Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-340008/7/Br

Linz, 11.11.1996

VwSen-340008/7/Br Linz, am 11. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 23. September 1996, Zl.: Agrar96-18-9-1996, wegen der Übertretung des Oö.

Jagdgesetzes, nach der am 11. März 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.

471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr.

52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995 VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem Straferkenntnis vom 23. September 1996 wider den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 2.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er es als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Jagdgesellschaft H unterlassen habe, den für das Jagdjahr 1995/96 für das Gebiet der Genossenschaftsjagd H von der Bezirkshauptmannschaft Eferding mit Bescheid vom 5.5.1995 Agrar01-23-6-1995-Ze, bzw. des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 6.11.1995, Agrar01-23-15-1995-Ze, abgeänderten Abschußplanes durch Nichtabschuß von 54 Stück Schalenwild zu erfüllen, obwohl die im Abschußplan für Schalenwild genehmigten Zahlen weder unter- noch überschritten werden dürfen.

1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung im wesentlichen auf die Ausführungen des jagdfachlichen Sachverständigen vom 24. Mai 1996. Dieser habe die Auffassung vertreten, dass bei richtigem Einsatz aller Jagdgesellschafter der vorgeschriebene Abschuß erreichbar gewesen wäre. Die Erstbehörde folgte diesen gutachterlichen Ausführungen und verlieh ihrer Entscheidung noch dadurch Nachdruck, dass die Beurteilung der Vergleichs- und Weiserflächen als einzig taugliches Instrumentarium zur Erstellung des Abschußplanes, welcher eben zur Erhaltung einer ökologisch vertretbaren Wilddichte diene.

Als straferschwerend wertete die Erstbehörde die bereits einschlägige Verwaltungsvormerkung (gemeint wohl die zwei einschlägigen Vormerkungen) des Berufungswerbers.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber im wesentlichen aus, dass die aufgetragenen Abschußquoten beim Rehwild objektiv nicht erfüllbar gewesen wären. Die Abschußzahlen seien in den vergangenen Jahren stets angehoben worden, sodaß letztlich der Wildstand schon so stark dezimiert sei, dass die Erfüllbarkeit des Planzieles nicht mehr gegeben gewesen wäre. Der Berufungswerber führt auch noch aus, dass ein hoher Abschuß letztlich auch im wirtschaftlichen Interesse der Jagdgesellschaft liegen würde. Abschließend weist der Berufungswerber noch auf die stark gebesserte Waldschadenssituation hin, wobei deren Gesamtbeurteilung die Stufe I ergeben habe.

3. Weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Zumal sich die Berufung im Ergebnis auch gegen Tatsachenannahmen wendet war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme bzw.

Erörterung des Verwaltungsstrafaktes der Erstbehörde im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung, Zl.:

Agrar96-18-9-1996. Dem Akt angeschlossen bzw. beigeschafft wurden die Abschußpläne und Abschußmeldungen hinsichtlich der Vorjahre. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde ferner Beweis erhoben durch die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten, sowie durch die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen für das Forst- u. Jagdwesen des Amtes der Oö.

Landesregierung, Herrn ROFR Dipl.Ing. Z.

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Der Berufungswerber ist Jagdleiter der Jagdgesellschaft H und somit der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche.

Das Jagdgebiet hat eine Größe von insgesamt 2.383,63 ha.

Davon entfallen auf Wald 964,76 ha.

Mit dem Bescheid vom 5. Mai 1995 wurde ein Rehwildabschuß von insgesamt 330 Stück festgelegt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Über Antrag des Berufungswerbers vom 10. Oktober 1995 auf Herabsetzung dieser Abschußquote um insgesamt 30 Stück (bei weiblichem Rehwild um 20 Stück und bei männlichem um 10 Stück), wurde mit Bescheid vom 6.

November 1996 lediglich hinsichtlich der Böcke Folge gegeben. Es ist demnach von einem Gesamtplanziel von 320 Stück auszugehen.

