Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162196/6/Zo/Ps

Linz, 23.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau I E, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. R S, G, vom 25. April 2007, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 18. April 2007, Zl. VerkR96-5490-2006-BS, wegen einer Übertretung des KFG sowie einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9. Juli 2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.                     Hinsichtlich Punkt 1) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Die Berufungswerberin hat damit gegen § 106 Abs.1b KFG 1967, BGBl. Nr. 267/1967 idF BGBl. I Nr. 60/2003 verstoßen. Die Strafnorm des § 134 Abs.1 KFG 1967 wird idF BGBl. I Nr. 117/2005 angewendet.

 

II.                   Hinsichtlich Punkt 2) wird die Berufung im Schuldspruch abgewiesen, von der Verhängung einer Strafe wird jedoch abgesehen und der Berufungswerberin eine Ermahnung erteilt.

 

III.                  Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 6 Euro, für das Berufungsverfahren ist ein Kostenbeitrag in Höhe von 12 Euro zu bezahlen (20 % der zu Punkt 1) bestätigten Strafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II.:    § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 21 Abs.1 VStG.

zu III.:   §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie am 14. Dezember 2005 um 16.45 Uhr in Freistadt auf der B38 bei Strkm. 105,080 auf Höhe der Bushaltestelle in Fahrtrichtung Bad Leonfelden als Lenkerin nicht dafür gesorgt habe, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten wurden, da festgestellt wurde, dass sie auf Sitzen, welche mit Sicherheitsgurten ausgestattet waren, drei Kinder befördert habe, die unter 12 Jahre alt und kleiner als 175 cm waren. Sie habe nicht dafür gesorgt, dass die Kinder mit geeigneten Rückhalteeinrichtungen gesichert waren.

 

Weiters wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, dass sie am 14. Dezember 2005 um 16.55 Uhr in Freistadt auf der B310 in Fahrtrichtung Linz bei einem Schutzweg bei Strkm. 37,440 einem Fußgänger, der sich auf dem Schutzweg befunden hat, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht und diesen behindert habe, da dieser stehen bleiben musste.

 

Die Berufungswerberin habe dadurch zu 1) eine Verwaltungsübertretung nach § 106 Abs.1b KFG 1967 sowie zu 2) eine solche nach § 9 Abs.2 StVO 1960 begangen. Es wurden zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 22 Stunden) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 bzw. gemäß § 99 Abs.2c Z3 StVO iVm § 20 VStG verhängt. Weiters wurde die Berufungswerberin zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 12 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bestritt die Berufungswerberin den Tatvorwurf zu Punkt 1) nicht. Die dafür verhängte Strafe sei jedoch wesentlich überhöht. Sie sei nur eine kurze Strecke mit dem Fahrzeug gefahren, weshalb angesichts ihrer ungünstigen Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie unter Berücksichtigung der Sorgepflichten die Strafe überhöht sei. Außerdem habe sie sich seit dem Tag des Vorfalls wohlverhalten, weshalb die Strafe herabzusetzen sei. Weiters wurde gerügt, dass im Straferkenntnis nicht klar festgestellt wurde, welche Strafe für welches der beiden Delikte verhängt wurde.

 

