Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162336/2/Bi/Se

Linz, 12.07.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C R, N, vom 22. Juni 2007 gegen das Straf­erkenntnis des Bezirkshauptmannes von Steyr-Land vom 4. Juni 2007, VerkR96-235-2006, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung eines Verfahrenskostenbeitrages eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 1.Alt. und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 134 Abs.3d iVm 106 Abs.2 KFG 1967 eine Geldstrafe von 50 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 10. Jänner 2007, 18.05 Uhr, in der Gemeinde Sierning, Ruthnergasse 7, als Lenker des Pkw, Kz. ....., den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet habe, wobei dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt worden sei. Er habe die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert, obwohl ihm eine solche angeboten worden wäre.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 5 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei bei der ggst Fahrt angegurtet gewesen. Er sei von der Neustraße aus Richtung Forsthof kommend in die Lager­haus­straße eingebogen und dann nach links in die Ruthnergasse, wo er sein Fahr­zeug in der Einbahn auf der rechten Straßenseite nach dem Kaufhaus Luftensteiner zum Parken abgestellt habe. Nach dem Anhalten habe er natürlich den Sicherheits­gurt gelöst, um auszusteigen. Es sei dem Sicherheitswacheorgan schon aufgrund der Dunkel­­heit nicht möglich gewesen, eine Aussage darüber zu treffen, ob er angegurtet gewesen sei. Er habe auch bei der Amtshandlung nachher nicht "zugegeben", dass er nicht angegurtet gewesen wäre. Er habe den Beamten nur gefragt, welche Strafe im Organmandatsweg verhängt werde und dieser habe geantwortet: 21 Euro, andernfalls 50 Euro. Dann habe er geantwortet, dann solle er ihn eben anzeigen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Meldungsleger RI G H (Ml) den Bw zur Anzeige gebracht hat, weil er auf der Fahrt an der Kreuzung Neustraße – Lagerhaus­straße die Übertretung wahrgenommen habe. Er habe eine Anhaltung beim Haus Ruthnergasse Höhe Nr. .... durchgeführt. Als Grund der Verweigerung habe der Bw angegeben, er setze sich lieber ein paar Tage ins Gefängnis.

 

Bei seiner Zeugeneinvernahme vor der Erstinstanz am 26. Jänner 2007 hat der Ml ausgeführt, er sei mit dem Dienstfahrzeug auf der Neustraße vom Forsthof kommend in Richtung Lagerhausstraße gefahren. Der Bw, dessen Angaben nicht richtig seien, sei von der Kirche kommend auf der Neustraße gefahren und vor ihm in die Lager­hausstraße eingebogen. Bei diesem Einbiegevorgang sei das Fahrzeuginnere des Pkw durch die Scheinwerfer des Dienstfahrzeuges so ausgeleuchtet worden, dass er sehen habe können, dass der Bw den Gurt nicht verwendet habe. Er sei hinter diesem nachgefahren. Der Bw habe sein Fahrzeug beim Haus Ruthnergasse .... abge­stellt und dort habe er die Verkehrskontrolle durchgeführt. Der Bw habe die Übertretung nicht bestritten, er habe aber die Bezahlung eines Organmandats mit den Worten abgelehnt, er solle ihn anzeigen, er werde die Strafe absitzen, da er zur Zeit sowieso keine Arbeit habe.

 

Aus der Sicht des UVS ist die durchaus glaubhafte Schilderung des Vorfalls durch den Bw damit insofern in Zusammen­hang zu bringen, als dieser auf der gesamten Fahrstrecke vor dem Polizeifahrzeug fuhr und schließlich vor dem Haus Ruthnergasse .... bzw .... einparkte. Bei Einsichtnahme in den Ortsplan von Sierning im DORIS (Digitalen Oö Raum­informationssystem) ist zu sehen, dass die Kreuzung Neustraße – Lagerhausstraße relativ eng verbaut ist, sodass eine längere Sicht auf den Fahrer eines davor fahrenden Fahrzeuges im Scheinwerferlicht des dahinter fahrenden Fahrzeuges eher auszuschließen ist. Außerdem ist auch bei der im Winter üblichen dunkleren Kleidung und der um 18.00 Uhr bestehenden Dunkelheit eine Unterscheidung zwischen Gurt und Kleidung, noch dazu je nach Höhenein­stellung des Sicherheitsgurtes im Fahrzeug des Bw, Entfernung zwischen den beiden Fahrzeugen und Höheneinstellung der Schein­werfer, erfahrungsgemäß schwierig. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass der Ml als Polizeibeamter für die Wahrnehmung verkehrs­sicherheitsrelevanter Umstände geschult und geübt ist, seine Augen damit aber nicht automatisch überdimensionale Fähigkeiten haben können. Auch wenn der Ml bei Einbiegen im Scheinwerferlicht keinen Gurt gesehen hat, ist nicht auszuschließen, dass der Bw tatsächlich angegurtet war.

 

Zu bemerken ist weiters, dass der Bw vom Ml auch nicht "angehalten" wurde, sondern von sich aus eingeparkt hat, um dann auszusteigen. Dass in einem solchen Moment der Sicherheitsgurt gelöst wird, ist jedenfalls nachvollziehbar. Damit hat der Ml die (Nicht-)Verwendung des Sicherheitsgurtes aber nicht bei einer Anhaltung nach § 97 Abs.5 StVO festgestellt, zumal er bei seiner Nachfahrt erst später zum Fahr­zeug des Bw gekommen sein kann. Dass er nach dem Einparken des Bw mit diesem eine Amtshandlung begonnen hat, bei der der Bw nicht (mehr) den Gurt angelegt hatte, ist ebenso nachvollziehbar. Damit ist aber eine Aussage, noch dazu im Sinne einer Anschuldigung, er habe auf der Fahrt den Gurt nicht bestimmungsgemäß verwendet (gehabt), nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit möglich. Dabei ist irrelevant, ob sich der Bw bei der Amtshandlung direkt zur Anschuldigung geäußert hat oder nur wissen wollte, welche Beträge von ihm schlimmstenfalls aufzubringen sein würden – die Organstrafverfügung hätte gemäß § 134 Abs. 3d KFG im Übrigen nicht 21 sondern 35 Euro ausgemacht.

 

In rechtlicher Hinsicht war auf dieser Grundlage wegen Nichterweisbarkeit des Tatvorwurfs spruchgemäß zu entscheiden, wobei zu betonen ist, dass die Ablehnung eines Organmandates keine Anschuldigung darstellt, sodass die Formulierung im Schuldspruch etwas übertrieben ist. Verfahrenskosten fallen nicht an.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Wahrnehmung der "Nichtverwendung" des Sicherheitsgurtes bei der Nachfahrt beim Linkseinbiegen im Scheinwerferlicht bei Dunkelheit nicht ausreichend -> Einstellung im Zweifel

 

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