Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251485/16/Kü/Hu

Linz, 26.07.2007

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn S W, O, vom 5. Oktober 2006 gegen Spruchpunkt a) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 18. September 2006, Sich96-101-2006, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2007, zu Recht erkannt:

 

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Spruchpunkt a) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 18. September 2006, Sich96-110-2006, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz eine Geldstrafe von 2.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Stunden verhängt, weil er den türkischen Staatsangehörigen A S, geb. …, in der Zeit vom 9. bis 11.5.2006 als Hilfskraft auf der Baustelle der Golfanlage P in W beschäftigt hat, obwohl für diesen ausländischen Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c AuslBG) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde.

Diese Tat wurde dem Bw als handelsrechtlichem Geschäftsführer der Firma „T GmbH“ mit Sitz in O und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher angelastet.

 

Begründend wurde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen und des Verfahrensganges dargestellt, dass feststehe und vom Bw auch nicht bestritten würde, dass Herr A am 11.5.2006 auf der Teichbaustelle der Golfanlage P in E beschäftigt worden sei, obwohl sein Befreiungsschein bereits am 8.5.2006 abgelaufen gewesen sei und bis zum Zeitpunkt der Kontrolle noch kein Verlängerungsantrag gestellt worden sei.

 

Es sei Aufgabe des Arbeitgebers, ein wirksames Kontrollsystem einzurichten, um solche für die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern wichtige Fristen und Termine einzuhalten. Eine solche Kontrolle sei vergleichsweise einfach und ohne großen Aufwand machbar und somit jedenfalls zumutbar. Der Hinweis auf die „Hochsaison“ sei somit keinesfalls geeignet, den Bw von dieser grundsätzlichen Verpflichtung und seiner Sorgfaltspflicht zu befreien. Im Hinblick auf die relativ kurze Dauer der formell unrechtmäßigen Beschäftigung könne somit trotz Vorliegen einer einschlägigen Verwaltungsvorstrafe mit der hiefür im Wiederholungsfall vorgesehenen gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden.

 

2. Dagegen wurde vom Bw rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, das Strafverfahren einzustellen und eventuell das Strafausmaß der Schuld, falls eine solche erkennbar sein sollte, anzupassen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass als Tatort Golfanlage P in W genannt sei, die Golfanlage aber 65 Hektar groß sei. Strafverfahren, die nicht auf Einstellung lauten würden, hätten den Tatort genau zu bezeichnen. Schon aus diesem Grund sei das Verfahren mangelhaft. Ein Tatortgebiet mit 65 Hektar und mit ca. 50 Grundeigentümern entspreche keinesfalls den Verwaltungsvorschriften. Es müsse doch der Behörde BH Kirchdorf/Krems klar sein, dass die Gemeinde E nicht in W liege.

 

Herr A sei ab 10.4.2006 im Betrieb beschäftigt gewesen und habe einen Befreiungsschein vom 9.5.2001 bis 9.5.2006 und vom 16.5.2006 bis 15.5.2011 besessen. Im Reisepass sei eine unbefristete Niederlassungsbewilligung „Daueraufenthalt“ eingetragen. Es sei daher auch nach dem gegenständlichen Straferkenntnis ein Recht auf Arbeit gegeben gewesen.

 

Die Strafe von 2.000 Euro für das Nichtvorhandensein des Befreiungsscheines für einen Zeitraum von nur einer Woche, noch dazu, wo ein Rechtsanspruch auf Arbeit in Österreich bestehe, stehen in keinem Verhältnis mit der zur Last gelegten Tat. Alle anderen lohnrechtlichen Belange seien erfüllt worden.

 

Die Behörde habe nicht geprüft, ob eine Daueraufenthaltsbewilligung bzw. eine unbeschränkte Niederlassungsbewilligung vorliege. Die Behörde habe ihre Ermittlung zur Gänze auf den Sachverhalt der Anzeige des Zollamtes beschränkt und dort stehe: keine Arbeitsbewilligung, kein Befreiungsschein.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat die Berufung mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2007. An dieser mündlichen Verhandlung hat der Bw zusammen mit einem Vertreter teilgenommen.  

