Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162158/10/Fra/Ka

Linz, 26.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn H B, E, 48 T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16.1.2007, VerkR96-10324-2006, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23.7.2007, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1 (§ 11 Abs.2 StVO 1960) und 4 (§ 106 Abs.2 KFG 1967) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 2 und 3 mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Schuldsprüche wie folgt zu lauten haben:

"Sie lenkten am 21.4.2006 gegen 21.25 Uhr den PKW mit dem Kz.: VB in V auf der B  in Fahrtrichtung T, wobei Sie …

2.) nach der Jet-Tankstelle in Richtung Fa. E bis km.24 die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um mindestens 41 km/h überschritten haben.

3.) Bei der Abzweigung zur Verbindungsstraße nach T auf Höhe der Zufahrt Fa. L bogen Sie rechts in die Verbindungsstraße ein. Anschließend setzten Sie Ihr Fahrt in Fahrtrichtung T fort, wobei Sie bei Strkm.24 die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit  von 50 km/h um mindestens 60 km/h überschritten haben.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

2.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960

3.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

 

2.) Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden.

 

3.) Gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 eine Geldstrafe von 300 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden."

 

II. Der Berufungswerber hat zu den Verfahren hinsichtlich der Fakten 1 und 4 keine Kostenbeiträge zu entrichten.

 

Der Berufungswerber hat zu den Verfahren hinsichtlich der Fakten 2 und 3 keinen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu entrichten.  Für das Verfahren erster Instanz ermäßigen sich die Kostenbeiträge auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafen (insgesamt 50 Euro).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 VStG; §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach

1.) § 11 Abs. 2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 40 Euro (EFS 24 Stunden),

2.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 290 Euro (EFS 108 Stunden),

3.) § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.c leg.cit. eine Geldstrafe von 435 Euro (EFS 144 Stunden)

4.) § 106 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.3d leg.cit. eine Geldstrafe von 50 Euro (EFS 24 Stunden) verhängt, weil er

am 21.4.2006 gegen 21.25 Uhr den PKW mit dem Kz.: VB in V auf der B in Fahrtrichtung T gelenkt hat, wobei er

1.) bei der Ortstafel V etwa bei km 24 auf den rechten Fahrstreifen wechselte, ohne diesen Fahrstreifenwechsel vorher so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den Vorgang einstellen konnten,

2.) bis zur nächsten Ampelkreuzung (W-Kreuzung) in der dortigen 60 km/h-Beschränkung ein Geschwindigkeit von 120 km/h fuhr und anschließend  nach der Jet-Tankstelle in Richtung Fa. E bis km.24 ebenfalls eine konstante Geschwindigkeit von 120 km/h fuhr,

3.) bei der Abzweigung zur Verbindungsstraße nach T auf Höhe der Zufahrt Fa. L nach rechts in die Verbindungsstraße mit derart überhöhter Geschwindigkeit einbog, dass er ins Schleudern geriet. Anschließend setzte er seine Fahrt in Fahrtrichtung T fort, wobei er bei Strkm. 24 in der 50 km/h Beschränkung unter besonders gefährlichen Verhältnissen fuhr, da er eine Geschwindigkeit von mindestens 130 km/h fuhr,

4.) bei der Anhaltung festgestellt wurde, dass er während der Fahrt nicht angegurtet war.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Da die Tatvorwürfe bestritten werden, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Bei dieser am 23.7.2007 stattgefundenen Verhandlung wurde Beweis aufgenommen durch zeugenschaftliche Einvernahme der Meldungsleger BI W L, PI V, und RI H F, PI V. Weiters hat der Amtssachverständige für Verkehrstechnik, Ing. R H, ein Gutachten erstattet.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Zum Faktum 1 (§ 11 Abs.2 StVO 1960):

 

Voraussetzung für die Tatbilderfüllung einer Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.2 StVO 1960 ist der Umstand, dass sich andere Straßenbenützer nicht auf den beabsichtigten Vorgang des Wechsels des Fahrstreifens einstellen hätten können. Dieser Umstand ist jedoch nicht erwiesen, zumal die Meldungsleger bei der Berufungsverhandlung angaben, dass der Bw bei Strkm.24 vom linken auf den rechten Fahrstreifen wechselte und ein allein fahrendes Fahrzeug rechts überholte. Bei diesem Rechtsüberholvorgang wurde das von den Meldungslegern gelenkte Fahrzeug - zumal der Abstand beträchtlich war - nicht behindert. Auch zwischen dem Zivildienstkraftwagen und dem vom Beschuldigten gelenkten Fahrzeuge befand sich kein weiteres Fahrzeug.