Hinsichtlich Punkt 2) des Straferkenntnisses machte die Berufungswerberin geltend, dass sie keinen Fußgänger behindert habe. Selbst wenn die Angaben des Zeugen stimmen würden, sei davon auszugehen, dass der Fußgänger nicht behindert war, weil dieser noch so weit von der Mitte der Fahrbahn entfernt war, dass er durch ihr Fahrzeug nicht behindert wurde. Der Fußgänger habe weder anhalten noch zurück steigen müssen, um eine Kollision zu verhindern, weshalb eine Gefährdung des Fußgängers nicht vorgelegen sei. Auch für dieses Delikt sei die verhängte Strafe wesentlich überhöht.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9. Juli 2007. An dieser hat die Berufungswerberin und ihr Rechtsvertreter teilgenommen und es wurde der Zeuge Revierinspektor S zum Vorfall befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Die Berufungswerberin lenkte zur Vorfallszeit ihren Pkw in Freistadt von einem Parkplatz kommend auf die B310. Bereits beim Einbiegen auf die B310 ist dem hinter der Berufungswerberin nachfahrenden Zeugen aufgefallen, dass auf der Rücksitzbank zumindest ein Kind nicht angegurtet war. Er ist deshalb der Berufungswerberin nachgefahren. Diese beschleunigte in weiterer Folge auf der B310 ihr Fahrzeug auf eine Geschwindigkeit von ca. 50 bis 60 km/h und näherte sich dem Schutzweg bei Strkm. 37,440 in Fahrtrichtung Linz an. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wollte ein Fußgänger diesen Schutzweg überqueren. Es konnte nicht festgestellt werden, wie weit die Berufungswerberin noch vom Schutzweg entfernt war, als der Fußgänger vom Gehsteig auf den Schutzweg herunter gestiegen ist. Jedenfalls befand sich der Fußgänger bereits auf dem Schutzweg, als die Berufungswerberin diesen überquerte. Dieser Sachverhalt wurde von der Berufungswerberin eingeräumt. Der hinter der Berufungswerberin nachfahrende Zeuge führte dazu an, dass der Fußgänger bereits ca. in der Mitte des Fahrstreifens für den Gegenverkehr gestanden ist bzw. dort stehen bleiben musste, als die Berufungswerberin den Schutzweg überquerte. Der Zeuge fuhr mit dem Polizeifahrzeug mit einem Sicherheitsabstand von 2 bis 3 sek. nach, wobei er das Fahrzeug ebenfalls nicht vor dem Schutzweg angehalten hat, sondern den Schutzweg überquerte, als der Fußgänger auf diesem stand.

 

In weiterer Folge wurde die Berufungswerberin auf der B38 bei der Bushaltestelle bei Strkm. 105,080 zu einer Verkehrskontrolle angehalten, wobei festgestellt wurde, dass alle drei auf der Rücksitzbank befindlichen Kinder nicht angegurtet waren. Diese Kinder waren damals ungefähr 4, 6 und 8 Jahre alt.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 106 Abs.1b KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 60/2003 hat der Lenker dafür zu sorgen, dass Kinder unter 12 Jahren, die kleiner als 175 cm sind, unbeschadet des Abs.1c in Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen, Lastkraftwagen sowie Spezialkraftwagen jeweils mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3.500 kg auf Sitzen, die mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern können.

 

Gemäß § 9 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger oder Rollschuhfahrer, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.

 

5.2. Bezüglich der Übertretung zu Punkt 1) (mangelnde Kindersicherung) ist der Tatbestand auf Grund der dienstlichen Wahrnehmung des Zeugen erwiesen. Die Berufungswerberin hat diesen auch nicht bestritten. Sie hat damit die Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten, hinsichtlich ihres Verschuldens ist von fahrlässigem Verhalten iSd § 5 Abs.1 VStG auszugehen.

 

