Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251586/5/Py/Se

Linz, 30.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn M P, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H O und Dr. H N, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 11. Juni 2007, SV96-4-2007, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung gegen die Strafhöhe wird insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.

 

II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 21 Abs.1, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 11. Juni 2007, AZ: SV96-4-2007, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idgF, eine Geldstrafe in Höhe von 1.300 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden verhängt, weil er am 20. März 2007 um 10.10 Uhr den polnischen Staatsangehörigen F M, im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung zur Ausübung des freien Gastgewerbes am Standort R, (Grillstand bei der Betriebszufahrt zur Firma K) unter sachlicher und örtlicher Eingliederung in diese betriebliche Tätigkeit als Hilfskraft mit der Zubereitung und Verabreichung von Speisen (Grillhendl und Stelzen) entgegen dem § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetzes beschäftigt hat, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde.

 

In der Begründung führt der angefochtene Bescheid nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass die Beschäftigung des besagten Ausländers zum Tatzeitpunkt am fahrbaren Grill – Verkaufsstand des Bw durch die Kontrollorgane der Abgabenbehörde eindeutig festgestellt wurde und seitens des Bw auch unbestritten sei. Das Nichtvorliegen einer entsprechenden arbeitsrechtlichen Bewilligung für den polnischen Beschäftigten habe der Bw nicht wirksam entkräften können. Bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage erachtete die Behörde die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als objektiv erwiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Ein Schuldentlastungsbeweis in subjektiver Hinsicht konnte nicht erbracht werden.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wird ausgeführt, dass aus lebenspraktischer Erfahrung der vom Bw vorgelegte Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2005, der Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlicher sowie gewerblicher Tätigkeit von lediglich 2.234 Euro ausweise, nicht als realistisch gewertet werden. Die Behörde gehe deshalb, mangels anderer Angaben, von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, mittlerem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Als mildernd werde die erstmalige unberechtigte Beschäftigung eines Ausländers sowie die nachweisbar kurze gesetzwidrige Beschäftigungsdauer und die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet. Erschwerungsgründe seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Die verhängte Strafe erscheine somit dem Unrechtsgehalt der Tat und den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen angepasst und werde als ausreichend erachtet, um den Bw von der Begehung weiterer einschlägiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten und ihn im Hinblick auf die künftige Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG zu sensibilisieren.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw Berufung erhoben und vorgebracht, dass der Bw die ihm angelastete Ordnungswidrigkeit zwar zu verantworten habe, die verhängte Geldstrafe jedoch nicht tat- und schuldangemessen sondern überhöht sei. Der Bw habe den in Rede stehenden Beschäftigten am 19. März 2007 bei der Oö. Gebietskrankenkasse sozialversicherungsrechtlich angemeldet und auch sonst alle Maßnahmen getroffen, damit der Beschäftigte die Beschäftigungsbewilligung nach den gesetzlichen Bestimmungen erhält. So habe er ihn angewiesen, sich am 20. März 2007, vor Aufnahme seiner Tätigkeit, die entsprechenden Unterlagen in Linz bei der Behörde abzuholen, da zu deren Erhalt die Unterschrift des Beschäftigten erforderlich war. Dass dies der in Rede stehende Beschäftigte nicht getan hat, konnte vom Beschuldigten nicht vorausgesehen werden. Das Ausmaß seines Verschuldens liege daher in einem Bereich, der auch den sorgsamsten aller sorgfältigen Rechtsunterworfenen unterlaufen könne.

Darüber hinaus habe der Beschuldigte den zuletzt ergangenen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2005 vorgelegt, an den die Strafbehörde gebunden sei. Die Ausführungen der ersten Instanz, dass bei lebenspraktischer Erfahrung dieser Nachweis nicht als realistischer Einkommensnachweis gewertet werden kann, sei nicht nachvollziehbar. Die Bewertung der Einkommensverhältnisse des Beschuldigten durch die Erstbehörde sei daher verfehlt, weil extrem überhöht. Die über den Bw verhängte Geldstrafe sei daher überhöht und nicht gesetzeskonform, weshalb beantragt werde, von der Verhängung einer Strafe abzusehen oder nur mit einer Ermahnung vorzugehen, in eventu die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe im Hinblick auf das Vorliegen von außerordentlichen Milderungsgründen wesentlich unter die Mindeststrafe herabzusetzen.