 

Zum Faktum 4 (§ 106 Abs.2 KFG 1967):

 

Gemäß § 134 Abs.3d KFG 1967 begeht, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG zu ahnden ist, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Person die im § 106 Abs.2 angeführte Verpflichtung nicht erfüllt (Z1).

 

Zumal der amtshandelnde Meldungsleger, Herr BI L, bei der Berufungsverhandlung ausführte, dass, als er die Fahrzeug- und Lenkerkontrolle mit dem Bw durchführte, dieser noch im Auto gesessen sei, jedoch schon abgegurtet war, es jedoch möglich war, dass er vorher beim Lenken des Fahrzeuges angegurtet war und ihm nicht erinnerlich sei, dass er dem Bw auch ein Organmandat angeboten habe, kann sohin nicht davon ausgegangen werden, dass der Bw das Tatbild  dieser Verwaltungsübertretung erfüllt hat.

 

Zu den Fakten 2 und 3 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960):

 

Die dem Bw zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitungen sind durch Nachfahren mit einem Zivildienstkraftwagen, welcher vom Meldungsleger RI H F gelenkt wurde (Beifahrer war Herr BI M L), eindeutig erwiesen. Nach deren Schilderungen bei der Berufungsverhandlung konnte an den verfahrensgegenständlichen Tatorten trotz Beschleunigen des Polizeifahrzeuges ein konstanter Abstand nicht eingehalten werden, sondern es hat sich der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeuge jeweils erhöht. Bei dem im erstinstanzlichen Straferkenntnis vorgeworfenen Geschwindigkeiten handelt es sich um Ablesewerte eines analogen Tachos. Der Tachometer des Dienstkraftwagens war nicht geeicht. Der Amtssachverständige für Verkehrstechnik erstattete ein Gutachten darüber, ob die dem Bw vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitungen unter Zugrundelegung der Aussagen der Meldungsleger nachgewiesen werden können. Der Sachverständige kam  schlüssig zum Ergebnis, dass der Bw die jeweiligen zulässigen Höchstgeschwindigkeiten überschritten hat und zwar hinsichtlich des Faktums 2 um mindestens 41 km/h und hinsichtlich des Faktums 3 um mindestens 60 km/h. Es handelt sich hiebei um Mindestgeschwindigkeiten, die mit Sicherheit als erwiesen festzustellen sind. Die tatsächlichen Geschwindigkeiten sind wahrscheinlich höher gelegen, können jedoch  mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht als erwiesen festgestellt werden.

 

Die Meldungsleger wirkten bei ihren Einvernahmen kompetent und sachlich und es besteht für den Oö. Verwaltungssenat kein Anhaltspunkt dafür, dass diese den Bw wahrheitswidrig belasten. Das Gutachten des technischen Amtssachverständigen ist schlüssig und wurde auch vom Bw nicht in Zweifel gezogen. Es sind daher diese Beweismittel der Berufungsentscheidung zugrunde zu legen, woraus die spruchgemäße Anlastung resultiert.

 

Mit dem Faktum 3 hat der Bw eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 begangen und nicht wie die belangte Behörde in ihrem Straferkenntnis anführt, eine Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960, zumal es sich um eine verordnete und nicht um eine gesetzliche Geschwindigkeitsbeschränkung handelt. Es war daher seitens des Oö. Verwaltungssenates die Subsumtion zu ändern. Eine Auswechslung der Tatidentität erfolgte dadurch nicht.

 

Strafbemessung:

 

Zum Faktum 2: Der Bw hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht um 60 km/h – wie ihm dies im angefochtenen Straferkenntnis angelastet wird – sondern um 41 km/h überschritten. Aufgrund des dadurch geringeren Unrechts- und Schuldgehaltes war die Strafe herabzusetzen. Auch die soziale und wirtschaftliche Situation des Bw  (monatliches Einkommen ca. 570 Euro Notstandshilfe, Sorgepflicht für ein Kind, kein Vermögen) indizierte eine Strafermäßigung.

 

Eine weitere Herabsetzung der Strafe war aus folgenden Gründen nicht vertretbar:

Der Bw weist zahlreiche einschlägige Vormerkungen auf, welche als erschwerend zu werten sind. Mildernde Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wurde um ca. 70 % überschritten. Das damit die Interessen der Verkehrssicherheit erheblich beeinträchtigt wurden, liegt auf der Hand. Es sprechen daher auch präventive Gründe gegen eine weitere Herabsetzung der Strafe.

 

Zum Faktum 3: Gemäß § 99 Abs.2c Z9  StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschreitet. Da der Bw die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 60 km/h überschritten hat, war sohin diese Strafnorm anzuwenden. Hinsichtlich der weiteren Strafzumessungsgründe wird auf die oa Ausführungen zum Faktum 2 verwiesen.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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