Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-340000/8/Br

Linz, 02.11.1995

VwSen-340000/8/Br Linz, am 2. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn ÖKRat J L, A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 24. August 1995, Zl.:

Agrar96-34/03-1995/De/OT, wegen der Übertretung des Oö.

Jagdgesetzes, nach der am 2. November 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, daß die Geldstrafe auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden ermäßigt wird und der Tatvorwurf in Abänderung zu lauten hat... "bei Rehwild nur 56 Stück".... entnommen wurden.

Im übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995 - VStG.

II. Der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag ermäßigt sich demzufolge auf 100 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Kostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2, § 65 VStG E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem Straferkenntnis vom 24. August 1995 wider den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er es als Jagdleiter der Jagdgenossenschaft "B" zu verantworten habe, daß der Abschußplan im Jagdjahr 1994/95 nicht erfüllt wurde, weil vom festgesetzten Abschuß bei Rehwild von 76 Stück nur 37 Stück entnommen worden seien, obwohl der Abschußplan weder unter- noch überschritten werden dürfe.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde in der Sache im wesentlichen aus, daß gemäß § 50 Abs.1 des O.ö. Jagdgesetzes der Abschußplan von Schalenwild nur auf Grund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschußplanes zulässig sei. Die darin festgesetzten Abschußzahlen dürfen weder unter- noch überschritten werden.

Wer dem zuwiderhandelt begeht eine Verwaltungsübertretung und sei zu bestrafen (§ 93 Abs.2 leg.cit.). Im Hinblick auf die verspätet vorgelegten Fallwildmeldungen wies die Erstbehörde darauf hin, daß diese bereits binnen acht Tagen der Behörde vorzulegen seien. Diese Meldungen vermochten daher von der Erstbehörde nicht mehr zur Kenntnis genommen werden. Bei der Strafzumessung wurde die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd gewertet.

2. Dagegen richtet sich die vom Berufungswerber fristgerecht erhobene Berufung. Er führt sinngemäß aus, daß bei der Erstellung des Abschußplanes der Wildbestand nicht stückzahlenmäßig erfaßt werde. Bei der Jagdleiterbesprechung sei vom Bezirksjägermeister empfohlen worden, die durchschnittlichen Abschußzahlen der vergangenen drei Jahre anzuführen. So sei die Zahl von 76 Stück zustandegekommen.

Es falle revierlagebedingt sehr viel an Fallwild, im Durchschnitt eben 34 Stück, an. Trotz intensiver Bejagung sei wegen bereits reduzierter Wildbestände das Abschußziel nicht mehr zu erreichen gewesen. Der Berufungswerber beantragt daher abschließend die Aufhebung des Straferkenntnisses.

3. Zumal keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Zumal sich die Berufung im Ergebnis auch gegen Tatsachenannahmen richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme bzw.

Erörterung des Verwaltungsstrafaktes der Erstbehörde im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung, Zl.:

Agrar96-34/03-1995/De/OT. Dem Akt angeschlossen bzw.

beigeschafft wurden die Abschußpläne der Jagdjahre ab 1990/91. Als Beilage .\1 zum Akt genommen wurde ein Lageplan des Jagdgebietes. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde ferner Beweis erhoben durch die Vernehmung des Bezirksjägermeisters von G, H. P, von J B und des Leiters der Forstabteilung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Wirkl.Hofrat, Dipl.Ing. D als Zeugen und des Berufungswerbers als Beschuldigten, sowie die sachverständigen Erörterungen des Amtssachverständigen für das Jagdwesen des Amtes der Oö. Landesregierung, ROFR Dipl.Ing. Z.

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Der Berufungswerber ist Jagdleiter der Jagdgesellschaft B. Diese Jagdgesellschaft besteht aus sieben Pächtern und weiteren 18 Ausgehern. Das Jagdgebiet umfaßt eine Fläche von 2.510 ha u. 62 Ar. Davon entfallen 470 ha auf Wald- und der Rest auf Feldflächen. Wie dem Lageplan zu entnehmen ist, ist das Revier von vielen Straßen durchzogen. Ebenfalls ist erwiesen, daß durch intensive Grünlandwirtschaft in Verbindung mit dem Straßenverkehr von einer Fallwildstrecke von 34 - anstatt der bloß fünf Stück rechtzeitig gemeldeten - Rehen ausgegangen werden konnte. Die entsprechenden (weiteren) Meldungen wurden wohl aus Versehen nicht zeitgerecht der Behörde mitgeteilt und von dieser schließlich nicht (mehr) anerkannt. Der hier verfahrensbezogene Abschußplan, welcher in Rechtskraft erwachsen war, wurde im Hinblick auf das Rehwild mit 76 Stück festgesetzt. Demnach war nunmehr von insgesamt 56 Stück entnommenen Rehwild auszugehen.

4.2. Der Berufungswerber hat im Rahmen des Berufungsverfahrens einen über alle Zweifel erhabenen Eindruck dahingehend gemacht, daß er die Jagd nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben geneigt ist. Er legte dar, daß er als Landwirt eben nicht immer die Zeit finde, die Fallwildmeldungen sogleich der Behörde zu melden und die Landwirte ihm selbst offensichtlich erst nach Monaten Mitteilung über "gemähte" Rehe machten. Dabei räumte der Berufungswerber jedoch auch ein, daß er die Pächter und Ausgeher auch immer wieder angewiesen habe, sie sollten noch Rehe erlegen, worin ihm aber nicht ausreichend gefolgt wurde. Der Zeuge B ließ etwa erkennen, daß es nicht Sache des Jagdleiters (des Berufungswerbers) sei, hart durchzugreifen. Der Berufungswerber räumte schließlich nach inzwischen erfolgter jagdfachlicher Erörterung durch den Sachverständigen - ein, daß es schon möglich gewesen sein müßte, "etwas mehr zu schießen". Die Ausführungen des Sachverständigen gingen dahin, daß ein jagdliches Manko etwa darin zu erblicken ist, daß beim Abschuß weiblicher Rehe die Schußzeit bei weitem nicht ausgeschöpft wurde, indem erst mit Beginn des September die ersten weiblichen Rehe erlegt wurden. Wenngleich aber der Rehwildbestand, wie etwa der Bezirksjägermeister als Zeuge glaubhaft ausführte, durch die aus der Wildschadensituation bedingte intensivere Bejagung in den letzten Jahren zurückgegangen ist, blieb das Entnahmeziel mit einem Defizit von immerhin 20 Stück doch beträchtlich unterschritten. Der Zeuge W.Hofrat, Dipl.Ing. D gab dazu etwa an, daß er im Falle eines rechtzeitigen Ersuchens des Berufungswerbers auf Reduzierung des Abschußplanes auf 50 Stück sich dagegen ausgesprochen hätte.

Für dieses Jagdjahr wurde das Planziel inzwischen auf (nur) 60 Stück reduziert. Dies führt im Einklang mit der Verantwortung des Berufungswerbers zum Ergebnis, daß die Unterschreitung des Abschußzieles um ca 25% objektiv besehen doch vermeidbar gewesen wäre und eben mehr an Rehen erlegt werden hätte können. Selbst wenn daran dem Berufungswerber selbst kein jagdliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist, so trifft ihn als verantwortlichen Jagdleiter auch die nicht ausreichende Aktivität einzelner Pächter bzw.

Ausgangsberechtigter. Er hat diesbezüglich dafür Sorge zu tragen, daß die entsprechenden Beiträge aller an der Jagd Mitwirkenden geleistet werden. Die im öffentlichen Interesse gelegene Planzielerfüllung steht hier über dem Interesse an der Erhaltung eines guten Klimas mit dem einen oder anderen jagdlich mindertätigen Pächter oder ausgehenden Jäger.

5. Rechtlich war wie folgt zu erwägen:

5.1. Der Abschuß von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild ist nur auf Grund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschußplanes zulässig. Die im Abschußplan für Schalenwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen weder unternoch überschritten werden. Die im Abschußplan für Auer- und Birkwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen unterschritten werden (§ 50 Abs.1 Oö. JagdG).

5.1.1. Die Nichterfüllung des Abschußplanes ist ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG und es trifft in einem solchen Falle die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung den Beschuldigten. Ein Verschulden an der Nichterfüllung des vorgeschriebenen Abschusses ist bloß dann nicht gegeben, wenn seine Erfüllung objektiv unmöglich war. Die Beantwortung der Frage, ob der nach dem Abschußplan bewilligte oder von der Behörde festgesetzte Abschuß auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten im Revier erfüllbar war oder nicht, erfordert jagdfachliche Kenntnisse. Hierüber ist ein Sachverständigengutachten einzuholen (VwGH 21.4.1971, 1139/70).

Die objektive Erfüllbarkeit ist hier zu bejahen gewesen.

5.1.2. Für die Glaubhaftmachung i.S. § 5 Abs.1 VStG ist es rechtlich wohl unerheblich, daß der Berufungswerber gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden Abschußplan für das Jahr 1994/95 vom 27.4.1994 - kein Rechtsmittel ergriffen hat (VwGH 12. November 1992, Zl.

91/19/0160). Das hier unter Bezugnahme auf die jagdfachlichen gutachterlichen Erörterungen im Zuge des durchgeführten Beweisverfahrens in Verbindung mit den eigenen Angaben des Berufungswerbers vorliegende Beweisergebnis läßt zum Schluß kommen, daß hier eben mehr Rehe (insbesondere weibliche) erlegt werden hätten können und daher auch mehr erlegt werden hätte müssen. Hiefür bedarf es der Aktivierung bzw Heranziehung aller zumutbaren jagdlichen Einsätze und Kräfte.

5.2. Wenngleich nicht übersehen wird, daß nicht die bloße Nichterfüllung schon ein zwingender Hinweis auf ein "schuldhaftes Untätigsein" ist, so ist hier doch ein Manko aufgezeigt worden, welches bei objektiv gebotener und subjektiv zumutbarer Anstrengung vermeidbar gewesen wäre (siehe die Erörterung des SV). Die Rechtsordnung sieht eine Strafsanktion für die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegt werden dürfen, vor.

5.2.1. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß in jagdlichen Belangen auch eine Fehlertoleranz wegen der diesem Fachgebiet inhärenten "vielen unbekannten und vom Menschen nicht handhabbaren Faktoren" einzukalkulieren ist.

Eine Mindererfüllung von gleich zwanzig Stück liegt im gegenständlichen Fall aber jenseits dieses Bogens.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 - § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die Erstbehörde in ihrer Entscheidung von einer um 29 Stück höheren Fehlziffer an entnommenen Rehen ausgegangen ist.

Nunmehr ist bereits der objektive Tatunwert ein entsprechend geringerer. Grundsätzlich ist in diesem Zusammenhang aber festzuhalten, daß es Ziel des Abschußplanes ist, eine ökologisch vertretbare Wilddichte im Jagdgebiet herzustellen. Dieses Ziel ist umsomehr mit Nachdruck zu erfüllen, wenn es darum geht, den Wildschaden an den Forstkulturen zu vermindern. Die Interessen der Jagd treten in diesem Zusammenhang gegenüber den Interessen der Landeskultur zurück (Pesendorfer/Rechberger, Das oberösterreichische Jagdrecht [Loseblattausgabe] § 1 Abs.2 Oö. JagdG).

Darüber hinaus ist aber im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung hervorgekommen, daß der Berufungswerber hier einen Fehler eingesteht und nicht zuletzt auch eine sehr menschliche Tugend (gegenüber seinen Mitmenschen (Jagdkammeraden) nicht mit Härte aufzutreten) zum nicht ausreichenden Ziel und damit zu dem ihm zuzurechnenden Fehler geführt haben mag. Ebenfalls noch zu erwähnen ist, daß der Berufungswerber seit vielen Jahren der Jagd unbeanstandet nachgeht. Die Herabsetzung der Strafe schien daher in Zusammenhalt der vorliegenden Tatumstände, insbesondere aber angesichts der im Rahmen des Berufungsverfahrens gezeigten positiven Verbundenheit mit dem Jagdwesen schlechthin, jedenfalls gerechtfertigt. Auch die verhältnismäßig geringe Pension des Berufungswerbers indizierte zusätzlich die Reduzierung des Strafausmaßes. Es ist anzunehmen, daß auch mit dieser Strafe der Strafzweck die nachhaltigere Beachtung dieses Rechtszieles - erreicht zu werden vermag.

Die vom Berufungswerber erbetene bloße Ermahnung konnte jedoch aus gesetzlichen Gründen nicht erfolgen, weil es jedenfalls der hiefür "bloß unbedeutenden Folgen" der Verwaltungsübertretung ermangelt (§ 21 VStG). Von bloß unbedeutenden Folgen kann bei dieser hohen Unterschreitung des Abschußzieles nämlich nicht mehr gesprochen werden.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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