Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280995/9/Bm/Rd/Sta

Linz, 18.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des A S, p.A. A, 46 S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 4.4.2007, Ge96-65-2006-GRM, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27.6.2007 zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches zu den Fakten 1 und 2 keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch nach der Wortfolge "als Lenker eines KFZ" um die Wortfolge "im internationalen (innergemeinschaftlich) Straßenverkehr" zu ergänzen ist.

     

      Die Strafnorm des § 28 Abs. 1a AZG wird in der Fassung BGBl I Nr. 175/2004 angewendet.

 

       Bezüglich Strafhöhe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die hinsichtlich Faktum 1 verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt unverändert, herabgesetzt wird. Die Strafhöhe bezüglich Faktum 2 wird bestätigt.  

      

      

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich hinsichtlich Faktum 1 auf 100 Euro. Diesbezüglich entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

       Der Gesamtkostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz beträgt 150 Euro.

       Hinsichtlich Faktum 2 hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in Höhe von 100 Euro, ds 20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19, 44a und 51 VStG.

zu II.: § 64 und § 65  VStG, § 62 Abs. 4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 4.4.2007, Ge96-65-2006-GRM, wurden über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen von 1.150 Euro (Faktum 1) und von 500  Euro (Faktum 2), Ersatzfreiheitsstrafen von 6 Tagen (Faktum 1) und von 3 Tagen (Faktum 2), wegen Verwaltungsübertretungen gemäß Art.6 Abs.1 EG-VO 3820 iVm dem Kollektivvertrag gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG (Faktum 1) und gemäß Art.8 Abs.1 EG-VO 3820 iVm dem Kollektivvertrag gemäß § 28 Abs.1a Z2 AZG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 VStG 1991 idgF der Firma S GmbH mit Sitz in A-46 S, A (protokolliert im FB des LG Wels unter F) in Ausübung des Gewerbes "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 25 Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs (Güterfernverkehr)" (Bescheid ausgestellt vom Landeshauptmann von am 12.7.1988, GZ: VerkGe-2348/8-1988/Sie), folgende Verwaltungs­übertretungen zu verantworten habe:

 

Das Arbeitsinspektorat Wels hat aufgrund von Tachografen-Schaublättern, die dem Arbeitsinspektorat vom Bundespolizeikommando Leoben gemäß § 102 Abs.11c KFG übermittelt wurden, festgestellt, dass der Arbeitnehmer S P, geb. am, beschäftigt von der S GesmbH, 46 S, A, als Lenker eines KFZ, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, mit dem Kennzeichen WL zu folgenden gesetzwidrigen Arbeitszeiten herangezogen wurde:

 

1. Überschreitung der täglichen Lenkzeit:

von: 20.4.2006, 6.50 Uhr

bis: 21.4.2006, 12.20 Uhr

Std. Min.: 18 Std. 30 Min.

Dies stellt eine Übertretung des Art.6 Abs.1 der EG-VO 3820/85 iVm  dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten an zwei Tagen pro Woche zehn Stunden, an den übrigen Tagen neun Stunden nicht überschreiten darf.

 

2. Unterschreiten der Ruhezeit:

Anfang (des 24-Stunden Zeitraumes): 20.4.2006, 6.50 Uhr

Ende: 21.4.2006, 6.50 Uhr

Dauer der Ruhezeit: 3 Std. 10 Min.

Dies stellt eine Übertretung des Art.8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, Abl. EG Nr. L370 iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden zu gewähren ist. Diese Ruhezeit darf bei entsprechendem Ausgleich verkürzt werden, und zwar auf nicht weniger als neun zusammenhängende Stunden.

 

Hinweis:

Es liegt keine zulässige Teilung der täglichen Ruhezeit gemäß Art.8 Abs.1 EG-VO 3820 iVm dem KV vor.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Einspruch (richtig: Berufung) eingebracht und um Aufhebung der Strafverfügung (richtig: Straferkenntnis) vom 4.4.2007 ersucht. Begründend wurde vorgebracht, dass die Überschreitung der täglichen Lenkzeit bzw eine Unterschreitung der Ruhezeit aus privaten Gründen des Lenkers P erfolgt sei. Dies habe der Lenker auch schriftlich bestätigt. Der Bw brachte weiters vor, dass die Fahrer laufend geschult und über sämtliche Neuerungen informiert werden. Zudem finde eine regelmäßige Kontrolle der Tachoscheiben durch den Bw statt. Dem Bw sei es nicht zumutbar, täglich hinter jedem Dienstnehmer herzufahren und die Lenk- und Ruhezeiten zu überprüfen. Jeder Kraftfahrer sei voll mündig und könne somit davon ausgegangen werden, dass sie sich an die Gesetze halten. Außerdem bekomme jeder Fahrer bei Diensteintritt eine Informationsbroschüre in der ua auch die gesetzlichen Bestimmungen über Lenk- und Ruhezeiten genauestens angeführt seien. Aus diesen Gründen sehe sich der Bw für die angelasteten Übertretungen in keinster Weise verantwortlich.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.6.2007, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und teilgenommen haben. Weiters wurde S P als Zeuge geladen und einvernommen.

