Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720175/2/SR/Ri

Linz, 31.07.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des A U E, geb. am, nigerianischer StA, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. M E, PII, L, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 9. Juli 2007, AZ. 1033928FRB, wegen Ausweisung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und die Angelegenheit wird zur neuerlichen Verhandlung und allfälligen Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 9. Juli 2007,  AZ. 1033928FRB, wurde der Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 und § 66 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG) ausgewiesen.

 

In der Begründung stützte die Behörde erster Instanz die Ausweisung ausschließlich auf die §§ 53 und 66 FPG, da es der Bw im Zuge des behördlichen Ermittlungsverfahrens unterlassen hatte, auf seine Stellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger (aufrechte Ehe mit einer EWR-Bürgerin) hinzuweisen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Rechtsvertreter des Bw am 12. Juli 2007 zugestellt worden war, erhob dieser rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Nach Darlegung der persönlichen Verhältnisse und Lebensumstände wies der Bw auf seine aufrechte Ehe mit der ungarischen Staatsangehörigen A B hin. Die Eheschließung sei am 15. Dezember 2006 im Standesamt der Landeshauptstadt Linz vorgenommen worden, seiner Ehegattin komme Freizügigkeit zu und sie sei in Österreich niedergelassen. Im Falle einer Ausweisung würde in sein Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK eingegriffen.

 

U.a. wurde die "Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Rückverweisung zur neuerlichen Bescheiderlassung nach Durchführung eines erneuten Ermittlungsverfahrens" beantragt.

 

2. Mit Schreiben vom 24. Juli 2007 hat die Behörde erster Instanz den Verwaltungsakt samt Berufung zur Entscheidung übermittelt.   

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. 

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs. 2 Z. 1 AVG).

 

2.2. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist der Bw als ein begünstigter Drittstaatsangehöriger (§ 2 Abs. 2, Z. 10 und 11 FPG) anzusehen und der Unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 FPG zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder zuständig (vgl. § 67a Abs. 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich scheint.

 

3.2. Da der Bw im Ermittlungsverfahren nicht im erforderlichen Ausmaß mitgewirkt hat, konnte die Behörde erster Instanz den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht feststellen. Indem der Bw der Behörde erster Instanz seine Eheschließung mit einer EWR-Bürgerin vorenthalten hat, konnten wesentliche Sachverhaltselemente nicht erhoben werden und die belangte Behörde hat sich zu Recht ausschließlich auf die §§ 53 und 66 FPG gestützt.

 

Im Hinblick auf das nunmehrige Berufungsvorbringen und die Tatsache, dass der Bw mit einer EWR-Bürgerin verheiratet ist, sind umfangreiche Ermittlungen (zB.: Niederlassungsberechtigung der Ehegattin des Bw) und entsprechende Sachverhaltsergänzungen erforderlich.

 

Da aufgrund des Berufungsvorbringens der Bw die Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen hat, wären im Falle der Ausweisung die Sonderbestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige (10. Hauptstück des FPG) anzuwenden. Nachdem die Behörde erster Instanz keine Kenntnis von der begünstigten Stellung des Bw hatte, konnte sie den relevanten Sachverhalt nicht ermitteln und somit stellt sich der vorliegende Sachverhalt in wesentlichen Teilen als mangelhaft dar. 

 

Die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung scheint unvermeidlich, weil eine solche - soweit ersichtlich - offenbar im gesamten bisherigen Verwaltungsverfahren nicht stattgefunden hat und davon ausgegangen werden kann, dass der (entscheidungswesentliche) Sachverhalt im Rahmen einer solchen, bei der der Bw alle von der Behörde erhobenen relevanten (aktualisierten) Sachverhaltsdetails vorgehalten werden und allenfalls unmittelbar Zeugen vernommen werden können, am effektivsten erhoben werden kann. In diesem Zusammenhang wird auch auf § 70 zweiter Satz FPG hingewiesen.  

 

Letztlich ausschlaggebend für die Zurückverweisung ist der Umstand, dass mit einer mündlichen Verhandlung und unmittelbaren Beweisaufnahme durch den Unabhängigen Verwaltungssenat selbst keine Ersparnis an Zeit und Kosten im Sinn des komplementären Tatbestands des § 66 Abs. 3 AVG verbunden wäre. Im Gegenteil gebietet es die Zweckmäßigkeit, der Raschheit, der Einfachheit und die Kostenersparnis (vgl. § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG), die notwendigen ergänzenden Beweise durch die belangte Behörde vornehmen zu lassen.

 

Zusätzlich würde bei einer Durchführung des zweifellos notwendigen ergänzenden Ermittlungsverfahrens durch den Unabhängigen Verwaltungssenat der dem Bw nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs generell zustehende gerichtliche Rechtsschutz, ihm insofern entzogen werden, als der (gemäß Art. 130 und 131 B-VG zur allfälligen Überprüfung zuständige) Verwaltungsgerichtshof - im Gegensatz zum Unabhängigen Verwaltungssenat (vgl. Art. 129a B-VG iVm. §§ 67a ff AVG) - im Wesentlichen nur als Revisionsinstanz und nicht als Tatsacheninstanz eingerichtet ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die neuerliche Prüfung und Ergänzung des Sachverhalts durch die Administrativbehörde zu erfolgen hat, sodass für den Bw eine allfällige nachfolgende (umfassende) Prüfungsmöglichkeit durch den Unabhängigen Verwaltungssenat gewahrt bleibt.

 

Es war daher der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückzuweisen.

 

3.3. Im allenfalls fortgesetzten Verfahren wird die Behörde erster Instanz u.a. insbesondere auch im Detail und nachvollziehbar zu prüfen haben, ob die Ehe des Bw aufrecht und seine Ehegattin tatsächlich zur Niederlassung berechtigt ist. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1)      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2)      Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabe- und Beilagegebühren in der Höhe von 16,80 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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