Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400890/4/WEI/Ps

Linz, 20.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des I G I, geb., Staatsangehöriger von Nigeria, dzt. Schubhaft im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Linz, Nietzschestraße 33, 4020 Linz, vertreten durch Dr. L B, Rechtsanwalt in  W, R, wegen Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft V zu Recht erkannt:

 

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann von V) den notwendigen Verfahrenaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 99/2006) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden S a c h v e r h a l t aus:

 

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), ein Staatsangehöriger von Nigeria, dessen Identität auf seinen eigenen Angaben beruht, gab an, Nigeria versteckt auf einem Schiff verlassen und am 31. Mai 2005 über unbekannt in Europa eingereist sein. Auf einem LKW versteckt wäre er weiter gereist, wobei er nach Österreich gelangte und den LKW am 1. Juni 2005 in einer ihm unbekannten Stadt verlassen hätte, in der er auf einem Bahnhof übernachtete. In der Folge stellte er am 2. Juni 2005 beim Bundesasylamt (BAA), Erstaufnahmestelle West (EASt West), einen Asylantrag und wurde zunächst in der Bundesbetreuung in der EASt West und anschließend in Landesbetreuung des Landes Oberösterreich im Gasthof W in der W in  V untergebracht.

 

Der Asylantrag des Bf wurde mit Bescheid des BAA, Außenstelle Linz, vom 3. Juli 2006, Zl. 05 08.019 BAL, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 AsylG 1997 festgestellt und der Bf dorthin ausgewiesen. Der Bf brachte am 14. Juli 2006 rechtzeitig Berufung ein, die mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats (UBAS) vom 15. Mai 2007, Zl. 303.480-C1/4E-V/13/06, abgewiesen und die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt wurde. Mit Telefaxschreiben des UBAS vom 30. Mai 2007 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass mit der am 21. Juni 2007 bewirkten Zustellung des Berufungsbescheides über den Asylantrag eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung nach Nigeria vorliegt.

 

Seit der Zustellung der Berufungsentscheidung hält sich der Bf illegal in Österreich auf. Er ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.

 

1.2. Die belangte Behörde hat am 14. Juni 2007 um 11.30 Uhr mit dem Bf eine ausführliche Niederschrift zur Identitätsprüfung aufgenommen. Dabei wurde dem Bf der maßgebliche Sachverhalt vorgehalten und mitgeteilt, dass seine nicht gesicherte Identität von Amts wegen geprüft werden müsse, da er bisher keine Dokumente vorgelegt habe. Der Bf wurde über die Strafbestimmung des 3 119 FPG belehrt und auch darauf hingewiesen, dass diese Einvernahme der Konsularabteilung seiner Vertretungsbehörde vorgelegt werden werde.

 

Nach Belehrung zum Verfahrensstand gab der Bf auf die Frage, warum er seiner seit 21. Mai 2007 bestehenden Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen und sich illegal in Österreich aufhalte, dass er beabsichtige das außerordentliche Rechtsmittel der Beschwerde über einen Rechtsanwalt innerhalb von sechs Wochen einzubringen. Deshalb habe er Österreich noch nicht verlassen. Er hätte dem Anwalt die Beschwerdegebühr von 180 Euro bezahlt. Den Anwalt selbst könne er wahrscheinlich nicht bezahlen. Auf die Frage worüber er sich beschweren wolle, meinte der Bf, er hätte die Unterlagen dem Anwalt gegeben und ihm gesagt, dass er nicht nach Nigeria zurückkehren wolle. Der Anwalt habe die Sache übernommen. Welche Beschwerdegründe er anführen wird, wisse der Bf nicht. Er selbst könne keine anführen.

 

Dokumente hätte der Bf keine. Er könne sich auch keine zusenden lassen. Er hätte nur eine Geburtsurkunde in Nigeria gehabt, die er verloren hätte. Ort und Zeit des Verlustes wüsste er nicht mehr genau, weile es schon lange her wäre. Der Bf machte weiter Angaben zu seiner letzten Wohnadresse in B und zur Schulbildung sowie zu dem von ihm zuletzt ausgeübten Beruf. Er hätte keinen fixen Job gehabt, sondern schwarz im Computerbereich an verschiedenen Stellen gearbeitet.