Der Berufungswerber übt die Jagd seit 41 Jahren aus. Es kann ihm daher glaubhaft in jeder Richtung hin jagdliche Fachkompetenz zugestanden werden. Das von ihm geleitete Jagdkonsortium ist auf acht Revierinhaber aufgeteilt.

Neben einigen Jagdgästen sind siebzehn Personen als sogenannte Ausgeher aktiv, d.h. jagdausübend. Es bestehen zahlreiche Reviereinrichtungen welche eine sachgerechte Bejagung ermöglichen.

Die Bejagung des Rehwildes erfolgt überwiegend in Form der Ansitzjagd. Mehrmals durchgeführte Rieglerjagden brachten nur wenig Erfolg, wobei maximal zwei Rehe erlegt werden konnten. Eine Problematik besteht dabei auch im Hinblick auf diese Jagdart in der Geländebeschaffenheit und dadurch in der Gefährlichkeit des Kugelschusses mangels fehlender Kugelfänge.

In den acht Revieren verteilte sich der Abschuß in einem Durchschnitt von jeweils zwanzig Stück. Lediglich im Revier "Nr.Drei" und "Nr.Sieben" wurden lediglich acht bzw. fünfzehn Stück erlegt, während im Revier "Nr.Sechs" 30 Stück erlegt wurden. Das Revier "Drei" ist schwierig zu bejagen, sodaß die dort zurückbleibenden Abschußleistungen nicht unbedingt auf mangelnde jagdliche Aktivität zurückzuführen sind. Die Abschüsse verteilten sich (unter realistischer Beurteilung) weitgehend konstant über die Schußzeiten, wobei der Abschuß bei den Herbstrehen erst relativ spät mit 16. September einsetzte. Dies wurde seitens des Berufungswerbers mit dem wirtschaftlichen Interesse, dass vorher die Kitze wegen ihres noch geringen Gewichtes (unter sechs kg) nicht an den Wildbrethändler zu verkaufen seien, begründet.

In den vergangenen Jahren war von einem wieder etwas stärker werdenden Hasenbestand auszugehen. Auf Grund der hohen Schneelage im Winter 1995/96 lag ein erhöhter Verbißschaden durch den Hasen vor. Dieser Umstand wurde bei der Feststellung des Verbisses im Zuge der Abschußplanung für das fragliche Jagdjahr (1995/96) nicht berücksichtigt. Der festgestellte Gesamtverbiß wurde zur Gänze dem Rehwild zugeordnet und daher dementsprechend (hoch) der Abschußplan festgestellt.

Insgesamt war der Verbiß bei der Buche sehr hoch, während bei der Tanne ein solcher nicht in erheblichem Ausmaß bestanden hat.

Aus den Abschußstatistiken der Vorjahre ergibt sich, dass die Abschußziffern ab dem Jagdjahr 1991/92 mit durchschnittlich um die 260 Stück nahezu konstant blieben und immer auch dem Abschußplanziel entsprach. Ab dem Jahr 1993/94 wurde das Planziel jährlich um ca. 30 Stück erhöht und folglich auch nicht mehr erfüllt. Der Antrag auf Herabsetzung um 30 Stück im Oktober 1995 wurde seitens der Behörde nur mit einer Reduzierung um 10 Stück bei männlichem Rehwild Folge gegeben. Gegenwärtig liegt das Planziel wieder bei 270 Stück; dieses ist heuer bis auf siebzehn Stück bereits erfüllt.

In der Tatsache, dass sich die Verbißsituation - wenn auch zum Teil durch das gute Winteräsungsangebot - verbesserte, kann gegenwärtig trotz der Mindererfüllung des Planzieles von einem ökologisch vertretbaren, jedoch konstant bleibenden Rehwildbestand ausgegangen werden.

