Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280532/20/Gf/Pe

Linz, 15.05.2003

 

 

 VwSen-280532/20/Gf/Pe Linz, am 15. Mai 2003

DVR.0690392
 

 
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Konrath über die Berufung der GW, vertreten durch die RAe Dr. SM und Mag. MG, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 6. März 2000, Zl. 502-32/Kn/We/121/98e, wegen einer Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe auf 1.100 Euro herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 110 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.
 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 6. März 2000, Zl. 502-32/Kn/We/121/98e, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 S ([entspricht 3.633,64 Euro;] Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer GmbH zu verantworten habe, dass ihre Gesellschaft "am 6.7.1998 in ihrer Arbeitsstätte ...., in welcher regelmäßig mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigt sind, ihrer Verpflichtung Arbeitsmediziner zu bestellen, nicht nachgekommen" sei, "indem zumindest zu diesem Zeitpunkt kein Arbeitsmediziner bestellt" gewesen sei; dadurch habe sie eine Übertretung des § 130 Abs. 1 Z. 27 i.V.m. § 115 Abs. 1 Z. 2 und § 82 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 450/1994, i.d.F. BGBl.Nr. 47/1997 (im Folgenden: ASchG), begangen, weshalb sie nach der erstgenannten Bestimmung mit einer Geldstrafe von 50.000,- S (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) zu bestrafen gewesen sei. Ferner habe sie einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 %, d.s. 5.000,-- S, zu bezahlen.

 

1.2. Gegen dieses ihr am 14. März 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. März 2000 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

 

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass der der Rechtsmittelwerberin angelastete Tatvorwurf aufgrund einer entsprechenden Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk als erwiesen anzusehen sei und von ihr zudem auch nicht bestritten werde, dass zum Tatzeitpunkt kein Arbeitsmediziner bestellt gewesen sei. Ihr zentraler Einwand, dass an der verfahrensgegenständlichen Betriebsstätte nicht mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien, müsse hingegen angesichts entsprechender Aufzeichnungen der Oö. Gebietskrankenkasse für die Jahre 1996 und 1997 als widerlegt angesehen werden.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; allerdings seien der Umstand, dass sie seitens des Arbeitsinspektorates zuvor bereits mehrfach auf die Notwendigkeit der Bestellung eines Arbeitsmediziners hingewiesen worden sei, sowie ihre - mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzenden - Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend zu berücksichtigen gewesen.

 

2.2. Dagegen bestritt die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung zunächst, dass zum Tatzeitpunkt in ihrem Betrieb mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien. Außerdem brachte sie vor, dass für ihr Unternehmen die Übergangsfrist des § 115 Abs. 1 Z. 4 ASchG zum Tragen komme, wonach erst ab dem 1. Jänner 1999 - also nach der Tat - ein Arbeitsmediziner zu bestellen gewesen sei. Zudem seien keine Feststellungen darüber getroffen worden, ob im gegenständlichen Fall überhaupt eine "Arbeitsstätte" i.S. der gesetzlichen Vorschriften vorgelegen sei. Jedenfalls hätten aber bei der Feststellung der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer jene Arbeitskräfte, die nur teilzeitbeschäftigt waren, jedenfalls nicht voll eingerechnet werden dürfen.

 

Wie die belangte Behörde zur Höhe der festgelegten Strafe komme, sei schlechthin überhaupt nicht nachvollziehbar.

 

2.3. Mit h. Erkenntnis vom 20. April 2000, Zl. VwSen-280532/3/Gf/Km, wurde der Berufung stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass diesem keine hinreichende Konkretisierung dahin zu entnehmen sei, dass zum Tatzeitpunkt an der Arbeitsstätte zwischen 101 und 150 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien.

 

2.4. Auf Grund einer Beschwerde des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft hat der Verwaltungsgerichtshof das vorzitierte Erkenntnis aufgehoben und dazu u.a. ausgeführt, dass nach der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Übergangsbestimmung des § 115 Abs. 1 Z. 3 ASchG bereits eine Beschäftigtenzahl zwischen 51 und 100 ausreichend gewesen und diese von der Rechtsmittelwerberin gar nicht bestritten worden sei (vgl. VwGH v. 20. Dezember 2002, Zl. 2000/02/0188).

 

2.5. In einer daraufhin ergangenen neuerlichen Stellungnahme vom 14. April 2003 führt die Beschwerdeführerin nunmehr an, dass sie sich nie geweigert habe den gesetzlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Arbeitsmedizinern nachzukommen. Es sei ihr vielmehr nur um die Frage der Interpretation der Übergangsbestimmungen sowie darum gegangen, ob Arbeitsmediziner ein Jahr vorher oder später eingesetzt werden müssen. Wenn dies nunmehr durch den Verwaltungsgerichtshof zu ihren Lasten klargestellt worden sei, so habe es sich ursprünglich doch um eine vertretbare Rechtsauffassung gehandelt. Sofern ihr daher überhaupt ein Verschulden anzulasten sei, sei dieses sohin bloß als geringfügig zu qualifizieren. Da auch die Folgen der Tat unbedeutend gewesen seien, wird nunmehr die Beendung des Verfahrens mit einer Ermahnung, in eventu mit einer Herabsetzung des Strafausmaßes auf die Hälfte der Mindeststrafe, beantragt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Bürgermeisters der Stadt Linz zu Zl. 502-32/Kn/We/121/98e; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Verzicht abgegeben haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 2 und § 51e Abs. 5 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs. 1 ASchG sind Arbeitsmediziner in dem zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Ausmaß, mindestens aber im Ausmaß der Mindesteinsatzzeit, zu beschäftigen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung richtet sich die Mindesteinsatzzeit nach der Anzahl der Arbeitnehmer, die von einem Arbeitgeber in einer Arbeitsstätte beschäftigt werden. Die auf Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen beschäftigten Arbeitnehmer sind einzurechnen. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer auf Baustellen, für die eine gesonderte diesem Bundesgesetz entsprechende arbeitsmedizinische Betreuung eingerichtet ist. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer sind bei der Berechnung der Anzahl der Arbeitnehmer entsprechend dem Umfang ihrer Beschäftigung anteilsmäßig einzurechnen.

