Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230664/2/Br

Linz, 01.04.1998

VwSen-230664/2/Br Linz, am 1. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des J vom 19. Februar 1998, gegen den Verfallsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 2. Februar 1998, AZ: Sich96-40-1998, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm 24, § 37 Abs.5 § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 1.1. Am 24. Jänner 1998 stelle sich der Berufungswerber am Grenzübergang Wullowitz als Beifahrer eines Kfz mit tschechischen Kennzeichen der Ausreisegrenzkontrolle nach Tschechien. Dabei ist ein von Deutschland ausgeschriebenes "aufrechtes"- bis 23. Oktober 1998 bestehendes - Einreise- und Aufenthaltsverbot im Schengener Gebiet festgestellt worden. Der entsprechende Ausdruck aus dem Schengeninformationssystem lautet: "EINREISE-/AUFENTHALTSVERBOT IM SCHENGENER GEBIET; außer bei Besitz eines gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitels eines Schengenstaates. - Kontaktnahme mit SIRENE (Art. 96 SDÜ)".

Vom Berufungswerber wurde folglich eine vorläufige Sicherheitsleistung in der Höhe von 1.000 S eingehoben und ihm hierüber von dem namens der Bezirkshauptmannschaft Freistadt einschreitenden Organ eine Bescheinigung gemäß § 37a Abs. 2 Z. 1 VStG ausgestellt. Eine Mitteilung über den die vorläufige Sicherheitsleistung begründenden Übertretungstatbestand wurde dem Berufungswerber offenbar nicht gemacht. Der an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt erstatteten Anzeige der Bundesgendarmerie, Grenzkontrollstelle Wullowitz, wurde eine Kopie des Führerscheins des Berufungswerbers und der weiteren im Fahrzeug anwesenden Person beigeschlossen.

2. Die Erstbehörde erließ in der Folge den angefochtenen Bescheid und erklärt darin gestützt auf § 37a und § 37 Abs.5 VStG die vorläufige Sicherheitsleistung als verfallen. Der Spruch lautet: "Die am 24. Jänner 1998 von Ihnen bei Betreten auf frischer Tat wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung durch ein hiezu ermächtigtes Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes eingehobene vorläufige Sicherheit von S 1.000 wird für verfallen erklärt." 2.1. In der Bescheidbegründung nimmt die Erstbehörde bloß auf die Rechtsvorschriften der Beschlagnahme und des Verfalles Bezug. Worin der "Verdacht einer Verwaltungsübertretung", der Grundlage für die Sicherheitsleistung und deren Verfallserklärung, erblickt wird, wird nicht dargelegt. Der Bescheid wurde dem Berufungswerber in Tschechien zugestellt.

3. Der Berufungswerber bringt in seiner Berufung im Ergebnis vor, daß der die Eintragung in das Schengener Informationssystem zu Grunde liegende Bescheid des Landratsamtes Bad Tölz-Wolfratshausen bloß ein Aufenthaltsverbot bis zum 31. Dezember 1997 ausgesprochen habe. Das Aufenthaltsverbot müsse daher zum Zeitpunkt seiner Einreise nach Österreich bereits abgelaufen gewesen und die Eintragung daher auf einem Irrtum zurückzuführen sein. Neben dem vermutlich diese Eintragung begründenden Bescheid legt der Berufungswerber auch eine Bestätigung vom 12. Februar 1998 der zuletzt genannten deutschen Behörde vor, aus welcher hervorgeht, daß die Eintragung gelöscht sei. 3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, in welchem die mit der Berufung vorgelegten o.a. ergänzenden Beweisstücke angeschlossen waren; da daraus bereits ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.1.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 2. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich rechtlich erwogen:

4.1. Gemäß § 37a Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 VStG kann die Behörde besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dazu ermächtigen, von der in § 35 Z. 1 und 2 VStG vorgesehenen Festnahme abzusehen und eine vorläufige Sicherheit bis zum Betrag von 2.500 S festzusetzen und einzuheben, wenn der Betretene die vorläufige Sicherheit freiwillig erlegt. Wie sich aus der im Verwaltungsakt erliegenden Bescheinigung i.V.m. der Anzeige unmißverständlich ergibt, ist das Sicherheitsorgan am 24. Jänner 1998 nach dieser Gesetzesstelle eingeschritten, da es offenbar auf Grund des Datensatzes im SIS zur Ansicht gelangen mußte den Berufungswerber auf frischer Tat bei einer Verwaltungsübertretung betreten zu haben und eine Strafverfolgung offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde. 4.2. Es kann hier dahingestellt bleiben ob alleine schon eine derartige Eintragung im SIS den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung begründen kann oder ob etwa dadurch eine sichtvermerksfreie Einreise eines tschechischen Staatsangehörigen für bloß touristische Zwecke nicht mehr zulässig ist. Der Art. 96 des Schengener Durchführungsübereinkommens - SDÜ, BGBl. III Nr. 90/1997 besagt, daß Daten bezüglich Drittausländern, die zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sind, auf Grund einer nationalen, auf Entscheidungen der zuständigen Verwaltungsbehörden und Gerichte beruhend und die Verfahrensregeln des nationalen Rechtes zu beachtend sind, gespeichert werden (Abs.1 leg.cit.). Die Entscheidungen können auf die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die nationale Sicherheit, die die Anwesenheit eines Drittausländers auf dem Hoheitsgebiet der Vertragspartei bedeutet, gestützt werden (Abs.2 leg.cit). Hier ist davon auszugehen, daß selbst die Grundlage für diese Eintragung zumindest zum Zeitpunkt des 24. Jänner 1998 bereits weggefallen war und daher schon aus diesem Grund die Begehung einer Verwaltungsübertretung in Verbindung mit der Einreise nch Österreich nicht mehr begründen hätte können.

4.3.1. Es ist inhaltlich nicht nachvollziehbar, daß die Erstbehörde im Verfallsbescheid bei völlig unzweifelhaftem Sachverhalt - die Behörde spricht von Betretung auf frischer Tat - (bloß!) vom Verdacht einer Verwaltungsübertretung auszugehen scheint. Dies läßt wohl nur den Schluß zu, daß sich die Behörde über die Rechtslage nicht im klaren war und daher bloß von einem "Verdacht einer Verwaltungsübertretung" spricht. Bezeichnender Weise wird daher auch nicht dargelegt gegen welche Rechtsvorschrift ein Verstoß erblickt wird.

4.4. Der Verfallsbestimmung kann ferner kein anderer Inhalt zuerkannt werden, als gegen die betreffende Person zunächst eine Verfolgungshandlung vorgenommen zu werden hat (vgl. auch VwGH 88/03/0150 v. 22.2.1989). Erst in der weiteren Phase wäre dann zu beurteilen, ob sich die Strafverfolgung bzw der Vollzug der Strafe in bezug auf die durch die Verfolgungshandlung konkretisierten Tatbestände als unmöglich erweisen könnte, wobei im Regelfall der Argumentation der Erstbehörde, wonach die Strafverfolgung einer Person (bzw. der Vollzug der Strafe), welche weder selbst im Inland aufhältig ist noch Vermögenswerte hat, auf die gegriffen werden könnte, sich als unmöglich erweist, beigetreten werden könnte. Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen bzw. aus dem angefochtenen Verfallsbescheid geht nicht hervor, daß die Erstbehörde hinsichtlich bestimmter konkreter Tatbestände eine Verfolgungshandlung vorgenommen hat und, wie oben dargelegt, hat sie dies wohl auch nicht können. Daher ist der angefochtene Bescheid als mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet aufzuheben gewesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Berufungsbegründung, Vertretung im Berufungsverfahren

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