4.2. Der Berufungswerber hat im Rahmen des Berufungsverfahrens glaubhaft dargetan, dass er alles in seiner zumutbaren Möglichkeit stehende getan hat, um das Planziel zu erfüllen. Auch der jagdfachliche Sachverständige erblickte in seinen umfangreich getätigten Auswertungen und Ausführungen ein jagdfachliches Manko nicht, wenngleich er auf zusätzliche Optimierungsmöglichkeiten - früherer Beginn der Herbstrehbejagung hinzuweisen vermochte. Der Sachverständige legte ferner dar, dass die Erhaltung eines ökologisch vertretbaren Wildstandes in Form eines Regelkreises zu beschreiben ist, wobei ausgehend von einer bestimmten Situation (hier Wildschaden) eine entsprechende Maßnahme zu setzen ist (Abschußplan). Begleitend ist die Umsetzung zu überprüfen (Abschußleistung) und im nachhinein zu beurteilen ob die Maßnahme gewirkt hat. Dafür sind nach der oö. Rechtslage die entsprechenden Weiser- u. Vergleichsflächen errichtet worden. Damit kommt zum Ausdruck, dass hier im nachhinein besehen und diesem trug die Behörde immerhin auch in der Festsetzung des diesjährigen Planzieles Rechnung, das Planziel so hoch angesetzt wurde, dass es - entgegen der Ausgangslage im erstbehördlichen Verfahren - glaubhaft als objektiv unerfüllbar zu qualifizieren gewesen ist.

Da auch die Ausführungen des Sachverständigen nicht zum Ergebnis des Vorliegens eines jagdfachlichen Mankos bei der Rehwildbejagung im fraglichen Zeitraum gelangen, kann auch dadurch dem Berufungswerber in seiner Verantwortung gefolgt werden.

5. Rechtlich war wie folgt zu erwägen:

5.1. Der Abschuß von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild ist nur auf Grund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschußplanes zulässig. Die im Abschußplan für Schalenwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen weder unter noch überschritten werden. Die im Abschußplan für Auerund Birkwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen unterschritten werden (§ 50 Abs.1 Oö. JagdG).

5.1.1. Die Nichterfüllung des Abschußplanes ist ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG, und es trifft in einem solchen Falle die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens gem. § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG den Beschuldigten. Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation dieser Bestimmung geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, daß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, daß ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären.

5.1.2. Ein Verschulden an der Nichterfüllung des vorgeschriebenen Abschusses ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn seine Erfüllung objektiv unmöglich war. Die Beantwortung der Frage, ob der nach dem Abschußplan bewilligte oder von der Behörde festgesetzte Abschuß auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten im Revier erfüllbar war oder nicht, erfordert jagdfachliche Kenntnisse; Hierüber ist ein Sachverständigengutachten einzuholen (VwGH 21.4.1971, 1139/70).

5.1.3. Für die Glaubhaftmachung i.S. § 5 Abs.1 VStG ist es rechtlich wohl unerheblich, ob der Berufungswerber gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding Abschußplan für das Jahr 1995/96 - ein Rechtsmittel ergriffen hat oder nicht, oder - wie hier - um eine Reduktion angesucht hat (VwGH 12. November 1992, Zl.

91/19/0160).

5.2. Aus praxisbezogener und realistischer Sicht ist zu bedenken, dass in jagdlichen Belangen auch eine Fehlertoleranz - sowohl bei der im vorhinein zu erstellenden Abschußplanziele, als auch bei der Umsetzung (Erfüllung) derselben - wegen der diesem Fachgebiet inhärenten "vielen unbekannten und vom Menschen nur eingeschränkt handhabbaren Faktoren" einzukalkulieren ist.

Die Rechtsordnung sieht eine Strafsanktion für die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegt werden dürfen, vor. Die allenfalls in der Rehwildbejagung im nachhinein erblickten Optimierungsmöglichkeiten ließen zumindest nicht hinreichend erkennen, dass hier von einer schuldhaften Nichterfüllung gesprochen werden könnte. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht ist gesichterte Judikatur (s E Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), dass der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises dem der handelnde angehört (hier eines Jagdausübungsberechtigten), an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Dies kann hier angesichts der Beweislage im Hinblick der Bejagung des Rehwildes verneint werden.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum