Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300791/4/SR/Ri

Linz, 02.08.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des B S, Kstraße, L, gegen Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 21. Juni 2007, Zl. Pol96-53-2006/WIM  wegen Übertretung des Oö. Jugendschutzgesetzes,  zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                    Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

II.                   Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zum Verwaltungs-strafverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs. 1 VStG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis  des Bezirkshauptmannes von Wels-Land    wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben am 6.8.2006 um 09.40 Uhr am Ortsplatz der Gemeinde K beim K Kirtag, Kirtagsstand, namens der Gewerbeinhaberin M v V, Linz,

1)       versucht an Kinder sogen. Softguns (Federdruckwaffenspielzeug) und somit jugendgefährdende Gegenstände zu verkaufen, obwohl die Abgabe nur an Personen erlaubt ist, welche das 18. Lebensjahr vollendet haben und

2)       es unterlassen die Einschränkung, dass "Softguns" erst ab dem 18. Lebensjahr erworben werden dürfen bei Ihrem Kirtagsstand auszuhängen bzw. auf die Einschränkung deutlich sichtbar hinzuweisen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1)       § 12 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 9 Abs. 1 Oö. Jugendschutzgesetz, LGBl. 93/2001 i.d.g.F. i.V. m. § 1 der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 21.12.2001, LGBl. 146/2001 i.d.g.F.

2)       § 12 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 4 Abs. 3 Oö. Jugendschutzgesetz, LGBl. 93/2001 i.d.g.F. i.V.m. § 1 der Verordnung der Öö. Landesregierung vom 21.12.2001, LGBl. 146/2001 i.d.g.F.

Daher werden über Sie folgende Strafen verhängt:

 

Geldstrafe von  

 

Euro

1.)     100,--

2.)     100,--

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 Abs. 2 VStG 1991 i.d.g.F. von

1)       72 Stunden

2)       72 Stunden      

 

 

 

 

zu 1) gemäß § 12 Abs. 1 Z.4 Oö. Jugendschutzgesetz LGBl 93/2001 i.d.g.F.

zu 2) gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 Oö. Jugendschutzgesetz LGBl. 93/2001 i.d.g.F

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

zu 1) 10,-- Euro und zu 2) 10,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 14,53 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher  220,--Euro."

 

2. Gegen dieses dem Bw am 25. Juni 2007 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 3. Juli 2007 - und damit rechtzeitig – per e-mail bei der Erstbehörde gegen Spruchpunkt 1 eingebrachte Berufung.

 

2.1. Im Spruchpunkt 1 des angeführten Straferkenntnisses führt die Behörde erster Instanz aus, dass der Bw "namens der Gewerbeinhaberin M v V versucht" habe, "an Kinder sogenannte Softguns (Federdruckwaffenspielzeug) zu verkaufen".  

 

In der Begründung geht die Behörde erster Instanz davon aus, dass die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion K erwiesen sei. Die Verwaltungsübertretung sei weiters von der Zeugin des Geschehens wahrgenommen worden. Diese habe "in ihrer Zeugenaussage vom 25.10.2006 auf die Angaben in der gegenständlichen Anzeige …verwiesen, "welche vollinhaltlich den Tatsachen" entspreche und diese "zur Gänze zu ihrer Zeugenaussage" erhoben.

 

Da die Eingabe von Frau M v V mangels Einschreitungsvollmacht nicht berücksichtigt werden könne, gehe die Behörde erster Instanz davon aus, dass sich der Bw selbst nicht weiter äußern und sich schuldig bekennen wollte.

 

Nach ausführlicher Beweiswürdigung gelangt die Behörde erster Instanz zum Ergebnis, dass die objektive und subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen sei und der Versuch strafbar wäre. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden.

 

2.2. Dagegen bringt der Bw vor, dass er gegen die Strafverfügung einen begründeten Einspruch erhoben habe. Die Erklärungen zur Funktion der Waffe dürften für die später dazu gekommene Zeugin Rauch wie ein Verkaufsgespräch gewirkt haben. Tatsache sei, dass er den Jugendlichen erklärt habe, dass bestimmte Waffen erst ab dem 18. Lebensjahr käuflich seien und einige dieser Jugendlichen hätten daraufhin den Stand verlassen und Waffen an einem anderen Stand gekauft. Die Erklärung der Waffenfunktion sei aufgrund des Wunsches der Jugendlichen vorgenommen worden. Es habe weder ein Verkauf noch ein Verkaufsversuch an Jugendliche stattgefunden.

 

Bezüglich der Tatanlastung zu Spruchpunkt 2 zeigte sich der Bw geständig.

 

Erschließbar beantragt der Bw die Aufhebung des Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, AZ Pol96-53-2006-WIM/MR.

 

Da dem Berufungsschreiben nicht eindeutig zu entnehmen war, ob der Bw gegen Spruchpunkt 2 überhaupt oder nur gegen die Strafhöhe Berufung erheben wollte, wurde er diesbezüglich um Klärung ersucht.

 

Mit e-mail vom 1. August 2007 teilte der Bw mit, dass die Berufung nur gegen Spruchpunkt 1 gerichtet war.