 

4.1. Als erwiesen und vom Bw unbestritten belassen, steht fest, dass zum angegebenen Tatzeitpunkt durch den Lenker P die tägliche Lenkzeit über- und die Ruhezeit unterschritten wurde.

 

Vom Bw wurde in der mündlichen Verhandlung das im Betrieb installierte Kontrollsystem näher erörtert, und zwar, dass er den Fahrern zu Arbeitsbeginn eine Broschüre, welche aus einer selbst zusammengestellten Mappe, die entsprechende Hinweise enthalte, aushändige, in welcher ua eben auf die Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten hingewiesen werde. Das Aushändigen werde von jedem Lenker mit Anführung des Datums in einer Art Sammelliste unterschrieben. Im Zusammenhang mit den Lohnabrechnungen werden die Fahr- und Ruhezeiten und stichprobenartig auch die Schaublätter kontrolliert. Die Schaublätter seien von jedem Lenker nach 21 Tagen abzugeben. Diese Kontrolle sei abhängig vom Verhalten des Lenkers. So bestehe bei Fahrern, die schon länger im Betrieb tätig seien und bei denen es hinsichtlich der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten keine Schwierigkeiten gebe, nicht die Notwendigkeit einer regelmäßigen Kontrolle. Aber es gebe auch solche Lenker, die mehrmals kontrolliert werden. Sollte sich ein Lenker absolut nicht an die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten halten, seien schon Entlassungen ausgesprochen worden. Bei Nichteinhaltung der Lenk- und Ruhezeiten werden die Lenker vorerst schriftlich abgemahnt. Die Lenker werden nach Stunden bezahlt; zusätzlich gebe es noch Diäten, unterschiedlich je nach Fahrten im In- bzw Ausland.

 

Vom zeugenschaftlich einvernommenen Lenker S P wurde anlässlich der Berufungsverhandlung ausgesagt, dass er in der Nähe von Freiburg zum Laden gewesen sei und er habe grundsätzlich auch vorgehabt, dort eine Pause zu machen. Er sei für eine Spedition in Kärnten gefahren und sei er vom Disponenten der Kärntner Firma telefonisch verständigt worden, dass er die Ware von Deutschland nach Leoben verbringen solle. In Leoben hätte er dann Ware für Kärnten aufladen und in Kärnten wieder entladen sollen. Im Anschluss daran wäre der Lkw wieder für Deutschland zu beladen gewesen. Er wäre erst am Samstag Abend zu Hause gewesen. Aus privaten Gründen sei er durchgefahren, um früher zu Hause zu sein. Ein Gespräch mit dem Bw habe nicht stattgefunden. Er sei bei Dienstantritt vom Bw hinsichtlich der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten eingewiesen worden. Er sei seit 20 Jahren Lkw-Fahrer und mit den Bestimmungen vertraut.

Die Unterweisungen des Bw ergehen in Schriftform, und zwar werden diese in ein für den jeweiligen Lenker bestimmtes Unterlagenfach eingelegt. Bei Neuerungen, die gesetzliche Bestimmungen betrifft, verhalte es sich ebenso. Diese Unterweisung habe er auch unterschrieben. Regelmäßige Schulungen gebe es nicht. Bei Überschreitungen der Lenkzeit gebe es eine schriftliche Abmahnung, die auch noch weitere disziplinäre Maßnahmen beinhalte bis hin zur Entlassung. Soweit er wisse, sei noch keine Entlassung aus diesem Grunde erfolgt, zumal auch Lenkzeitüberschreitungen ganz selten vorkommen würden.