 

3. Mit Schreiben vom 28. Juni 2007 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

Gemäß § 51e Abs.3 Z2 kann der Unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat daher mit Schreiben vom 5. Juli 2007 die Berufung dem Finanzamt Freistadt, Rohrbach, Urfahr als am Verfahren beteiligte Organpartei vorgelegt und gleichzeitig Gelegenheit gegeben, zu den Berufungsausführungen innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

 

Das Finanzamt Freistadt, Rohrbach, Urfahr hat mit Schreiben vom 12. Juli 2007 mitgeteilt, dass es sich mit dem Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung einverstanden erkläre. Hinsichtlich des Berufungsvorbringens werde ersucht, von einer Ermahnung abzusehen, da der Beschuldigte die Zuwiderhandlung gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht bestreite und bereits ein Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vorliege.

 

4. Aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Der Bw betreibt im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung zur Ausübung des freien Gastbewerbes einen Grillstand für Grillhendl und Stelzen am Standort R.

 

Am 19. März 2007 wurde der polnische Staatsangehörige, Herr F M, vom Bw mit der Betreuung des Grillstandes betraut und von ihm bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse angemeldet. Gleichzeitig wurde Herr M vom Bw dazu aufgefordert, sich beim Arbeitsmarktservice (AMS) Linz vor Arbeitsaufnahme die erforderliche schriftliche Bestätigung über sein Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt abzuholen.

 

Am 20. März 2006 wurde Herr M am Grillstand des Bw in R, alleine beim Hendlgrillen angetroffen. Eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung konnte nicht vorgewiesen werden.

 

Am 21. März 2006 stellte das AMS Linz Herrn F M eine EU‑Freizügigkeitsbestätigung über das Recht auf freien Arbeitsmarktzugang gemäß § 32a Abs.2 bzw. Abs.3 AuslBG aus.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Vorerst ist festzuhalten, dass sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet. Der Schuldausspruch des Straferkenntnisses ist damit in Rechtskraft erwachsen und der Unabhängige Verwaltungssenat hat nur noch die Strafbemessung zu überprüfen.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

5.3. Der Bw hat unbestritten einen Ausländer ohne die erforderlichen formellen Voraussetzungen – im vorliegenden Fall eine EU-Freizügigkeitsbestätigung – beschäftigt. Allerdings hatte der polnische Staatsangehörige bei seiner Arbeitsaufnahme bereits materiell alle Voraussetzungen erfüllt, um nach den im Rahmen der EU-Erweiterung im AuslBG festgelegten Umsetzungsbestimmungen  zum Übergangsarrangement über die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Österreich zu einer Beschäftigung zugelassen zu werden. Die entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bestätigung war ihm jedoch noch nicht ausgestellt worden, sondern er holte sie erst am Tag nach der Kontrolle beim zuständigen Arbeitsmarktservice ab. Dass er trotz des Nichtvorliegens dieser Bestätigung beschäftigt wurde, führt dazu, dass die Beschäftigung im Ergebnis nur der gesetzlichen Ordnung widersprochen hat. Der Bw hat den polnischen Staatsangehörigen aufgefordert, vor Arbeitsaufnahme die entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bestätigung beim AMS abzuholen und ihn gleichzeitig mit Arbeitsaufnahme ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet. Charakteristisch für die hier in Rede stehende Tat ist also, dass sie in allen für die Strafbarkeit relevanten Gesichtspunkten eklatant hinter den typischen Straftaten nach § 28 AuslBG zurückbleibt. Das Verschulden des Bw ist – auch im Hinblick auf die kurze Dauer der Beschäftigung ohne ausgestellter Bestätigung – atypisch gering und die Tat bleibt in Bezug auf die vom AuslBG geschützten öffentlichen Interessen folgenlos, weshalb alle Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG vorliegen (vgl. VwGH vom 4. September 2006, Zl. 2005/09/0073).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

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