Bezüglich Punkt 2) des Straferkenntnisses ist darauf hinzuweisen, dass sich der Fußgänger auch nach den Angaben der Berufungswerberin bereits auf dem Schutzweg befunden hat, als diese den Schutzweg überquerte. Aus den im Akt befindlichen Lichtbildern ergibt sich, dass die gegenständliche Straßenstelle übersichtlich ist. Die Berufungswerberin hätte daher bei gehöriger Aufmerksamkeit bereits bei der Annäherung an den Schutzweg den Fußgänger jedenfalls wahrnehmen können. Die Verpflichtung zum Anhalten besteht bereits dann, wenn für einen Fahrzeuglenker erkennbar ist, dass der Fußgänger den Schutzweg benützen will. Um diese Verpflichtung sicherzustellen, ordnet § 9 Abs2 StVO 1960 auch an, dass sich der Lenker eines Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit annähern darf, dass ihm das jederzeitige Anhalten möglich ist. Es ist daher bei der Annäherung an einen Schutzweg einerseits die Aufmerksamkeit auf die Auftrittsflächen beiderseits des Schutzweges zu richten und andererseits, wenn sich dort Personen befinden, die Geschwindigkeit entsprechend zu reduzieren. Die Berufungswerberin hat offenbar den Fußgänger erst viel zu spät wahrgenommen, weil ihr ansonsten bei der Annäherung an den Schutzweg auf Grund der Übersichtlichkeit der Straßenstelle der Fußgänger jedenfalls hätte auffallen müssen. Sie hat auch ihre Fahrgeschwindigkeit nicht entsprechend reduziert, sondern ist nach eigenen Angaben mit 50 km/h gefahren. Der Fußgänger ist auf Grund des Fahrverhaltens der Berufungswerberin auf dem Schutzweg stehen geblieben und wurde damit in seiner beabsichtigten Fortbewegung behindert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es tatsächlich zu einem Verkehrsunfall gekommen wäre, wenn der Fußgänger nicht stehen geblieben wäre, sondern es ist eben ausreichend, dass der Fußgänger in seiner beabsichtigten Bewegung bloß behindert wurde. Eine tatsächliche Gefährdung des Fußgängers wurde der Berufungswerberin ohnedies nicht vorgeworfen. Wäre dies der Fall, so hätte sie ein (weiteres) Vormerkdelikt iSd § 30a FSG zu verantworten. Die Berufungswerberin hat daher auch die ihr in Punkt 2) vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Bezüglich des Verschuldens ist auch bei dieser Übertretung lediglich von fahrlässigem Verhalten auszugehen, wobei der Berufungswerberin zugute zu halten ist, dass der Fußgänger auch für die nachfahrenden Polizisten eher überraschend aufgetaucht ist (auch der Zeuge hat den Fußgänger erst gesehen, als dieser bereits auf dem Schutzweg stand). Es ist der Berufungswerberin, welche sich doch mehrere Sekunden näher beim Schutzweg befand als die Polizeibeamten, daher nur leichte Fahrlässigkeit vorzuhalten.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bezüglich der mangelhaften Kindersicherung ist darauf hinzuweisen, dass die gesetzliche Höchststrafe gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 für derartige Übertretungen 5.000 Euro beträgt. Wenn man berücksichtigt, dass die Berufungswerberin gleich drei Kinder nicht ordnungsgemäß gesichert hat, so ist die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe durchaus als milde anzusehen. Gerade im innerstädtischen Verkehr ist auf Grund des höheren Verkehrsaufkommens jederzeit mit der Notwendigkeit von abrupten Fahrmanövern zu rechnen, weshalb der Kindersicherung auch auf kurzen Strecken im Stadtverkehr erhebliche Bedeutung zukommt. Als strafmildernd ist die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin zu berücksichtigen, sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe ist daher auch unter Berücksichtigung der ausgesprochen ungünstigen persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin jedenfalls erforderlich, um sie in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Wie bereits ausgeführt, trifft die Berufungswerberin hinsichtlich Punkt 2) lediglich leichte Fahrlässigkeit. Die Übertretung hat auch keine tatsächlichen negativen Folgen nach sich gezogen. Wenn man berücksichtigt, dass auch das Polizeifahrzeug, welches den Schutzweg erst 2 bis 3 sek. nach der Berufungswerberin überquerte, nicht mehr vor dem Schutzweg angehalten wurde, so erscheint in diesem Punkt eine Ermahnung ausreichend. Die Berufungswerberin ist darauf hinzuweisen, dass bei der Annäherung an Schutzwege eine erhöhte Aufmerksamkeit und allenfalls ein bremsbereites Fahren erforderlich ist. Eine Bestrafung erscheint jedoch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht erforderlich, weshalb gemäß § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung verhängt werden konnte.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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