Die Aussage bei der Vernehmung in Deutschland über Rechtshilfeersuchen, wonach keine Broschüre ausgehändigt worden sei, sei so zu verstehen, dass er nicht genau gewusst habe, was mit Broschüre gemeint sei, zumal zwischen Anweisungen und Broschüre ein Unterschied sei. Eine Mappe mit Anweisungen habe er auf jeden Fall erhalten, und zwar im Jahr 2006, wo diese ausgearbeitet worden sei. Bei seinem Dienstantritt 2005 habe er keine ausgehändigt bekommen. Die Übertretungen seien aus privaten Gründen seinerseits begangen worden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 darf die nachstehende "Tageslenkzeit" genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden. Der Fahrer muss nach höchstens 6 Tageslenkzeiten eine wöchentliche Ruhezeit im Sinne von Artikel 8 Abs.3 einlegen. Die wöchentliche Ruhezeit kann bis zum Ende des 6. Tages verschoben werden, falls die Gesamtlenkzeit während der 6 Tage nicht die Höchstdauer übersteigt, die 6 Tageslenkzeiten entspricht.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 legt der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zu Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird. Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht nach Unterabsatz 1 verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in zwei oder drei Zeitabschnitte genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Fall erhöht sich jedoch die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.

 

Gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Lenker über die gemäß Artikel 6 Abs.1 Unterabsatz 1 und Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85, zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 28 Abs.1a Z2 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die tägliche Ruhezeit gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewähren, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Die im Spruch angeführte Überschreitung der Lenkzeit und Unterschreitung der Ruhezeit durch Herrn P sind durch die Auswertung der Schaublätter erwiesen. Sie werden vom Bw auch nicht bestritten. Es hat damit der Bw als Arbeitgeber Herrn P die erforderliche Ruhezeit nicht gewährt und diesen über die zulässige Lenkzeit hinaus eingesetzt, weshalb er die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht begangen hat.

 

Die Überschreitung der Lenkzeit und das Unterschreiten der Ruhezeit sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwei selbständige Delikte, weshalb die belangte Behörde zu Recht zwei Strafen verhängt hat (vgl. VwGH vom 28.6.2005, Zl. 2004/11/0028).

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist festzustellen, dass die dem Bw angelastete Taten sogenannte Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs.1 VStG darstellen, zu dessen Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber nicht gelungen.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedarf es nämlich konkreter Behauptungen, durch welche innerbetrieblichen organisatorischen Maßnahmen eine Übertretung des AZG hätte verhindert werden können, wobei die bloße Erteilung von Weisungen oder Belehrungen nicht ausreicht; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgt ist. Dabei reichen nur kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, es liege ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass es die tatsächliche Einhaltung des AZG sicherstellt, vor.

 

Die Verantwortung des Bw - welche im Übrigen vom zeugenschaftlich einvernommenen Fahrer durch dessen glaubwürdige und schlüssige Aussage zum Teil bestätigt wurde -, wonach er im Betrieb ein Kontrollsystem installiert habe, nämlich dergestalt, dass er seinen Fahrern zu Arbeitsbeginn eine Broschüre (zusammengestellte Mappe), welche Hinweise bzw Unterweisungen ua bezüglich der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten beinhalte, aushändige sowie mit Unterschrift bestätigen lasse und dass Einweisungen bei Dienstantritt stattfinden, stellt kein solches effizientes Kontrollsystem, wie dies vom Verwaltungsgerichtshof gefordert wird, dar. So wurde vom Bw nicht einmal behauptet, dass regelmäßige Schulungen abgehalten werden. Diesbezüglich wird auch auf die Aussage des einvernommenen Lenkers hingewiesen, wo dieser angegeben hat, dass keine Schulungen nach Aushändigung bzw Einlegen der Neuerungen in das für jeden Fahrer zugehörige Auftragsfach erfolge. Weiters hat der Bw vorgebracht, dass die Kontrolle der Schaublätter nur stichprobenweise erfolgt; regelmäßig Kontrollen werden nur bei denjenigen durchgeführt, bei welchen im Nachhinein (durch Kontrolle der Schaublätter) Nichteinhaltungen der Lenk- und Ruhezeiten festgestellt worden sind. Wie der Bw aber in der Verhandlung eingestanden hat, finden Kontrollen grundsätzlich nicht durch ihn selbst, sondern durch das Lohnbüro statt. Auch sei es dem Bw nicht möglich sei, jeden Fahrer vor Fahrtantritt hinsichtlich der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten zu kontrollieren. Trotz Weisungen und Kontrollen könne der Bw nicht verhindern, dass Lenker aus privaten Interessen heraus, die Lenk- und Ruhezeiten nicht einhalten.