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der T GmbH mit Sitz in O. Der türkische Staatsangehörige S A wurde von der T GmbH am 10.4.2004 angemeldet und ab dieser Zeit im Betrieb des Bw beschäftigt. Zu diesem Zeitpunkt war der ausländische Staatsangehörige im Besitz eines Befreiungsscheines für den Zeitraum 9.5.2001 bis 9.5.2006. Weiters verfügt S A über den Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung jeglicher Aufenthaltszweck  - unbefristet" , welcher vom Magistrat Linz am 17.8.1999 erteilt wurde.

 

Am 11.5.2006 wurde im Bereich des Clubhauses der Golfanlage P in W vom Zollamt Linz eine Kontrolle durchgeführt. Der türkische Staatsangehörige S A wurde dabei angetroffen, wie er im Bereich des Golfrestaurants mit dem Verlegen von Pflastersteinen beschäftigt war. Im Zuge der Kontrolle wurde vom türkischen Staatsangehörigen der abgelaufene Befreiungsschein vorgewiesen. Vom kontrollierenden Zollorgan wurde mit dem Arbeitsmarktservice Linz Rücksprache gehalten und dabei geklärt, dass noch nicht um Verlängerung des Befreiungsscheines angesucht wurde.

 

Nach der Kontrolle wurde vom Ausländer um die Verlängerung des Befreiungsscheines angesucht und wurde dieser auch am 16.5.2006 mit einer Wirkung bis 15.5.2011 neu ausgestellt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen des Bw sowie den von ihm vorgelegten Unterlagen und ist unbestritten geblieben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Gemäß § 11 Abs.2 Z1 der Verordnung der Bundesministerin für Inneres zur Durchführung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung – NAG-DV), BGBl II Nr. 451/2005,  gelten die vor dem Inkrafttreten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes erteilten Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen nach dem Fremdengesetz 1997 (FrG), BGBl.I/Nr. 75/1997, in der Fassung vor der FrG-Novelle 2002, BGBl.I/Nr. 126/2002, nach ihrem Aufenthaltszweck als entsprechende Aufenthalts- und Niederlassungs­berechtigungen nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz oder als Berechtigungen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 wie folgt weiter:

lit. A Z1.: „Niederlassungsbewilligung jeglicher Aufenthaltszweck“ als „Niederlassungs­bewilligung – beschränkt“.

 

§ 11 Abs.3 Z1 NAG-DV lautet:

"Sofern die folgenden Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach Abs.2 vor dem Inkrafttreten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes unbefristet erteilt worden sind, gelten sie wie folgt weiter:

1. Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach lit.A Z1, 4, 5, 6 und 7 sowie nach lit.B, C und D als Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“. "

 

5.2. Im gegenständlichen Verfahren wurde vom Bw durch Vorlage einer Kopie des Reisepasses des türkischen Staatsangehörigen belegt, dass diesem vom Magistrat Linz am 17.8.1999 der Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung jeglicher Aufenthaltszweck - unbefristet“ erteilt worden ist. Aufgrund der oben zitierten Bestimmungen der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverord­nung gilt diese nach dem Fremdengesetz 1997 in der Rechtslage vor dem 1.1.2003 erteilte unbefristete Niederlassungsbewilligung nunmehr als Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ im Sinne des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG).

Diese Rechtslage führt dazu, dass eine Beschäftigung des türkischen Staatsangehörigen S A, trotz des Umstandes, dass am 11.5.2006 der Befreiungsschein des Türken abgelaufen war, erfolgen durfte. Der Ausländer ist auf Grund der Bestimmungen der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungs­verordnung im Besitz des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EG“. Aus diesem Grund hat der Bw den Ausländer am 11.5.2006 nicht entgegen § 3 Abs.1 AuslBG beschäftigt und daher die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen. Der Berufung war deshalb Folge zu geben und das Straferkenntnis aufzuheben sowie das Strafverfahren einzustellen.  

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kühberger

 

 

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