 

Gemäß § 115 Abs. 1 ASchG trat für Arbeitsstätten, in denen ein Arbeitgeber regelmäßig bis zu 250 Arbeitnehmer beschäftigt, die Verpflichtung zur Bestellung von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern nach folgender Maßgabe in Kraft:

1. für Arbeitsstätten, in denen regelmäßig 151 bis 250 Arbeitnehmer beschäftigt werden, mit 1. Jänner 1996;

2. für Arbeitsstätten, in denen regelmäßig 101 bis 150 Arbeitnehmer beschäftigt werden, mit 1. Jänner 1997;

3. für Arbeitsstätten, in denen regelmäßig 51 bis 100 Arbeitnehmer beschäftigt werden, mit 1. Jänner 1998;

4. für Arbeitsstätten, in denen regelmäßig elf bis 50 Arbeitnehmer beschäftigt werden, mit 1. Jänner 1999; und

5. für Arbeitsstätten, in denen regelmäßig bis zu zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden, mit 1. Jänner 2000; wobei

nach § 115 Abs. 3 ASchG Arbeitnehmer, die auf Baustellen oder auswärtigen Arbeitsstellen beschäftigt wurden, bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl nach Abs. 1 und 2 jener Arbeitsstätte zuzurechnen waren, der sie organisatorisch zugehörten, im Zweifel dem Unternehmenssitz. Dies galt jedoch nicht für Arbeitnehmer auf Baustellen, für die eine gesonderte diesem Bundesgesetz entsprechende sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung eingerichtet war.

 

Gemäß § 130 Abs. 1 Z. 27 i.V.m. § 82 und § 115 Abs. 1 Z. 3 ASchG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 2.000 S (entspricht 145,34 Euro) bis 100.000 S (entspricht 7.267,28 Euro) zu bestrafen, der als Arbeitgeber die Verpflichtung zur Bestellung von Arbeitsmedizinern verletzt.

 

4.2. Im gegenständlichen Fall wird die Tatbestandsmäßigkeit des ihr angelasteten Verhaltens von der Rechtsmittelwerberin nicht (mehr) bestritten.

 

4.3.1. Wenn diese auf der Ebene des Verschuldens zunächst einwendet, dass sie lediglich die Klärung einer strittigen Rechtsfrage anstrebte, so ist sie grundsätzlich darauf zu verweisen, dass sie als Unternehmerin nach der insoweit ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu verpflichtet ist, sich - allenfalls im Wege einer entsprechenden Auskunftseinholung bei der zuständigen Behörde - Klarheit über die für ihren Geschäftsbetrieb maßgeblichen Rechtsvorschriften zu verschaffen.

 

Indem sie es jedoch trotz mehrfachen Hinweises auf die aus § 115 Abs. 1 Z. 3 ASchG resultierende Verpflichtung durch das zuständige Arbeitsinspektorat unterlassen hat, eine entsprechende Auskunft bei der Erstbehörde einzuholen, hat sie bewusst das Risiko in Kauf genommen, letztlich eine unzutreffende Rechtsmeinung zu vertreten.

 

Sie hat daher grob fahrlässig und damit auch schuldhaft i.S. des Tatvorwurfes gehandelt.

 

4.3.2. Hinsichtlich der Strafhöhe hat das anzeigelegende Arbeitsinspektorat diese damit begründet, dass sich die Beschwerdeführerin durch ihre rechtswidrige Vorgangsweise "Kosten erspart" habe, "die weit über der beantragten Strafe liegen".

 

Die belangte Behörde wertete die bisherige Unbescholtenheit der Rechtsmittelwerberin als mildernd und ging vom Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen aus. Der mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen vorgenommenen Schätzung des monatlichen Nettoeinkommens mit 40.000 S (entspricht 2.906,91 Euro) wurde nicht entgegengetreten.

 

Somit sind im Zuge der gemäß § 19 VStG vorzunehmenden Strafbemessung das - infolge Ignorierens mehrerer dezidierter Hinweise des Arbeitsinspektorates - gravierende Verschulden, das Vorliegen einer absoluten verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, die Nichtgegebenheit von Erschwerungsgründen, ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 2.900 Euro sowie der Umstand einzubeziehen, dass der Beschwerdeführerin lediglich ein einzelner Tag des rechtswidrigen Verhaltens angelastet wurde; dem gegenüber handelt es sich bei der Behauptung des anzeigelegenden Arbeitsinspektorates, dass sich die Rechtsmittelwerberin selbst bei einer Strafhöhe von 3.633,64 Euro noch Kosten, die weit über dieser beantragten Strafe liegen, um eine bloße Behauptung, die durch keinerlei Beleg näher zu untermauern ist.

 

All dies berücksichtigend gelangt daher der Oö. Verwaltungssenat zu der Überzeugung, dass die Festsetzung der Geldstrafe mit 1.100 Euro dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat in gleicher Weise gerecht wird.

 

4.4. Insoweit war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 110 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 
 

Mag. G a l l n b r u n n e r
 
 

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