 

Mit diesem Vorbringen zeigte der Bw auf, dass er bei weitem nicht ausreichend dafür Sorge getragen hat, dass Verwaltungsübertretungen wie die gegenständlichen hintangehalten werden.

Gegenständlich wurden die Verwaltungsübertretungen sozusagen in Eigeninitiative des Lenkers, hervorgerufen durch den gedrängten Lieferzeitrahmen durch die Spedition in Kärnten, begangen, ohne dass der Bw davon in Kenntnis gesetzt worden sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH muss ein Kontrollsystem insbesondere auch eigenmächtige Handlungen der Arbeitnehmer verhindern (siehe z.B. VwGH vom 25.1.2005, 2004/02/0293). Es ist daher unerheblich, ob Herr S P aus privaten Interessen gegen die Anordnungen seines Arbeitgebers verstoßen hat. Es wäre Aufgabe des Bw gewesen, im Vorfeld diesbezügliche Vorkehrungen zu treffen, zumal Lenker ständig in solche Situationen gebracht werden.

 

Dem Berufungsvorbringen des Bw, dass er ein taugliches und hinreichendes Kontrollsystem im Betrieb eingerichtet hätte, kann nach seinen getätigten Angaben nicht gefolgt werden, zumal der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13.11.1996, 96/03/0232, ausführt, dass ein besonders strenger Maßstab bezüglich des Kontrollsystems anzulegen ist.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld in beiden Fakten zu bestätigen.

 

6. Zur Strafbemessung ist Folgendes zu bemerken:

 

6.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde, von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

6.2. Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten ist neben dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer jener, dass der Einsatz von übermüdeten Lenkern hintan gehalten wird; stellen doch übermüdete Lenker ein immenses Gefahrenpotenzial in Bezug auf die Verkehrssicherheit (zB gehäufte Unfallgefahr durch Sekundenschlaf usw) dar und besteht somit ein besonderes öffentliches Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen.

 

6.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen von 1.150 Euro (Faktum 1) sowie 500 Euro (Faktum 2) bei einem Strafrahmen von 72 Euro bis zu 1.815 Euro über den Bw verhängt. Es handelt sich hiebei also nicht um die Verhängung der jeweiligen gesetzlichen Mindeststrafe, wie dies die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses vermeint. Weiters wurde kein Milderungsgrund, jedoch das Vorliegen einer einschlägigen Verwaltungsstrafvormerkung als erschwerend gewertet. Im Übrigen ging die belangte Behörde hinsichtlich der persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisses des Bw aufgrund der anlässlich der Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten vom 20.7.2006 getätigten Angaben von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.200 Euro sowie von der Sorgepflicht für zwei Kinder aus.

 

Wenngleich der Bw tatbestandsmäßig gehandelt hat, war die verhängte Geldstrafe hinsichtlich Faktum 1 dennoch vom Oö. Verwaltungssenat auf 1.000 Euro herabzusetzen, zumal damit dem spezial- und generalpräventiven Aspekt ausreichend Rechnung getragen wird und die nunmehr verhängte Geldstrafe in Relation zur gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe durchaus angemessen ist. Eine weitere Herabsetzung war - wie bereits oben ausgeführt – aufgrund der doch beträchtlichen Überschreitung der Lenkzeit nicht möglich.

 

Von der Anwendung des §§ 20 bzw 21 Abs.1 VStG war abzusehen, zumal die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen sind.

 

Das Ausmaß der hinsichtlich Faktum 1 verhängten Ersatzfreiheitsstrafe konnte trotz Herabsetzung der Geldstrafe aufgrund der weiterhin gegebenen Verhältnismäßigkeit beibehalten werden.

 

Bezüglich Faktum 2 wird eine Unangemessenheit der Strafhöhe nicht erblickt.

 

7. Die Spruchergänzung "im internationalen (innergemeinschaftlich) Straßenverkehr" war im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich und auch zulässig, weil die Frage "nationaler oder internationaler Straßenverkehr" die rechtliche Beurteilung der Tat betrifft und schon deshalb kein notwendiges Element der Verfolgungshandlung darstellt (VwGH vom 21.3.2006, Zl. 2003/11/0028).

 

8. Hinsichtlich der im Straferkenntnis erfolgten Berechnung des Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz liegt ein Rechenfehler vor, welcher zu berichtigen war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

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