 

In Österreich habe er keine feste Arbeitsstelle und verfüge derzeit über 11,80 Euro. Er sei alleinstehend und habe in Österreich keine Bezugspersonen. Seine Familie (Vater verstarb 2005, Mutter, vier Schwestern und ein Bruder) befinde sich noch in seinem Heimatland in B. Er hätte seit 2005 keinen Kontakt mehr gehabt, weil die Telefonleitung getrennt worden wäre. Über einen Freund hätte er seiner Familie beste Grüße bestellt. Dessen Telefonnummer wisse er nicht mehr, weil er sie irrtümlich am Handy gelöscht hätte.

 

1.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juni 2007, Zl. Sich40-2446-2005, zugestellt durch persönliche Übergabe am gleichen Tag (Unterschrift vom Bf verweigert), wurde gegen den Bf die Schubhaft gemäß § 76 Abs 1 iVm § 80 Abs 2 und 4 FPG zur Sicherung des Verfahrens und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Inhalt des Bescheides wurde durch Dolmetscher übersetzt. Im Auftrag der belangten Behörde haben Beamte der Polizeiinspektion St. Georgen im Attergau den Bf zum Vollzug der Schubhaft am 14. Juni 2007 um 18.00 Uhr ins PAZ Linz eingeliefert (vgl Bericht vom 15.06.2007, Zl. E1/16466/2007).

 

In der Begründung wird neben dem oben dargestellten Sachverhalt noch angeführt, dass der Bf von der Polizeiinspektion Linz Schubertstraße zu einem Vorfall vom 2. März 2007 um 21.30 Uhr in der Humboldtstraße 34 in 4020 Linz wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung und der schweren Körperverletzung angezeigt worden sei.

 

Die belangte Behörde hält fest, dass sich der Bf auf Grund des abgeschlossenen Asylverfahrens gegenwärtig illegal in Österreich aufhalte, auch wenn er eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beabsichtige. Dokumente habe er bislang nicht vorgelegt und sich auch nicht um Ersatzdokumente bemüht. Dies wäre zwar zu verstehen, zumal er unter keinen Umständen in sein Heimatland zurückkehren wolle. Daher habe man eine Identitätsprüfungsverfahren eingeleitet. Bei der niederschriftlichen Befragung sei der Bf nicht besonders gesprächig gewesen und habe offensichtlich sachrelevante Auskünfte verschwiegen, sodass eine Identitätsprüfung nur schwer und mit größerem Aufwand geführt werden könne. Da der Bf nicht gewillt gewesen sei, sich um einen Identitätsnachweis zu bemühen und vor allem seinen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu beenden und in sein Heimatland zurückzukehren, sei er im Auftrag der belangten Behörde festgenommen worden. Man habe feststellen müssen, dass er völlig mittellos sei und dass ihm auch keine Landesbetreuung mehr zukomme. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei er als illegaler, mittelloser und obdachloser Fremder zu betrachten, der alleinstehend ohne Bezugspersonen und Unterstützung seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkomme und nicht in sein Heimatland zurückkehren will.

 

Da dem Bf nunmehr seine Situation mitgeteilt und die Identitätsfeststellung und Außerlandesbringung betrieben wird, müsse in Anbetracht der Ungebundenheit des Bf von höchster Fluchtgefahr ausgegangen werden. Auf Grund seines bisherigen Verhaltens sei zu befürchten, dass er sich auf freiem Fuß belassen dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen, in die Illegalität abtauchen und erneut illegale Grenzübertritte vornehmen werde. Die Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung sei daher unbedingt erforderliche. Die Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG sei nicht in Betracht gekommen. Der in die Illegalität abgetauchte Bf könnte dem österreichischen Staat finanziell weiter zur Last fallen. Die Gefahr , dass er seinen Unterhalt auf illegale Art und Weise bewerkstelligen werde, sei sehr groß. Diese Tatsachen zwängen dazu, die Schubhaft anstelle gelinderer Mittel zu verhängen.

 

1.4. Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 hat die belangte Behörde dem Bundesministerium für Inneres einen Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates unter Anschluss der erforderlichen Unterlagen zur Betreibung bei der Botschaft von Nigeria übermittelt und im Hinblick auf die Ausstellung des Heimreisezertifikates berichtet. Eine Antwort ist noch nicht aktenkundig.

 

1.5. Mit der per Telefax am 17. Juli 2007 beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten Eingabe erhob der Bf, vertreten durch seinen Rechtsvertreter "Beschwerde gegen die Verhängung der Schubhaft" und begehrte, den angefochtenen Schubhaftbescheid aufzuheben und die Festnahme und Anhaltung kostenpflichtig für rechtswidrig zu erklären.

 

2.1. Zum Sachverhalt bringt der Bf lediglich vor, dass ein Verfahrenshilfeantrag an den Verwaltungsgerichtshof zur Beigebung eines Vertreters zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Asylbescheid des UBAS eingebracht worden sei, über den noch nicht entschieden worden sei.

 

In der Sache wird die Ansicht geäußert, dass Ausreiseunwilligkeit, Mittellosigkeit und Obdachlosigkeit ebenso wenig Gründe für die Verhängung der Schubhaft wären wie "illegaler" Aufenthalt. Maßgeblich sei lediglich, ob die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung eines konkreten Ausweisungsverfahrens notwendig ist. Im konkreten Fall seien keinerlei Anhaltspunkte für ein Untertauchen gegeben, sondern sei im Gegenteil anzunehmen, dass der Bf in Österreich bleiben wolle. Dies umso mehr als er die Hoffnung habe, dass eine Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde seinen Aufenthalt legalisieren könnte. Da keine Gefahr des "Untertauchens" bestünde, hätte durchaus mit gelinderen Mitteln vorgegangen werden können, die im konkreten Fall nicht einmal in betracht gezogen worden wären. Es bestünde auch kein Grund den Bf aus der Bundesbetreuung zu entlassen und wäre die Landesbetreuung ein Mittel, um zu sichern, dass er sich zur Verfügung der Behörden halten werde.

 

2.2 Die belangte Behörde hat mit E-Mail-Schreiben vom 17. Juli 2007 den gegenständlichen Fremdenpolizeiakt vorgelegt und zur Beschwerde mitgeteilt, dass die Identität des Bf auf eigenen Angaben beruhe und daher nicht gesichert sei. Dessen Identität müsse fortlaufend geprüft werden, um ihn in sein Heimatland abschieben zu können. Die belangte Behörde tritt daher der Beschwerde insbesondere unter Hinweis auf die niederschriftliche Einvernahme und ihren Schubhaftbescheid entgegen und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

1.      wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.      wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3.      wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

 

Der Bf wird seit 14. Juli 2007 im PAZ der BPD Linz für die belangte Behörde in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Im Fall des § 80 Abs 4 Z 2 FPG (Nichtvorliegens der für die Ein- oder Durchreise erforderlichen Bewilligung eines anderen Staates; vgl früher § 69 Abs 4 Z 3 FrG 1997) kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb von zwei Jahren grundsätzlich sechs Monate aufrecht erhalten werden (vgl früher § 69 Abs 6 FrG 1997).

 

4.3. Das AsylG 2005 trat am 1. Jänner 2006 in Kraft und das AsylG 1997 mit 31. Dezember 2005 außer Kraft (vgl § 73 AsylG 2005, Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl I Nr. 100/2005). § 75 AsylG 2005 enthält Übergangsbestimmungen für Asylverfahren. Nach § 75 Abs 1 Satz 1 leg.cit. sind grundsätzlich alle am 31. Dezember 2005 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Auf den gegenständlichen Fall waren daher mit wenigen Ausnahmen die Vorschriften des Asylgesetzes 1997 anzuwenden.

 

Gemäß § 19 Abs 2 AsylG 1997 idFd AsylG-Nov 2003 (BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 101/2003) waren "Asylwerber", deren Asylverfahren zugelassen ist (§ 24a), bis zum rechtskräftigen Abschluss oder der Einstellung des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Dieses Aufenthaltsrecht war durch Ausstellen einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 36b) zu dokumentieren.

 

Nach § 2 Abs 1 Z 14 AsylG 2005 ist ein "Asylwerber" ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens. Nach der gleichartigen Legaldefinition des § 1 Z 3 AsylG 1997 ist "Asylwerber" ein Fremder ab Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung. Ein Unterschied besteht nur insofern, als nunmehr von Antrag auf internationalen Schutz (vgl dazu § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005) anstatt von Asylantrag die Rede ist. Diese geänderte Terminologie entspricht der Statusrichtlinie und wurde zum Zweck der Einheitlichkeit übernommen. Die Stellung eines solchen Antrags entspricht aber inhaltlich dem bisherigen Asylantrag (vgl RV Fremdenrechtspaket, 952 Blg NR 22. GP, Seite 30, "Zu Z 12" des AsylG 2005). Daher betont die Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005 (vgl 952 BlgNR 22. GP, Seite 31, "Zu Z 14" des AsylG 2005), dass der Begriff "Asylwerber" der geltenden Rechtslage entspricht und keiner Änderung bedarf. Fremde sind nicht mehr Asylwerber, wenn entweder das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen oder nach § 24 AsylG 2005 eingestellt wurde.

