shirts häufig zu Werbezwecken verschenkt hätten.

 

Die Zeugin sei nach dem Vorfall von ihrem Vater angerufen worden, der nervlich zerrüttet gewesen sei und geweint habe. Der Vater habe gesagt, der Bw habe ihm bei seinem Weggang nur gesagt, er solle im Lokal schauen, was passiert, nur sitzen, aber nichts tun (der Bw bestätigte dies nach Zwischenfrage). Es sei keineswegs vorgesehen gewesen, dass der Ausländer den Bw bei dessen Abwesenheit vertrete. Der Vater, der gerne trinke, habe das Getränk für sich selbst eingeschenkt.

 

Weiters habe der Vater gesagt, er habe bei der Kontrolle eine alte Brille des Bw verwendet. Daher habe er das Personenblatt nicht gut lesen können. Außerdem zweifelte die Zeugin die Lesefähigkeit ihres Vaters, der 38 Jahre in Rumänien als Autolackierer gearbeitet habe, bis zu einem gewissen Grad grundsätzlich an.

 

Zusammenfassend gesagt, stellte die Zeugin die Situation so dar, dass der Aufenthalt ihres Vaters als familiäre Unterstützung ihrerseits gedacht war, es sei keine Aushilfe – auch keine gelegentliche – vorgesehen gewesen.

 

Warum sie im Personenblatt als "Chef" aufscheint, vermochte die Zeugin zunächst nicht zu erklären. Später sagte sie, sie hätte den Mädchen den Eindruck vermittelt, dass sie die Chefin sei.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Auszugehen ist davon, dass der Ausländer beim Einschenken eines Getränks hinter der Bar betreten wurde. Dieser Sachverhalt ist als "Antreffen" im Sinne des § 28 Abs.7 AuslBG anzusprechen, was eine widerlegliche Vermutung für eine Beschäftigung begründet. Bestärkt wird diese Vermutung dadurch, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle kein Bedienungspersonal im Lokal war. Dagegen spricht nicht nur die Bestreitung einer Arbeitstätigkeit des Ausländers durch den Bw, sondern auch die diesbezügliche Bestätigung durch die Zeugin T C, die unter Wahrheitspflicht aussagte, von ihrem Vater erfahren zu haben, dass dieser das Getränk für sich selbst eingeschenkt habe. Eine gewisse Plausibilität erhält diese Darstellung dadurch, dass eine Kellnertätigkeit durch einen der deutschen Sprache nicht mächtigen Mann fragwürdig ist (wenngleich die mangelnden Sprachkenntnisse des Ausländers durch die Sprachkenntnisse anwesender Damen kompensiert werden hätten können). Allerdings haben sowohl die Zeugin als auch der Bw angegeben, dass der Bw den Ausländer ersucht habe, er solle im Lokal "schauen, dass nichts passiert, aber nichts tun". Dem ist freilich entgegen zu halten, dass eine solche Präsenzfunktion der Annahme eines Dienstvertrages nicht grundsätzlich entgegensteht.

 

Festzuhalten, dass das Personenblatt zur Klärung der Situation nichts beizutragen vermag, da die entscheidenden Passagen von einer anderen Ausländerin ausgefüllt wurden und dies in zum Teil unklarer Weise (etwa hinsichtlich der Eintragung "2 Tage").

 

Geht man davon aus, dass der Ausländer zum Zeitpunkt der Betretung eine grundsätzlich als Arbeitsleistung ansprechbare Funktion im Lokal ausgeübt hat, so steht die Frage der Entgeltlichkeit zur Diskussion. Dazu ist Folgendes festzuhalten:

 

Trotz gewisser Unklarheiten (wenn nicht Ungereimtheiten) in den Aussagen des Bw und der Zeugin T C (nämlich hinsichtlich des Grundes der Abwesenheit der Zeugin zum Zeitpunkt der Kontrolle und der Zeit des Aufenthalts des Ausländers bei seiner Tochter in Deutschland) erscheint der Besuchszweck des Ausländers prinzipiell glaubwürdig. Dies auf Grund des Naheverhältnisses des Ausländers zu seiner ihn unterstützenden Tochter und damit indirekt auch zum Bw. Die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung ist üblicher Gegenstand der Gastfreundschaft und daher nicht zwingend Gegenleistung für Arbeitstätigkeit. Das Fehlen Synallagmas wird vom Bw in der Form bestritten, dass die Gastfreundschaft nicht als Gegenleistung für Arbeitsleistungen verstanden wurde. Die Zeugin C bestätigte dies insbesondere in der Form, dass sie die Gewährung der Gastfreundschaft und kleinere finanzielle Zuwendungen als Leistungen ihrerseits (und nicht des Bw) darstellte. Demgemäß fehlt es an der Voraussetzung der Entgeltlichkeit. Der Erklärungsgrund für die Unentgeltlichkeit liegt im offensichtlich gegebenen persönlichen Nahverhältnis des Ausländers zu seiner Tochter, aber auch zum Bw. Die (allfälligen) Leistungen des Ausländers wurden auch freiwillig erbracht; für die gegenteilige Annahme fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Auch die Kurzfristigkeit der Tätigkeit des Ausländers ist gegeben, da von der Richtigkeit der Darstellung des Bw und der Zeugin T C auszugehen ist, dass im Lokal grundsätzlich der Bw selbst und allenfalls in seiner Vertretung (unentgeltlich) die Zeugin den Barbetrieb besorgte. Dazu kommt, dass die Angabe "2 Tage" im ohnehin unzuverlässigen Personenblatt selbst durch das Kontrollorgan im Sinne des Gesamtumfangs der Tätigkeit des Ausländers gedeutet wurde. Es liegen daher – wenn man von Arbeitsleistungen des Ausländers ausgeht – die Voraussetzungen eines unentgeltlichen Gefälligkeitsdienstes vor (zu diesen vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.1.2006, Zl. 2004/09/0217; zur grundsätzlichen Möglichkeit von Gefälligkeitsdiensten in einem Etablissement vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3.6.2004, Zl. 2002/09/0198).

 

Im Übrigen ist zu beachten, dass nicht als gesichert gelten kann, dass der Ausländer seine ("allfälligen") Leistungen gegenüber dem Bw erbrachte. Dagegen spricht, dass seine Tochter die Situation so darstellte, dass in erster Linie sie selbst den Ausländer unterstützt habe. Überdies ist die Tochter im Personenblatt als Chefin angegeben und gab das zeugenschaftlich einvernommene Kontrollorgan an, der Ausländer habe gesagt, seine Tochter zu vertreten. Diese Indizien weisen schon für sich genommen darauf hin, dass die Annahme eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Ausländer und dem Bw, das den Ausländer verpflichtet hätte, Arbeitsleistungen für den Bw zu erbringen, nicht sehr wahrscheinlich ist.

 

Zusammengefasst ist davon auszugehen, dass es dem Bw gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass er den Ausländer nicht beschäftigt hatte.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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