 

3.1. Aufgrund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt fest:

 

Der Bw hat am 6. August 2007 um 09.40 Uhr am Ortsplatz der Gemeinde K mehreren Kindern die Funktionsweise einer Softgun gezeigt und weitergehende Erklärungen dazu abgegeben. Bei der Softgun, deren Funktionsweise vom Bw erklärt wurde, und den weiteren zum Verkauf bereitliegenden Federdruckwaffenspielzeugen handelte es sich um getreue Nachahmungen echter Schusswaffen.

 

Die Zeugin und die einschreitenden Beamten konnten nur die Vorführung der Softgun wahrnehmen.

 

3.2. In der Anzeige hält der Meldungsleger zwar fest, dass der Bw versucht habe, Softguns an Kinder zu verkaufen. Im Gegensatz zu dieser Ausführung wird aber lediglich die Vorführung der Softgun und das Gespräch über deren Funktionsweise beschrieben. Selbst die Zeugin A R beschreibt das Verhalten des Bw als Vorführung der Softgun und folgert lediglich daraus, dass "der Bw dabei gewesen sei, die Softgun an die Kinder zu verkaufen". Tatsächlich bringt die Zeugin allgemein zum Ausdruck, dass sie es "nicht in Ordnung finde, dass derartige Sachen an Kinder verkauft werden".

 

Die behördlich vorgenommene "Zeugenbefragung" der A R erschöpft sich darin, dass sie "die Angaben in der Anzeige der Polizeiinspektion K zur Gänze zu ihrer heutigen Zeugenaussage erhebt". Eine Konkretisierung der Tathandlung und der genaueren Umstände lässt sich somit dieser "Zeugenaussage" nicht entnehmen.

 

Der Zeugenbefragung des BezInsp J M ist eindeutig zu entnehmen, dass er wahrgenommen hat, wie der Bw den Kindern die Funktion der Softgun und den Ladevorgang erklärte. Dieses Gespräch wurde von ihm als "Verkaufsgespräch" eingestuft (siehe Zeugenaussage vom 3.10.2006, Seite 2). Keiner der Zeugen hat auch nur ansatzweise Gesprächsteile wiedergegeben, die auf Verkaufshandlungen oder einen bevorstehenden Vertragsabschluss hinweisen würden.   

 

Weder aus der Anzeige noch aus den Zeugenaussagen konnte mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit geschlossen werden, dass der Bw vorsätzlich versucht hat, den anwesenden Kindern eine Softgun, die eine getreue Nachahmung einer echten Schusswaffe darstellt, zu verkaufen.   

 

Nach der Aktenlage ist dagegen erwiesen, dass der Bw den anwesenden Kindern eine Softgun, die eine getreue Nachahmung einer echten Schusswaffe darstellt, vorgeführt hat. Dieses Tatverhalten wurde dem Bw jedoch nicht angelastet.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Nach § 9 Abs. 1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 (LGBl. Nr. 93/2001, zuletzt geändert mit LGBl. Nr. 90/2005 – Oö. JSchG 2001) dürfen Gegenstände, die Jugendliche in ihrer Entwicklung gefährden können, nicht angeboten, vorgeführt, an diese weitergegeben oder sonst zugänglich gemacht werden.

 

Gemäß § 1 der Verordnung der Oö. Landesregierung über jugendgefährdende Gegenstände (LGBl. Nr. 146/2001) gelten getreue Nachahmungen echter Schusswaffen, wie z.B. Federdruckwaffenspielzeug (Softguns), als Gegenstände, die Jugendliche in ihrer Entwicklung gefährden können.

 

4.2.1. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; ........

 

Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. (Siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1521).

 

Ziffer 1 stellt somit klar, dass der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt mit allen rechtserheblichen Merkmalen konkretisiert umschrieben werden muss.

 

4.2.2. Abgesehen davon, dass der Tatvorwurf nicht alle rechtserheblichen Merkmale (Vorsatz, Verkaufsangebot, Tatobjekt) in der erforderlichen Konkretisierung enthalten hat, konnte wie unter Punkt 3.2. dargelegt, die dem Bw zur Last gelegte Tat ("Verkaufsversuch") nicht erwiesen werden.

 

Schon aus diesem Grund war der Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben.

 

4.3.1. Anzumerken ist, dass wie unter Punkt 4.1. ausgeführt, gegen § 9 Abs. 1 Oö. JSchG 2001 durch verschiedene Handlungen verstoßen werden kann und somit bereits die Vorführung von Gegenständen, die Jugendliche in ihrer Entwicklung gefährden können, ein tatbestandsmäßiges Verhalten im Sinne des § 9 Abs. 1 Oö. JSchG 2001 darstellt.

 

4.3.2. Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Nach § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

4.3.3. Wie sich aus dem Vorlageakt ergibt, wurde das vorliegende und auch eingestandene strafrechtlich relevante Verhalten – Vorführung einer Softgun, die eine getreue Nachahmung einer echten Schusswaffe darstellt -  dem Bw nicht vorgeworfen. Somit hat die Behörde erster Instanz innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs. 2 VStG gegen den Bw keine Verfolgungshandlungen gesetzt, die sämtliche Tatbestandselemente umfasst hat.

 

5. Im Ergebnis war der Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z  1 VStG einzustellen.

 

Gemäß  § 66 Abs. 1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 

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