 

Nach dem früheren § 20 Abs 2 AsylG 1997 wurde ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung gegen Fremde iSd Abs 1, denen Asyl gewährt oder die im Besitz einer befristeten Aufenthaltsberechtigung sind, erst durchsetzbar, wenn diese ihre Aufenthaltsberechtigung (HInweis auf § 31 Abs 1 und 3 FrG 1997) verloren haben. Im § 1 Abs 2 vorletzter Satz FPG wird nunmehr analog dazu angeordnet, dass die Durchsetzung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber erst zulässig ist, wenn die Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchgesetzt werden kann.

 

4.4. Das Asylverfahren des Bf wurde im Instanzenzug mit Zustellung der abweisenden Entscheidung des UBAS vom 15. Mai 2005, Zl. 303.480-C1/4E-V/13/06, am 21. Mai 2007 rechtskräftig negativ abgeschlossen. Damit ist die vorläufige asylrechtliche Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Abs 2 AsylG 1997 weggefallen. Der Bf hatte seit diesem Zeitpunkt keinen Aufenthaltstitel mehr und hält sich seither unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Überdies ist mit der Entscheidung des UBAS eine durchsetzbare Ausweisung des Bf nach Nigeria verbunden.

 

Der Bf gilt nach rechtskräftig negativem Abschluss seines Asylverfahrens auch nicht mehr als Asylwerber im Sinne des Gesetzes. Diesen Status könnte er auch nicht allein durch das außerordentliche Rechtsmittel der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, sondern nur durch Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof wiedererlangen. Davon kann derzeit aber auch nach dem Vorbringen in der Beschwerde keine Rede sein.

 

Gemäß § 76 Abs 1 FPG konnte die belangte Behörde die Schubhaft zur Sicherung eines fremdenpolizeilichen Verfahrens (möglich wäre derzeit zB. ein Aufenthaltsverbot gemäß § 60 Abs 1 und 2 Z 7 FPG, weil der Bf mittellos ist) wegen und zur Sicherung der Abschiebung des Bf auf Grund der bestehenden rechtswirksamen asylrechtlichen Ausweisung zulässigerweise anordnen. Tatsächlich hat die belangte Behörde auch unverzüglich die erforderlichen Schritte zwecks Besorgung eines Heimreisezertifikates ergriffen, weshalb derzeit jedenfalls keine unnötige Verzögerung erkennbar ist und die Schubhaft voraussichtlich so kurz wie möglich dauern wird.

 

4.5. Gemäß § 77 FPG ist schon bei Verhängung der Schubhaft auf allfällige gelindere Mittel Bedacht zu nehmen und von Schubhaft abzusehen, wenn der Zweck der Schubhaft durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Entgegen der Ansicht der Beschwerde pflichtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich der belangten Behörde bei, dass beim Bf gelindere Mitteln iSd § 77 Abs 3 FPG nicht in Betracht kommen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise die Anwendung gelinderer Mittel verneint, wenn die Befürchtung bestand, dass sich der Fremde angesichts der ihm drohenden Abschiebung im Verborgenen halten würde, weil

 

·        keine familiären Bindungen zu Österreich bestanden haben und angesichts der Schwere der von ihm begangenen Straftaten eine beachtliche Minderung der für eine Integration wesentlichen sozialen Komponente erkennbar war (VwGH vom 19.01.1995, Zl. 94/18/1126; VwGH vom 02.07.1999, Zl. 99/02/0081),

·        mit einer Unterstützung durch die Caritas und einer Unterkunftsgewährung die Mittellosigkeit nicht beseitigt wird; zusätzlich würde die soziale Integration fehlen (VwGH vom 23.02.2001, Zl. 98/02/0276; VwGH vom 23.03.1999, Zl. 98/02/0309),

·        der Bf illegal eingereist ist, kein Reisedokument mitgeführt hat und der Nachweis über die Staatsbürgerschaft fehlte (VwGH vom 28.01.2000, Zl. 99/02/0335).

 

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig davon auszugehen, dass der mittellose Bf, der weder familiäre Bindungen, noch sonstige Bezugspersonen in Österreich hat, die notwendigen Mittel für seinen Unterhalt auf legale Weise voraussichtlich nicht aufbringen wird können. Eine soziale Integration des Bf in Österreich kann nicht angenommen werden. Er ist nach den sich aus der Aktenlage ergebenden Umständen voraussichtlich auch künftig nicht in der Lage, seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren, weshalb er keiner geregelten Beschäftigung nachgehen könnte.

