Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230690/8/BR

Linz, 15.12.1998

VwSen-230690/8/BR Linz, am 15. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28. September 1998, Zl. Sich96-400-1997-Hol, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Der Schuldspruch wird jedoch mit der Maßgabe bestätigt, daß an Stelle des im Spruch an zweiter Stelle verwendeten Wortes 'Sichtvermerk' das Wort 'Aufenthaltstitel' zu treten hat.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 21, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem Straferkenntnis vom 28. September 1998, Zl. Sich96-400-1997-Hol, der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe sich am 29. Mai 1997 um 18.55 Uhr im Grenzkontrollbereich der Grenzübergangsstelle Suben-Autobahn aufgehalten, ohne daß in ihrem von den bundesdeutschen Behörden ausgestellten Konventions-reisedokument Nr. , ausgestellt am 2.3.1993 von der Stadt Bonn, gültig bis 2.3.1999, ein österreichischer Sichtvermerk eingetragen war, noch sie sonst über einen für den Aufenthalt im Gebiet der Republik Österreich erforderlichen Sichtvermerk (gemeint wohl Aufenthaltstitel) verfügt habe, weshalb sie sich als Fremde am angegebenen Ort zur angegebenen Zeit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Wegen Übertretung nach §§ 82 Abs.1 Z4 iVm 2 Abs.1, 5 und 15 Abs.1 Z1 FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 436/1996 wurde wider sie eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Stunden verhängt. 1.1. Begründend führte die Erstbehörde im Ergebnis aus, daß der Sachverhalt durch ein Grenzkontrollorgan in Suben bei der Ausreise festgestellt worden sei. Die Berufungswerberin wäre verpflichtet gewesen sich über diese einschlägige Vorschrift zu erkundigen. Eine Unkenntnis dieser Rechtsvorschrift befreie sie von der Strafbarkeit nicht, daher folgerte die Erstbehörde, daß die Übertretung zumindest grob fahrlässig begangen worden sei.

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer (weil noch nicht rechtsfreundlich vertreten) fristgerecht erhobenen Berufung. Sinngemäß vermeint die Berufungswerberin unter Hinweis auf ihre bereits am 3. Juli 1997 und am 30. Oktober 1997 erstattete Rechtfertigung, daß man ihr die Einreise von Ungarn am gleichen Tag um ca. 12.30 Uhr beim Grenzübergang Heiligenkreuz ausdrücklich gestattet habe. Es liege somit ein Fehler des Grenzkontrollorgans vor. Sie könne man dafür nicht verantwortlich machen.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Mit der Berufung bestreitet die Berufungswerberin in erster Linie die Beweiswürdigung der Erstbehörde im Hinblick auf die Tatschuld. Aus Gründen der Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes im Hinblick auf Art.6 EMRK, wurde ursprünglich für den 18. Dezember 1998, 11.00 Uhr am Sitz der Erstbehörde (aus Gründen der kürzeren Anreise für die Berufungswerberin) eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt, Zl. Sich96-400-1997-Hol. Die Berufungswerberin übermittelte durch einen Rechtsanwalt am 23. November 1998 ein Schreiben mit welchem sie nochmals ihre Rechtfertigung präzisierte, jedoch mitteilte, daß sie zur Verhandlung aus Kostengründen aus Bonn nicht anreisen werde. Auch der Erstbehörde wurde dieses Schreiben übermittelt und sie nahm dazu ihrerseits mit Note vom 7. Dezember 1998 unter Hinweis auf die im Straferkenntnis gemachten Ausführungen Stellung. Gegen die Abberaumung der Berufungsverhandlung wurden keine Einwendungen erhoben, weil bereits anläßlich der Berufungsvorlage auf eine Verhandlung verzichtet worden war.

5. Die Berufungswerberin reiste zur Mittagszeit des 29. Mai 1997 als Staatenlose über den Grenzübergang Heiligenkreuz zwecks Durchreise nach Deutschland in Österreich ein. Offenbar wurde sie bei der Grenzkontrolle wegen des fehlenden Visums nicht beanstandet. Auf Grund der im Rechtshilfeweg der Erstbehörde im Wege der Bezirkshauptmannschaft J eingeholten Stellungnahme des Dienststellenleiters der Grenzkontrollstelle Heiligenkreuz wurde jedoch ausgeschlossen, daß die Einreise ausdrücklich ohne eines vorliegenden Sichtvermerkes oder sonstigen Aufenthaltstitels für Österreich gestattet worden wäre. Vielmehr ist, weil dies auch der Realität am nächsten kommt, davon auszugehen, daß die Einreise lediglich durch eine unterbliebene Beanstandung - etwa durch Durchwinken - gestattet wurde. Tatsache ist auch, daß die Berufungswerberin nie die Absicht haben konnte sich tatsächlich rechtswidrig im Bundesgebiet aufhalten zu wollen. Indem die Ausreise bereits um 18.55 Uhr in Suben festgestellt wurde ist evident, daß der Aufenthalt im Bundesgebiet nur der Durchreise auf dem Weg nach Deutschland gedient haben konnte. Die Berufungswerberin machte mit ihren mehrfachen Darstellungen ein fehlendes subjektives Unrechtsbewußtsein glaubhaft. Dies kommt insbesondere im Schreiben ihrer nunmehr für sie einschreitenden Rechtsvertreter zum Ausdruck.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Wie die Erstbehörde zutreffend ausführte, brauchen Fremde gemäß § 5 Fremdengesetz für die Einreise und den Aufenthalt einen Sichtvermerk, soweit nicht anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt wird. Derartiges ist im Falle der Berufungswerberin als Staatenlose nicht der Fall. Eine Spruchanpassung hatte demnach mit Blick auf § 44a VStG unter Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH v. 23. Juni 1998, 96/21/0507 zu erfolgen, weil offenbar auf Grund eines Schreib- oder Formulierungsfehlers im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht das negative Tatbestandselement zum Ausdruck gelangt ist, daß nicht bloß ein Sichtvermerk einen Aufenthaltstitel zu begründen vermag. Eine Verjährung vermochte dieser Mangel jedoch nicht nach sich ziehen, weil die Berufungswerberin sehr wohl erkennen konnte welches Verhalten ihr zur Last gelegt werden sollte und welche Rechtsnorm sie hiedurch formal verletzt hatte. Sie war hiedurch in ihren Verteidigungsrechten in keiner Weise beeinträchtigt worden.

6.1.1. Dennoch vermag der Berufungswerberin in ihrer Rechtfertigung und ihrem Berufungsbegehren weitgehend gefolgt werden. Auch im Verwaltungsstrafrecht ist nur ein schuldhaftes Verhalten strafbar (VwGH 13.5.1987, 85/18/0067). Es ist demnach für die Beurteilung des Verschuldens von Bedeutung über die Zumutbarkeit sich Kenntnis von einer bestimmten Rechtslage zu verschaffen, Überlegungen anzustellen. Dabei ist von einem objektivierten Sorgfaltsbegriff auszugehen. Nach § 5 Abs.2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Das "Unerlaubte" ist hier wohl durch die Einreise ohne des erforderlichen Sichtvermerks geschehen. Grundsätzlich ist einem Fremden vor einer Einreise in ein bestimmtes Land zuzumuten sich an kompetenter Stelle über die entsprechenden Modalitäten zu erkundigen. Dies ist hier offenbar nicht geschehen, sodaß der Berufungswerberin ein diesbezügliches, wenn auch nur geringfügiges Verschulden wohl vorzuwerfen ist.

6.2. Dieses Verschulden kann jedoch als bloß geringfügig erachtet werden. Die Berufungswerberin weist nämlich mit Recht darauf hin, daß sie objektiv keine Anhaltspunkte gehabt habe ein Nachbarland von Deutschland mit ihrem Konventionspaß für eine bloße Durchreise nicht betreten zu dürfen. Aus dieser Annahme unterblieb offenbar folglich auch die entsprechende Erkundigung. Ihr wurde schließlich auch die Einreise unbeanstandet gewährt. Ihr rechtswidriges Verhalten wurde wohl tatsächlich ohne tatsächliches Unrechtsbewußtsein gesetzt.

6.3. Nach § 21 Abs.1 (erster Satz) VStG kommt ein Absehen von einer Bestrafung dann in Betracht, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Elemente liegen hier vor. Der unabhängige Verwaltungssenat vermag angesichts des Umstandes, daß die Berufungswerberin offenbar nie die Absicht hegte sich im Bundesgebiet niederzulassen keine nachteiligen Folgen der Übertretung erblicken. Das hier vorliegende Verhalten berührte objektiv besehen die gesetzliche Intention eines geordneten Fremdenwesens nicht nachteilig. Dem Verstoß kann hier daher inhaltlich nur ein formalrechtlicher Charakter zugeordnet werden (vgl. insbesondere auch h. Erk. v. 28.9.1995, 230468 - betreffend Sich/320/1993/Hol).

Es konnte somit von einer Bestrafung abgesehen werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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