 

Zielsetzung (Art 1 Abs 1) der Grundversorgungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Art 15a B-VG (BGBl I Nr. 80/2004) war die bundesweite Vereinheitlichung der Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde im Bundesgebiet.

 

Nach dem Art 2 der Grundversorgungsvereinbarung sind u.A. schutzbedürftig:

 

  1. Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben (Asylwerber), über den noch nicht rechtskräftig abgesprochen wurde,
  2. Fremde ohne Aufenthaltsrecht, über deren Asylantrag rechtskräftig negativ abgesprochen wurde, die aus tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind,
  3. ...
  4. Fremde ohne Aufenthaltsrecht, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind
  5. ....

 

Das Oö. Grundversorgungsgesetz 2006 (LGBl Nr. 12/2007) stellt im § 1 auf die Grundversorgungsvereinbarung (LGBl Nr. 93/2004) ab und bestimmt im § 2 Abs 4 ausdrücklich, dass die im Art 2 Abs 1 der Grundversorgungsvereinbarung genannten Fremden schutzbedürftig sind. Daraus folgt, dass anderen Fremden kein Grundversorgungsschutz zukommt.

 

Die Beschwerdebehauptung, dass kein Grund bestünde, den Bf im derzeitigen Stadium seines Aufenthaltes aus der Grundversorgung durch das Land Oberösterreich zu entlassen, ist demnach unzutreffend. Über den Asylantrag des Bf ist nämlich rechtskräftig abgesprochen worden und es kann nach der Aktenlage derzeit auch nicht gesagt werden, dass er aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht in sein Heimatland Nigeria abgeschoben werden wird können. Die belangte Behörde hat daher im Schubhaftbescheid zu Recht angenommen, dass dem Bf keine Landesbetreuung mehr zusteht. Außerdem kann die Grundversorgung auf Kosten des Landes Oberösterreich (Unterbringung in einem Gasthof) selbstverständlich keine Gewähr dafür bieten, dass sich der Bf der Fremdenpolizei zur Verfügung halten wird, weil es sich dabei nicht um eine überwachte Anhaltung handelt.

 

Das gesamte Verhalten des Bf lässt eine eindeutige Mißachtung von wesentlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen der österreichischen Rechtsordnung erkennen. Der Bf verfügt auch über kein gültiges Reisedokument. Er hat nach Ausweis des vorgelegten Fremdenpolizeiaktes kein kooperatives Verhalten gezeigt. Beispielsweise hat er die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme des Schubhaftbescheids ohne Grund verweigert. Er ist in keiner Weise interessiert, sich Identitätsdokumente zu beschaffen und war auch bei der Identitätsbefragung durch die belangte Behörde zur Vorbereitung der Beschaffung eines Heimreisezertifikates nicht auskunftsfreudig (vgl Niederschrift vom 14.06.2007). Das Verfahren mit der Konsularabteilung der Botschaft von Nigeria wird nunmehr abzuwarten sein, um den weiteren Aufwand beurteilen zu können. Im Hinblick auf allfällige Interviews durch Botschaftsbedienstete sollte der Bf jederzeit zur Verfügung der Fremdenpolizei stehen.

 

Durch sein bisheriges Fehlverhalten hat der Bf bewiesen, dass er nicht vertrauenswürdig ist. Es muss daher angenommen werden, dass der ungebundene Bf im Wissen um seine nunmehr drohende Abschiebung nach Nigeria, wohin er ganz unbestritten unter keinen Umständen zurückkehren will, auf freiem Fuß untertauchen und sich dem fremdenpolizeilichen Zugriff der Behörden entziehen würde. Ebenso trifft die Annahme einer unmittelbaren Gefahr zu, dass der Bf unter den gegebenen Umständen seinen weiteren Unterhalt im Bundesgebiet zumindest teilweise auf illegale Art und Weise bestreiten wird.

 

Es liegen genügend Gründe für die Annahme vor, dass der Zweck der Schubhaft mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht erreicht werden könnte. Schon die Wahrscheinlichkeit des unkooperativen Verhaltens und allfälligen Untertauchens des Bf rechtfertigt eine Ermessensübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Maßnahmen zu verhängen (VwGH vom 23.03.1999, Zl. 98/02/0309).

 

5. Im Ergebnis war daher die vorliegende Beschwerde mit der Feststellung nach dem § 83 Abs 4 FPG als unbegründet abzuweisen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war der belangten Behörde als obsiegender Partei nach § 79a AVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003) antragsgemäß der notwendige Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro für die Beschwerde angefallen.

 

 

Dr. W e i ß

 

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